From: Roman Czyborra <czyborra@cs.tu-berlin.de>
Organization: Technische Universität Berlin
Date: Fri, 5 Dec 1997 07:19:25 +0100 (CET)
To: wm-l@cs.tu-berlin.de, klaus@prz.tu-berlin.de
Newsgroups: bln.sci.informatik
Message-ID: <Pine.LNX.3.95.971205031134.2094A-100000@czyborra.cs.tu-berlin.de>
Subject:
Diplomand zu versteigern
Liebe WMs!
Ich suche eineN BetreuerIn für eine Diplomarbeit gemäß StuPO 90.
Leider scheinen sehr viele wissenschaftliche Angestellte mit
Forschungsschwerpunkten im Bereich der Betriebs- und
Kommunikationssysteme inzwischen die TU Berlin verlassen zu haben.
Da ich mich in den hier angebotenen Lehrveranstaltungen des
Hauptstudiums immer nur schwer für anderer Leute Aufgaben begeistern
konnte, möchte ich gerne einen der folgenden selbstgewählten
Themenbereiche bearbeiten:
- UNICODE USE IN UNIX
- MOUNTING THE WORLD-WIDE WEB INTO THE LINUX FILESYSTEM
- MOBILE AND DISCONNECTED INTERNETTING
- EXPANDING THE NOTION OF MESSAGE ARCHIVES
- BUSINESS BY E-MAIL: REMOTE PRINTING / PGP BANKING
- CLEANING UP WWW.CS.TU-BERLIN.DE
Ich hoffe, daß irgendwer von Euch eines dieser Themen interessant
und diplomarbeitsfähig findet und mich zur Betreuung einlädt.
Von BewerberInnen mit Kooperationspartnern an der VU Amsterdam oder
selbstlosen finanzkräftigen Sponsoren wage ich gar nicht zu träumen.
Ideenklau ist okay, sofern dieser gekennzeichnet wird und dabei
gute Implementierungen rauskommen und noch was für mich übrig bleibt.
Die einzelnen Ideen im Detail:
1. UNICODE USE IN UNIX
Der Unicode-Zeichensatz
ermöglicht die interoperable Verarbeitung von Texten fast aller
Sprachen der Welt, inklusive Arabisch und Chinesisch, Lautschrift und
mathematischen Symbolen. Linguisten, Bibliothekaren, Mathematikern,
multinationalen Organisationen wird er Vorteile bringen. Die
Standardisierung eilt der Implementierung um Jahre voraus. Allmählich
werden Applikationen umgestellt auf 16-Bit-char. Aber damit ist
beiweiten noch nicht die korrekte Ausgabe von Unicode-Texten erreicht.
In diesem Bereich droht Unix hinter Windows NT zurückzufallen. Die
Diplomarbeit könnte eine Üntersuchung der Unicodefähigkeiten von
Unix-Subsystemen wie X11, Emacs, Java, WWW-Browsern,
Terminalemulatoren, Mail+News-Readern, PGP, SGML, PostScript,
Konvertierungsprogrammen und Textsatzsystemen liefern und an
strategisch günstigen Stellen Verbesserungen vorschlagen und eigene
Freeware-Tools wie einen Poor Man's Renderer oder eine Glyph Database
implementieren. Stichworte: Textsatz, Mengenlehre, demand paging.
2.
MOUNTING THE WORLD-WIDE WEB INTO THE LINUX FILESYSTEM
Linux besticht als Betriebssystem vor allem durch die Vielzahl
unterstützter Dateisysteme. Viele Internet-Provider erlauben einem
Hausgebraucher jedoch selten den effizienten NFS-Zugriff auf sein
Homeverzeichnis von außerhalb der hausinternen Sicherheitsdomain.
Durch eine betriebssysteminterne Abbildung von gewöhnlichen
Dateizugriffen auf die Standardprotokolle FTP, HTTP, rcp, scp, gzip...
und möglichem lokalen Cachen je nach mount-Option nach den Vorbildern
von AFS, NFS, Plan9,
KDE oder auch Windows98 läßt sich vermutlich der Benutzungskomfort
gegenüber der manuellen Verwendung von ftp, ange-ftp, mirror, rcp
deutlich erhöhen. Ziel der Diplomarbeit wäre diesbezugliches
Kernel-Hacking nach theoretischer Aufarbeitung.
