NR. 8444 48. WOCHE 29. JAHRGANG AUSGABE NORD-HH € 2.10 AUSLAND € 1.80 DEUTSCHLAND SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 Sie hat im Sudan einen Teddybären Mohammed genannt – weil ihre Schulklasse das so wollte. Sie wurde dafür zu 15 Tagen Gefängnis verurteilt. Tausende Demonstranten forderten gestern in der Hauptstadt Khartum sogar die Hinrichtung der britischen Lehrerin. Geht’s noch? SEITE 2 Der Fall „Mohammed“ Beim Bären des Propheten FOTO [M]: IMAGEBROKER.NET/MAURITIUS verboten Frank Graf von Schirrmacher (* 15. November 1907 ¦ 21. Juli 1944) Ban Ki Moon will neues weltweites Klimaabkommen UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon hat die internationale Ge- meinschaft aufgefordert, bei der Weltklimakonferenz auf Bali ei- nen Zeitrahmen für ein neues weltweites Abkommen festzule- gen. Die Welt müsse die Heraus- forderung der globalen Erwär- mung annehmen. Die Konferenz beginnt am Montag. SEITE 4, 5 S A R K O Z Y S I N K T Gewalt in Banlieues, TV-Tag ohne Sarkozy: Warum das Ver- trauen der Franzosen in den Präsidenten sinkt SEITE 9, 10 K L O S T E R K O L O S S A L Singen mit Bruder Beppo. Me- ditieren mit den Barmherzigen Schwestern. Warum Urlaub im Kloster gerade der Trend ist. Das Reise-Special: SEITE 13–15 B A M B I B I Z A R R Irre Bambi-Verleihung: Die groteske Rede von Tom Cruise und der nationalberauschte Frank Schirrmacher SEITE 19 FOTO: AP Die tageszeitung wird ermöglicht durch 7.641 GenossInnen, die in die Pressefreiheit investieren. Infos unter geno@taz.de oder Tel: 030 - 25 90 22 13 Aboservice: 030 - 25 902-590 fax: 25 902-680 / abomail@taz.de Anzeigen: 030-25 90 22 -38 /-90 fax: 030 -251 06 94 anzeigen@taz.de Kleinanzeigen: 030-25 90 22 22 Redaktion: 030 - 25 902-0 fax: 030 - 251 51 30/ briefe@taz.de taz, die tageszeitung, Postfach 610229, 10923 Berlin taz im Internet: www.taz.de taz muss sein Wie viele muslimische Kinder nennen ihren Teddy wohl Mohammed? Die Zahl dürfte in die Zigtausende gehen, schließlich zählt Mohammed unter Muslimen weltweit zu den beliebtesten Namen. Mag sein, dass dies für manch einen besonders strenggläubigen Su- danesen der Götzenanbetung gleich- kommt. Doch es ist an Absurdität kaum zu überbieten, dass eine britische Leh- rerin von einem Gericht in Sudan zu fünfzehn Tagen Haft und anschließen- der Ausweisung verurteilt wurde, weil sie einem Plüschtier auf Wunsch ihrer Schüler den Namen des muslimischen Propheten gegeben hatte. Der Fall ist wohl nur vor dem Hinter- grund der Affäre um die dänischen Mohammed-Karikaturen zu begreifen. Es spricht viel dafür, dass es sich um den späten Versuch einer Retourkut- sche handelt, der die unschuldige Britin zum Opfer fiel. Zum „Teil einer westlichen Verschwörung gegen den Islam“ jedenfalls haben hohe Geistli- che des Landes das Tun der Auslände- rin bereits aufgebauscht – was von einem geradezu paranoiden Misstrau- en gegen den Westen zeugt. Darum liegt hier sicher mehr als nur ein „un- schuldiges Missverständnis“ vor, wie der britische Außenminister abwie- gelt. Die Lehrerin wurde bewusst miss- verstanden. Der wahre Grund für die diplomati- sche Affäre ist in den komplexen Bezie- hungen zwischen dem Sudan und sei- ner früheren Kolonialmacht Großbri- tannien zu suchen. Offenbar will man den Briten eins auswischen, weil sie Eiferer vor dem Herrn sich in Sachen Darfur eingemischt ha- ben. Oder ist die Schule, an der die bri- tische Lehrerin unterrichtet hat, den Autoritäten schon länger ein Dorn im Auge? Im Sudan herrscht schließlich seit 1989 ein fundamentalistisches Re- gime, das in den frühen Neunzigerjah- ren sogar Bin Laden Unterschlupf bot. Solche Islamisten mögen prinzipiell keine christlichen Lehrer, die muslimi- sche Schüler unterrichten. Dem Regime in Khartum bietet die Affäre jetzt Gelegenheit, sich als beson- ders eifriger Verteidiger des Islam in Szene zu setzen. Denn man glaubt, da- mit gegenüber anderen streng islami- schen Regimes wie Saudi-Arabien oder dem Iran punkten zu können. Das Bild, das man im Rest der Welt abgibt, ist allerdings erbärmlich. KOMMENTAR VON DANIEL BAX Warum Aids-Aufklärer Jugendlichen zu Selbstbefriedigung raten taz.mag übrigens: verboten darf nicht tagesschau heißen FOTOS[M]:AP Warum Alice Schwarzer auch mit 65 nicht vom Sex lassen kann Seite 3 taz-Beilage Beruf & Qualifikation TA Z N O R D Hamburgs Poli- zei hat vor dem G-8- Gipfel flächende- ckend Briefe geöffnet. Rechtswidrig, sagt der Bundesgerichtshof. DieErmittlersindnicht befugt, Postsendun- gen selbst zu kontrol- lieren SEITE 25 2 DIE TAGESZEITUNG  SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 der tag FAX: 030 - 25 151 30 E-MAIL: PRM@TAZ.DE ........... das wichtigste VON MARC ENGELHARDT UND RALF SOTSCHECK Im Sudan haben tausende De- monstranten die Hinrichtung einer britischen Lehrerin gefor- dert, die es erlaubt hatte, dass in ihrem Unterricht ein Teddybär den Namen Mohammed er- hielt. Die Protestler versammel- Politisches Plüschtier den sudanesischen Botschafter, zu sich, um ihm „unmissver- ständlich klarzumachen“, dass die britische Regierung „ernst- lich besorgt“ sei. Britische isla- mische Organisationen kriti- siertendasUrteilebenfalls,weil es den Islam in ein schlechtes Licht rücke. Die britische Presse reagierte fassungslos auf die Affäre. Gib- bons sei „von islamischen Reli- gionseiferern verdammt wor- den, die unbedingt einen Streit heraufbeschwören wollten“, schrieb der Daily Mirror ges- tern. „Gillian muss nur noch ihre Reststrafe von zehn Tagen absitzen.AberzehnTageindem von Ratten verseuchten Om- durman-Gefängnis ist ein Ur- teil, das einem das Herz gefrie- ren lässt.“ Die Sun bemerkte sarkastisch, Gibbons habe Glück gehabt, dass sie keine Männerkleidung getragen ha- be, denn das hätte die Todes- strafe nach sich gezogen. Die Times hält das Urteil da- gegen für einen cleveren Schachzug: Einerseits konnte Sudans Regierung den Gläubi- gen vor den Freitagsgebeten sa- gen, dass die Blasphemie ge- sühnt worden sei. Andererseits hat man sich einen internatio- nalen Konflikt erspart, der aus- gebrochen wäre, wenn das Ge- richt öffentliches Auspeitschen verhängt hätte. Außerdem müsse die britische Regierung nun keinen Druck auf den Su- dan ausüben, der ohnehin aus- sichtslos gewesen wäre. ten sich in der Hauptstadt Khar- tum vor dem Präsidentenpa- last. Sie riefen: „Schande über Großbritannien“ und „Keine Toleranz: Hinrichtung“. Die 54-jährige Gillian Gib- bons, eine Grundschullehrerin aus Liverpool, war am Donners- tagabend von einem Gericht in Khartum zu 15 Tage Haft verur- teilt worden, weil sie nach An- sicht des Gerichts den islami- schen Glauben verunglimpft hat. Es ging um einen Teddybä- ren, der Teil eines Projekts an der britischen Schule in Khar- tum war: Die Kinder nahmen ihn mit nach Hause und schrie- benihreErlebnissemitihmauf, um ihr Englisch zu verbessern. Gibbons regte an, die Klasse könne dem Bären auch einen Namen geben. Die Schüler stimmten ab – 20 von 23 Schü- lern waren für Mohammed. Als dies öffentlich wurde, machten Sudans einfluss- reichste Imame in Regierungs- zeitungen Stimmung gegen den „Teddy-Skandal“: Man müs- se die volle Härte des Gesetzes waltenlassen,dennGibbonsTat sei Teil einer westlichen Ver- schwörung gegen den Islam. Nach dem Urteil hat die Ver- teidigung Berufung eingelegt, doch Freitag ist Feiertag im Su- dan. Die Verurteilte muss nun in Khartums überfülltem Frau- engefängnis einsitzen. Danach wird sie ausgewiesen. Es geht es bei dem Prozess wohl um rein weltliche Dinge. London hat gerade die Ausliefe- rung zweier Vertreter des Re- gimes gefordert, die der Inter- nationale Strafgerichtshof we- gen Kriegsverbrechen in Darfur sucht. Zudem schürt Khartum Hass gegen den Westen, um die Entsendung von Blauhelmen nach Darfur zu behindern. In London bestellte der briti- scheAußenministerDavidMili- band unterdessen Omer Siddig, taz: Frau Hegasy, im Sudan be- kam eine Lehrerin 15 Tage Haftstrafe, weil sie ihren Schü- lern erlaubte, den „Klassen- teddy“ Mohammed zu nen- nen. Was ist schlimm daran, einen Teddy so zu nennen? Sonja Hegasy: Das ist zu nor- malen Zeiten nicht besonders schlimm. Der Name ist ja in der islamischen Welt weit verbrei- tet, und die Kinder haben ihn selbst vorgeschlagen. Aber wir erleben ja auch hier eine Ver- härtung der gegenseitigen Wahrnehmung. Diesmal hat das islamistische Regime in Khartum die Sache aufge- bauscht, um sich als Vorkämp- fer gegen den Westen zu profi- lieren. Wie reagiert die Bevölke- rung darauf? Wahrscheinlich nimmt kaum jemand Anstoß an dem ur- sprünglichen Sachverhalt. Wenn es aber einmal politisiert ist, wird es teilweise als „Ver- tretung unserer Interessen“ im Schlagabtausch mit „dem Wes- ten“ wahrgenommen. Es ist Teil einer plumpen Identitätspoli- tik des Regimes „Wir gegen die“. Hat es bereits ähnliche Fälle gegeben? In Ägypten gab es 1997 einen ähnlichen Fall. Dort hatten sich Eltern bei der Amerikanischen Universität beschwert, an der ihre Tochter studiert hat. Da- mals ging es um die Propheten- biografie des französischen Is- lamwissenschaftlers Maxime Rodinson. Die Eltern wollten, dass dieses Buch nicht mehr verwendet wird. Es reicht also, wenn sich eine Person be- schwert und die richtigen Leute kennt – schon wird aus der Sache ein Politikum mit inter- nationaler Aufmerksamkeit. Der Teddybär gilt als westli- che Erfindung, er kam 1902 in den USA auf den Markt. Liegt es vielleicht auch daran? Die Globalisierung ist – obwohl manhiergernesotut,alsseidas nicht der Fall – seit mindestens 150 Jahren in der arabischen Welt angekommen. Ein Teddy wird also ganz sicher nicht als Symbol US-amerikanischer He- gemonialpolitik angesehen. „Ein Hund wäre vielleicht ein Problem“ Die Berliner Islamwissenschaftlerin Hegasy meint: Beim „Teddy-Skandal“ geht es um einen politischen Konflikt Am Tier liegt das also nicht? Nein. Ein Hund wäre vielleicht einProblem.Mitverschiedenen Tieren gibt es unterschiedliche Konnotationen. Aber hier geht es sicherlich nicht um einen kulturellen Konflikt zwischen zwei Gesellschaften mit unter- schiedlichen Werten, sondern – wie wir wissen – um einen politischen. INTERVIEW: JAN PIEGSA MOSKAU ap I Zwei Tage vor der Parlamentswahl hat der russi- sche Präsident Wladimir Putin den Ausstieg Moskaus aus dem KSE-Vertrag offiziell besiegelt. Putin unterzeichnete gestern ein Gesetz, wonach sich Russ- land ab dem 12. Dezember nicht mehr um die vereinbarten Obergrenzen für Truppen und Panzer kümmert. Der Staats- chef hatte erstmals im April mit einem Moratorium des Abrüs- tungsvertrages gedroht und da- mit auf Pläne der USA für ein Raketenabwehrsystem in Tschechien und Polen reagiert. Das KSE-Abkommen be- grenzt die Zahl von Panzern, Flugzeugen und anderen kon- ventionellen Waffen in Europa. Es wurde 1990 zwischen den Nato-Staaten und Mitgliedern des Warschauer Paktes ge- schlossen und nach dem Zerfall der Sowjetunion 1999 der neu- en Lage angepasst. Während die Neufassung von Russland im Jahr 2004 ratifiziert wurde, machten die USA und weitere Nato-Mitglieder dies von einem russischen Truppenabzug aus den Exsowjetrepubliken Geor- gien und Moldawien abhängig. Vor zwei Wochen erklärte Mos- kau, alle Soldaten aus Georgien abgezogen zu haben. Mögli- cherweise sind aber noch Trup- pen in Abchasien stationiert. Ein Sprecher des russischen Oberhauses sagte gestern, der KSE-Vertrag habe verhindert, dass Russland Herr über sein ei- genes Territorium sei. Laut Au- ßenminister Sergej Lawrow werde Moskau sich aber weiter um ein militärisches Gleichge- wicht in Europa bemühen. Die USA zeigten sich ent- täuscht von Putins Unterschrift und sprachen von einem „schweren Fehler“. Russland sei einseitig aus einem der wich- tigsten Abrüstungsverträge der vergangenen 20 Jahre ausgetre- ten, hieß es in Washington. KSE-Vertrag ausgesetzt Putin unterzeichnet Moratorium des Vertrags über Abrüstung in Europa. USA: „Schwerer Fehler“ Präsidentenwahl im Libanon am Freitag BEIRUT dpa I Das libanesische Parla- ment will am nächsten Freitag einen neuen Anlauf für die Wahl des Staats- präsidenten nehmen. Zuvor hatten so- wohl die prosyrische Opposition als auch die Mehrheitsfraktion die Kandi- datur von Armeechef Michel Suleiman als Kompromiss akzeptiert. Einzig die offizielle Zustimmung der schiitischen Hisbollah stand gestern noch aus. Ge- neral Suleiman zeigte sich erfreut von der Entwicklung. Trotz aller Warnungen und Unkenrufe sei es den Libanesen ge- lungen, die Frage der Nachfolge von Präsident Émile Lahoud ohne gewaltsa- me Auseinandersetzungen zu klären. Parlamentspräsident Nabih Berri hatte am Donnerstag eine für gestern geplan- te Sitzung abgesagt und mitgeteilt, dass die Abgeordneten nun am 7. Dezember einen neuen Präsidenten wählen sol- len. Präsident Lahouds Amtszeit war vor einer Woche abgelaufen. Frühstück und mehr Der US-Schmuckeinzel- händler Tiffany geht mit einem kräftigen Gewinn- schub in die Adventszeit. Der Luxuskonzern trotzte der kriselnden Konjunk- tur und konnte den Ge- winn mehr als verdreifa- chen. Unterm Strich er- zielte Tiffany im dritten Quartal ein Plus von 340 Prozent. Das reicht für etliche Frühstücke bei Tiffany. FOTO:AP Betriebsrenten abgabenfrei BERLIN ap I Beiträge zu Betriebsrenten bleiben auch nach 2008 frei von Sozialabga- ben. Der Bundesrat billigte ges- tern ein Gesetz, nach dem die Förderbedingungen für Ent- geltumwandlung in gleicher Form und Höhe wie bisher über das kommende Jahr hinaus be- stehen bleiben. Viele der mehr als 400 bestehenden Tarifver- träge laufen laut Arbeitsminis- terium wegen der ursprünglich vorgesehenen Befristung der Sozialversicherungsfreiheit nur bis Ende 2008. Nun sei der Weg frei, Tarifverträge zur Altersvorsorge mit längerer Laufzeit zu schließen, hieß es. Ermittlungen gegen Unicef KÖLN dpa I Die Kölner Staats- anwaltschaft ermittelt wegen des Anfangsverdachts der Un- treue gegen Unicef Deutsch- land. Es gehe dabei um Vorwür- fe gegen den Geschäftsführer Dietrich Garlichs, so die Staats- anwaltschaft gestern. Demnach soll Garlichs Spendengelder für das Kinderhilfswerk der Verein- ten Nationen verschwendet ha- ben. Feld betonte, es handele sich um einen Anfangsver- dacht, und dementierte Berich- te über eine Durchsuchung der Unicef-Zentrale in Köln: „Die Unterlagen sind von Unicef sofort völlig freiwillig zur Ver- fügung gestellt worden.“ ........... portrait .................................................................................................................................................................................................................... Juan Gelman, 77, hat mit dem Cervantes- Literaturpreis die höchste literarische Aus- zeichnung im spanischen Sprachraum er- halten. Der argentinische Schriftsteller und Journalist lebt in Mexiko FOTO: AFP chriftsteller, Vater eines ermordeten Sohnes, Poet, Schwiegervater einer ver- schwundenen Schwiegertoch- ter, politischer Kämpfer für die Menschenrechte, Großvater ei- ner wiedergefundenen Enkelin: all das vereint sich in Juan Gel- man. Jetzt wurde der argentini- sche Dichter mit dem Cervan- tespreis geehrt, der höchsten li- terarischen Auszeichnung der spanischsprachigen Welt. Sie wird seit 1976 verliehen und ist mit gut 90.000 Euro dotiert. Liebe, Tod und Erinnerungen an die Kindheit sind zentrale S Themen seiner schriftstelleri- schen Arbeit. 1956 erschien Gelmans erster Gedichtband, „Violín y otras cuestiones“ (Vio- line und andere Angelegenhei- ten). 1962 folgt „Gotán“, dann „Cólera Buey“ (Ochsenwut, 1971). Auf Deutsch erschienen sind „Dibaxu-Debajo/Darun- ter“ und der Gedichtband „Spu- ren im Wasser“. Soziale und politische Themen tauchen da- rin auf, gedichtet, verdichtet, poetisch, nicht kämpferisch. 1997 wird Gelman mit dem ar- gentinischen Nationalpreis für Poesie geehrt. Juan Gelman wurde 1930 in Buenos Aires als Sohn jüdischer Einwanderer aus der Ukraine geboren. Er wuchs in einem politisierten Elternhaus im jüdischen Viertel Villa Crespo auf. Der engagierte Vater hatte 1928 enttäuscht die damalige Sowjetunion verlassen, die Nachrichten aus dem Spani- schen Bürgerkrieg sind Teil von Gelmans Kindheit. Der junge Gelman schließt sich den ar- gentinischen Kommunisten an, später dem bewaffneten Kampf der linksperonistischen Monto- neros. 1975 muss er aus Argen- tinien fliehen. Er steht auf der Todesliste der Triple A, der rechten Todesschwadronen. Gelman geht zunächst nach Italien, es folgen Jahre des Exils in der Schweiz, in Frankreich und Spanien. 1979 trennt er sich von den Montoneros. Seit 1990 lebt er in Mexiko. Als Ar- gentiniens Militärs 1983 die Macht abgeben mussten, blieb Gelman von der Amnestie aus- genommen, die für Militärs wie für Guerilleros galt. Erst 1989 wurde er begnadigt. Juan Gelman sucht noch im- mer nach seiner Schwieger- tochter. Die damals hoch- schwangere neunzehnjährige María Claudia García Irureta Goyena de Gelman war am 24. August 1976 gemeinsam mit ih- rem zwanzigjährigen Ehemann Marcelo Ariel Gelman, dem Sohn des Dichters, in Buenos Aires entführt worden. Wäh- rend Marcelo Ariel Gelman wenig später ermordet wurde, wurde María Claudia von uru- guayischen Militärs nach Mon- tevideo verschleppt, ihr Kind wenige Wochen nach der Ge- burt Anfang November 1976 ge- raubt. María Claudia ist bis heu- te verschwunden. Im Frühjahr 2000 konnte Juan Gelman nach langer Suche seine Enkelin in Montevideo ausfindig machen. JÜRGEN VOGT ................................................................................... ................................................................................... ....................................... Ein Schriftsteller, der zu bewegen weiß ........................................................................................................................................................ ........................................................................................................................................................ „T E DDY-SKANDAL“ ENTZW EIT LONDON U ND KHARTUM I Die britische Lehrerin Gillian Gibbons hatte sich wenig dabei gedacht, als sie ihren Schülern in Sudans Hauptstadt Khartum erlaubte, einen Teddy Mohammed zu nennen. Nun wurde sie zu 15 Tagen Haft verurteilt, und Tausende fordern ihre Hinrichtung SONJA HEGASY, 40, ist Islamwis- senschaftlerin und arbeitet am Zentrum Moderner Orient in Berlin. FOTO:ZMO Die britische Grundschullehrerin Gillian Gibbons FOTO: REUTERS  DIE TAGESZEITUNG der report SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 3 VON HEIDE OESTREICH Alice Schwarzer wird am diesem Mon- tag 65 Jahre alt – und ist immer noch kampagnenfähig. Landauf, landab spricht man über Prostitution und Por- nografie, ihre beiden großen Themen in diesem Jahr. Sie kämpft weiter, Deutsch- lands Vorzeigefeministin, die schon viel ausgehalten hat: von Beleidigungen wie „Miss Hängetitt“ aus den Siebzigerjah- ren bis zu den dümmlichen Witzchen ei- nes Thomas Gottschalk wie neulich bei „Wetten, dass …“ Hartnäckig und schlagfertig hat sie dieses Dauermob- bing pariert. Dadurch ist sie zu einer Art Celebrity geworden, die in Talkshows und Rate- sendungen sitzt und mittlerweile auch fragwürdige Allianzen eingeht, wenn es der Popularität dient. So unterstützte sie die CDU-Kanzlerkandidatin Angela Merkel, auch wenn deren frauenpoliti- sche Ambitionen begrenzt sind. Zuletzt warb sie sogar für die Bild-Zeitung, ob- wohl aus der immer noch der Sexismus trieft. Das diene alles der Sache der Frau- en, verteidigte sie sich. So einfach ist es in Alices Welt: für oder gegen „die Frauen“. Selten werden die zu einem so einheitlichen Subjekt wie unter Schwarzers Fittichen. In ihrer Zeitschrift Emma wirken deshalb allzu oft alle Frauen wie Opfer und alle Män- ner wie Täter. Beim Lesen der Emma ge- winnt man zudem den Eindruck, dass „die Frauen“ nur eine Meinung haben: die Alice Schwarzers. Und das macht ei- nigen Frauen, deren Vorkämpferin sie doch sein möchte, die Gratulation etwas schwerer. PornYO-Feministinnen Schon im Jahr 2000 schrieb die Grüne Jugend in einem offenen Brief an Schwarzer: „Junge Frauen können mit Diskussionen, die Frauen in erster Linie als Opfer von männlich geprägten Strukturen verstehen, nichts mehr an- fangen.“ Und die Autorin Thea Dorn, die in ihrem Buch „Die neue F-Klasse“ den Feminismus modernisieren möchte, sieht „unübersehbare Differenzen“ zwischen ihrer Generation und „dem klassischen Siebzigerjah- re-Feminismus“. Interessanterweise tauchen die größten Probleme, die andere Feministinnen mit Schwarzer haben, regelmäßig beim Thema Sexualität auf, dem einen der Lieblingsthe- ma von Alice Schwarzer. So legte sie die- sen Herbst ihre „PorNO“-Kampagne aus den späten Acht- zigerjahren wieder auf. „Pornografie ist Gewalt“ hieß es auf dem Emma-Titel- bild im September 2007. Porno- liebhaberinnen wundern sich: Denn Alice Schwarzer definiert Porno- grafie einfach um. Pornografie ist nicht die „grobe Darstellung des Sexuellen“, wie etwa das Strafrecht sie definiert. Bei Schwarzer heißt es stattdessen, Porno- grafie verknüpfe „sexuelle Lust mit der Lust an Erniedrigung und Gewalt“. Aber was ist dann der normale Porno? Der ist irgendwie eingemeindet in die neue Definition. Im selben Text nämlich spricht Schwarzer anklagend von den Millionen von Pornoseiten, die sie im In- ternet findet. Nach ihrer Definition müssten die alle frauenverachtend oder gewalttätig sein. Dabei genügt ein kur- zer Blick ins Netz, um zu sehen, dass da jede Menge Normalo-Sexseiten darun- ter sind. „Man kann diese Dinge nicht über ei- nen Kamm scheren“, meint der Präsi- dent der Gesellschaft für sozialwissen- schaftliche Sexualforschung, Jakob Pas- tötter, „sonst tut man vielen Leuten Un- recht“. „Ganz normale Männer und Frau- en“ benutzten Pornos als Stimulanz, die wolle er nicht kriminalisieren, wie es mit einer neuen „PorNO“-Kampagne leicht passieren könne, meint der For- scher. „Und für den Porno gilt nun mal: Erlaubt ist, was beiden gefällt.“ Dazu könne gehören, dass Frauen und Män- ner masochistische Szenarien mögen. „Ein solcher S/M-Porno wäre nach der ‚PorNO‘-Definition aber schon ein Ding der Unmöglichkeit“, sagt Pastötter. Die Filmwissenschaftlerin Gertrud Koch, die sich viel mit pornografischen Filmen beschäftigt hat, will das Proble- me der erniedrigenden Pornos nicht leugnen. „Es ist wichtig, dass wir über Frauenhass in Pornografie sprechen“, sagt sei und hält deshalb öffentlichen Kampagnen für sinnvoll. „Aber den Ruf nach einer Zensur, den ich bei Schwar- zer immer heraushöre, sollten wir uns sparen“, fügt sie hinzu. Eine gesellschaftliche Debatte halten Pastötter und Koch für überfällig. Aber eine Verteufelung des Ganzen, wo man vielleicht nur bestimmte problemati- sche Entwicklungen meint, stößt nicht nur in der Fachwelt auf Unverständnis, sondern ebenso bei jüngeren Frauen: „Womit ich überhaupt nichts mehr an- fangen kann, ist dieser Hass auf Porno- grafie“, sagt Fernsehmoderatorin Char- lotte Roche in Dorns Buch. „Die Frau, die eine selbstbewusste Sexualität hat, fühlt sich bei den Sachen, wo die Feministin sofort ‚erniedrigend‘ kreischt, nicht er- niedrigt.“ Und die Schriftstellerin Tanja Dückers meint, dass Schwarzers Anlie- gen zwar sinnvoll, ihre Methoden aber „zum Teil antiquiert“ seien. „Man kann nicht mehr einfach ‚PorNO‘-Aufkleber verteilen.“ Es ist diese geradezu viktorianische Herangehensweise, die viele jüngere Fe- ministinnen abschreckt. Doch Alice Schwarzer gemeindet auch diese jünge- ren Frauen gern in ihr Freund-Feind- Schema ein. So findet sich im Antipor- nografie-Dossier der Emma ein Text der SZ-Autorin Meredith Haaf, in dem sie sich kritisch mit der erotischen Selbst- stilisierung junger Frauen auf der Inter- netplattform Myspace auseinander- setzt. Meredith Haaf versteht sich als Fe- ministin, ihr Buch „Wir Alpha-Mädchen“ erscheint im Früh- jahr. Aber mit der „PorNO“-Kampagne möchte sie nichts zu tun haben. „Ich wusste nicht, dass mein Text Teil einer Antipornokampagne werden sollte. Da passt er nämlich nicht hinein. Ich bin pro Porno und nicht gegen Porno“, sagt sie. Der weibliche Körper steht auch bei Schwarzers zweitem Lieblingsthema im Mittelpunkt: der Prostitution. Anfang des Jahres erschien in der Emma wieder einmal ein großes Dossier dazu. Prosti- tuierte sind für Alice Schwarzer Frauen, die ein Mann kaufen kann „wie eine Wa- re“. Dass sie selbst sich auch als Dienst- leisterinnen und sich damit durchaus als Subjekte sehen, ist damit undenkbar. Vielmehr folgt aus dieser These, dass Prostitution ein „Verstoß gegen die Men- schenwürde“ sei. Ein Verstoß gegen die Menschenwürde würde bedeuten, dass ein Grundrecht verletzt wird. Folglich müsste man Prostitution verbieten. Will sie das? So klar mag Schwarzer das nicht sagen. Vielleicht ahnt auch sie, dass man damit die Probleme der Prostitu- ierten nicht löst, sondern durch die Ille- galisierung neue schafft. Aber was will sie stattdessen sagen? Die schlechten Arbeitsbedingungen der Prostituierten, die sozialen Zwänge, in denen sie leben, die oft reichlich ver- dinglichte Sprache der Freier, die sich nicht darum scheren, ob die von ihnen besuchte Frau eventuell zur Prostitution gezwungen wird – all dies sind durchaus skandalöse Zustände. Bei Schwarzer aber bebildern sie ihre These von der Verderbtheit der ganzen Sache. Es sind nicht einzelne Freier oder Zuhälter, die gegen die Menschenwürde verstoßen, es ist die Prostitution an sich. Die kleinen Unterschiede „Sie stellt nur die eine Seite der Prostitu- tion dar,“ meint die Pressereferentin des Sozialdienstes katholischer Frauen, Claudia Steinborn. Der Sozialdienst be- treibt in Dortmund und weiteren Städ- ten Ausstiegsprojekte für Prostituierte. „Wir sehen durchaus auch das Elend der Straßenprostitution oder das Problem der Opfer von Menschenhandel. Aber es gibt eben auch die selbstbewusste Pros- tituierte, die in diesem Beruf arbeiten will.“ Schwarzer aber meint: „Die von der Hurenbewegung propagierte (…) Grenze zwischen freiwilliger und un- freiwilliger Prostitution ist künst- lich.“ So wird unversehens die Zwangsprostitution zum Prototyp der Prostitution: Zur Fußball- Weltmeisterschaft 2006 würden 40.000 zusätzliche Prostituierte erwartet, geisterte durch die Me- dien. In der Emma wurden dar- aus „40.000 Zwangsprostitu- ierte“. Der Dachverband der Hu- renberatungsstellen ist davon überzeugt, dass Prostitution auch ein Beruf sein kann, wenn auch in einem extrem schwieri- gen Milieu. Und das sagten sie auch, wenn die Emma bei ihnen anrief. „Unsere Zitate sind dann oft so wiedergegeben worden, dass wir uns nicht mehr wiederer- kannt haben. Wir ha- ben dar- aufhin be- schlossen, der Emma bis auf weiteres keine Interviews mehr zu geben“, so Steinborn. In der Emma heißt es zu diesem Sachverhalt, der Dach- verband sei „pro-Prostitution“ und „diktiere“ diese Haltung allen Mit- gliedern. „Aufgrund der kritischen Berichterstattung“ der Emma habe er ein „Kontaktverbot“ beschlossen. Es ist eine gewisse Feindlichkeit ge- genüber verbotenen Gelüsten des weiblichen Körpers, der bei der Be- handlung dieser Themen immer wie- der aufscheint. Und diese Haltung scheint die Scheidelinie zu den jünge- ren Feministinnen zu markieren. „Auf den Körper reduziert zu wer- den“ galt lange Zeit als Abwertung der Frau. Die Romanistin Barbara Vinken, die mit ihrem Buch „Die deutsche Mutter“ eine der wichtigsten Analysen zum deutschen Frauenbild ver- fasst hat, sieht darin eine Nachwirkung eines modernen Subjektbe- griffs, „der Frauen Frau Schwarzer und der Sex A L I CE SC HWARZER W IRD 6 5 I Alice Schwarzer wird am Montag 65. Die Grande Dame des deutschen Feminismus ist eine Art Popstar geworden. Doch ihre Form, Sex und Gewalt zu skandalisieren, stößt auf Kritik. Anders als Schwarzer wollen jüngere Feministinnen Pornografie und Prostitution nicht völlig verdammen .............................................................................................................................................................................................................................................. .............................................................................................................................................................................................................................................. aufgrund ihrer sie angeblich ganz be- stimmenden Geschlechtlichkeit aus der öffentlichen Sphäre verbannt“. Nur wer diesem Schema folgt, kann in der Kör- perlichkeit der Frau eine Bedrohung se- hen und muss panisch darauf bedacht sein, nicht auf diesen „reduziert zu wer- den“. Dass ein weibliches Subjekt mit seinem Körper und seiner Geschlecht- lichkeit in der Öffent- lichkeit spielt, dar- aus gar Kapital macht, sieht Schwarzer als Rückfall in die vom Mann zuge- wiesen Po- sition. Viel- leicht war das der Grund, wa- rum sich Schwarzer von Verona Pooth, so provoziert fühlte. „Alice Schwarzer ist ein Symptom für den deutschen Kontext. In der deut- schen Debatte herrscht immer noch der männliche Geist über den weibli- chen Körper“, meint Vinken. Weshalb Alice Schwarzer ihr Heil in der Verleug- nung der weiblichen Gelüste suche. In Frankreich und in den Vereinigten Staa- ten sei die Diskussion um die Differenz zwischen den Geschlechtern schon weiter. So manche junge Feministin scheint ein anderes Konzept von Körperlichkeit zu haben, als es Schwarzer in ihrer Zeit mög- lich war. Nicht nur das spricht dafür, dass heute eine neue Generation die Staffel zu übernehmen. Eine Genera- tion, die eine neue Antwort auf die Frage nach dem kleinen Unterschied fin- det. Feministin mit Anstand: Alice Schwarzer FOTO: REGINA RECHT/VISUM 4 SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 brennpunkt  DIE TAGESZEITUNG DI E U N - KO N F E R E N Z DI S KUTIERT Ü BER DEN KLIMAWANDEL … I Die Weltklimakonferenz, die am Montag auf Bali beginnt, verspricht ein großer Event zu werden. Doch die Tagesordnung ist bescheiden: Es geht nicht um konkrete Ziele, sondern allenfalls um einen Zeitplan für weitere Verhandlungen. Immerhin dafür stehen die Chancen gut .............................................................................................................................................................................................................................................. .............................................................................................................................................................................................................................................. VON MALTE KREUTZFELDT UND NICK REIMER Die Erwartungen sind gewaltig. Ein Jahr lang haben die Wissenschaftler des Weltklimarats IPCC in mehreren Berich- ten das Ausmaß und die Auswirkungen des drohenden Klimawandels beschrie- ben – Meeresspiegelanstieg und Wüs- tenbildung, schmelzende Gletscher und Rückkehr von Krankheiten. Ökonomen wie der Brite Nicholas Stern haben die enormen finanziellen Folgen berechnet. Umweltverbände wie Unternehmen ha- ben immer wieder international ver- bindliche Regeln zum Klimaschutz ge- fordert. Die Politik schließlich mahnte bei jeder Gelegenheit zum Handeln, beim G-8-Gipfel in Heiligendamm ebenso wie bei der UN-Vollversamm- lung in New York. Und nun ist es so weit: Am Montag beginnt auf der indonesi- schen Insel Bali die Weltklimakonfe- renz. Rund 10.000 Teilnehmer werden dort erwartet, Delegierte und Parlamen- tarier aus 190 Staaten, Lobbyisten aus Industrie, Wissenschaft und Umweltbe- wegung, Umweltminister, Staatschefs und mindestens 1.000 Journalisten. Ein Wahnsinns-Event. Gemessen an der Erwartung, dass dort über die Zukunft des Planeten ent- schieden wird, ist es eher ernüchternd, was in Bali tatsächlich auf der Tagesord- nung steht: Die Weltklima-Diplomatie verhandelt darüber, ob sie sich auf ei- nen Fahrplan für weitere Verhandlun- gen einigen kann – und zwar für neue Klimaschutzregeln ab dem Jahr 2013. Doch so zögerlich und langwierig ist dieser Zeitplan nun auch wieder nicht. Angesichts der bisherigen Erfahrungen ist er sogar recht ambitioniert, was selbst Umweltorganisationen wie Ger- manwatch einräumen. Vom ersten glo- balen Umweltgipfel in Rio de Janeiro, der 1992 den UN-Klimaprozess einleite- te, vergingen fünf Jahre bis zur Klima- konferenz in Japan, die dem Kioto-Pro- tokoll seinen Namen gab. Vor genau zehn Jahren wurden dort erstmals völ- kerrechtlich verbindliche Ziele für In- dustriestaaten festgelegt. Sieben weite- re Jahre dauerte es, bis dieses UN-Proto- koll tatsächlich in Kraft trat – erst dann war die Quote erreicht, auf die man sich in Kioto geeinigt hatte. Erst im Jahr 2005 hatten die erforderlichen 55 Prozent der Staaten, die zudem für 55 Prozent der Klimagase verantwortlich waren, das Vertragswerk ratifiziert. Doch das mühsam erkämpfte Kioto- Protokoll war nur ein erster kleiner Schritt. Es schreibt den Industriestaaten vor, ihre Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2012 im Vergleich zu den Wer- ten von 1990 im Schnitt um 5,2 Prozent zu reduzieren. Erst ein kleiner Teil da- von ist erreicht, und auch das vor allem wegen des Zusammenbruchs der osteu- ropäischen Industrie. Die Europäische Union hatte von ihren versprochenen 8 Prozent bis 2005 gerade mal 1,5 Prozent geschafft. Global steigen die Emissionen weiter; nach Zahlen des IPCC betrug der Anstieg zwischen 1990 und 2004 etwa 25 Prozent. Dieser Trend, da sind sich die Wissen- schaftler einig, darf sich nicht mehr lan- ge fortsetzen. Ein Temperaturanstieg um zwei Grad bis zum Jahr 2100 ist den UN-Wissenschaftlern zufolge der ge- ringste Wert, der noch zu erreichen ist – und zugleich der höchste, der als gerade noch verkraftbar gilt. Doch um diese Grenze nicht zu überschreiten, müssen die weltweiten Emissionen spätestens ab 2015 sinken und bis zum Jahr 2050 um 85 Prozent zurückgegangen sein. Damit eine Anschlussvereinbarung fürs Kioto-Protokoll 2013 starten kann, muss eine neue Vereinbarung spätes- tens im übernächsten Jahr unterzeich- net werden. Nur in diesem Fall kann sie von allen Ländern ratifiziert werden. Scheitert die Konferenz von Bali, ist der Zeitplan nicht mehr einzuhalten. „Wir müssen das Problem angehen, und zwar sofort“, sagt der UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Auch er hegt „tiefste Befürch- tungen, dass das, was wir bisher tun, bei weitem nicht ausreicht“. Festgelegt werden soll in Bali das so genannte „Mandat“ für die weiteren Verhandlungen. Einigt man sich auf das Zwei-Grad-Ziel? Gelingt es, konkrete Zie- le für die Jahre 2020 und 2050 zu defi- nieren? Wird es künftig Sanktionen für jene Staaten geben, die ihr Ziel verfeh- len? Und gibt es einen Konsens darüber, dass sich alle Länder beteiligen – und wie die Lasten verteilt werden? Vor allem an der letzten Frage waren die Verhandlungen im vergangenen Jahr in Nairobi gescheitert. Niemand wollte den ersten Schritt machen, jeder zeigte auf den anderen. Die USA und Australien wollten keinerlei Verpflich- tungen übernehmen, solange nicht gro- ße Schwellenländer wie China und Indi- en einbezogen würden. Die Schwellen- länder, die bislang von eigenen Redukti- onen verschont sind, lehnten dies ent- schieden ab und verwiesen darauf, dass die Industriestaaten pro Kopf ein Vielfa- ches an Kohlendioxid ausstoßen. Und die Entwicklungsländer erwarteten fi- nanzielle Unterstütztung und konkrete Schritte der Industrieländer, bevor sie sich beteiligten. Nicht nur der deutsche Umweltminister Sigmar Gabriel, der in der zweiten Woche zu den Verhandlun- gen reisen wird, fordert ein Ende dieser Taktiererei. In Bali stehen die Chancen besser als in Nairobi. Nicht nur weil die öffentli- chen Erwartungen zugenommen haben und der Klimaschutz in vielen Ländern inzwischen Chefsache ist. Sondern auch, weil die Europäische Union mitt- lerweile tatsächlich eine Vorreiterrolle einnimmt. Mit ihrer Zusage, die Emissi- onen bis 2020 einseitig um 20 Prozent zu senken – oder, für den Fall einer Eini- gung, gar um 30 Prozent – hat sie für Be- wegung gesorgt. Zudem bröckelt die Front der Total- verweigerer unter den Industriestaaten. In Australien ist Premierminister John Howard, der den Klimawandel trotz Jahrhundertdürre im eigenen Land be- harrlich ignorierte, gerade abgewählt worden. Nach Bali wird sein designier- ter Nachfolger Kevin Rudd reisen, der bereits angekündigt hat, das Kioto-Pro- tokoll zu ratifizieren und weitere Ver- handlungen nicht zu blockieren. Und im nächsten Jahr wird auch George W. Bush nicht mehr Präsident der USA sein. Egal wer auf ihn folgt: Eine Einbindung des noch immer größten Klimasünders USA in die weiteren Verhandlungen ist dann realistisch. Vielleicht trägt auch der Ort der Ta- gung zu einer Einigung bei. Die tropi- sche Urlaubsinsel Bali, bekannt als „In- sel der Götter“, gilt als Sinnbild für die Harmonie zwischen Mensch und Natur. Und auch die Bedrohung ist in Indonesi- en mit seinen 17.000 Inseln und 80.000 Kilometern Küste zu erleben. Nicht nur in Form von mehr Dürren, vor denen der WWF gerade gewarnt hat. Durch Na- turkatastrophen und Umweltzerstö- rung hat der Staat bereits 24 Inseln ans Meer verloren, berichtete Meeresminis- ter Freddy Numberi in dieser Woche. Ohne Gegenmaßnahmen, so warnte er, könnten bis zum Jahr 2030 rund 2.000 weitere verschwinden. Chefsache KlimaschutzKlimakonferenz: Darum geht’s In seinem Klimabericht hat der Weltklimarat die zentra- len Erkenntnisse zur Erder- wärmung zusammengefasst. Sie sind die Grundlage für die UN-Klimakonferenz in Bali, die am Montag beginnt. Die 10.000 Delegierten aus 190 Staaten werden in Indonesien über den Kampf gegen den Klimawandel verhandeln. Dies sind die wichtigsten Punkte: Seit 1970 hat der vom Men- schen erzeugte Ausstoß von Treibhausgasen um 70 Pro- zent zugenommen. Die Kon- zentration des wichtigsten Treibhausgases Kohlendioxid übersteigt die in den vergan- genen 650.000 Jahren natür- liche Menge bei weitem. Die weltweite Durchschnitts- temperatur wird in diesem Jahrhundert voraussichtlich um 1,1 bis zu 6,4 Grad Celsius zunehmen. Der Meeresspiegel steigt in diesem Jahrhundert voraus- sichtlich um 18 bis 59 Zenti- meter an. Wenn der Temperaturanstieg mehr als 1,5 bis 2,5 Grad be- trägt, sind 20 bis 30 Prozent aller Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Das Risiko extremer Wetter- ereignisse steigt: Es wird mehr Überflutungen, Dürre- perioden und Hitzewellen ge- ben. Einzigartige Biosysteme sind gefährdet: Nord- und Südpol, Hochgebirgsregionen und Ko- rallenriffe. Die Folgen des Klimawandels sind ungleich verteilt: Arme und alte Menschen leiden am stärksten darunter, ebenso die Länder am Äquator, die in Af- rika ohnehin zu den ärmsten Staaten gehören. Am stärks- ten betroffen sind Afrika, die Arktis, kleine Inseln und die asiatischen Flussdeltas. Ein Vorschlag ist es, den Tem- peraturanstieg auf 2,0 bis 2,4 Grad Celsius gegenüber vor- industriellen Zeiten zu be- schränken. Dafür jedoch muss der Gesamtausstoß von Treib- hausgasen ab 2015 sinken. Die Kosten für den Kampf ge- gen den Klimawandel belau- fen sich selbst bei den ehrgei- zigsten Szenarien auf weniger als 0,12 Prozent des jährlichen weltweiten Bruttoinlandspro- dukts. Im teuersten Fall wür- den bis 2030 weniger als 3 Pro- zent aufgewendet. RTR Wenn in Bali zwei Wochen lang über die Rettung der Welt verhandelt wird, ist die taz natürlich dabei. Klimare- porter Nick Reimer hat sich schon vor acht Wochen auf die Reise gemacht, um den Klimaschutzgipfel ohne Flug- zeug zu erreichen. Seine Rei- seberichte, in denen er die BedeutungdesKlimawandels für die Länder auf dem Weg beschreibt, sind gesammelt auf www.taz.de zu finden. Ab Montag bringt die taz auf einer täglichen Seite die wich- tigsten Neuigkeiten von der Konferenz und stellt einzelne Teilnehmer vor – und was sie in Bali eigentlich genau tun. Dazu gibt es Hintergründe, Reportagen und Interviews zum Klimawandel. DIE TAZ IN BALI Jedes Kind weiß: Ist‘s zu heiß, schmilzt das Eis FOTO: JOE MCBRIDE/GETTY  DIE TAGESZEITUNG reportage SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 5 … I N A F R I K A I ST ER L ÄNGST ZU SP Ü REN I Kein Kontinent hat so sehr unter dem Klimawandel zu leiden wie Afrika. Dennoch spielen die dortigen Verhältnisse kaum eine Rolle auf dem Klimagipfel in Bali. Unser Korrespondent ist von Ost nach West gereist und beschreibt, was zu viel oder zu wenig Regen für die Menschen bedeutet .............................................................................................................................................................................................................................................. .............................................................................................................................................................................................................................................. VON MARC ENGELHARDT Als die Koffer für diese Reise durch Afrika schon gepackt sind, ist es September. Das Fernsehen zeigt die ersten Bilder von Überschwemmungen in Ghana, Uganda und anderen afrika- nischen Ländern. Vom Atlantik bis zum Indischen Ozean melden sechzehn Staa- ten gleichzeitig „Land unter“ – genau, wie der Weltklimarat es vorhergesagt hatte. Wegen der steigenden Temperaturen, heißt es in dessen aktuellem Bericht, müssten die Bewohner Afrikas immer öfter mit extremen Wetterlagen klar- kommen – mehr Überschwemmungen, mehr Dürren. Kein Kontinent, prognos- tizieren die Klimaforscher, werde stär- ker unter dem Klimawandel zu leiden haben als Afrika – und keiner sei so schlecht auf die Folgen vorbereitet. Trotzdem wird beim Klimagipfel in Bali nur wenig über Afrika gesprochen, und wie üblich wird sich kaum ein afri- kanischer Politiker in die Debatte ein- mischen. Wangari Maathai, Kenias berühmte Umweltpolitikerin, macht da- für vor allem Unwissen verantwortlich. „Afrika erhebt seine Stimme nicht, weil die Menschen hier nicht genug Erfah- rungen gemacht haben“, sagt die Frie- densnobelpreisträgerin, „Sie müssen erst erleben, dass Temperatursteige- rung, lange Dürreperioden und die Schneeschmelze auf dem Mount Kenya keine vorübergehenden Ereignisse sind.“ Ohne den Druck der Betroffenen aber, so Maathai, würden sich afrikani- sche Politiker nicht rühren. Doch auch jene, die die klimapoliti- schen Hintergründe nicht kennen, müssten doch längst Veränderungen in ihrem täglichen Leben spüren. Diese Reise, einmal quer über den Kontinent, soll dieser Vermutung nachgehen. Wetterkapriolen im Hochland Die Tour beginnt auf einem Feld im äthiopischen Hochland. Ato Mulualem Birhane und seine Frau hocken zwi- schen dem Tef, dem hier am häufigsten angebauten Getreide, sie rupfen Un- kraut. Maschinen gibt es nicht auf den kleinen und unebenen Feldern hier, al- les geht von Hand. Die Ernte könnte gut werden in diesem Jahr, sagt der 48-jähri- ge Mulualem – wenn das Wetter mit- spielt. „Früher gab es einmal im Jahr eine feste Regenzeit“, erzählt er, „aber seit ein paar Jahren kommt sie mal, mal kommt sie nicht, dann regnet es zu stark oder zur falschen Zeit.