3. MOBILE AND DISCONNECTED INTERNETTING
Ständig wechselnde IP-Adressen und verbindungszeitabhängige
Telefongebühren stellen den Linux-Hausgebraucher vor neue
Herausforderungen. Wer promisk durch die Welt reist, zwischen
verschiedenen Providern hin und her, bekommt stets neue Sichten der
Netztopologie. Außerdem sind aus ökonomischen Überlegungen
konzentrierte Stapelübertragungen interaktivem Online-Klickklack
vorzuziehen. UUCP wird in diesem Bereich von vollwertigen
PPP-IP-Lösungen abgelöst. Ziel einer Diplomarbeit wäre eine Behandlung
der Konfigurationsfragen (sendmail, fetchmail, procmail, Mailreader,
suck, httpd, ssh, rCVS), und das Schreiben eines neuen HTTP-Proxys,
der sich die transparente Cachestruktur des historischen CERN httpd
zum Vorbild nimmt und diesen nicht auf Geschwindigkeit bei großen
Benutzerzahlen, sondern auf Bedienungskomfort auf einer nicht ständig
verbundenen Einbenutzerstation optimiert. Denkbar wäre auch eine
Kampfansage an die grauenhafte suck-Syntax durch ein neues fetchnews,
siehe hierzu http://www.ccil.org/~esr/writings/cathedral-paper.txt
4. EXPANDING THE NOTION OF MESSAGE ARCHIVES
"Every message is a file" (MH, GNUS, ...) versus "Every file is a
message" (MIME, HTTP, ...) - die Vision einer einheitlichen
Benutzerschnittstelle für verschiedenste Sorten von Dokumenten und
Daten aus unterschiedlichsten Übertragungskanälen ist in den
Internet-Standards seit RFC822 erkennbar, aber noch lange nicht
konsequent und ausschöpfend realisiert. Selbst modernste Browser
messen mit zweierlei Maß. Lassen sich Datei-Attribute auf Header
abbilden? Expires in Mailbox? Ist eine Mail keine News? Reply-To
auf WWW-Seite? Wo hakt's? Ziel der Diplomarbeit ist es, die Vision
anhand von Beispielen aus dem täglichen Gebrauch zu verdeutlichen und
existierende Standards und Implementierungen zu ergänzen.
5. BUSINESS BY E-MAIL: REMOTE PRINTING / PGP BANKING
Ich weiß nicht, wie weit das Home Banking Computer Interface schon
ist, aber mir erscheint der Entwurf eines E-Mail-Banking-Systems
(Vertragstext und Implementation) auf Basis von OpenPGP und PGPmime
zur bequemen browserunabhängigen Übermittlung von tagesaktuellen
Kontoauszügen, Überweisungsaufträgen, Schecks und Quittungen als
interessante Aufgabe.
Eine weitere E-Mail-Applikation sind Papierbriefversanddienste wie
http://stack.com/e-snail.html, http://www.postag.de/postcom/epost/, http://www.netgram.com/, http://www.ptt-post.nl/telebrief/ oder http://www.ix.de/newsticker/data/gob-21.11.97-000/, die einem den
Weg zum Drucker und durch die klirrende Kälte zum Briefkasten ersparen
und nahezu 100% der Bevölkerung in E-Mail-Reichweite bringen. Laut http://www.postag.de/postcom/partnergesucht/partnergesuchtsoftware.html
sucht die Deutsche Post AG noch ePOST-Anwendungsprogrammierer. Hier
könnte man im Rahmen einer Diplomarbeit den ePOST-Standard analysieren
und einen Linux-Client (Konverter/Filter) schreiben und zertifizieren
lassen.
6. CLEANING UP WWW.CS.TU-BERLIN.DE
Reparatur des angeschlagenen Veteranen wwwwbs..cs.tu-berlin.de
(gelöschtes /home/www, gelöschtes /home/wwwwbs, gelöschtes
/usr/lib/sendmail => ausgefallene Cronjobs, verstaubte Texte).
Softwareentwicklung unter widrigen Umständen. (Selbst)Kritische
Betrachtung der Geschichte des WWW-Streits am Fachbereich Informatik.
Scherben auffegen. Technische, soziologische und juristische Aspekte.
Konzepte und Praktiken. Ergänzung lang fehlender Komponenten wie
einer schlankeren und automatisierteren Verwaltung von Raumplan
(GIF-Generierung / VRML) und Vorlesungsverzeichnis (URL-annotierbar)
und Plattenplatzverwaltung.
Groetjes, Roman http://wwwwbs.cs.tu-berlin.de/~czyborra/