“ Hinter den bei- den Bauern, die hier in Dembecha, 300 Kilometer nördlich der Hauptstadt Ad- dis Abeba, ihre Farm betreiben, türmen sich dunkle Wolken auf. In der Ferne donnert es. Ein schweres Gewitter naht. Extreme Wetterlagen erleben die Bauern hier inzwischen immer öfter. Im Jahr zuvor sind in einer schlimmen Flut 900 Menschen umgekommen, Hun- derttausende haben damals ihren ge- samten Besitz verloren. „So etwas hat- ten wir vorher noch nie gesehen“, sagt der Vorsitzende des Äthiopischen Um- weltforums, Negusu Aklilu. „Und nicht nur Überschwemmungen, auch Dürren werden in Äthiopien allmählich vom Phänomen zur Normalität.“ Die Folgen sind katastrophal, denn in Äthiopien, ei- nem der ärmsten Länder der Erde, sind die Bauern mehr als anderswo davon ab- hängig, eine gute Ernte einzufahren. Farmer Mulualem berichtet, dass das Wetter inzwischen selbst dann verrückt spielt, wenn der Himmel blau ist: „Frü- her hatten wir im Hochland moderate Temperaturen, aber inzwischen ist es hier heiß, zu heiß.“ Trockenheit am Viktoriasee Über die steigende Temperatur klagt auch Peter Mireri von der Umweltgrup- pe Freunde des Viktoriasees. Nur dass hier in Uganda die Auswirkungen ande- re sind. Mireri steht am Anfang eines langen Steges, gut 150 Meter ragt der in den Viktoriasee hinein. „Hier, wo wir jetzt stehen“ sagt er, „haben wir noch vor drei Jahren unsere Boote vertäut.“ Er zeigt zum Ende des Stegs: „Inzwischen mussten wir den Steg bis da hinten ver- längern!“ Nach drei Jahren Dürre hat es in die- sem Jahr am Viktoriasee erstmals wie- der geregnet, doch der Pegel ist kaum gestiegen. Die Trockenheit macht dem größten See Afrikas schwer zu schaffen: zu siebzig Prozent speist er sich aus Re- genfällen, wichtige Zuflüsse gibt es kaum, erklärt Mireri. „Und weil es jetzt auch noch wärmer geworden ist, ver- dunstet das Wasser wieder stärker.“ Der Umweltaktivist ist sich sicher, dass das Sinken des Pegels einer der wichtigsten Gründe dafür ist, dass es immer weniger Fische im See gibt. Vor allem die Laichplätze litten unter der Klimaerwärmung. „Der in den Uferzo- nen abgelegte Laich wird so warm, dass die Fische nie schlüpfen.“ Deshalb blei- ben die Netze der wenigen, die noch von Kisumu aus in See stechen, oft leer. Fischer Nicholas und sein Boots- mann brauchen jeden Tag acht Stunden, um ihre am Abend zuvor ausgelegten Netze zu kontrollieren. Früher, erinnert sich Nicholas, verfingen sich in den Net- zen große Tilapiafische, „und auch Vik- toriabarsche“. Das ist längst vorbei. Der Viktoriabarsch, in den Sechzigerjahren im See ausgesetzt, hat sich massenhaft vermehrt und dafür gesorgt, dass an- dere Fischarten ausstarben. Heute gibt es hier fast nur noch den Viktoriabarsch, der Fisch wird in den zahllosen Fabriken am Ufer filetiert und gleich nach Europa weiterverkauft. Als Nicholas am Abend festmacht, kann er den wartenden Zwischenhänd- lern gerade mal dreißig kleine Fische anbieten. Drei Euro hat er heute ver- dient. Weil es zu wenig Fische gibt, ver- rotten im einst größten Fischereihafen von Kisumu die Boote. Verlierer sind aber auch die Bewohner Kisumus, die sich ihren eigenen Fisch immer seltener leisten können: Der Preis hat sich bin- nen zwei Jahren vervierfacht. Am Stra- ßenrand werden stattdessen Fischgrä- ten gewaschen, die bei der Filetierung des Nilbarschs übrig bleiben. Sie werden getrocknet und dann in heißem Fett ausgebacken. Was übrig bleibt, wird mit scharfer Soße gegessen oder zu Suppe verarbeitet. Mehr gibt der See für seine Anrainer nicht mehr her. „Natürlich ist der Klimawandel nur ein Faktor von mehreren“, sagt Um- weltaktivist Mireri. Überfischung, Ab- lassen des Wassers in Kraftwerke auf der ugandischen Seite und andere Fak- toren spielten auch eine Rolle. „Aber der Klimawandel kommt obendrauf, ver- schlechtert die ohnehin schlimme Lage und gibt dem See den letzten Rest.“ Malaria in Uganda Einige hundert Kilometer weiter west- lich steht das staatliche Krankenhaus von Hoima. Jeden Tag stirbt hier min- destens ein Kind an Malaria. Die von Moskitos übertragene Krank- heit kann in kurzer Zeit schwere Formen annehmen. „Blutarmut, Unterzucke- rung, Erkrankungen der Lunge oder des Gehirns – das sind alles Komplikatio- nen, die wir hier regelmäßig sehen“, er- klärt der Kinderarzt Tom Ediamu, der seit mehreren Jahren hier im Westen Ugandas arbeitet. Ediamu nennt Mala- ria eine „Killerkrankheit“, und das ist sie, nicht nur hier. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sterben jedes Jahr 2,7 Millionen Menschen an der von Ano- phelesmücken übertragenen Krankheit. Drei Viertel von ihnen sind Kinder. Monat für Monat kommen zu Ediamu und seinen Kollegen 5.000 neu infi- zierte Kinder. „Es gab hier schon immer Malaria, sagt der Arzt, „aber seit ein paar Jahren nimmt die Zahl der Fälle ständig zu.“ Vor der Kinderstation sitzen Fami- lien unter freiem Himmel, sie warten auf ein freies Bett. Den Grund für den Ansturm kennt Ediamu: Es ist der Kli- mawandel. „In der langen Regenzeit zwischen September und November regnet es seit einigen Jahren viel mehr als üblich“, sagt er. Wo immer dann Was- ser in Pfützen steht, entwickeln sich die Larven der Anophelesmücke besonders schnell. Die Beobachtung des Arztes deckt sich mit der Analyse des Weltkli- marats. Ähnliche Entwicklungen doku- mentiert der Rat überall in Afrika, seit sich die Regenzeiten verschoben haben. Weil es insgesamt wärmer ist, breitet sich die Malaria heute selbst dort aus, wo der Erreger wegen niedriger Tempe- raturen früher nicht überleben konnte, zum Beispiel im Hochland. „Ich komme aus dem Südwesten Ugandas und hatte nie Malaria, bis ich mit 18 nach Kampala gezogen bin“, erinnert sich Achilles Byaruhanga, Direktor von der Umwelt- schutzorganisation Nature Uganda. An Malariafälle in seiner Heimat am Fuß der Rwenzori-Berge kann er sich nicht erinnern. „Heute wird die gleiche Ge- gend als endemisches Gebiet für Mala- ria geführt, die Zahl der Fälle nimmt ständig zu.“ Vor allem für arme Men- schen auf dem Land ist Malaria gefähr- lich. Oft haben sie schon andere Krank- heiten, oder sie leiden unter Fehl- oder Mangelernährung, sodass ihr Immun- system geschwächt ist. Versteppung in Mauretanien Letzte Etappe der Reise ist Westafrika. Im leichten Zelt der Nomaden gießt Aïcha den Tee auf. Die Tradition in Mauretanien gebietet es, dass jeder Be- sucher, der die Sahara durchquert hat, mindestens drei Tassen leeren muss – so soll sein Überleben gesichert werden. Doch entgegen aller Tradition sind im Süden des Wüstenstaats die Nomaden längst sesshaft geworden. Sidi el Moctar ist aus Schaden klug ge- worden, seit der ersten schweren Dürre in den 70er-Jahren schützt er die letzte Oase, die hier noch Wasser führt, um den nun sesshaften Nomaden ein biss- chen Land- und Viehwirtschaft zu er möglichen. 5.000 Bäume müssen el Moctar und seine Helfer jedes Jahr an- pflanzen, um die Dünen aufzuhalten, die wegen der zunehmenden Hitze und der immer größeren Trockenheit schneller vorrücken als je zuvor. Das Vordringen der Wüste in den Sahel- gürtel, in Mauretanien das fruchtbarste Land, können selbst die Schutzwälle kaum noch aufhalten. „Wir haben große Angst vor dem Klimawandel“, sagt el Moctar. „Wir gehen unter, wenn wir nicht unermüdlich gegen den Vor- marsch der Wüsten kämpfen. Zwischen hier und Atar im Norden lebt inzwi- schen niemand mehr, dort gibt es kein Wasser mehr.“ Längst fordern Afrikas Umweltschüt- zer, die ich auf dieser Reise getroffen ha- be, von der Staatengemeinschaft mehr als nur die Reduzierung der Treibhaus- gase. Sie wollen von den Verursachern des Klimawandels konkrete Hilfe, um die Folgen abfedern zu können. Negusu Aklilu ist enttäuscht, wie wenig Hilfe Af- rika bislang bekommt. „Ein Sprichwort sagt: Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit“, sagt er. „Ich glaube nicht, dass Politiker überall auf der Welt den ärmsten Teil der Erde hassen, aber wir sind ihnen egal.“ Heiß, zu heiß UGANDA MAURETANIEN UGANDA MAURETANIEN ÄTHIOPIENÄTHIOPIEN Retten, was zu retten ist: In Malawi erntet eine Frau Mais. Wegen der Trockenheit würde er sonst verdorren FOTO: THE NEW YORK TIMES/REDUX/LAIF 6 DIE TAGESZEITUNG  SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 inland FAX: 030 - 25 130 03 E-MAIL: INLAND@TAZ.DE AUS BERLIN CHRISTIAN FÜLLER Den Kultusministern der Union passt der ganze Pisa-Zirkus nicht mehr. Mit Bernd Busemann (CDU) hat sich nun der erste Mi- nister dafür ausgesprochen, aus dem internationalen Schulleis- tungstest Pisa auszusteigen. Ein nationales Vergleichssystem be- finde sich bereits im Aufbau. Pisa habe eine wichtige Aufgabe er- füllt. „Aber jetzt wissen wir alle, was zu tun ist“, sagte der CDU-Mi- nister aus Niedersachsen. Die Kultusminister der Union waren empört, weil der Chef von Pisa International, Andreas Schleicher, am Donnerstag allen Medien Informationen zu Pisa zugänglich gemacht hatte, die in Spanien vorab durch eine Zei- tung veröffentlicht worden wa- ren. Nach taz-Informationen war die offizielle Bekanntgabe des Rankings von Pisa 2006, das erst am Dienstag komplett vorge- stellt wird, keine Entscheidung Schleichers, sondern eine des OECD-Generalsekretärs Angel Gurría. Kultusminister Busemann möchte mit Schleicher trotzdem nichts mehr zu tun haben. Unter den gegebenen Umständen „können wir mit Herrn Schlei- cher nicht weiter zusammenar- beiten“. sagte er. Und tatsächlich gibt es bereits eine nationale Testagentur, das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bil- dungswesen (IQB), das Schlei- chers Job übernehmen soll. Dessen Chef, Olaf Köller, ist zwar ein reputierter Wissenschaftler, doch mit seiner Forschungsfrei- heit ist es nicht gut bestellt – er ist von den Weisungen der Kul- tusministerkonferenz (KMK) ab- hängig. Köllers Institut soll mit- telfristig für eine Art nationalen Pisatest fit gemacht werden. Köller hätte aus der Sicht der Kultusminister einen unschlag- baren Vorteil: Er fällt nicht auf. Seit zwei Jahren steht Köller an der Spitze des IQB, aber eine kri- tische Analyse des Bildungssys- tems hat er bisher nicht geleistet. Schleicher hingegen weist stets darauf hin, dass das deutsche Bil- dungssystem ungerecht und nicht in der Lage ist, genug Quali- fizierte für die Industrienation Deutschland bereitzustellen. Noch gilt Bernd Busemann als Einzelkämpfer unter den Kultus- ministern. Allerdings gehen die- se merklich auf Distanz zur OECD und ihren Pisastudien. In der Vorbereitungsgruppe für die Teilstudie zu „global citizenship“ von Pisa 2009 sitzen schon keine Deutschen mehr. Aus der KMK war zu hören, es gebe ein natio- nales Bildungsmonitoring, das solche Sonderuntersuchungen nicht mehr vorsehe. Pisa-Koordinator Schleicher hat unterdessen die Kritik von Unionspolitikern an seiner Per- son zurückgewiesen. „Das ist doch eine absurde Posse“, sagte der OECD-Experte am Freitag. Die Unterstellung der KMK, die OECD hätte die Ergebnisse Deutschlands bewertet, sagte Schleicher, „entbehrt jeder sach- lichen Grundlage“. Es seien ledig- lich jene Pisadaten zugänglich gemacht worden, „die aus Spa- nien durchgesickert waren“. Das tue die OECD immer, um alle gleich zu behandeln. Die Lehrergewerkschaft GEW nannte die von der Union los- getretene Debatte „provinziell“. Deutschland dürfe sich nicht erneut international isolieren. Grünen-Chefin Claudia Roth er- klärte, nicht Pisa-Vergleiche sei- en das Problem, sondern die gra- vierenden Mängel in Deutsch- land. Ein OECD-Sprecher in Ber- lin meinte, Deutschland würde durch einen Ausstieg „wichtige Orientierungspunkte für seine Bildungsreform verlieren“. Zentrum gegen rechts eröffnet ANKLAM epd I In Mecklenburg- Vorpommern ist gestern das ers- te von fünf geplanten Regional- zentren für demokratische Kul- tur eröffnet worden. Die Mitar- beiter der Anlaufstellen seien „die richtigen Fachleute“, wenn eine Kommune etwas gegen rechte Akteure tun wolle, sagte Sozialminister Erwin Sellering (SPD) bei der Eröffnung der Ein- richtung in Anklam. Die Nach- frage von Kommunen, Schulen, Vereinen und Verbänden sei groß. Die Zentren sollen die Akti- vitäten gegen rechts bündeln und koordinieren sowie neue Projekte anregen und begleiten. Mindestlohn für Putzer missachtet BERLIN ap I Der vor fünf Mona- ten eingeführte Mindestlohn für Gebäudereiniger wird nach Dar- stellung der IG BAU großflächig missachtet. Eine Schwerpunk- taktion der Finanzkontrolle Schwarzarbeit habe 11.000 Ar- beitnehmer überprüft und erge- ben, dass in rund 20 Prozent der Fälle der Mindestlohn nicht ge- zahlt werde, sagte IG-BAU-Bun- desvorstand Frank Wynands ges- tern in Berlin. „Hier wird mit viel krimineller Energie gegenarbei- tet“, sagte Wynands. Häufig wer- de der Lohn mit unrealistisch kurzen Zeitvorgaben für die Putzkolonnen gedrückt. INLAND 1 Seite 6 Mancher CDU-Kultusminister will solche Schüler künftig nur noch von Deutschen testen lassen FOTO: AP BELIEBTESTE GRÜNE Künast auf Platz eins Exverbraucherschutzministerin Re- nate Künast ist die beliebteste Grü- nen-Politikerin. Nach einer neuen Forsa-NTV-Umfrage erhielt die Fraktionschefin 49 von 100 mögli- chen Punkten, gefolgt von Partei- chefin Claudia Roth mit 45 Punk- ten. Platz drei teilen sich mit je 43 Punkten Reinhard Bütikofer, Fritz Kuhn und Jürgen Trittin. (afp) ZIRKUSTIERE Bessere Überwachung Zirkustiere sollen in Deutschland künftig besser geschützt werden. Der Bundesrat beschloss gestern die Einrichtung eines Zentralregis- ters, um Zirkusse und Wandertier- schauen besser zu überwachen. Den Ländern geht das nicht weit genug. Sie hatten im Jahr 2003 verlangt, die Haltung bestimmter Wildtiere ganz zu verbieten. (dpa) NACH NEONAZI-ÜBERFALL 5.000 Euro Belohnung Nach der Neonazi-Attacke im säch- sischen Mittweida hat die Polizei eine Belohnung von 5.000 Euro für Hinweise zur Ergreifung der Täter ausgesetzt. Bisher gebe es zwar mehrere Hinweise zu zwei veröf- fentlichten Phantombildern, zum Tatgeschehen hätten sich aber bis- lang keine Zeugen gefunden, so die Polizei gestern. (rtr) ASYLBEWERBER-UMZUG Proteste in Sedlitz Die Asylbewerber von Sedlitz sind gestern ins benachbarte Heim in Bahnsdorf (Oberspreewald-Lau- sitz) umgezogen. Gegen den Wechsel in die Unterkunft protes- tierten in Sedlitz Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen, von Bran- denburger Flüchtlingsinitiativen und von der Linken. Laut Polizei gab es keine Störungen. (dpa) AIDSKRANKE BEI DER BA Verbesserte Betreuung Mit einer speziellen Ausbildung von rund 100 Fallmanagern will die Bundesagentur für Arbeit (BA) die Betreuung arbeitsloser Aids- kranker in Jobcentern verbessern. Im Rahmen eines Pilotprojekts sei- en die Vermittler mit den besonde- ren Lebensumständen von HIV-In- fizierten und Aidskranken vertraut gemacht worden, hieß es. (dpa) ......................................................................................................................................................................................................in kürze Wer es zum ersten Advent gern beschaulich hätte, sollte nicht vor die Tür gehen. Tief „Eckhard“ bringt Wind und Regen bei aller- dings recht milden Temperaturen. Trotz meteorologischen Winter- beginns ist ein Wintereinbruch im Flachland nicht in Sicht. Am Sams- tag und Sonntag regnet es weiträu- mig, nur der äußerste Süden bleibt verschont. Die Temperaturen errei- chen 5 bis 10 Grad. DAS WETTER ...................................... 96 Seiten | broschiert | 7 Euro | www.taz.de/endlich tazshop | T (030) 259021 38 | shop@taz.de Das neue taz-Journal „Endlich. Tod – kein Tabu mehr“ entdeckt wissenswerte, ernste, aber auch skurrile und launige Facetten des unbeschreiblichen Themas Tod, mit Beiträgen wie: »Plötzlich wird das Morden zur sozialen Tat« Interview mit Horst-Eberhard Richter über Krieg und Töten • Die Demo mit dem Sensenmann Ist der Sarg auf Demonstrationen noch zeitgemäß? Ich wünsche meinem Sohn den Tod. Aus Liebe Das Protokoll einer Mutter • Die neuen Totentänze Wie mit TV-Serien wie »Six Feet Under« die Toten zurückkehren • All inclusive Wie Bestattungsdis- counter denMarkt erobern • »Gegen den Tod zu kämpfen wär gar jämmerlich« Interview mit dem Kabarettisten Josef Hader • A scheene Leich Vincent Klinks neun beste Gerichte für den idealen Leichenschmaus • Toter Mann Wie sich Kinder ihr eigenes Ende vorstellen • Das Christkind Diagnose: Trisomie 18. Eltern entscheiden über ihr ungeborenes Baby CDU-Kultusminister: Raus aus Pisa!“ Die Kultusminister der Union wollen nicht nur Pisa-Koordinator Schleicher loswerden. Niedersachsens Oberlehrer Bernd Busemann möchte ganz aus dem internationalen Test aussteigen. Grund: Die Ergebnisse passen den Konservativen nicht BERLIN taz I Schon in vier Wo- chen wird es konkret. Dann müs- sen die neuen Postdienstleister wie PIN und TNT ihren Briefzu- stellern einen Stundenlohn von bis zu 9,80 Euro zahlen, den von der großen Koalition beschlosse- nen Mindestlohn. „Die Einfüh- rung könnte 20.000 Arbeitsplät- ze kosten“, sagte am Freitag der Präsident des Arbeitgeberver- bands Neue Brief- und Zustell- dienste, Florian Gerster. Erste Entlassungen, besonders im Os- ten, seien schon in den kommen- den Wochen möglich. Gerster verurteilte die Festle- gung der Mindestlöhne im Brief- dienst als einen „einmaligen Fall in der deutschen Wirtschaftsge- schichte“. Damit würde ein „Schutzzaun“ um einen Mono- polisten, nämlich die Post AG, er- richtet. Bei den neuen Post- dienstleistern hingegen seien Arbeitsplätze in „fünfstelliger Zahl“ gefährdet, auch könnte dort neue Beschäftigung gar nicht erst entstehen. Die Regierungskoalition hatte sich am Donnerstag auf Lohnun- tergrenzen geeinigt, die für Briefzusteller im Westen 9,80 Euro und im Osten 9 Euro die Stunde vorsehen. Die sonstigen Beschäftigten in den Briefdiens- ten sollen 8,40 Euro, beziehungs- weise im Osten 8 Euro die Stunde bekommen. Dieser von den Ta- rifparteien vereinbarte Lohn soll im Rahmen des Entsendegeset- zes von der Regierung für allge- mein verbindlich erklärt werden und würde dann vom 1. Januar an sowohl die Lohnuntergrenze für Briefzusteller bei der Post AG als auch bei den neuen privaten Anbietern wie PIN, TNT und an- deren darstellen. Bei rund 30.000 Beschäftig- ten der neuen Dienstleister müssten dadurch die Löhne zum 1. Januar erhöht werden, erklärte am Freitag Bernd Jäger, stellver- tretender Vorsitzender des Ar- beitgeberverbands Neue Brief- und Zustelldienste. Im Durch- Klagen über Post-Mindestlohn Verband: „20.000 Arbeitsplätze sind gefährdet.“ Weitere Mindestlöhne anvisiert schnitt zahlen die neuen Anbie- ter ihren Beschäftigten bisher nur einen Stundenlohn von 7,33 Euro brutto die Stunde. Gerster erklärte, der Verband wolle die „rechtlichen Möglich- keiten“ prüfen, gegen den Min- destlohn vorzugehen. Er forderte eine Orientierung am geforder- ten gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 Euro. Regierungspolitiker stritten unterdessen gestern über Min- destlöhne für weitere Branchen. Die SPD wolle verbindliche Min- destlöhne für alle in Deutsch- land, sagte der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Peter Struck, in der ARD, „das heißt, es geht immer weiter.“ Anwärter für weitere Lohnuntergrenzen nach dem Entsendegesetz seien die Leihar- beitsbranche und das Überwa- chungsgewerbe. BARBARA DRIBBUSCH BERLIN taz I Dem Bund ist seine Hauptstadt also doch was wert. Nach monatelangem Gezänk und gegenseitigen Drohungen haben sich der Berliner Senat und die Bundesregierung auf ei- nenneuenHauptstadtvertragge- einigt. Der Regierende Bürger- meister Klaus Wowereit, Bundes- finanzminister Peer Steinbrück (beide SPD) sowie Kulturstaats- minister Bernd Neumann (CDU) unterzeichneten die zukünftige Berlin-Bund-Vereinbarung ges- tern im Kanzleramt. Wowereit und Neumann zeig- ten sich erleichtert über die Eini- gung. Neumann betonte, dass Berlin „finanziell nun deutlich besser“ ausgestattet worden sei. Beide Seiten haben sich insbe- sondere in den strittigen Punk- ten zusammengerauft. So wird der Bund die bereits zugesagten 200 Millionen Euro zur dringend nötigen Sanierung der maroden Staatsoper Unter den Linden an Berlin überweisen. Im Gegenzug verpflichtet sich das Land, die Oper weiterhin zu betreiben und diese jährlich mit zusätzlich 10 Millionen Euro – und damit 41 Millionen Euro insgesamt – zu fördern. Ursprünglich hatte Klaus Wowereit noch darauf ge- setzt, dass der Bund die Staats- oper – wie andere kulturelle „Leuchttürme“ in der Haupt- stadt – in seinen Besitz überneh- men werde. Ebenfalls mehr Zuschüsse zahlt der Bund für die gestiege- nen Sicherheitsaufgaben. Dazu zählt unter anderem die Bewa- chung der Botschaften und Par- laments- und Regierungsgebäu- de. Auch für mehr Polizeiperso- nal bei Staatsbesuchen oder für Demonstrationen erhöht der Bund seinen Anteil von 38 auf 60 Millionen Euro jährlich. Die- se Zusage bedeutet einen Kom- promiss, hatte doch Klaus Wowe- reit anfangs den Aufwand für Si- Tausche Flughafen gegen Polizei Der Bund und der Berliner Senat haben einen neuen Hauptstadtvertrag unterzeichnet cherheitsleistungen mit 100 Mil- lionen Euro geltend gemacht. Geklärt wurde schließlich auch der härteste Brocken des Vertragspokers: die Zukunft des ab 2008 geschlossenen Flugha- fens Tempelhof in der Innen- stadt Berlins. Das Land wird das Flughafengrundstück samt dem riesigen Gebäude aus den 30er- Jahren vom Bund kaufen und für die Unterhaltskosten von jähr- lich 10 bis 15 Millionen Euro auf- kommen. Gleichzeitig beteiligt sich der Bund an den Kosten der Altlastensanierung. Nicht durch- setzen konnte sich Steinbrück bei den zukünftigen Erlösen des 380 Hektar großen Fläche. Der Bund soll zwar zur Hälfte an Wertsteigerungen beteiligt wer- den, aber nicht für 20, sondern nur für 10 Jahre, so die Vereinba- rung. ROLF LAUTENSCHLÄGER FAX: 030 - 25 130 03 E-MAIL: INLAND@TAZ.DE inland SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007  DIE TAGESZEITUNG 7 AUS STUTTGART VEIT MEDICK Natürlich kam sie auch diesmal, die Frage nach dem „lupenrei- nen Demokraten“. Ob er denn den russischen Präsidenten Wla- dimir Putin noch immer so be- zeichnen würde, wurde Gerhard Schröder gefragt. Auch jetzt noch, angesichts der merkwürdi- gen Entwicklungen in Moskau. Er habe da nichts zurückzuneh- men, antwortete der Exkanzler knapp: „Abschwören? Nix da!“ Besser hätte man Schröders Rede am Donnerstagabend in Stuttgart nicht überschreiben können. Der SPD-Politiker war auf Einladung des Autobauers Audi hoch oben in den Fernseh- turm gekommen, um vor eini- gen dutzend lokalen Unterneh- mern über die Bedeutung der russisch-europäischen Bezie- hungen zu sprechen. In 147 Me- tern Höhe schlürfte man Cham- pagner, ergötzte sich an Filet- stückchen und Lachshäppchen – und Schröder gab sich als leiden- schaftlicher Russlandfan und Putin-Wahlkämpfer. Daran können offensichtlich auch die widrigen Umstände der Parlamentswahl am Sonntag nichts ändern. Im Gegenteil: An- gesichts der internationalen Kri- tik an Putins Machtfantasien, habe er manchmal den Eindruck, dass „die Zeiten des Kalten Krie- ges zurückkehren“, begann er. Für viele sei Russland inzwi- schen eher Gegner als Freund. „Ich halte diesen Weg für falsch, ja geradezu für gefährlich.“ Geht es um Russland, verfährt Schröder seit langem nach dem Prinzip größtmöglicher Ober- flächlichkeit. So auch in Stutt- gart. Zarenzeit, Stalin und der Kommunismus hätten eben ihre Spuren hinterlassen, erklärte der Exkanzler, da müsse man mal ein wenig nachgiebig sein. Und trotz gewöhnlicher „Überreak- tion staatlicher Macht“ sei Russ- land verglichen mit Algerien, Ni- geria oder dem Iran ein geradezu vorbildliches Öllieferland. Auf Kritik an Putins Umgang mit der Opposition, dem zu sei- nen Gunsten veränderten Wahl- modus oder den Visaproblemen für internationale Beobachter wartete man vergeblich. Statt- dessen schob er dem Westen den Schwarzen Peter zu. „Ich bedaue- re zutiefst, dass die OSZE sich nicht in der Lage gesehen hat, Wahlbeobachter dorthin zu schi- cken.“ Und dann folgte noch die historische Erklärung: „Für den moralischen Fingerzeig sind wir doch nicht so ganz geeignet.“ „Zumindest nur manchmal“, hät- te Schröder ehrlicherweise hin- zufügen müssen, wenn er sich denn daran erinnert, wie er den USA die Ablehnung des Irak- kriegs einst begründete: Man müsse auch mal an Freunden und Verbündeten Kritik üben dürfen. Nach einer Stunde ver- schwand Schröder zum Abendes- sen in noch exklusiverer Runde. Es war in weiten Teilen diesel- be Rede, die er bereits vor zwei Wochen vor der Quandt-Stiftung gehalten hatte. Die war vor allem deshalb in die Schlagzeilen gera- ten, weil Schröder seiner Nach- folgerin Merkel darin indirekt vorgeworfen hatte, sich in der Außenpolitik von ihrer Biografie leiten zu lassen – gerade in Bezug auf Russland. Darauf verzichtete er diesmal. Für außenpolitische Sticheleien zwischen SPD und Union waren gestern andere zu- ständig, genauer gesagt ein an- derer: Hessens Ministerpräsi- dent Roland Koch (CDU), der für Außenminister Frank-Walter- Steinmeier (SPD) nicht gerade freundliche Worte fand. Stein- meier habe sich mit seiner Kritik an der Chinapolitik Merkels menschenrechtspolitisch ins Ab- seits katapultiert. Der Außenmi- nister erwecke in Russland und China den Eindruck, die Deut- schen seien bereit, jede Art von Geschäften zu machen. „Damit schadet der Bundesaußenminis- ter unserem Land“, sagte Koch. „Ein bisschen albern“, konterte SPD-General Hubertus Heil. Au- ßerdem sei ja „Wahlkampf in Hessen“. Widerrufsgarantie: Die Bestellung eines Jahresabonnements der tageszeitung kann innerhalb von vierzehn Tagen schriftlich bei der taz-Aboabteilung, Postfach 610229, 10923 Berlin, widerrufen werden. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung. Vorname|Nachname Straße|Hausnr. PLZ|Ort Vorwahl|Telefonnr. E-Mail Datum|Unterschrift Lieferadresse taz-Aboabteilung | PF 61 02 29 | 10923 Berlin abo@taz.de | www.taz.de T (030) 25902590 | F (030) 25902680 KontoinhaberIn|ZahlerIn Straße|Hausnr. PLZ|Ort Geldinstitut BLZ|Kontonr. Datum|Unterschrift 164 Einzugsermächtigung | Rechnungsadresse bitteankreuzen Ich abonniere die taz Ich vermittle eine(n) neue(n) Abonnentin|Abonnenten und erhalte die Prämie Ich verschenke ein Abo und erhalte die Prämie politischer Preis Standardpreis ermäßigter Preis (€38|Monat) (€31|Monat) (€22,50|Monat – ohne Prämie) Meine Prämie: taz-Bettwäsche (für ein Jahresabo ab Standardpreis) Set A Set B Set C Set D Ich interessiere mich für die taz-Genossenschaft. Bitte schicken Sie mir Infomaterial zu. Zahlungsweise jährlich halbjährlich vierteljährlich Hier schlafen die Gerechten Die taz-rote Renforcé-Bettwäsche aus Biobaumwolle ist seit Jahren ein bewährter Bestandteil der Hess-Natur-Kollektion. Das feine Renforcé-Gewebe hat eine angenehm glatte Oberfläche. Die Baumwolle (kbA) stammt aus der Türkei. Die Bezüge für Oberbett und Kopfkissen stecken in einem naturfarbenen Wäschesäckchen. Bettwäsche-Sets: Set A: Bettbezug, 135 x 200 cm und Kissenbezug, 40 x 80 cm Set B: Bettbezug, 135 x 200 cm und Kissenbezug, 80 x 80 cm Set C: Bettbezug, 155 x 220 cm und Kissenbezug, 40 x 80 cm Set D: Bettbezug, 135 x 220 cm und Kissenbezug, 80 x 80 cm taz ist wahrer Luxus Schon im Januar 2001 fuhr Schröder lieber Schlitten mit Putin als mit Merkel FOTO: PICTURE-ALLIANCE/DPA INLAND 2 Seite 7 SPD-Spitze steht hinter Juso-Chefin BERLIN dpa I Die SPD-Führung hat sich nach Rücktrittsforde- rungen aus der Union hinter die neue Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel gestellt. Das sei der lä- cherliche Versuch, eine aufrech- te Demokratin in eine Ecke zu stellen, in die sie wirklich nicht gehöre, sagte SPD-Generalsekre- tär Hubertus Heil gestern. Droh- sel war wegen Mitgliedschaft in der als linksextremistisch einge- stuften Roten Hilfe in die Schuss- linie geraten. Die Juradoktoran- din hatte sich bereits vor ihrer Wahl von Aktivitäten des Vereins bei der Rechtshilfe für Häftlinge und Sympathisanten der Roten- Armee-Fraktion klar distanziert. Für einen Austritt aus der Roten Hilfe sieht sie deshalb weiter keinen Anlass. BRH für Verzicht auf Bombodrom BERLIN dpa/epd I Der Bundes- rechnungshof (BRH) hat offen- bar den Bundestag aufgefordert, auf den seit 1992 in Nordbran- denburg vorgesehenen Luft-Bo- den-Schießplatz „Bombodrom“ zu verzichten. Das Amt favorisie- re in einem Bericht an Bundes- tagspräsident Norbert Lammert (CDU) eine vollständige Überar- beitung des Übungskonzepts der Luftwaffe, so die Potsdamer Neu- esten Nachrichten unter Beru- fung auf einen als Verschluss- sache eingestuften Bericht des Rechnungshofs vom 21. Novem- ber. Dessen ungeachtet will das Verteidigungsministerium am geplanten Bombenabwurfplatz festhalten. Es gebe keine Alterna- tive zu dem Luft-Boden-Schieß- platz bei Wittstock, hieß es. Schröder macht für Putin Wahlkampf „Putin abschwören? Nix da!“ – der Bundeskanzler a. D. will bei einer Rede in Stuttgart von Menschenrechtsverletzungen in Russland nichts wissen. Schließlich seien die Menschen dort von Zar und Stalin noch ganz andere Sachen gewohnt BERLIN taz I Glück hat, wer in Süddeutschland wohnt. Das gilt zumindest beim Bleiberecht. Denn die Bundesländer haben dieimHerbst2006 eingeführten Regeln für geduldete Ausländer, die seit mehreren Jahren in Deutschland leben, äußerst un- terschiedlich ausgelegt. Dies geht aus einer Stellungnahme der Bundesregierung hervor. Ausgerechnet in den südlichen Bundesländern, die für ihre oft scharfe Ausländerpolitik be- kannt sind, hatten die Gedulde- ten in den vergangenen Monaten die höchsten Chancen, eine Auf- enthaltserlaubnis zu erhalten. „Die politischen Farben der Innenministerien sind dabei völ- lig egal“, sagte Timmo Scheren- berg vom Hessischen Flücht- lingsrat, der die Daten der Regie- rung ausgewertet hat. Demnach gestand das CSU-regierte Bayern fast der Hälfte der Antragsteller (48 Prozent) ein Bleiberecht zu. Relativ großzügig sind auch das SPD-regierte Rheinland-Pfalz (44 Prozent), das schwarze Hessen (40 Prozent) und das schwarz- gelbe Baden-Württemberg (30 Prozent). Schlecht ist die Situa- tion hingegen im Saarland (6 Prozent), in Bremen (12 Prozent) und in Mecklenburg-Vorpom- mern (13 Prozent). Deutschland- weit erhielten von 180.000 Ge- duldeten in den letzten Monaten rund 20.000 ein Bleiberecht. Ge- duldete Ausländer sind meist ab- gelehnte Asylbewerber, die nicht abgeschoben werden können. Die Innenministerkonferenz hatte im November 2006 be- schlossen, dass Geduldete, die wirtschaftlich und sozial inte- griert sind, in Deutschland blei- ben dürfen. Familien müssen da- für sechs Jahre in Deutschland leben, Singles acht Jahre. Sie dürfen nicht straffällig gewor- den sein und müssen ihren Le- bensunterhalt durch Arbeit selbst finanzieren können. Die Aufenthaltserlaubnis ist zu- nächst auf zwei Jahre befristet. Bei der Auslegung der Bleibe- rechtsregel erhielten die Länder und Ausländerbehörden vor Ort jedoch Freiheiten. „Die Interpre- tation des Gesetzes ist unter- schiedlich hart“, sagt Bernd Me- sovic von Pro Asyl. So prüfe etwa Bayern „vergleichsweise freund- lich“, ob es bei den Antragstellern in der Vergangenheit ausländer- rechtliche Probleme gegeben habe. In Niedersachsen dagegen werde sogar überprüft, ob die Antragsteller in ferner Zukunft einmal über eine ausreichende Rente verfügen würden. Die Unterschiede in den Bun- desländern liegen jedoch nicht nur an der Härte der jeweiligen Innenminister. Wegen der bes- seren Arbeitsmarktlage haben geduldete Ausländer in Süd- deutschland bessere Chancen, das Jobkriterium zu erfüllen. „Die Bleiberechtsregelung ist un- gerecht“, schlussfolgert deshalb Mesovic. Die sogenannte Altfallregel der Innenministerkonferenz en- dete im September. Inzwischen gilt allerdings eine weitere Blei- berechtsregel, die die große Ko- alition im Sommer beschlossen hat. Sie könnte nochmals mehre- ren tausend Ausländern ein Blei- berecht verschaffen. Dafür müs- sen sie bis Ende 2009 nachwei- sen, dass sie eine Arbeit haben und für sich und ihre Familie sorgen können. Auch hier haben die Länder Spielraum. WOLF SCHMIDT Wer im Süden wohnt, darf bleiben Laut einer Studie legen die Bundesländer das Bleiberecht äußerst unterschiedlich aus BERLIN taz I Der Bundeshaus- halt 2008 ist beschlossene Sache. Im Bundestag stimmten am Frei- tag 408 Abgeordnete für den Etat und 144 dagegen. Es gab keine Enthaltungen. Der Haushalt von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) umfasst Ausgaben von 282,3 Milliarden Euro, davon sol- len 11,9 Milliarden mit frischen Krediten bezahlt werden. Steinbrück sagte, der Etat kon- solidiere die Staatsfinanzen, las- se aber zugleich Gestaltungs- spielraum für notwendige Inves- titionen. FDP und Grüne rügten indes den mangelnden Sparwil- len der Regierung. Die Linken kritisierten die Anschaffung teu- rer Rüstungsprojekte und ver- langten stattdessen mehr Geld für sozial Bedürftige, insbeson- dere für die 2,6 Millionen armen Kinder. Der Vorsitzende des Haus- haltsausschusses, Otto Fricke (FDP), meinte, die Regierung Merkel könne nicht mit Geld umgehen. „Bei der Neuverschul- dung könnte schon 2008 die Null stehen“, sagte er. Er vertei- digte die vielen Sparvorschläge seiner Fraktion und regte unter anderem an, das Presse- und In- formationsamt der Bundesregie- rung (BPA) komplett abzuschaf- fen. Die Behörde mit Sitz in Ber- lin und Bonn beschäftigt aktuell knapp 500 Mitarbeiter und soll im kommenden Jahr einen Etat von rund 78 Millionen Euro zu Verfügung haben. Fricke sagte, über das Bundespresseamt flie- ße viel Geld in zusätzliche Wer- bung für die Regierung, obwohl jedes Ministerium schon seine eigene Pressestelle habe. Der Grünen-Haushaltspoliti- ker Alexander Bonde monierte, dass im Etat 2008 die Ausgaben um rund 4 Prozent wachsen, die Einnahmen aber nur um 2,7 Prozent. Die Regierung be- reite sich unzureichend auf die drohende konjunkturelle Eintrü- bung vor, sagte er. Zugleich be- scheinigte er der Regierungs- koalition „schamlose Selbstbe- dienung“, weil sich Union und SPD im Vorgriff auf die Wahlen 2008 und 2009 mehr als 70 teils hoch dotierte Planstellen in den Ministerien bewilligt hätten. 12 Milliarden Euro neue Schulden Bundestag beschließt Haushalt. Grüne und FDP kritisieren mangelnden Sparwillen 8 DIE TAGESZEITUNG  SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 wirtschaft und umwelt FAX: 030 - 25 902 528 E-MAIL:OEKO@TAZ.DE MARKTPLATZStand:15.30Uhr,VeränderungzumVortagsfixinginKlammern DAX Deutscher Aktienindex 7.876 (+ 1,43 %) NAI Natur- Aktienindex (+ 0,98 %) Dollar Kurs für 1 Euro 1,4765 $ (+ 0,10 %) Gold Preis pro Feinunze Öl Preis pro Barrel (Brent) 88,78 $ (– 1,60 %) CO2 Zertifikat für 1 t Emissionen 2008 5.737 795,95 $ (– 1,48 %) 22,30 (– 1,76 %)€ VON RICHARD ROTHER Noch bevor am Montag der Tarif- konflikt zwischen der Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL in die nächste Runde geht, haben die konkurrierenden Bahnge- werkschaften Transnet und GDBA Fakten geschaffen – und damit eine Möglichkeit zur Lö- sung des Konfliktes mit der Lok- führerorganisation aufgezeigt. Konzernvorstand und Trans- net/GDBA einigten sich am Don- nerstagabend auf eine neue Ent- geltstruktur bei der Bahn, die für die rund 135.000 Beschäftigten Einkommensverbesserungen von mindestens 10 Prozent bis Ende 2010 bringt. Das teilten bei- de Seiten am Freitag mit. Inhalt der Einigung ist auch: Künftig sollen die 100 Berufe bei der Bahn in sechs Funktionsgruppen eingeteilt werden, für die dann separate Tarifverträge gelten werden. Wer genau zu welcher Gruppe gehören soll, wird noch verhan- delt. Dennoch gehen Bahn und Transnet damit einen großen Schritt auf die Lokführer zu, die einen eigenständigen Tarifver- trag fordern. In der GDL gibt es durchaus Zustimmung für diese Variante, war gestern zu hören. Die Einigung über die ver- bindlichen Eckpunkte einer neu- en Tarifstruktur wurde nach ei- nem dreitägigen Gesprächen ge- funden. Die Verhandlungen lau- fen seit Jahresbeginn. Der Tarif- verhandlungstermin zwischen Bahn und GDL am Montag hat jetzt den Druck erhöht. Das Ergebnis der Entgeltstruk- turverhandlungen sieht immens aus, ist es aber materiell nicht. Zugesichert sind Einkommens- verbesserungen von mindestens 10 Prozent bis zum 31. Dezember 2010, bei denen allerdings der diesjährige Tarifabschluss von 4,5 Prozent plus schon einge- rechnet ist. Die jetzt beschlossene Ent- geltstruktur soll im kommenden Jahr eingeführt werden, die De- tails werden in den nächsten Mo- naten verhandelt. Bei den sechs Beschäftigtengruppen soll Krite- rien wie Qualifikation, Erfah- rung, Verantwortung, Belastung und individuelle Leistung der Mitarbeiter stärker berücksich- tigt werden. Konzernweit wird es einen Basistarifvertrag geben, der unter anderem Urlaub, Al- tersvorsorge und Erfolgsbeteili- gung regelt. Daneben werden gruppenspezifische Tarifverträ- ge stehen, die Entgelt, Arbeits- zeit, Eingruppierung und Zula- gen regeln. So kann der Lokführergewerk- schaft GDL angeboten werden, über ihre Gruppe selbständig zu verhandeln und entsprechende Tarifverträge abzuschließen. Die GDL hielt sich am Freitag mit einer Bewertung zurück. „Wir werden uns erst nach unseren ei- genen Verhandlungen mit der Bahn äußern“, sagte GDL-Spre- cherin Gerda Seibert der taz. GDL-Chef Manfred Schell bekräf- tigte in einem Radio-Interview die Forderung nach einem eigen- ständigen Tarifvertrag. meinung und diskussion SEITE 10 Strom schon wieder teurer BERLIN ap/afp I Jeder dritte Stromversorger erhöht in den kommenden Wochen die Preise – zum Teil um knapp 35 Prozent. CSU-Bundeswirtschaftsminister Michael Glos forderte die Ener- giekonzerne am Freitag auf: „Lasst die Tassen im Schrank.“ Nach Daten des unabhängigen Verbraucherportals Verivox he- ben ab Dezember 2007 acht und ab Januar 2008 weitere 318 Ver- sorger die Stromtarife im Schnitt um 6,6 Prozent an. Für eine Fa- milie mit einem Verbrauch von 4.000 Kilowattstunden im Jahr erhöht sich demnach die Strom- rechnung im Schnitt von 804 auf 855 Euro. Den größten Preisan- stieg gibt es in Bayern: Die Ge- meindewerke Markt Lichtenau erhöhen ihre Preise um 34,2 Pro- zent. Tipp von Verivox: „Jetzt den Stromanbieter wechseln!“ Viele haben das schon gemacht: Die Bundesnetzagentur rechnet mit deutlich über eine Million in die- sem Jahr, das wären 12 Prozent der Haushalte. 2018 ist Schicht im Schacht BERLIN dpa I Der Ausstieg aus dem mit Milliardensummen subventionierten Steinkohle- bergbau im Jahr 2018 ist besie- gelt: Die Länder stimmten am Freitag dem bereits von Bundes- regierung und Bundestag be- schlossenen Finanzierungsge- setz zu. Der Ausstieg kostet bis zu 30 Milliarden Euro. Der Löwen- anteil für Beihilfen und Anpas- sungsgeld für Bergleute wird aus Steuermitteln bezahlt. Der Koh- leausstieg macht den Weg frei für den im ersten Halbjahr 2008 ge- planten Börsengang des Essener Mischkonzerns Evonik. Bund und die Kohleländer Nordrhein- Westfalen und Saarland hatten sich auf ein Ende des Steinkohle- bergbaus im Jahr 2018 geeinigt. Der Bundestag kann diesen Be- schluss 2012 noch einmal über- prüfen. Die deutsche Steinkohle ist auf dem Weltmarkt nicht wettbewerbsfähig. Seit 1949, so schätzt der Bund, sind über 150 Milliarden Euro in den Bergbau gepumpt worden. ANZEIGE ÖWI 1 Seite 8 MILCH- UND BUTTERPREISE Hohes Niveau bleibt Die stark gestiegenen Preise für Milch und Butter werden 2008 nicht zurückgehen. Das Schlimms- te sei aber vorbei, so die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle der Agrarwirtschaft gestern. Im Ver- gleich zum Vorjahr sind die Ver- braucherpreise für diese Molkerei- produkte im November um 39,4 Prozent gestiegen. (dpa) QUARTALSBERICHT IKB Ordnungsstrafe droht Der in Schieflage geratenen Mittel- standsbank IKB droht wegen der am Donnerstag angekündigten Verschiebung ihrer Quartalszahlen auf unbestimmte Zeit nun ein Ord- nungsgeld. Dem Börsengesetz zu- folge könnte der Sanktionsaus- schuss die Verschiebung mit einem Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro ahnden. (dpa) DIE BÖRSE Alles auf „Gelb“ Die Deutsche Post zahlt bislang zu- meist höhere Löhne als ihre Kon- kurrenten. Dabei bleibt es nicht, meinen Börsianer. Schließlich hat die Koalition beschlossen, dass für Briefzusteller künftig Mindestlöh- ne gelten. Und so gehörte die „Ak- tie Gelb“ am Freitag zu den Gewin- nern im DAX: Sie stieg um 3 Pro- zent auf 23,41 Euro. (rtr) ..............................................................................................................................................................................................................................................in kürze Verkünden gute Nachrichten: GDBA-Chef Klaus-Dieter Hommel und Transnet-Chef Norbert Hansen FOTO: AP MORGAN STANLEY Kochefin geht Die Kopräsidentin der US-Invest- mentbank Morgan Stanley und bestbezahlteManagerin2006,Zoe Cruz, hat im Zuge der Kreditkrise ihren Hut genommen. Die Bank hat vor drei Wochen für September und Oktober Abschreibungen von 3,7 Milliarden Dollar im Zusam- menhang mit der US-Hypotheken- krise bekannt gegeben. (rtr) Nach mehrjährigen Abstrichen erhalten die Bundesländer wie- der mehr Geld für den Schienen- Personennahverkehr. Der Bun- desrat billigte am Freitag die Vereinbarung von Bund und Ländern, frühere Mittelkürzun- gen im Umfang von 500 Millio- nen Euro wieder auszugleichen. Nach rund 6,6 Milliarden Euro in diesem Jahr erhalten die Länder im Jahr 2008 vom Bund rund 6,68 Milliarden Euro. Bis 2014 steigt der Bundeszuschuss jähr- lich um 1,5 Prozent. Die Regio- nalisierungsmittel dienen den Ländern zur Bestellung des Nah- verkehrs. Die Bahn umwirbt in- des ihre Kunden aus der Ersten Klasse mit kleinen Aufmerksam- keiten. Vom Fahrplanwechsel am 9. Dezember an werden die so genannten Premium-Kunden im ICE besonders umsorgt, be- richtete das Handelsblatt am Freitag. In den Zügen sollen 200 zusätzliche Service-Kräfte die Passagiere kostenlos mit Snacks, Getränken und Zeitun- gen versorgen. DPA, AFP SERVICE FÜR REICHE Alle Bahner bekommen mehr Geld Friedensangebot: Die Gewerkschaften Transnet und GDBA vereinbaren mit der Deutschen Bahn 10 Prozent mehr Lohn bis 2010. Die Lokführer sollen auch einen eigenen Vertrag bekommen. Sie verhandeln am Montag wieder mit dem Konzern BERLIN taz I Autos mit hohen Abgaswerten sollen künftig als besonders ökologisch eingestuft werden. Das ist der Inhalt eines Verordnungsentwurfs aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Die Mitarbeiter von Minister Mi- chael Glos (CSU) haben ausgear- beitet, wie Fahrzeuge gekenn- zeichnetwerdensollen,umAuto- käufern eine umweltfreundliche Entscheidung zu erleichtern. „Die Verbraucher würden desin- formiert statt informiert“, kriti- siert der Umweltverband BUND. Das Bundeskabinett will den Entwurf am nächsten Mittwoch im Rahmen eines umfassenden Paketes zum Klimaschutz be- schließen. Bundesumweltminis- ter Sigmar Gabriel (SPD) hat sei- nen Segen gegeben. Nach Berechnungen des BUND würde ein Mercedes CDI 2.0, der 149 Gramm Kohlendio- xid verursacht, in die zweitbeste „Energieeffizienzklasse“ einge- stuft. Ein sparsamer und um- weltfreundlicherer Daihatsu Cuore würde dagegen in die drittbeste Klasse einsortiert, ob- wohl er nur 104 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt. Insgesamt soll es sieben Klas- sen geben (A bis G). Die Einstu- fung ist der Kennzeichnung nachempfunden, die heute schon für Elektrogeräte gilt. „Die Formel für die Berechnung stammt vom Bundesumweltmi- nisterium“, hieß es gestern in Re- gierungskreisen. Von dort war kein Kommentar zu erhalten. Der Trick der Klassifizierung be- Glos und Gabriel: Ökosiegel für Klimakiller Auch Autos mit hohem Kohlendioxidausstoß sollen als besonders „energieeffizient“ gekennzeichnet werden BERLIN taz I DaseuropäischeSa- tellitensystem Galileo kann ge- baut werden: Nach monatelan- gem Streit haben sich die EU-Ver- kehrsminister am Donnerstag- abend in Brüssel auf gemeinsa- me Eckpunkte für die Auftrags- vergabe bei dem 3,4 Milliarden teuren Prestigeprojekt geeinigt. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) be- grüßte den Beschluss. „Die Zu- kunft des geplanten Bodenkon- trollzentrums für Galileo im bayerischen Oberpfaffenhofen ist gesichert“, sagte er. Deutsche Firmen würden von Aufträgen profitieren. Mit dem aus 30 Sa- telliten bestehenden Projekt will die EU sich vom dem Global Posi- tion System (GPS) der USA unab- hängig machen. Und Galileo soll die exaktere Positionsbestim- mung auf der Erde ermöglichen, bis auf einen Meter genau. Noch vor wenigen Wochen stand das Projekt, das ursprüng- lich schon im nächsten Jahr in Betrieb gehen sollte, infrage. Denn eigentlich sollte die Indus- trie 2,4 Milliarden Euro für Gali- leo zur Verfügung stellen. Die Sa- tellitenhersteller hatten dafür auch eigens das Konsortium ENS Industries gegründet. Doch nach internem Zwist und aus Angst vor finanziellen Risiken stieg ENS Industies aus dem Galileo- Projekt wieder aus. Erst vergangene Woche einig- ten sich dann die EU-Staaten dar- auf, das Finanzloch aus dem EU- Etat zu füllen. Frei werdende Agrarsubventionen sollen zum Galileo-Projekt umgeschichtet werden. Die deutsche Regierung allerdings beklagte sich, dass ihr damit rund 500 Millionen Agrar- Bayern kontrolliert Galileo EU einigt sich auf Spielregeln für das 3,4 Milliarden Euro teure Satellitensystem steht darin, dass nicht nur der CO2-Ausstoß, sondern auch das Gewicht der Fahrzeuge zur Basis gemacht werden. Ein drei Ton- nen schwerer Geländewagen würde in die umweltfreund- lichste Klasse eingestuft, obwohl er 240 Gramm CO2 pro Kilome- ter verursacht. Der Zielwert der Europäischen Union für die ma- ximale Klimabelastung liegt da- gegen bei 130 Gramm pro Kilo- meter. „Durch die Differenzierung nach Gewicht wird das Ziel einer konsequenten Reduzierung des CO2-Ausstoßes bei Neuwagen konterkariert“, kritisiert BUND- Experte Werner Reh, „der Vor- schlag ist industriepolitisch mo- tiviert.“ Die große Koalition handelt mit dieser Art der Kennzeich- nung im Interesse der Autoher- steller. Die deutschen Firmen Daimler, BMW, VW, Audi und Porsche stellen im Vergleich zu anderen europäischen Produ- zenten mehrheitlich große und leistungsstarke Fahrzeuge mit hohem CO2-Ausstoß her. Die Un- ternehmen haben nun das Pro- blem, ihre Flotte der neuen An- forderung des Klimaschutzes an- zupassen. Der Verband der Auto- mobilindustrie (VdA) wehrt sich deshalb gegen eine zu strenge Kennzeichnung, die die deut- schen Firmen unter Druck set- zen würde. HANNES KOCH subventionen verloren gingen. Der jetzt in Brüssel gefundene Kompromiss garantiere, so er- klärte nun Tiefensee, dass ein großer Teil der Milliardeninves- titionen nach Deutschland zu- rückfließe. Im bayerischen Ober- pfaffenhofen wird eins der bei- den Satellitenkontrollzentren angesiedelt. Das andere wird in Italien gebaut. Spanien hingegen ist sauer: Es wollte auch ein Kon- trollzentrum haben. Wolfgang Tiefensee ver- sprach, dass Deutschland auch am Bau der Satelliten beteiligt wird. Die Aufträge dafür werden jetzt neu ausgeschrieben. Der deutsche Satellitenbauer EADS- Astrium wird „einen großen An- teil haben“, prophezeite der Ver- kehrsminister. WOLFGANG LÖHR FAX: 030-59 00 10 40 E-MAIL: AUSLAND@TAZ.DE ausland SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007  DIE TAGESZEITUNG 9 AUSLAND 1 Seite 9 Neue Botschaft von Bin Laden WASHINGTON/DOHA dpa I Der mutmaßliche Anführer des Ter- rornetzes al-Qaida, Ussama Bin Laden, hat die Europäer in einer neuen Tonbandbotschaft zum Abzug ihrer Truppen aus Afgha- nistan aufgerufen. Nach Anga- ben von US-Experten gibt es da- von auch eine Videoversion, die erstmals deutsch untertitelt ist. Der Krieg in Afghanistan sei un- gerecht, „die meisten Opfer dort sind Frauen und Kinder“, heißt es auf dem Tonband, das der arabi- sche Fernsehsender al-Dschasira am Donnerstag veröffentlichte. Laut dem auf Terrorismus spezi- alisierten Intelcenter mit Sitz in Alexandria bei Washington ist es das erste Mal, dass eine Botschaft al-Qaidas deutsch untertitelt veröffentlicht wurde. Insgesamt gebe es vier Ausgaben. US-Beam- te gingen zunächst davon aus, dass die Botschaft echt ist. Tschad: Rebellen drohen Franzosen LIBREVILLE afp I Nach heftigen Kämpfen im Osten des Tschads hat die Rebellengruppe Union der Kräfte für Demokratie und Entwicklung (UFDD) französi- schen und anderen ausländi- schen Truppen gedroht. „Ab so- fort“ befinde sich die UFDD „im Kriegszustand mit der französi- schen Armee und jeder anderen ausländischen Militärmacht auf nationalem Gebiet“, sagte Spre- cher Mahamad Hassane Boul- maye am Freitag. Die UFDD ver- urteile, dass bei den Kämpfen am Donnerstag französische Jets Rebellenstellungen überflogen hätten. Eigentlich sollen im Ost- tschad und im Nordosten der Zentralafrikanischen Republik in Kürze bis zu 3.500 Eufor-Sol- daten stationiert werden. Dies verzögert sich wegen unzurei- chender Ausstattung. ANZEIGE UN-NAHOST-BEAUFTRAGTER Serry ernannt UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat den niederländischen Diplo- maten Robert Serry zum neuen Nahostbeauftragen der Vereinten Nationen ernannt. Der 57-Jährige solle die UN-Aktivitäten vor Ort ko- ordinieren und Ban bei internatio- nalen Nahosttreffen vertreten, teil- ten die Vereinten Nationen am Donnerstag mit. (rtr) AUSTRALIEN/IRAK Bald Truppenabzug Der designierte australische Minis- terpräsident Kevin Rudd hat einen Rückzug der Kampftruppen seines Landes aus dem Irak bis Mitte 2008 angekündigt. Den Zeitplan nannte er gestern knapp eine Wo- che nach dem Wahlsieg seiner La- bor Party. Rudd hat bereits im Wahlkampf einen Rückzug der Kampftruppe versprochen. (ap) ERDBEBENGERÜCHTE Palästinenser in Panik Palästinensische Schulen, Hoch- häuser und einige Regierungsge- bäude sind am Donnerstag im Westjordanland und in Ostjerusa- lem wegen Gerüchten über ein be- vorstehendes Erdbeben evakuiert worden.DieHerkunftderGerüchte war unklar. Sie lösten dennoch Pa- nik aus. Viele Menschen verließen ihre Wohnhäuser. (dpa) PEKING Neuer Bürgermeister Neun Monate vor den Olympi- schen Spielen bekommt Peking ei- nen neuen Bürgermeister. Der 60- jährige Guo Jinlong, der bisher Par- teichef in den armen Regionen An- hui und Tibet war, wird Nachfolger von Wang Qishan, auf den höhere Aufgaben in der Regierung war- ten. Er soll im Januar offiziell im Amt bestätigt werden. (dpa) ÖFFENTLICHER VERKEHR Streik legt Italien lahm In Italien hat ein Streik gestern den öffentlichen Verkehr lahmgelegt. Die Medien sprachen von den größten Arbeitsniederlegungen seit 25 Jahren. Die Transportarbei- ter protestieren gegen die von der Regierung 2008 geplanten Etat- kürzungen im öffentlichen Dienst und die zu knappen Investitionen in das Verkehrswesen. (rtr) GYMNASIUM SCHWEDEN Nach Drohung geräumt In Schweden ist ein Gymnasium gestern vollständig geräumt wor- den, nachdem ein Schüler über In- ternet eine Drohung bekommen hatte, wonach die Schule in Gefahr sei. Laut Polizei mussten die 1.500 Schüler die Schule in Västeraas westlich von Stockholm verlassen. Auch am Montag sollte das Gym- nasium geschlossen bleiben. (afp) ..............................................................................................................................................................................................................................................in kürze www.linksfraktion.de Klima- Aktionstag Startsignal für eine neue Klimaschutzbewegung Wir unterstützen den Demo- Aufruf der »Klima-Allianz« mit über 80 Organisationen Samstag, 8.Dezember 2007, ab 14 Uhr, Berlin, Lustgarten, und Neurath (NRW), Braun- kohlekraftwerk Bildschirmtext www.taz.de/blogs Wo bekomme ich die Nach- richten meines Vertrauens? Philipp Dudek aus dem Grenzgebiet zwischen Online- und Offline-Medien. 0blog VON RALF SOTSCHECK Nun ist auch Gordon Brown in den Spendenskandal um die von ihm geführte britische Labour Party hineingezogen worden. Chris Leslie, Wahlkampfmanager des Premiers und Parteichefs, gab am Donnerstag zu, der stell- vertretenden Parteichefin Har- riet Harman empfohlen zu ha- ben, die Sekretärin des Immobi- lienmaklers David Abrahams um Geld anzuzapfen. Dies wider- spricht Harmans Version, dass ihr der 5.000-Pfund-Scheck un- gefragt zugeschickt worden sei. Abrahams ließ der Labour Par- ty seit 2003 im Namen von vier seiner Angestellten, die zum Teil gar nichts davon wussten, insge- samt 650.000 Pfund zukom- men. Das ist illegal. Der Wahlaus- schuss hat am Donnerstag die Polizei eingeschaltet, die jetzt ihre Ermittlungen aufnahm. Justizminister Jack Straw ver- teidigte Brown. Der Premier habe von Abrahams Spenden nichts gewusst. „Hätte er Wind davon bekommen, hätte er es so- fort unterbunden.“ Soweit er wisse, habe niemand von Browns Wahlkampfteam geahnt, dass Abrahams hinter den Spenden stecke, sagte Straw. Möglicher- weise seien aber ein oder zwei Leute in den oberen Parteietagen darüber informiert gewesen, dass Labour-Generalsekretär Pe- ter Watt solch illegale Spenden erlaubt habe. Der hat seine Rolle als Sündenbock offenbar akzep- tiert. Bereitwillig gab er zu, dass er nicht nur von den Mittelsmän- nern wusste, sondern auch vom Gesetzesverstoß. Er trat am Mon- tag zurück. Doch damit ist der Fall nicht erledigt. Auch Browns oberster Spendenbeschaffer Jon Men- delsohn wusste seit mindestens zwei Monaten Bescheid. Und am Mittwoch musste Arbeitsminis- ter Peter Hain zugeben, dass er Spenden erhielt, die er nicht vor dem Wahlausschuss deklarierte. Ein „Verwaltungsfehler“, ent- schuldigte er sich. Labour-Hinterbänkler fürch- ten, die Spendenannahme über Mittelsmänner unter Browns Vorgänger Tony Blair könnte so verbreitet gewesen sein, dass der Fall Abrahams nur die Spitze ei- nes Eisbergs ist. Oder ist er selbst ein Strohmann? Warum wollte er unbedingt anonym bleiben? Er war schließlich kein Unbekann- ter, seine umstrittenen Baupro- jekte hatten öfter Schlagzeilen gemacht. Und warum lehnte Leslie es ab, von Abrahams Sekretärin eine Spende für Brown anzuneh- men, wenn er zugleich Harman empfahl, dies zu tun? Seine Er- klärung ist dürftig: Er habe nur Spenden von Leuten akzeptiert, Parteispendenskandal holt Brown ein In Großbritannien dürfte Premierminister Gordon Brown bald von der Polizei wegen der Annahme illegaler Parteispenden über Mittelsmänner durch die von ihm geführte Labour Party verhört werden. Umfrage sieht Konservative im Aufwind die er kannte, sagte Leslie. Bei Harman sei die Sache anders: Sie habe sich im Wahlkampf um den stellvertretenden Parteivorsitz hoch verschuldet. Nun wird un- tersucht, ob Harman sich mehr Geld für ihre Kampagne lieh, als sie dem Wahlausschuss meldete. Brown muss sich an den Ge- danken gewöhnen, nach Blair der zweite Labour-Premier zu sein, der wegen undurchsichti- ger Parteispenden in einer Straf- sache vernommen wird. Die Wähler zogen bereits ihre Schlüs- se. Laut einer Umfrage des Daily Telegraph liegen die Tories nun mit 43 Prozent elf Punkte vor La- bour. Vor zwei Monaten war es noch umgekehrt. PARIS taz I Der 30. November sollteein„TagohneSarkozy“wer- den. Dazu hatten Journalisten aufgerufen, die genug von der Omnipräsenz des französischen Präsidenten hatten. Doch statt- dessen bestimmte Nicolas Sar- kozy gestern mit den beiden ak- tuellen Aufregerthemen sämtli- che Titelseiten sämtlicher Medi- en: Banlieue und Kaufkraft. Sarkozy will hart polizeilich und juristisch gegen die Gewalt- täter von Villiers-le-Bel durch- greifen, nennt die „Ganovenwirt- schaft“ als Grund für die immer wiederkehrenden Vorstadtunru- hen in Frankreich und verneint jeden Zusammenhang mit der sozialen Lage. Zur Finanzierung der Universitäten, an denen es harte Studentenproteste gibt, kündigte er den Verkauf von drei Prozent des Elektrizitätsunter- nehmens EDF an. Und als kon- krete Initiative gegen die Kauf- kraft- und Reallohnverluste will er die 35-Stunden-Woche weiter aushöhlen: Die Beschäftigten – auch die Beamten – sollen ihre Freizeit gegen Geld tauschen. Der Präsident verkündete sei- ne Absichten in einem 45-minü- tigen Auftritt über die beiden größten Fernsehsender des Lan- des zur besten Sendezeit. Ihm ge- genüber saßen zwei der promi- nentesten Fernsehjournalisten Frankreichs: Patrick Poivre d'Ar- vor und Arlette Chabot kamen wenig zu Wort und stellten kaum kritische Fragen. Für Sarkozy war Das Vertrauen der Franzosen in Sarkozy sinkt Auchmiteiner45-minütigenTV-AnsprachegelingtesFrankreichsPräsidentnicht,dieMenschenvonsichzuüberzeugen Sarkozys „Schurken“ und „Ganoven“ beim Trauermarsch in Villiers-le-Bel FOTO: AP es der erste öffentliche Auftritt nach dem Ende des Transport- streiks, zu dem er geschwiegen hatte, und nach einer Beruhi- gung bei den nächtlichen Stra- ßenschlachten in Villiers-le-Bel, während derer er auf Staatsbe- such in China weilte. In den vor- ausgegangenen Tagen war ihm „politisches Abwarten“ und „Be- reitschaft zu Rückziehern“ vor- geworfen worden. Laut Mei- nungsumfragen sank das Ver- trauen darin, dass Sarkozy die drängenden Probleme Frank- reichs bewältigen könnte, erst- mals auf nur noch 49 Prozent der Befragten. Das sind 15 Prozent weniger als im vergangenen Sep- tember. Im Fernsehen versuchte der Präsident am Donnerstagabend den Eindruck zu vermitteln, er habe die Lage unter Kontrolle. Wie üblich beschrieb er die fran- zösische Politik in der ersten Per- son, sagte in fast jedem Satz „ich will“, oder „ich werde“. Und na- türlich wies er erneut darauf hin, dass er „keinen Zoll nachgeben“ werde, weder gegenüber Gewalt- tätern in der Banlieue noch ge- genüber Streikenden, die ihre kürzere Lebensarbeitszeit vertei- gen wollen: „Ich kann nicht nachgeben. Es geht um das nati- onale Interesse.“ Begeisterung vermochte Sar- kozy nicht auszulösen. Zwar er- klärte Laurence Parisot, Chefin des französischen Unterneh- merverbandes Medef: „Die Un- ternehmer fühlen sich unter- stützt.“ Aber das blieb eine der wenigen positiven, wenngleich nicht euphorischen Reaktionen. Oppositionschef François Hol- lande sagte, Sarkozy sei mit lee- ren Händen vor die Franzosen getreten: „Kein einziger Franzo- se hat nach Sarkozys Auftritt mehr Kaufkraft.“ Die Gewerk- schaften, deren „Dialogbereit- schaft“ der Präsident ausdrück- lich gelobt hatte, ärgerten sich, dass er im Fernsehen erkläre, worüber wann verhandelt wer- de. Und Richter und Anwälte kri- tisierten, Sarkozy übergehe die Gewaltenteilung. Er hatte erneut gesagt, Straftäter aus Villiers-le- Bel würden „vor Schwurgerichte“ gestellt. Den „Marshallplan für die Banlieue“, mit dem Sarkozy Wahlkampf gemacht hatte, will der Präsident nicht vorziehen. Der Plan, schon mehrfach ver- schoben, soll nun im Januar vor- gestellt werden. Die Jugendli- chen, die sich zwei Nächte lang Straßenschlachten mit der Poli- zei geliefert hatten, nannte Sar- kozy jetzt „Dealer“ und „Gano- ven“ und verwies auf eine „seit Jahren nicht beherrschte Immig- ration“. DOROTHEA HAHN meinung und diskussion SEITE 10 BUENOS AIRES taz I In Ecuador ist am Donnerstag erstmals die verfassunggebende Versamm- lung zusammengetreten. Präsi- dent Rafael Correa hat der Ver- sammlung in einem Schreiben seinen Rücktritt angeboten, um damit die umfassenden Macht- befugnisse der Abgeordneten zu unterstreichen. Die Ende Sep- tember gewählten Vertreter ha- ben das uneingeschränkte Man- dat zur Ausarbeitung einer neu- en Verfassung. Eine Annahme des Rücktrittsangebots wird je- doch nicht erwartet. Für die Versammlung war ei- gens ein neues Gebäude in Mon- tecristi errichtet worden. Die Stadt liegt in der Küstenprovinz Manabí, rund 250 Kilometer westlich von der Hauptstadt Qui- to. Bei der Wahl zur verfassung- gebenden Versammlung hatte die Liste des 44-jährigen Staats- chefs einen klaren Sieg errungen und hat mit 80 der 130 Abgeord- neten die Mehrheit. Auch Ecuador auf dem Weg zum Sozialismus Ecuadors verfassunggebende Versammlung nimmt die Arbeit auf, und das Parlament wurde in die Ferien geschickt Innerhalb von 180 Tagen, mit der Option auf eine Verlänge- rung von bis zu 60 Tagen, soll das neue Grundgesetz ausgearbeitet sein. Auf ihrer ersten Sitzung wählten die Delegierten Correas ehemaligen Energieminister Al- berto Acosta mit 121 Stimmen zum Präsidenten der Versamm- lung. Die neue Verfassung soll Anfang 2008 durch ein Referen- dum bestätigt werden. Umstritten ist noch immer, ob der Kongress aufgelöst werden soll. Zwar meldeten am Freitag verschiedene Agenturen genau das, doch Versammlungspräsi- dent Alberto Acosta hatte am Donnerstag lediglich bestätigt, dass die Kongressabgeordneten „ihre Funktionen einstellen und in die Parlamentsferien gehen werden.“ Correas Partei „Acuer- do País“ stellt im Kongress kei- nen Abgeordneten. Der Präsi- dent hatte nach der Wahl ange- kündigt, der Kongress müsse zu- mindest vorübergehend seine Aktivitäten einstellen. Das Parla- ment sei „nicht auf der Höhe des historischen Augenblicks“. Ähnlich wie seine Amtskolle- gen Hugo Chávez in Venezuela und Evo Morales in Bolivien strebt Correa einen „Sozialismus des 21, Jahrhunderts“ an. Eine un- eingeschränkte Wiederwahl des Präsidenten wie in Venezuela ist jedoch nicht geplant. Ein Umbau des politischen Systems mit der Entmachtung der weißen Ober- schicht soll die Umsetzung einer sozialeren Politik erleichtern. Zu- dem will die linke Bürgerallianz die Rechte der Ureinwohner stär- ken, die rund ein Drittel der Be- völkerung stellen. JÜRGEN VOGT 10 DIE TAGESZEITUNG  1./2. DEZEMBER 2007 meinung und diskussion FAX: 030 - 25 130 03 E-MAIL: DISKUSSION@TAZ.DE WiemandasSpiel„GuterBulle,böserBulle“richtig gut spielt, haben die verfeindeten Bahngewerk- schaften in den vergangenen Monaten gezeigt. Bei- de „Bullen“ haben ihre Rollen so verinnerlicht, dass ihr Gegenüber das Spiel nicht als solches durchschaut hat. Und schon haben sie gewonnen. Zwar war das Spiel gar nicht geplant, im Gegenteil, aber es hat funktioniert. Die Bahngewerkschaften Transnet und GDBA auf der einen und die Lokfüh- rergwerkschaft GDL auf der anderen Seite haben die Bahn zu enormen Zugeständnissen gezwun- gen. Wären sich die Gewerkschaften nicht so spin- nefeind, könnten sie sogar von sich sagen: Wir marschieren getrennt und siegen vereint. Worin besteht der Erfolg? Im Sommer zunächst erhielten Transnet/GDBA mit 4,5 Prozent mehr Lohn den höchsten Tarifabschluss des Jahres; jetzt garantiert ihnen die Bahn im Zuge einer Ent- geltstrukturreform weitere Verbesserungen für alle Beschäftigten, wobei jeder bis 2010 mindes- tens 10 Prozent mehr kriegen soll. Ohne die Streiks der Lokführergewerkschaft GDL wäre diese Eini- gung nicht so schnell gekommen. Im Gewerkschaftslager wird sie wegen ihres Kurses kritisiert und gleichzeitig wegen ihrer ent- schlossenen Haltung bewundert. Den Erfolg der Konkurrenz jedenfalls kann die GDL getrost als ei- genen verbuchen. Entsprechend leicht wird es ihr wohl fallen, sich am Montag auf die Tarifverhand- lungen mit der Bahn einzulassen – zumal sie künf- tig für Lokführer wohl federführend verhandeln darf. Ein Manko bleibt dennoch: Wenn bei der Bahn künftig sechs Funktionsgruppen jeweils für sich die entscheidenden Tarifbedingungen – Geld, Ar- beitszeit und Zulagen – aushandeln, gibt es mittel- fristig nicht nur Gewinner. Wird etwa eine Gruppe aus den serviceorientierten Berufen gebildet, ha- ben diese wenig zu lachen. Denn Pförtner, Fahrkar- tenverkäuferinnen oder Telefonistinnen sind leicht austauschbar; entsprechend gering ist ihre Streik- und Verhandlungsmacht. Sie dürften des- halb von der Lohnentwicklung der anderen bald abgekoppelt werden. Mag sein, dass die Lokführer- gewerkschaft dies nicht will – sie nimmt es aber billigend in Kauf. RICHARD ROTHER DIE BAHN-GEWERKSCHAFTEN SIND ERFOLGREICH, WEIL SIE NICHT EINIG SIND Unbeabsichtigter Sieg Was in den letzten beiden Tagen mit „Mr. Pisa“ ge- schehen ist, kann einen schon verwundern. Man wusste gar nicht, wie viel Schmutz der feine Leh- rerpräsident Josef Kraus in seiner Aktentasche he- rum trägt, um den Koordinator der Pisa-Studie, An- dreas Schleicher, damit zu bewerfen. Und was die Vizeministerpräsidentin aus Hessen, Karin Wolff, an Unwahrheiten verbreiten kann. Gar kein gutes Vorbild, das die beiden LehrerInnen Kraus und Wolff, da für junge Leute abgeben. Du sollst nicht falsch Zeugnis gegen deinen Nächsten ablegen – das ist eine der wichtigsten abendländischen Re- geln. Also, nicht lügen! Herr Schleicher hat nicht etwa – wie es ihm Krauss und Wolff vorwerfen – eine Sperrfrist ge- brochen, als er das Ranking für Pisa 2006 vorab veröffentlichte. Der Pisa-Chef hatte den Anstand, die Bürger Europas auf den gleichen Stand zu brin- gen und allen Journalisten die Informationen zu- kommen zu lassen. Er hat dies getan, nach der Vor- abveröffentlichung durch eine Zeitung im fernen Spanien. Das ist nur fair. Karin Wolff dagegen bedient stets nur einen Teil der Öffentlichkeit. Ihr letzter Coup war, den Jour- nalisten die Iglu-Ergebnisse so spät zu präsentie- ren, dass sie praktisch nur noch eines drucken konnten: Die Iglu-Tabelle, bei der die deutschen Grundschüler weit oben stehen. Die Hintergrund- information, dass der Übergang aufs Gymnasium für Arbeiter- und Migrantenkinder geradezu mit- telalterlich ungerecht ist, fiel hinten herunter. Um den Pisa-Chef Schleicher geht es also gar nicht. Die Kultusminister wollen raus aus Pisa. Längst sind alle Weichen dafür gestellt. Weiterver- künden will man das Angenehme an Pisa: dass die Schüler im Lesen und in den Naturwissenschaften vorankommen. Nicht erwähnen will man die bitte- re Wahrheit: dass es ein ständisches Bildungssys- tem gibt, das bestimmte Gruppen gezielt in niede- re Schulen steckt. Die wird unter den Teppich ge- kehrt. Deswegen soll auf mittlere Sicht ein nationa- les Institut mit einem willfährigen Chef gute Nach- richten verbreiten – ohne die unbequemen inter- nationalen Vergleiche. CHRISTIAN FÜLLER DIE KRITIK AM PISA-CHEF BEREITET DEN AUSSTIEG AUS DER STUDIE VOR Verteidigung der Klassenunterschiede Uwe Rada, 44, ist Redakteur für Stadtentwicklung im Berlin-Ressort der taz und Spezialist für das deutsch-polnische Grenzgebiet. 2005 erschien sein Buch „Die Oder. Lebenslauf eines Flusses“ beim Gustav Kiepenheuer Verlag. FOTO:WOLFGANGBORRS Eigentlich muss man der „Nas- sauischen Heimstätte“ dankbar sein. Als ruchbar wurde, dass die hessische Wohnungsbaugesell- schaft plane, ihre Mieter künftig nach ethnischer Herkunft sortie- ren zu wollen, regte sich sofort Protest. Ein Haus für Deutsche, eins für Türken, eins für Russ- landdeutsche? Hessens Minister- präsident Roland Koch (CDU) re- agierte prompt und erteilte „Mi- lieuhäusern homogener Kultur- kreise“ eine klare Absage. Auch für die meisten Stadtpla- ner stellte der Vorstoß der hessi- schen Wohnungsbaugesellschaft einen Verstoß gegen das Leitbild der sozialen, ethnischen und kulturellen Durchmischung. Dankbar sollte man der Nassaui- schen Heimstätte trotzdem sein. Denn sie hat eine zentrale Frage aufgeworfen: Was, wenn die Rea- lität das Leitbild längst überholt hat? Machen wir uns nichts vor. Wir leben alle nicht nach dem Lehrbuch der Stadttheorie – also in Quartieren, in denen sich ein- ander Fremde begegnen, sich in Toleranz üben und soziale Nach- barschaft praktizieren. Die einen zieht es in alternative Wohlfühl- viertel wie Hamburg-Eimsbüt- tel, Berlin-Prenzlauer Berg oder das Leipziger Theaterviertel. An- dere machen gleich den Sprung auf die grüne Wiese. Dort ist es zwar etwas langweilig, dafür ha- ben die Kinder die Natur vor der Tür und bessere schulische Chancen. Erst die „selektive Ab- wanderung“ von Besserverdie- nenden und Familien bringt jene homogenen Quartiere hervor, aus denen die Städte von heute bestehen. Wer einer Wohnungs- baugesellschaft wie der Nassaui- schen Heimstätte Kapitulation vor der schwierigen Aufgabe der gesellschaftlichen Integration vorwirft, der sollte sich zuerst an die eigene Nase fassen. Welches Ausmaß die soziale Entmischung bereits angenom- men hat, lässt sich in Berlin be- obachten. Eine seit 1998 im Zwei- jahresrhythmus fortgeschriebe- ne Studie zur räumlichen Vertei- lung von Armut und Reichtum hat ergeben, dass die Tendenz zur Parallelgesellschaft wächst. Bessere Viertel werden immer besser, ärmere immer ärmer. Wenn es in angesagten Stadtvier- teln noch eine Mischung gibt, dann sieht sie aus wie in den Kreuzberger Paul-Lincke-Höfen. Dort baut ein Investor gerade „Carlofts“ – das sind Luxuswoh- nungen mit außenliegendem Autoaufzug, damit der Por- schefahrer nicht riskieren muss, sein Lieblingsspielzeug der Stra- ße zu überlassen. Noch ernüchternder ist der Blick ins europäische Ausland. Noch vor einigen Jahren galt Frankreich als europäisches Land mit den meisten „gated communities“. Mittlerweile gibt es allein in Warschau mehr Lu- xussiedlungen mit Hochsicher- heitsstandard als in ganz Frank- reich. Die wachsende Einkom- menskluft macht auch vor unse- ren Städten nicht Halt; erst recht nicht vor den Leitbildern gut- meinender Planer und Politiker. Da mag der hessische Minis- terpräsident noch so sehr vor „Milieuhäusern“ warnen: Die Stadtentwicklungspolitik der meisten Großstädte bestärkt den Zerfall der Quartiere in arme und reiche Viertel. Von Ham- burg bis München, von Berlin bis ins Ruhrgebiet werden derzeit Townhouses, Lofts und neue „ur- bane“ Quartiere geplant und ge- baut. Viele von ihnen entstehen auf ehemals öffentlichen Grund- stücken. So glauben die finanzi- ell klammen Kommunen gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Zum einen spült der Verkauf der innerstädtischen Fi- letgrundstücke an private Inves- toren Geld in ihre Kassen. Zum anderen sorgen innerstädtische Wohnviertel für mehr Leben auf den Straßen und schaffen damit eine Alternative zur Abwande- rung auf die grüne Wiese. Was dabei übersehen wird: Die Stadtentwicklungspolitik in den Rathäusern macht damit nichts anderes, als es die Vermie- tungsabteilung der Nassaui- schen Heimstätte vorhatte. Sie reagiert auf Trends auf dem Wohnungsmarkt, die mehr und mehr darauf hinauslaufen, „un- ter sich“ sein zu wollen. Dem „anderen“, dem „Fremden“ be- gegnet man noch immer früh genug: in den Einkaufszentren, auf den Straßen, in den Parks. Hat man die Lebenslüge von der durchmischten Stadt erst einmal hinter sich gelassen, stellt sich die Frage: Wie soll die Stadt des 21. Jahrhunderts ausse- hen, deren Bewohner sich, so gut es geht, aus dem Weg gehen? Nicht nur im direkten Wohnum- feld, sondern auch beim Einkau- fen und am Arbeitsplatz. Ist das dann überhaupt noch eine Stadt? Oder wird die urbane Kul- tur wieder das, weswegen so vie- le in die Städte ziehen: vorstäd- tisch, sogar dörflich? Keinesfalls. Mehr denn je ist die Stadt ein Erfolgsmodell. Die Renaissance des Urbanen zeigt, dass sich das Bedürfnis nach Stadt und das Bedürfnis nach ho- mogenen Quartieren nicht aus- schließen müssen. Nicht die Stadt hat sich also überlebt, son- dern die normative Vorstellung ihrer Planer. Wenn eine Woh- nungsbaugesellschaft die russ- landdeutsche Oma in einem an- deren Haus wohnen lässt als die türkische Facharbeiterfamilie oder den deutschen Arbeitslo- sen, dann ist das weder Entmi- schung noch Rassismus. Es ist eine Entscheidung, die ganz of- fenbar den Wünschen der Be- wohner selbst entspricht. Was sollte dagegen einzuwenden sein, wenn damit die Zahl der Konflikte sinkt, das Wohlbefin- den dagegen steigt? Etwas ganz anderes wäre es, wenn Wohnungsbaugesellschaf- ten dazu übergingen, die „guten“ Häuser an Deutsche vermiete- ten, die „schlechten“ aber an Nichtdeutsche. Genau diese Ge- fahr – die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen – droht aber auf gesamtstädti- scher Ebene. Anders als bei der Ausweisung von Standorten für hochwertiges Wohnen, fehlt es den Kommunen nämlich an überzeugenden Ideen für den Umgang mit den zahlreicher werdenden Problemquartieren. Die Gefahr, dass in den sozialen „Brennpunkten“ bald nur noch Feuerwehrpolitik betrieben wird, sie wächst. Mit dem Bundesprogramm „soziale Stadt“ und der Einfüh- rung von Quartiersmanagern ist ein wichtiger Schritt gemacht ge- macht. Beiden Initiativen geht es darum, den benachteiligten Quartieren und den Menschen, die dort leben, mehr Aufmerk- samkeit zu schenken. Das bedeu- tet, nicht nur in Beton, sondern auch in Bildung zu investieren, und die lokalen – auch ethni- schen – Ökonomien zu stärken. Doch je weiter sich die Schere zwischen Arm und Reich öffnet, desto deutlicher werden die Grenzen einer solchen „Not- standspolitik“. Umso wichtiger ist es, die Debatte um die Zu- kunft der Stadt fortzusetzen. Nicht die Entmischung ist das Problem, sondern die rasante Verarmung zahlreicher Quartie- re. Wenn die Städte aber nicht ge- nauso – zum Beispiel mit Mikro- krediten – in ihre Problemquar- tiere investieren wie in ihre Lofts und Townhouses, zerfallen nicht nur Nachbarschaften – dann zer- fällt auch die Stadt. Höchste Zeit also, sich von al- ten Lebenslügen zu trennen und sich dem entscheidenden The- ma zuzuwenden. Eine soziale Stadt kostet Geld. Wer es nicht in- vestiert, riskiert mehr als ein paar homogene Wohnblocks. Die brennenden französischen Vor- städte sind ein Menetekel. UWE RADA Der Trend zur Parallelgesellschaft Die Stadtplanung hat sich längst vom Ideal der sozialen Durchmischung verabschiedet. Nicht die Trennung der Milieus ist das Problem, sondern die Verarmung vieler Quartiere DieneueMittelschicht zieht es in homogene Wohlfühlviertel. Oder gleich ins Grüne. Was heißt da Integration? LoftsundLuxusviertel zum einen, anderer- seits brennende Vorstädte: Frankreich ist ein Menetekel die anderen über bin ladens tonbandrede und die teddy-mohammed-affäre Die neue Tonbandbotschaft von Ussama Bin Laden kommentiert die Mailänder Zeitung Cor- riere della Sera: Bin Laden wendet sich erneut an die Europäer und fordert sie auf, den Amerikanern im Krieg in Afghanistan nicht zu folgen. Dies ist ein Versuch, die Spaltungen innerhalb der Nato auszunutzen. Jedoch gibt es in den kurzen übertra- genen Ausschnitten keine Möglichkeit, ein Datum der Aufzeichnung festzustellen. Auch gibt es in der Botschaft – zumindest in den übertragenen Stü- cken – keinen Kommentar zur Konferenz von An- napolis. Diese Art von Treffen zieht aber normaler- weise das Interesse der Spitzen von al-Qaida auf sich. Als Reaktion auf die Verurteilung einer briti- schen Lehrerin im Sudan meint die Zeitung The Daily Telegraph: Großbritanniens diplomatischer Einsatz in Afrikas größtem Land ist maßgeblich – ob es nun um die Entsendung einer gemeinsamen Friedenstruppe der UNO und der Afrikanischen Union in die Region Darfur geht oder um das um- fassende Friedensabkommen zwischen dem Nor- den und dem Süden, das 2005 unterzeichnet wur- de. Doch die Verurteilung von Frau Gibbons zu ei- ner Haftstrafe und ihre Deportation verlangt min- destens die Abberufung unseres Botschafters aus Khartum und die Verhängung von Sanktionen ge- gen führende Leute des Regimes. Frankreich ist eines der Länder mit den meisten und am besten ausgebildeten Polizisten. Auch die Kriminalitätsstatistiken sind nicht beunruhigen- der als sonst in Europa. Aber wenn der kollektive Eindruck entsteht, die innere Sicherheit sei be- droht, reagieren die Franzosen mit Panik und wäh- len rechts. Das ist eine Konstante der Geschichte. Im Jahr 2002 etwa, nach einem dramatisch zu- gespitzten Wahlkampf, in dessen Mittelpunkt das ThemaKriminalitätstand,gingderRechtsextreme Jean-Marie Le Pen als zweitstärkster Politiker aus dem Urnengang hervor. Im Herbst 2005, als es drei Wochen lang Aufstände in zahlreichen Banlieues gab, konnte sich Innenminister Nicolas Sarkozy mit harten Worten und Gesten als starker Mann der Stunde profilieren. Und in dieser Woche, als er- neut Straßenschlachten ausgebrochen sind, ist das Thema der sozialen Gerechtigkeit, das zuvor wo- chenlang die Öffentlichkeit beherrschte, wieder in den Hintergrund getreten. Fast scheint vergessen, dass bis zum vergangenen Sonntag Sarkozy und seine Regierung erstmals verunsichert wirkten. Weiterhin fällt auf, dass Banlieue-Unruhen in derRegelausbrechen,wennrechteRegierungenan der Macht sind. Das liegt auch daran, dass sie geizi- ger mit sozialen Maßnahmen und Arbeitsmarkt- politik sind und zupackender im Einsatz von Poli- zeitruppen. Aber außerhalb der unmittelbar be- troffenen Gebiete, wo die soziale Misere Alltag für fast alle ist, nimmt das die große Öffentlichkeit in Frankreich kaum wahr. Sie sieht vor allem die angstmachenden Bilder von Flammen und Zerstö- rung und nächtlichen Kämpfen. Im Herbst 2005 haben solche Bilder das Terrain für den Präsidentschaftskandidaten Sarkozy berei- tet. Jetzt muss die Linke in Frankreich vor den Kom- munalwahlen im März zittern. Denn bei aller Skep- sis gegenüber den Polizeieinsätzen gilt auch dieses Mal wieder die Rechte als kompetenter für die Wie- derherstellung der Ordnung. Im März könnte der Reflex der Angst nicht nur der rechten UMP von Sarkozy zugutekommen, sondern wieder einmal auch dem rechtsextremen Front National. DOROTHEA HAHN PRÄSIDENT SARKOZYS RHETORIK NUTZT DEM RECHTEN FRONT NATIONAL Politische Panik in Paris ...................................................................................................................... ...................................................................................................................... FAX: 030 - 25 130 03 E-MAIL: MEINUNG@TAZ.DE meinung und diskussion 1./2. DEZEMBER 2007  DIE TAGESZEITUNG 11 Belgiens Frankofone Elite hat Angst betr.: „Das Land des Surrealismus“, taz vom 26. 11. 07 Der Surrealismus Belgiens, den Sie als Leitmotiv benutzen, rührt da- her, dass die Präferenzen der politischen Elite so auseinanderlaufen. Vor allem der flämische Christsoziale Yves Leterme selbst tanzt stän- dig auf Eiern innerhalb seiner kleinen Formation (innerhalb Belgi- ens aber der größten: sage und schreibe 17 Prozent der Stimmen!): hier seine traditionelle mittelständisch-konservative Wählerschaft, die die Misswirtschaft Belgiens nicht mehr erträgt, da die traditio- nelle staatstragende Arbeitnehmerbewegung, die das Monopol auf das von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden verwaltete und aus Lohnbeiträgen finanzierte soziale Sicherungssystem nicht aus den eigenen in die Hände des Parlamentes geben will. Dass die französischsprachige, von flämischen Transfers lebende Elite Angstparolen verbreitet und so seine konservative Position fes- tigt, ist verständlich, ebenso wie das eiserne Festhalten an der Be- zeichnung „le flamand“, um die Sprache der 6 Millionen Flamen zu diffamieren anstatt sie als Niederländisch und so als mittelgroße eu- ropäische Sprache von 23 Millionen Europäern ansehen zu wollen. Zum Schluss: Die Abstimmung über die Abschaffung der Privile- gien für Frankofone im Brüsseler Stadtrand fand statt im belgischen Parlament und war deshalb wirkungslos: das Grundgesetz verbietet de facto Mehrheitsabstimmungen, ein System institutionalisierter Vetomächte, das die belgische Entscheidungsfindung in fast allen Bereichen paralysiert und eine kollektive Willensbildung unmög- lich macht. DIRK DE BIÈVRE, Antwerpen, Belgien Abgasprüfverfahren ausgehebelt betr.: „Schärfster Kritiker der Verkehrspolitik“, taz vom 27. 11. 07 Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Prüfverfahren für Lärm und Abgas von Kfz von der Autoindustrie ausgehebelt werden können. Der genormte Prüfzyklus, der aus einer kurzen Reihe bestimmter Geschwindigkeiten und Beschleunigungsphasen besteht, kann von der Elektronik erkannt werden. Ist das der Fall, werden Abgas- und Lärmemissionen auf die Erfüllung der Grenzwerte eingestellt. Außerhalb des Prüfzyklus, also im Realbetrieb, werden Schall- dämpfer mit sich öffnenden Auspuffklappen umgangen oder es wird zum Beispiel zusätzlich Sprit eingespritzt und besonders un- sauber verbrannt. Zurückgerufen wurde deshalb bislang noch nie ein Fahrzeug. Dass es nun erstmals dazu kam, hat den Verkehrsdi- rektor des Umweltbundesamtes, Axel Friedrich, seinen Posten ge- kostet. Andernfalls hätte die Gefahr bestanden, dass Millionen wei- tere Lärmer und Stinker aus dem Verkehr gezogen worden wären. MARKUS SCHMIDT, Frankfurt am Main Inwendig lernen betr.: „Tröstungen. Zu Besuch bei einer Märchenerzählerin“, taz vom 26. 11. 07 Es gibt sie allerorten, die Märchenerzähler und Märchenerzählerin- nen. Lobenswert, dass die taz diesem Berufsstand einen langen Arti- kel widmet. Wir Märchenerzähler lernen nicht auswendig, wie es im Artikel mal gesagt wird, sondern inwendig. Wir erfassen die Bilder des Märchens und erzählen, ohne zu interpretieren. Märchenerzäh- ler sind weitaus seltener anzutreffen als Erzählerinnen, gemeinsam versuchen wir das gesprochene Wort zu erhalten, für Erwachsene, genauso wie für Kinder. MÄRCHENERZÄHLER AMOS RUWWE, Bad Mergentheim Der Wille zur Macht reicht nicht betr.: „Der Motzer geht“, taz vom 28. 11. 07 Die Ihnen immanente Affinität zur derzeitigen Führung der Grünen hat schon etwas Rührendes. Sie sollten aber nicht titeln: „Pentagon des Grauens“, sondern vielleicht besser: „Ein dahinvegetierender Vorstand“. Es ist gut, dass der „Motzer“ geht; aber auch der Vorstand sollte sich zurückziehen. Dieser Vorstand wird sich von den Beschä- digungen seit der Beteiligung an der Schröder-Regierung nie wieder erholen. Der Wille zur Macht allein reicht nicht. Ich kenne ein altes Jugendlied aus DDR-Zeiten: „Sag mir, wo Du stehst und welchen Weg Du gehst …“ Diese Frage muss ein zukunfts- fähiger Vorstand der Grünen beantworten können. JÜRGEN SCHULTZ, Frankfurt (Oder) Nie wieder ein Amt für Metzger betr.: „Der Motzer geht“ Der Ex-Grüne Oswald Metzger sollte wegen seiner diffamierenden Äußerungen über Sozialhilfeempfänger in keiner Partei mehr eine politische Heimat finden. Seine Anmerkungen, viele Sozialhilfe- empfänger und Arbeitslose sähen ihren Lebenssinn darin, „Kohlen- hydrate oder Alkohol in sich hineinzustopfen“, sind menschenver- achtend. Dieser Politiker dürfte nie wieder in ein Parlament oder po- litisches Amt gewählt werden. ALBERT ALTEN, Wernigerode Jugendstil, Aufbruch in die Moderne betr.: „Die Kunst des Code of Cool“, taz vom 27. 11. 07 Vielen Dank für den Beitrag von Clemens Niedenthal, den ich auf- merksam und mit großem Interesse gelesen habe. In der Tat war der Jugendstil der Aufbruch in die Moderne. Aus meiner Sicht sollten sich Architekturprofessoren und Studenten mit den vielen Fragen wissenschaftlich auseinandersetzen, welchen Einfluss der beispiel- lose Zivilisationsbruch der Schlachtfelder des Ersten Weltkrieges, der politische Extremismus und die Brutalität der beiden totalitären Systeme (Hitler und Stalin) auf die Architekturgestaltung der Mo- derne – auch nach 1945 – hatte. Warum diese radikalen Brüche in der Entwicklungsgeschichte der Moderne? Könnte der Jugendstil behutsam mit heutigen Mitteln weiterentwickelt werden? Warum wird die Moderne teilweise auf Plattenbauten und die Verheerungen des Städtebaus der 60er und 70er Jahre reduziert? Eine Wiederentdeckung der großen Reformar- chitekten der 20er Jahre – Gustav Oelsner in Altona, Rudolf Fränkel, Bruno Taut in Berlin – wäre sicher eine Bereicherung der Diskussion und Baukultur. MARKUS ERICH-DELATTRE, Hamburg Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor. Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder. DOROTHEA MELCHER, 66, ist emeritierte deutsch-vene- zolanische Professorin für Wirtschaftsgeschichte an der Universidad de los Andes von Mérida. Sie lebt seit 1970 in Venezuela. Sie pro- movierte in Tübingen und forschte über Gewerkschaf- ten, Erdölpolitik und indige- ne Völker in Venezuela. Mehrere Beiträge zum „Jahrbuch Lateinamerika“. Zuletzt erschien von ihr „Ve- nezuelas Erdöl-Sozialismus“ (Das Argument 262). taz: Frau Melcher, worauf zielt Hugo Chávez mit der Verfas- sungsreform ab, über die die Ve- nezolaner morgen abstimmen? Dorothea Melcher: Er will mehr Macht, um sein sozialistisches Projekt umzusetzen. Dabei ste- hen ihm einige Bestimmungen der jetzigen Verfassung im Weg, etwa bestimmte Eigentumsrech- te an Grund und Boden, auch wenn der größte Teil der Landes- fläche Staatsland ist. Der Groß- grundbesitz soll abgeschafft wer- den. Hinzu kommt die völlige Verstaatlichung der Bodenschät- ze, von Öl und Gas. Der Ölsektor wurde doch seit 2005 nationalisiert … Es geht nicht nur um den staatli- chen Ölkonzern PDVSA, sondern auch um die Dienstleister bei Förderung und Transport. Um Verstaatlichung unum- kehrbar zu machen, ist eine Verfassungsänderung nötig? Ja. Die Nationalisierung des Öl- sektors stört die USA und die ein- heimische Oberschicht. Das ist kein Wunder, denn die USA, die Konzerne und der IWF haben in den 90er-Jahren massiv Druck gemacht, dass das Öl in Latein- amerika privatisiert wird. Vene- zuela war damals eine Art Prüf- stein. Ab 1998 haben Chávez und seine Leute das systematisch rückgängig gemacht. Die auslän- dischen Konzerne wurden unter Druck gesetzt und mussten neue Verträge unterschreiben. Die meisten haben eingelenkt und führen jetzt viel mehr an den Staatab.Dochdieswarsehrmüh- selig. Die letzten Verträge sind erst vor kurzem abgeschlossen worden. Es gibt viel Kritik an der Art,wie Chávez das Referendum vorbereitet hat. Zu Recht ? Ja, es wurde regelrecht durch das Parlament gepeitscht, nur weni- ge Außenstehende wurden mit- einbezogen. Zudem – und das ist die Hauptkritik der Opposition – soll die Struktur von Staat und Gesellschaft geändert werden, und das ist in dieser Form verfas- sungswidrig. Aber warum riskiert Chávez eine so aufwändige Abstim- mung, die zudem der Opposi- tion Aufschwung gibt? Man merkt, es geht Chávez nicht schnell genug, und deswegen will er auch immer wieder ge- wählt werden können, damit er sein Projekt ab 2012 weiterfüh- ren kann. Er will das Tempo for- cieren, aber die Frage ist, ob ihm das gelingt. Es ist unklar, ob er ge- nug qualifizierte Leute hat und ob ihm seine Basis folgen wird – oder was passiert, wenn es lang- „Chávez hat kein Mittel gegen die Korruption“ Wenn Venezuela morgen ja zu Chávez’ Verfassungsreform sagt, ist der Weg in die Diktatur möglich. Bis zu einer ölunabhängigen ökonomischen Entwicklung ist es indes noch weit, so die Wirtschaftshistorikerin Dorothea Melcher Chávez will die landwirtschaftli- cheundindustrielleEntwicklung durch die staatliche Finanzie- rung von Basisprojekten voran- bringen. Es gibt auch Staatsbe- triebe, aber wie die funktionie- ren, wird selten klar. Ist diese „nach innen gerich- teten Entwicklung“ denn öko- nomisch effektiv? Nein, die Ergebnisse sind be- scheiden. Statt weniger werden immer mehr Lebensmittel im- portiert. Viele Zuständige in den Ministerien sind ungeeignet für ihre Jobs. Venezuela ist ja immer noch vom Rentenkapitalismus geprägt, von den Einnahmen aus dem Ölexport. Es ist schwierig, diese Mentalität zu ändern. Und der Geldsegen aus dem Ölgeschäft befördert noch im- mer die Korruption? Ja, es bildet sich eine neue Staats- klasse heraus, die sich schamlos bereichert, Gouverneure, aber auch Militärs. Die Vetternwirt- schaft von Christ- und Sozialde- mokraten ist von der der „Boli- Bourgeoisie“ abgelöst worden. Die neuen Leute haben Gleichge- sinnte eingestellt, bei Ausschrei- bungen spielt Sachkenntnis oft nur eine untergeordnete Rolle. Andererseitsistesbeispielsweise bei PDVSA immer noch ein Pro- blem, dass es Angestellte gibt, die gegen die Politik des Konzerns arbeiten. Chávez geißelt ja gele- gentlich Korruption und über- mäßige Bürokratie. Hat das Folgen? Selten. Manchmal werden Leute abgesetzt, aber meistens gehen sie straflos aus. INTERVIEW: GERHARD DILGER ............................................................................. DER AUGENBLICK Arbeiterinnen einer Fischfabrik im Slum, Yorkshire FOTO: HULTON COLLECTION/GETTY FOTO:GERHARDDILGER samer vorangeht oder es ganz zum Stillstand kommt. Droht nach einem Sieg der Weg in eine Diktatur? Die Möglichkeit besteht, denn Chávez hätte dann in vielen Be- reichen die absolute Verfügungs- und Ernennungsfreiheit. Die Machtbefugnisse verschieben sich von den gewählten Gouver- neuren zu den ernannten Vize- präsidenten für die neuen Regio- nen, in denen die Bundesstaaten zusammengefasst werden. Wer wird die Ausführungsbestim- mungen formulieren? Da sind Konflikte vorprogrammiert, auch zwischen den Gemeinderä- ten und anderen Instanzen. Viele Leute aus seiner Umgebung sind nicht ehrlich bei der Umsetzung der Ziele, die verteilen das Ölgeld wie eh und je. Welche Art von Sozialismus schwebt Chávez vor? Er redet viel von Kooperativen, die er zu fördern versucht. leserlnnenbriefe TAZ, DIE TAGESZEITUNG I KOCHSTR. 18 I 10969 BERLIN TELEFON: 030 - 25 902-0 I FAX: 030 - 59 001 040 E-MAIL: BRIEFE@TAZ.DE I INTERNET: WWW.TAZ.DE ............................................................................. ............................................................................. Revolutionen kommen stets zu früh, und immer werden die Re- volutionäre am meisten davon überrascht. Es gibt keine Schon- frist und keinen Schonbezirk, wo abseitsderpolitischenKräftever- hältnisse an einem alternativen gesellschaftlichen Modell expe- rimentiert werden kann. Der Aufruf „Für unser Land“, veröf- fentlicht von einer Reihe linker DDR-Intellektueller, beschwört dieEntwicklungderDDRzueiner solidarischen Gesellschaft. Aber diese Vorstellungen eines behü- teten Weges werden der Wirk- lichkeit nicht standhalten. Was vermag in einer Situation, wo es materielle Bedürfnisse sind, die die Menschen „Deutschland ei- nig Vaterland“ skandieren las- sen, der Appell an die Ideale aus der Gründerzeit der DDR? Unsere Freunde in der DDR argu- mentieren, sie bräuchten Raum undZeit,umdieMenscheninder DDR zu überzeugen. Aber von Tag zu Tag weitet sich die Kluft zwischen den Aktivisten des De- mokratischen Sozialismus und der Bevölkerung. Die Abstinenz vor der Beschäftigung mit der nationalen Frage droht für die demokratische Bewegung in der DDR fatale Folgen zu zeitigen. Glauben denn die Unterzeichner des Appells wirklich, die Debatte sei nur aus dem Blickwinkel der DDR heraus möglich? Es müßten die Linken, die grün-alternativen Kräfte in beiden deutschen Staa- ten sein, die jetzt die Möglichkeit gemeinsamer Aktion ergreifen. Statt ständig zu fürchten, daß die DDR vom BRD-Wolf verschlun- gen wird, wäre es für die Linken in beiden deutschen Staaten an der Zeit, die Nation, wie es Grass formuliert hat, „diesmal von links her zu definieren“. Ansons- ten rollt der Kohl-band-waggon. Christian Semler, taz 1. 12. 1989 die taz vor 18 jahren Die hilflosen DDR- Intellektuellen ...................................... ..................................... 12 DIE TAGESZEITUNG  SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 leibesübungen FAX: 030 - 25 902 682 E-MAIL: SPORT@TAZ.DE daily dope (236) .............................................................................................................................................................. das war die woche, die war (48) .............................................................................. Dendrologe der Woche „Es ist wie bei einem kranken Baum: Wenn man nur das eine oder andere Blatt pflückt, ist er nicht geheilt.“ (Der geständige Dopingsünder Jörg Jaksche plä- diert dafür, den Radsportbaum radikal zu fällen, damit ein neuer Spross grünen kann) Taktik der Woche „Wenn vorne die Tür zu ist, muss man sich eben mal durch den Garten herein- schleichen.“ (Schal- kes Manager Andre- as Müller offenbart die Spieltaktik des FC Schalke 04 vorm Champions-League- Match in Valencia. Hat dann lei- der nicht so geklappt mit dem Anschleichen – obwohl die Deut- schen sogar in Überzahl waren) Visionär der Woche „Das Urteil ist ein großer Sieg für den Sport und das Sportspon- soring.“ (Ex-EnBW-Chef Utz Claassen hatte vor der Fußball- WM großzügig Gutscheine für Eintrittskarten an Politiker ver- sandt. Das Landgericht Karlsru- he sprach ihn nun vom Vorwurf der Vorteilgewährung frei, was den findigen Utz zu dem Schluss kommen lässt: „Damit ist auch künftig ein angemessener Dis- kurs zwischen Politik und Wirt- schaft möglich.“ Und bitte nicht die Sportfunktionäre vergessen, Herr Claassen! Es ist ja bald Weih- nachten.) Schmäh der Woche „Bei der Euro 2008 dürfen sie, weil sie Gastgeber sind, dabei sein. Aber sonst verpassen unsere Rasenhumpler die Teilnahme an Turnieren schon in der Qualifika- tion. Das wird bei der WM in Süd- afrika kaum anders sein. Viel- leicht könnte unser WM-Beitrag ja sein, unsere Kicker für Evakuie- rungsübungen in Südafrika aus- zuleihen. So schnell leert niemand ein Stadion!“ (Öster- reichs Tageszeitung Kurier kommentiert die Auslosung der Qualifikationsgrup- pen zur Fußball- Weltmeisterschaft 2010) Kehrtwende der Woche „Wir sind nicht weggelaufen, aber wir konnten auch nichts ver- ändern in diesem Mikrokosmos Radsport.“ (Telekom-Sprecher Chistian Frommert begründet den Ausstieg aus dem Rad- sportsponsering. Am 7. Dezem- ber 2006 hatte er noch gesagt: „Wer verändern will, darf nicht weglaufen.“) Schauspieler der Woche „Ich kam mir vor wie im fal- schen Film.“ (Stefan Schumacher, Radprofi beim Team Gerolstei- ner, wurde vor der Rad-WM in Stuttgart mit einem Hämatokrit- wert von über 50 gemessen. Eine Suspendierung – „Schutzsperre“ genannt – wurde aber weder vom nationalen noch vom inter- nationalen Verband ausgespro- chen. Das ist umso verwunderli- cher als Schumacher bis dahin einen oberen Grenzwert von 47,6 Prozent gehabt hatte) .............................................................................. VON THOMAS WINKLER Vom WM-Titel bis zur Kreisliga- meisterschaft, ob Superbowl oder Schleifchenturnier, Bahrain oder Buxtehude, eins steht fest: Triumphe werden begangen mit „We Are The Champions“. Es dürf- te kaum eine Minute vergehen, in der Freddie Mercury nicht im Grabe rotiert, weil gerade mal wieder ein siegestrunkener Sportler unter der Sektdusche den alten Queen-Gassenhauer krächzt. Und auch wenn man diesen Song lange schon nicht mehr hören kann, beweist sein zeitloser Erfolg auf den Sport- plätzen dieser Welt doch eins: Leibesübungen und Popmusik sind eine mitunter ästhetisch nicht allzu einfallsreiche, nichts- destotrotz aber sehr feste Bezie- hung miteinander eingegangen. Diese Beziehung war nicht im- mer unproblematisch. Vor allem hierzulande. Von der unseligen Verbindung der deutschen Fuß- ballnationalmannschaft mit Udo Jürgens („Buenas Dias, Argenti- na“) bis zum Pop-Bomber der Na- tion (Gerd Müllers „Dann macht es bumm“): Zwar suchte der Sport lange Jahre die Nähe zur Popkultur, aber im Gegensatz zu England, wo Fußball und Pop eine Domäne der Arbeiterklasse waren, galten schweißtreibende Betätigungen – außer Sex natür- lich – weltweit als weitestgehend uncool. Rock ’n’ Roll war Rebel- lion, Sport war spießig. Das sollte sich erst Mitte der 80er-Jahre schlagartig ändern. Die Strategen des Sportartikel- konzerns Nike erschufen im Ver- bund mit der National Basketball Association (NBA) den ersten wirklich globalen Sportstar. Mi- chael Jordan wurde zur Ikone und der Sport zum Bestandteil der Popkultur. Manifestiert wur- de dieser Paradigmenwechsel 1986, als die Rap-Crew Run- D.M.C. eine Hymne auf ihren be- vorzugten Sportartikler verfass- te: Nach „My Adidas“ waren Turnschuhe nicht mehr nur ein Sportgerät, sondern ein Lifestyle- Accessoire. Von nun an fielen alle Hürden – wirtschaftliche, ideelle und personelle. Seitdem wird für Marketing- kampagnen die Massenwirksam- keit von Popmusik und Spitzen- sport miteinander verzahnt. Kei- ne große Meisterschaft ohne ei- genen Song, kein Klub ohne Ver- einshymne von der lokalen Rock- band. Fernsehsender „präsentie- ren“ zum Abspann ihrer Sport- sendungen das aktuelle Produkt einer dafür zahlenden Plattenfir- ma. Trendsportarten wie Street- ball, Snow- und Skateboarden werden in der Öffentlichkeit schon automatisch mit einem popmusikalischen Genre, meis- tens Hiphop, assoziiert. Die Düs- seldorfer Rockband Tote Hosen sponserte zeitweise ihren in fi- nanzielle Schieflage geratenen Heimatklub Fortuna und Oasis tat es ihnen gleich bei Man- chester City. Im vergangenen Sommer schließlich zierte nicht wie üblich ein Model das Cover der alljährlichen Swimsuit-Aus- gabe von Sports Illustrated, son- dern die R&B-Sängerin Beyonce. Deren Lebensgefährte Jay-Z ist nicht der einzige Rapper, dessen Texte mit Sportanspielungen ge- schwängert sind; außerdem ist er auch noch Mitinhaber des NBA-Teams New Jersey Nets. Als Investor im Sport ist er damit nicht allein: Jon Bon Jovi agiert als Besitzer des Arena-Football- Teams Philadelphia Soul. In den USA sind solche Geschäftsver- bindungen zwischen Musik und Sport schon lange üblich: Bereits in den 30er-Jahren unterstützte Louis Armstrong eine Baseball- Mannschaft in New Orleans. Es bleibt längst nicht bei öko- nomischen Verwicklungen. Sportler und Musiker sind beide mit ähnlichen Problemen kon- frontiert – vom ständigen Reisestress bis zur Belästi- gung durch Groupies. So werden grenzüberschrei- tende Freundschaften im- mer häufiger. In den 80er- Jahren war es noch außer- gewöhnlich, dass Basketball-Star Bill Walton mit den Grateful Dead auf Tour ging, oder dass El- ton John sich als Präsident des FC Watford engagierte. Mittlerweile scheinen vor allem Sängerinnen eine große Schwäche für Sportler zu entwickeln: Victoria „Posh Spice“ Beckham, Sheryl Crow, die lange Jahre mit Lance Armstrong liiert war, sind nur die promi- nentesten. John McEnroe ist ver- heiratet mit der Rocksängerin Patty Smyth und Basketballer Grant Hill mit der R&B-Sirene Tamia. Natürlich gab es auch immer wieder Spitzensportler mit mu- sikalischen Ambitionen. Dennis Rodman wurde dereinst das Mi- krofon abgedreht, als er zu Pearl Jam auf die Bühne stürmte, und Leichtathletik-Legende Carl Le- wis scheiterte mit dünnem Stimmchen. Schon 1963 veröf- fentlichte ein gewisser Cassius Clay ein Album namens „I Am The Greatest“, hatte aber dann später unter dem Namen Mu- hammad Ali deutlich mehr Er- folg als Boxer und erfand – wie einige meinen – in Interviews schon mal den Rap. Heute soll Dirk Nowitzki in Dallas seine Teamkameraden von den Mave- ricks regelmäßig mit eher unzu- reichenden Darbietungen auf der Gitarre belästigen. Mittlerweile aber wird längst nicht mehr nur belächelt, wenn Sportler sich als Musikanten ver- suchen: Die ehemalige Tennis- Größe Yannick Noah hat in Frankreich erfolgreich zum Popstar umgeschult. Shaquille O’Neal, mehrfacher NBA-Cham- pion mit den Los Angeles Lakers und Miami Heat, Teilzeitschau- spieler und Freizeitwrestler, ver- öffentlichte in den 90er-Jahren fünf Hiphop-Alben, die teilweise sogar mit Platin ausgezeichnet wurden. Auch sein Kollege Allen Iverson betätigte sich als Rapper, und Wayman Tisdale beendete seine NBA-Karriere, um sich ganz auf seine Laufbahn als Jazz- Bassist zu konzentrieren. Der umgekehrte Weg aller- dings ist schwieriger. Country- Star Garth Brooks blamierte sich als Baseball-Profi, und Rapper, Plattenfirmenmogul und Auf- bauspieler Percy Miller alias Master P erhielt mit 31 Jahren zwar einen Vertrag bei den Char- lotte Hornets, wurde aber kurz vor Saisonbeginn entlassen. Ein weiterer Versuch bei den Toronto Raptors scheiterte ebenfalls, bevor Miller zu- mindest einige Spiele lang für Fort Wayne Fury in der niederklassigen CBA auf- lief. Anschließend betätigte sich Miller als Spielerberater und konnte einige prominente Klien- ten verpflichten. Bei anderen, die auf der Büh- ne Karriere machten, hätte das Leben ganz anders verlaufen können. Rockröhre Rod Stewart absolvierte in den Sechzigern ein Probetraining beim Londoner Profiklub Brentford. Auch James Brown, der „Godfather of Soul“, war in seiner Jugend ein talen- tierter Boxer. Doch ausgerechnet von Freddy Mercury sind – außer dem Mikrofonständerschleu- dern auf höchstem Niveau – kei- ne außergewöhnlichen sportli- chen Talente überliefert. „Dann macht es bumm“Die Beziehung ist nicht besonders anspruchsvoll, aber ausgesprochen fest und bisweilen glamourös. Was Sport mit Musik verbindet und warum seit dem Run-D.M.C.-Song „My Adidas“ alles anders ist Nipple-Gate in Houston: Janet Jackson packt in der Halbzeitshow der Superbowl XXXVIII aus, Justin Timberlake schaut zu. Gleich singen beide: „I’m gonna have you naked by the end of this song“ FOTO: IMAGO Dem Dopingdoktor eine Ver- nehmung: Im Zuge des Rechts- streits zwischen Jan Ullrich und dem Molekularbiologen Werner Franke soll der spanische Arzt und Blutdoping-Spezialist Eufe- miano Fuentes als Zeuge in Spa- nien vernommen werden. Vor dem Hamburger Landgericht wird eine Klage Jan Ullrichs verhandelt, der Franke die Be- hauptung untersagen lassen will, der ehemalige Radprofi habe Fuentes im vergangenen Jahr 35.000 Euro für Doping- maßnahmen überwiesen. Dem spanischen Männer- fußball ein Hooliganproblem: Am Rande des Uefa-Pokalspiels Atlético Madrid gegen FC Aber- deen (2:0) haben Fans beider Mannschaften sich Schlägereien geliefert. Bei den Auseinander- setzungen wurden in der Umge- bung des Madrider Vicente-Cal- derón-Stadions 17 Menschen ver- letzt. Spanische und schottische Fans hatten sich vor und nach dem Spiel nicht nur geprügelt, sondern auch mit Flaschen und Steinen beworfen. Dem niederländischen Frau- enfußball ein Hooliganprob- lem: Am Donnerstagabend wur- de in den Niederlanden aus Si- cherheitsgründen das Spiel der Ehrendivision zwischen den Frauen-Teams des FC Utrecht und ADO Den Haag abgesagt. Die Polizei in Utrecht hatte Informa- tionen, dass gewaltbereite Hooli- gans aus Den Haag die Konfron- tation mit Utrecht-Anhängern suchten. Ronny Ackermann ein Jubilä- umssieg: Der dreimalige Welt- meister hat in Kuusamo (Finn- land) das erste Weltcuprennen der nordischen Kombinierer in dieser Saison gewonnen. Es war der 25. Weltcup-Erfolg für den Thüringer. Er gewann vor Jonny Spillane (USA) und dem Österrei- cher Christoph Bieler. was alles nicht fehlt .............................................................................. .............................................................................. Die Gesetze im Kampf gegen Doping hat die Bundesregierung unlängst mit einer Novelle des Arzneimittelgesetzes ein biss- chen verschärft, nun ist auch amtlich, was unter dem Besitz „nicht geringer Mengen“ an Do- pingsubstanzen zu verstehen ist. Nicht geringe Mengen im Ge- päck – das wäre strafbar. Weil aber der Grundsatz erhalten bleibt, dass Selbstschädigung nicht strafbar ist, darf der do- pingwillige Sportler nun zum ..........................................................................................................................l................................... Der Erlös dieses Hörbuchs geht an die palästinensische Ausgabe von »Le Monde diplomatique« Sie haben neue Post! Briefe und Geschichten aus Ljubljana, Kapstadt, Teheran, Dessau, Ramallah Gelesen von Eva Mattes, Stephan Benson, Bibiana Beglau, Mathias Greffrath, Nina Hoger Bestellen Sie jetzt: www.monde-diplomatique.de 18€ ISBN 978-3-937683-17-1 Schumacher FOTO: NET Beispiel 90 Pillen des Muskelma- chers und anabolen Steroids Oral-Turanibol (vielleicht sind ja noch welche aus alten DDR-Be- ständen übrig) bei sich tragen, ohne dass es Konsequenzen für ihn hätte. Er dürfte des weiteren 450 Milligramm Methyltestoste- ron in der mobilen Hausapothe- ke haben, 150 Milligramm Stano- zolol (siehe Ben Johnson), 24.000 Einheiten Epoetin alfa, ein Epo- Mittel, und 400 Einheiten Insu- lin. Und so weiter. TAZ In den 80er-Jahren war es noch außergewöhnlich, dass Basketball-Star Bill Walton mit den Grateful Dead auf Tour ging FAX: 030 - 25 902 193 E-MAIL: REISE@TAZ.DE reise SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007  DIE TAGESZEITUNG 13 VON EDITH KRESTA Gesegnet ist die Bodenseeregion ohnehin. Hier munden die Spätzle auch noch in der un- scheinbarsten Gastwirtschaft, der Wein ist süffiger Badener, die frischen Bodensee-Fellchen wer- den in feiner Butter gebraten. Die Regionalbahn von Radolfzell in Richtung Konstanz fährt vor- bei an schmucken Fachwerkdör- fern, üppigem Grün und immer wieder am See entlang. Entspan- nung für die Sinne – nicht nur jetzt im Spätherbst, wenn die Laubwälder bunt leuchten und es der Sonne gelingt, den Novem- bernebel am See zu durchdrin- gen. Bei guter Sicht sieht man dann vom Ufer die Schweizer Berge. Das Kloster Hegne, einst Sommersitz des Bischofs von Konstanz, liegt in weißer Pracht im Park am Hang. Ein riesiges Areal mit Türmen, Erkern und Kapelle. Seeblick inklusive. Walter Baumann, der seine kranke Frau in der Demenzsta- tion des Klosters untergebracht hat, nutzt seinen Aufenthalt im neu gebauten Klosterhotel für den Kurs „Stille Tage“. Schwester Edith leitet ihn in der Tracht der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz. Früher war die Nonne Dozentin an der klosterei- genen Erzieherschule, dem Ma- rianum. Heute bietet sie Selbst- findung und Selbsterfahrung in Wochenendkursen durch die Lektüre des Evangeliums, die Meditation mit Bibelworten oder anderen religiösen Exerzitien an. „Die Kurse werden gut angenom- men. Vor allem Besucher und Ur- lauber aus der Region kommen. Religiöse und Nichtreligiöse“ sagt Schwester Edith. Der Rentner Walter Baumann aus Freiburg kennt Hegne schon seit 1934. „Damals habe ich zum ersten Mal hier Urlaub gemacht, zusammen mit meiner Mutter“, erzählt er beim Frühstück. Auch Frau Bacher, die Kauffrau aus Singen, kommt seit Jahren mit ihrer Familie hierher: „Das ist die reine Erholung für mich. Ich fah- re nicht gerne in die Ferne.“ Ur- laub im Kloster, Kloster auf Zeit: Diese Auszeitmodelle sind nicht neu und werden auch von den Barmherzigen Schwestern in Hegne schon lange angeboten. Erst ein Jahr alt ist allerdings das Hotel Sankt Elisabeth. Das Vor- gängerhaus war ein reines Gäste- und Exerzitienhaus. Der Neubau mit seinen 65 Zimmern hat nichts von karger Klosterzelle. An Armutsgelübde denkt hier keiner. Das Drei-Sterne-Gäs- tehaus bietet alles, was ein Vier- Sterne Haus ausmacht – abgese- hen von einer rund um die Uhr besetzen Rezeption und einer Bar in der Lobby, Kriterien für den vierten Stern. Darüber hin- aus hat das Haus für jedes Reise- budget die passende Unterkunft: großzügige Zimmer mit eige- nem Bad oder einfache Zimmer mit Etagendusche. Die Preise sind durchaus christlich. Dass nicht nur die Planung, sondern auch die Leitung des Hauses in professionelle Hände gehört, war den Schwestern klar. Dazu wurde eigens eine Hotelbetriebs GmBH gegründet. Fast alle der geschmackvoll und mit hochwertigen, natürli- chen Materialien eingerichteten Zimmer haben Blick zum See. Buchenholz, Parkett, dezente Grau-, Braun- und Weißtöne, da- zwischen Farbtupfer wie etwa ein roter Sessel oder modernen Gemälde an den Wänden. Klare Linien, lichtdurchflutete Räume mit hohen Fenstern, kitschfrei. Das Angebot wird von Urlau- bern, Radwanderern oder Ta- gungsgästen gleichermaßen ge- nutzt. „Wir hatten in diesem ers- ten Jahr schon über 67 Prozent Auslastung. In den Sommermo- naten kommen auch Familien mit Kindern“, sagt Schwester Edith. Kein Wunder: Zum hausei- genen Strand mit Bootsverleih ist es nicht weit. Auch wer sich für einige Zeit in Stille und Meditation mit den Schwestern üben will, ist will- kommen. Altersheim, Demenz- station, Realschule, Erzieheraus- bildung und das Hotel mit spiri- tuellem und sportlichem Rah- menangebot – das Kloster bietet fürwahr ein integriertes Konzept des Zusammenspiels in Zeiten gesellschaftlicher Separation und Isolation. Hier gibt es noch Berührungspunkte, selbst zwi- schen Alt und Jung. „Das Bedürfnis der Zeit ist der Wille Gottes.“ Gemäß diesem Leitspruch des Ordensgründers Pater Theodosius führen die Schwestern ihren mittelständi- schen Betrieb. Zur Zeit der Indus- trialisierung gründete der Pater vor 150 Jahren den Orden, um die um sich greifende Not zu lin- dern. Armut und Not sind immer noch im Blickfeld auch des mo- dernisierten Klosterbetriebs. Das frühere Pilgerdomizil dient heute als Anlaufstelle für Ob- dachlose, die sich hier waschen, stärken und frisch einkleiden können. Schwester Edith betont: „Die Zahl der seelisch Obdachlo- sen nimmt immer mehr zu.“ Ge- borgenheit sei das große Bedürf- nis der Zeit. Zum Bedürfnis der Zeit passt es auch, dass sich die Novizinnen nun verstärkt für den Umweltschutz engagieren wollen. Als Schwerpunkte stehen Energiegewinnung, Landwirt- schaft und eigener biologischer Lebensmittelanbau auf den Län- dereien des Klosters zur Diskus- sion. Außerdem wollen die Schwestern prüfen, ob interes- sierte Frauen im Kloster längere Zeit mitleben können, ohne Non- ne zu werden. Das war bislang nicht möglich. Auch das ein Zu- geständnis an die Zeit: Von den ehemals 1.200 Schwestern auf Hegne leben noch 200 Schwes- tern im Kloster, 150 arbeiten au- ßerhalb. Das Durchschnittsalter beträgt 73 Jahre. „Wir müssen Ar- beitskräfte von außerhalb des Klosters schulen. Damit die Ar- In Klausur mit SeeblickUrlaub im Kloster wird von den Barmherzigen Schwestern in Hegne am Bodensee schon lange angeboten. Ein Hotel mit spirituellem Rahmenprogramm erweitert nun das Angebot. Das geschmackvoll eingerichtete Haus mit seinen christlichen Preisen bietet Auszeit für unterschiedliche Reisebudgets beit hier im Sinne des Ordens weitergeführt werden kann“, sagt Schwester Edith. Inzwischen ar- beiten genauso viele Angestellte im Kloster, wie es Nonnen gibt. „Natürlich ist das traurig, dass wir keinen Nachwuchs haben, aber das ist nicht nur in unserem Orden so“, sagt Schwester Edith. In ihren Kursen zitiert sie häu- fig den Shooting Star der klöster- lichen Lebenshilfe, den Benedik- tinermönch Anselm Grün. Der hat in der Verlagsreihe seines Klosters Münsterschwarzach in- zwischen viele schmale Bänd- chen veröffentlicht, die teils me- ditativ, teils aus dem Wissen der ersten Mönche schöpfend, teils tiefenpsychologisch orientiert sind. „Vergib Dir selbst“ heißt ein Band. „Wege zur Freiheit“ lautet ein weiterer Titel. Auch in Hegne beschäftigen sich die Kurse mit existenziellen Fragen: mit der Sehnsucht nach einem gelingen- den Leben, mit Trauerarbeit, aber auch damit, was eine gute Chefin ausmacht. Schwester Edith sagt in ihrem Besinnungs- kurs: „Es geht nicht um Schuld, sondern um Entwicklung.“ Ein wahrhaft vorwärtsweisender Leitspruch in tiefkatholischen Gefilden. Das Evangelium le- bensbejahend. Der methodi- scher Ansatz von Schwester Edith jedenfalls richtet sich auf das Diesseits. Sie ist eine resolu- te, aufgeschlossenen Frau mit kritischem Blick auf die Welt an sich und die „Männerkirche“ im Die Benediktinerinnen des Klosters Eibingen bei Rüdesheim FOTO: STEFAN HUSCH/TERZ! Besonderen. Was sie glaubwür- dig macht, ist die Tatsache, dass sie wie die anderen Nonnen auch mitten im Leben steht. Die jün- geren Schwestern arbeiten drau- ßen als Gemeindeschwestern, in Krankenhäusern und Kindergär- ten. Jahrgänge von Jugendlichen hat Schwester Edith in der päda- gogischen Arbeit mit Kindern ausgebildet und begleitet. „Mit großem Spaß daran“, versichert sie. Weltfremd mutet in Hegne allenfalls die Verehrung man- cher Pilger an, die zur Krypta der heiliggesprochenen Schwester Ulrika kommen. Sie wirkte und starb hier im Koster. Kirchenmänner und Gelehrte, kunstsinnige Mönche sowie Meister der Malerei und der Schmiedekunst haben die von der Unesco als Weltkulturerbe geadelte Bodensee-Insel Reiche- nau weltweit bekannt gemacht. Sie ist von Hegne aus zu sehen und gerade mal einen Kilometer Luftlinie entfernt. Die Reichenau blickt auf eine über 1.300-jährige Siedlungsgeschichte zurück. Auf Kunst im Kloster setzt auch Heg- ne. Im Haus Elisabeth finden re- gelmäßig Ausstellungen zeitge- nössischer Kunst statt. Abstrakte Gemälde verschönern auch die Zimmer. Das Kloster Hegne – ein mittelständisches, modernes Unternehmen mit spiritueller Corporate Identity. Das bietet zumindest etwas Schutz vor der durchökonomisierten Welt. Die Sehnsucht danach ist groß. Eine Nonne des Kloster Hegne am klostereigenen Strand des Bodensees FOTO: KLOSTER HEGNE Nonnen beim gemeinsamen Gebet in dem von der Äbtissin Hildegard von Bingen gegrün- deten Benediktinerkloster Eibin- gen bei Rüdesheim. Mit ihren Schriften zu den Elementen, Temperamenten, der Säftelehre und zum Ursprung sowie der Entstehung von Krankheiten wurde Hildegard von Bingen bereits im 12. Jahrhundert bekannt. Heute findet vor allem die ganz- heitlich orientierte Heilkunde der Mystikerin Anklang. Der seelische Gemütszustand der Patienten hatte für sie eine wichtige Bedeutung. www.abtei-st-hildegard.de Literatur zum Kloster: Beson- ders zu empfehlen sind zwei Ti- tel von Hanspeter Oschwald, die bei Herder Spektrum erschienen sind. „Kloster auf Zeit – Antwor- ten auf die 50 häufigsten Fra- gen“ (8,90 €). Dagegen ist „Der Klosterurlaubsführer“ (9,90 €) eine gelungene Mischung aus Hintergrundinformationen, Er- fahrungsberichten und einem ausführlichen, kommentierten Adressverzeichnis. „Such dir deinen Himmel“ von Johannes Pausch und Gert Böhm, erschienen im Kösel-Ver- lag (14,95 €), ist ein Buch zum Schmökern über die Realität des Klosterlebens und die zum Teil sehr persönlichen Erfahrungen von Besuchern. KLOSTER IM TREND 14 DIE TAGESZEITUNG  SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 reise FAX: 030 - 25 902 193 E-MAIL: REISE@TAZ.DE AKTIVREISEN Kamtschatka, Mongolei, Seidenstraße, Krim, Ar- menien, Georgien, Bulgarien, Albanien, Cuba, La- dakh, Baikalsee...Radtouren, Wandern, Reiten, El- tern--Kind-Reisen. Der Katalog 2008 ist da! + Ski- langlauf in Karelien u. Tschechien. www.biss-rei- sen.de , ¤ 030/69568767 ALLGÄU Weihnachten in Bergbauernhof, FeWo bis 4 Pers. 60 € /T. ¤ 06131 226364 o. 0170 5175636 ALPEN Kleinwalsertal, gemütliches altes Holzhaus auf 1200 m in traumhaftem Skigebiet. Ferien-WG: ge- meinsam kochen und essen www.gaestehaus- luetke.de ASIEN LAOS, Hongsa, Stadt der Elefanten, am Ufer des Mekong in wunderschöner Landschaft: Monica's Jumbo Guesthouse u. 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Dass Sinnsu- che heute im Trend liegt und Klöster und deren meditative Angebote für Kurzeitinteressier- te immer mehr nachgefragt werden, hat Veronika Peters ei- nen Überraschungserfolg auf dem Buchmarkt beschert. Wer das klösterliche Leben wirklich leben will, muss sich auf einiges gefasst machen: strenge Regeln und Gebote, Unterordnung und Gehorsam, der Verzicht auf alles Persönliche, sogar auf eine eige- ne Topfpflanze. Das alles fällt Veronika Peters schwer. Aber al- les gilt als Vorbedingung für die innere Ruhe, die Veronika Peters sucht. Sie findet Frieden wäh- rend der Gesänge oder im Studi- um, und sie findet Vorbilder und Freundschaften trotz des Gebots emotionaler Distanz. Das Kruzi- fix mit dem Gekreuzigten in ih- rer Klause lässt es verschwin- den. Bei aller Sinnsuche und al- len Zweifeln sind ihre Schilde- rungen frei von spirituellen Höhenflügen oder Pathos. Die geheimen Sensationen einer Braut Christi? Rückfall ins Mit- telalter? Das alles fällt aus. Ob Seelenleben oder Alltag: Das Kloster ist eine Lebens- und Pro- duktionsgemeinschaft, es geht alltäglich zu. Die Konflikte, die zum Austritt führen, sind es letztlich auch. Ihr Auftrag, den betulichen Klosterladen neu aufzuziehen und zu managen, verlangt der Nonne Veronika grundlegend weltliche und öko- nomische Verhaltensweisen ab und erschwert ihr den Rückzug in die geschützten Gefilde. Ihr endgültiger Schritt hinaus in eine Liebesbeziehung ist nur eine Frage der Zeit. Die persön- liche Geschichte der Veronika Peters wirft so ein Licht auf die Situation der Klöster. Der spiri- tuelle Lebensstil will finanziert sein, die Klöster wirtschaften in einem ökonomischen Umfeld. Und das macht an den Kloster- mauern nicht Halt. CHRISTEL BURGHOFF Veronika Peters: „Was in zwei Koffer passt. Klosterjahre“. Goldmann Verlag, München 2007, 18 € BUCHTIPP VON ANNETTE JENSEN Als der Bus über eine Hügel- kuppe fährt und ich zum ersten Mal auf das Kloster Ottobeuren blicke, erschrecke ich fast: Die Basilika ist gigantisch, der dahin- ter liegende Gebäudeblock wirkt wie eine Festung. Der Mönch an der Pforte reicht mir ein Schlüs- selbund; ich kann zu jeder Tages- und Nachtzeit kommen und ge- hen. Als Hausgast wohne ich in dem Klosterteil, der im 18. Jahr- hundert für die Habsburgerkai- ser errichtet wurde – im fast bau- gleichen Trakt nebenan befindet sich die Klausur der Mönche. Mein Zimmer heißt „St. Gertrud“. Jenseits des schlichten Holzbetts an der Wand ein gemarterter Je- sus von beachtlichem Ausmaß, daneben drei Landschaftsbilder in Öl. Ich habe ein eigenes Bade- zimmer, zwei Stühle und einen Tisch. Durch das Fenster sieht man zwei Brunnen in einem rie- sigen Innenhof. Vor dem Abendessen höre ich mir das Stundengebet der Mön- che in der Basilika an. Dort stre- cken mir hunderte von Putten ihre niedlichen Popos entgegen, in einem Glassarg sitzt ein opu- lent bekleidetes Skelett. Ein Glöckchen verkündet die An- kunft der Mönche. Zu zweit tre- ten sie ein, knicksen vor dem Altar und sammeln sich in den linken Bänken des Altarraums. Gut zwanzig Minuten dauert ihr monotoner Singsang – dann ver- schwinden sie wieder. Eine Woche lang zu schweigen habe ich mir nicht zugetraut und deshalb ein Seminar belegt: „Sin- gen mit Beppo“. Beim Abendes- sen treffe ich meine Kursgenos- sen zum ersten Mal. Fünfzehn Frauen und zwei Männer – alle zwischen 40 und 60 Jahre alt. Ich fühle mich unsicher. Ob das alles tiefkatholische Menschen sind, die gleich ein Tischgebet spre- chen und dann voll Ehrfurcht die Gaben Gottes zu sich nehmen werden? „Wir duzen uns hier“, sagt eine Frau in den Fünfzigern, die schon zum zweiten Mal dabei ist. Nach und nach schwindet die Befangenheit. Tiefe Stille in der Nacht: Die Ohren können sich weit öffnen und lauschend genießen. Auf meinem Nachttisch liegt eine Bi- bel in katholisch-evangelischer Einheitsübersetzung. Ich lasse meine Lektüre im Koffer und be- ginne auf der ersten Seite. Gott hat Sonne, Mond und Sterne an den Himmel geheftet und die Menschen auf zwei unterschied- liche Weisen erschaffen, später zeugen sie dann 130-jährige Kin- der und werden über 700 Jahre alt. Interessant, was die Men- schen damals so geschrieben ha- ben. Bei Noah mache ich erst ein- mal das Licht aus. Unsere erste Gesangssession findet am nächsten Morgen im Innenhof statt: Wir rekeln und strecken uns und schicken laute Töne in den Himmel. Der weiß- gelockte Beppo wirkt alterslos. Der Seminarleiter gibt öfter Ge- sangskurse im Kloster. Kindlich begeisterte Augen blicken aus seinem zerfurchten und den- noch jungen Gesicht. Sein um- werfend tiefer Bass ermuntert und ermutigt uns – warm, hu- morvoll und voll Gelassenheit. Mal hopst er ausgelassen herum, mal singt er voll Inbrunst. Nichts an ihm wirkt gekünstelt. Die weiten, leeren Räume ge- ben unseren Stimmen ein er- staunliches Volumen. Wir lernen afrikanische Gospels, die Beppo und seine Frau Gisela im Kongo, in Südafrika, Ghana, Liberia und noch einigen anderen Ländern gesammelt haben. Rhythmische Fußbewegungen helfen uns, den Takt zu halten. Schon nach zwei- einhalb Stunden beherrschen wir eine Reihe mehrstimmiger Lieder. Begleitet von Beppos Gi- tarre, ziehen wir „imela-imela – imela – ogaga“ -singend durch die langen Gänge zum Mittag- essen, wo aus geheimnisvoller Tiefe per Aufzug unser viergän- giges Menü eintrifft. Jeden Nachmittag haben wir vier Stunden Pause. Ich stakse wie ein Storch durch das nahe Kneipptretbad, wandere durch den Wald und beobachte Schne- cken, die auf einem Grashaufen hinter der Klostermauer unter- wegs sind. Ich habe Zeit. An einem Tag macht Frater Franziskus eine Klosterführung mit uns. Wir erfahren, dass Benediktiner fast so stationär leben wie Bäume und dass die 21 Brüder das Kloster so selten wie möglich verlassen; dass die steigenden Energiepreise auch den Mönchen zu schaffen ma- chen und er sein Habit ablegt, wenn er die Obstbäume be- schneidet. Während er erzählt, sitzt Frater Franziskus auf einem Tisch, schlenkert mit den Fü- ßen, die in modernen Outdoor- sandalen stecken, lacht immer wieder und schaut uns unver- klemmt an. Wenn er wollte, könnte er so manches Frauen- herz erobern. Zur Gesangssession im KlosterEine Woche in dem bayerischen Kloster Ottobeuren. „Eine Woche zu schweigen habe ich mir nicht zugetraut und deshalb das Seminar ‚Singen mit Beppo‘ gebucht. Plötzlich habe ich das Gefühl, Zeit zu haben“ Aber er hat sich anders ent- schieden. Seine Liebe zu Gott müsse täglich intensiv gepflegt werden – so wie eine menschli- che Liebesbeziehung auch –, er- klärt der bärtige Mann mit der schwarzen Kutte. Er beschreibt seinen Alltag, den langen Weg ei- nes Mönchs bis zum endgültigen Gelübde und den Andrang von Hartz-IV-Empfängern, die glau- ben, im Kloster eine Bleibe fürs Alter finden zu können. Und als wir schließlich im Vorraum der Basilika stehen, da gesteht Frater Franziskus, dass ihm romani- sche und gotische Kirchen viel besser gefallen als diese opulen- te Basilika hier in Ottobeuren. „Dass der liebe Gott so was für mich vorgesehen hat, das hätte ich früher auch nie gedacht“, kichert er. Während der Stundengebete dürfen wir den Mönchen gegen- über im Chorgestühl Platz neh- men. „Seid nüchtern und wach- sam. Euer Widersacher, der Teu- fel, geht wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen er ver- schlingen kann“, sagt einer der Pater – so wie jede Woche diens- tags um diese Uhrzeit. Ein sakra- les Gefühl mag sich bei mir nicht einstellen, eher ein intellektuel- ler Widerstand. So schaue ich mir die Decke an, wo über mir fünf muskulöse Männerkörper mit gehörnten Köpfen aus den Wol- ken fallen. Dagegen kann ich bei den Gos- pels selbst manche deutsche Übersetzung ohne Abgrenzungs- bedürfnisse mit- schmettern. Wir singen von Gott- vater und Mutter Erde – Jubel-, Dankes-, Trauer- und Trostlieder. Die Melodien sind mitreißend und harmonisch, sinnlich und oft ergreifend. Wir wiegen uns gemeinsam im Takt, wir tanzen fast und erzeugen zusammen ei- nen Klangkörper. Immer wieder stehen wir auch in der Basilika unter der Kuppel im Kreis, pen- deln hin und her. Am Anfang hatte uns der riesige Raum den Mut genommen. Aber Beppo vertreibt die Ehrfurcht; kein Zweifel, er ist ein tiefgläubiger Mensch, aber nichts an ihm ist moralisch-missionierend. Jeden Tag gehe ich zu dem Grashaufen und beobachte die Schnecken. In den Klostergängen nehme ich das Licht wahr, das durch die Fensterbögen fällt und je nach Tageszeit steilere oder flachere Parallelogramme auf den hellen Marmorboden zeich- net. Die Architektur beeinflusst meine Bewegung: Fast unmög- lich, hier zu schlendern oder zu schlurfen. Ich gehe aufrecht und voll innerer Ruhe, höre das gleichmäßige Geräusch meiner Schuhsohlen – oder ich singe. Um fünf Uhr nachmittags treffen wir uns wieder – Gospels bis zum Abendessen. Während der Mahlzeiten reden wir über Gott und die Welt und kaum über unseren Alltag. Jutta* erinnert sich an ihre Klosterschule und muss in den ersten Tagen erst mal herausfinden, ob das alles hier sie trotz der Weite der Räu- me nicht beklemmt. Gabriele* hat den Urlaub von der Familie zum Geburtstag geschenkt be- kommen und genießt die stille Zeit ohne Kindergeplärre. Frie- derike* hat einfach Lust, mal wie- der eine Woche lang in schöner Umgebung zu singen. Manche von uns sind tiefgläubig, andere aus der Kirche ausgetreten oder zweifelnd. Wir kommen aus der ganzen Republik, sind schick ge- kleidet oder Birkenstockträger, solo, liiert, verheiratet oder ge- schieden. Es ist ein angenehmes Miteinander ohne Ansprüche und Gruppendynamik – jeder ist willkommen und kann für sich sein, wenn er es braucht. Abends treffen wir uns in ei- ner kleinen Kapelle oder lassen uns für eine Weile in der Basilika einschließen. Einmal haben wir sogar einen Auftritt – eine Cari- tasstation wird eingeweiht. Nicht lange, und Beppo hat es geschafft: Der ganze Saal singt mit. Oft set- ze ich mich in meinem Zimmer ans Fenster. Mal ist das gegenüber liegende Dach nass, und die Ziegel glänzen, mal ist der Himmel blau, und Schat- ten zeichnen sich auf der Fassade ab. Gelegentlich plätschern die beiden Brunnen, der Regen rauscht. Ich fühle mich ganz in der Gegenwart, wach. Was sonst wichtig für mich ist, ist jetzt un- endlich weit weg. Nach einer Woche breche ich wieder auf. Mein Gepäck ist schwer. Nicht nur mehrere Glä- ser Honig schleppe ich fort, son- dern auch ein Buch aus dem Klosterladen, in dem Naturwis- senschaftler und Theologen über den Urknall streiten. Noch Tage singe ich „imela-imela“ oder „ayé – ullulami i lé“, wenn ich unter der Dusche stehe oder draußen unterwegs bin. Das Benediktinerkloster in Ottobeuren FOTO: HUBER/SCHAPOWALOW REISEMARKT Die 21 Benediktiner- brüder verlassen das Kloster so selten wie möglich Preiswerte Übernachtung in Berlin Schwedter Straße 7 10119 Berlin Telefon 030.936 222 40 www.eastseven.de FAX:030 - 25 902 193 E-MAIL: REISE@TAZ.DE reise SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007  DIE TAGESZEITUNG 15 Anwendung oder lesen ein Buch. Da ist zum Beispiel eine 38-jähri- ge Brüsseler Beamtin, die nach zwei juristischen Staatsexamen und intensiver beruflicher Belas- tung gesundheitlich zusammen- klappte, mit Medikamenten ge- peppelt wurde, bis sie diese nicht mehr vertrug. Eine Woche gönnt sie sich im Kloster, zweifelnd, ob es reichen wird. Den Tipp, den habe sie von anderen Brüsseler Beamten bekommen, erzählt sie. Und da ist eine Antwort, die man sehr oft hört: „Ich suche Erho- lung für Leib und Seele.“ Das be- kennt etwa jene 64-Jährige, die aus dem Bistum Münster hier- hergekommen ist. „Es ist ein Ort der Stille“, sagt sie. Für die Katho- likin ist der Bezug zu Gott, die Möglichkeit zum seelsorgeri- schen Gespräch und zum Besuch der Messe sehr wichtig. Die Pfle- ge ihrer 90-jährigen Mutter ist etwas, worüber sie reden will. Und sie sucht nach geistigen An- stößen für den Alltag. Zu finden sind solche Anstöße beispielsweise im Schwestern- chor des Mutterhauses. Fehlt dem nüchternen Zweckbau des Gästehauses der Charme eines alten Klosters, fühlt man sich beim Stundenge- bet – der Mittagshore – in eine andere, vielleicht besse- re Welt versetzt. Die förmliche Strenge des Rituals und das inni- ge Gebet der Schwestern – die 65 Nonnen des Klosters sind im Durchschnitt 75 Jahre alt – ver- mitteln einen Eindruck von dem, was es bedeutet, den Glauben zum Fundament des Lebens zu machen. Seelsorge und Glauben sind im Kloster Arenberg gegen- wärtig, werden aber unaufdring- lich behandelt. Zwar hängen in den Zimmern Kreuze über dem Bett und natürlich liegt auch die Mallorca, Kanaren und kinderfreundliche Aben- teuerreisen, abseits Tourismus, auch ohne Kind ¤ 040 645 14 45, www.reisemitkind.de STÄDTEREISEN w w w . k a s s e l e r l e b e n . d e TAGUNGSHÄUSER Seminare/ Ferien/ Urlaub u.ä. auf dem Erlenhof im Landkreis Cuxhaven. Wunderschöner alter strohgedeckter Bauernhof mit Kamin- und Grup- penräumen, Sauna etc. Idyllische, ruhige Alleinlage in schönster Natur in Nordseenähe/ Wattenmeer und mehreren Seen in der Umgebung. Baden, Sur- fen, Kanufahren, Kutschfahrten und diversen Reit- möglichkeiten. 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Leider sind 35 Minuten schnell rum. „Sie soll- ten etwas gegen ihren Rundrü- cken tun“, sagt ein paar Minuten später ganz nüchtern die Frau, die zehn Jahre lang leitende Phy- siotherapeutin einer Düsseldor- fer Unfallklinik war. Für Schwes- ter Andrea, die seit 20 Jahren dem Orden der Arenberger Do- minikanerinnen angehört, ist es kein Widerspruch, einen Beruf auszuüben, der mit dem Körper des Menschen zu tun hat. „Im Sinne der Ganzheitlichkeit gehö- ren Körper, Seele und Geist für mich zusammen“, sagt die 48- Jährige. Darauf basiert das Konzept des 1868 gegründeten Domini- kanerinnen-Klosters, das nahe der Festung Ehrenbreitstein am Rande von Koblenz im hoch gele- genen Stadtteil Arenberg zu fin- den ist. Das Gästehaus hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich, als karitative Einrichtung, Reservelazarett und Kneipp-Sa- natorium. Für die Betreuung der Gäste gilt hier das Leitbild „erho- len, begegnen, heilen“. Während frühmorgendliches „Tautreten“ eher zu den ausgefallenen Ange- boten gehört, ähneln Massagen, Brandungsbäder, Sauna, Schwimmen im eigenen Pool und diverse Kneipp-Anwendun- gen schon eher der Angebotspa- lette in Wellness-Tempeln. Aber eine Schönheitsfarm ist das hier nicht. Das war auch nicht beabsich- tigt, als die Schwestern 1999 nach gut 45 Jahren das Ruder herum- rissen. Die Gäste wurden älter, kamen seltener, nicht zuletzt deshalb, weil die Kassen die Kneipp-Kuren nicht mehr be- zahlten. Auch sonst fehlte eine strategische Ausrichtung. Bewe- gung, Ernährung, Wasseranwen- dungen, Heilpflanzen und Ord- nungstherapie, das sind die fünf Säulen der Kneipp’schen Lehre. Aber „Kneipp war irgendwann nur noch kaltes Wasser“, formu- liert es Geschäftsführer Bern- hard Grunau überspitzt. Der ehe- malige Bundeswehroffizier ist eine der wenigen nichtgeistli- chen Führungskräfte des an- sonsten überwiegend von den Schwestern selbst geleiteten Hauses, das rund 95 „zivile“ Mit- arbeiter und 10 Ordensschwes- tern beschäftigt. Doch nicht nur das Konzept stimmte nicht mehr. Der Komfort, damals ohne Duschen auf den Zimmern, ent- sprach nicht mehr dem Stan- dard. So entschieden sich die weltweit rund 200 Nonnen des Ordens bei einem Generalkapitel für einen kompletten Neuan- fang. Mit Ersparnissen und dem Verkauf von klostereigenen Im- mobilien finanzierten sie dann den 15 Millionen Euro teu- ren und besonders umwelt- freundlichen Um- und par- tiellen Neubau des Gäs- tehauses. Das Gebäude mit seinen 79 Zimmern und 99 Betten, schließt sich direkt an das Mut- terhaus des Ordens an. Ganz ren- tabel läuft das Haus seit der Wie- dereröffnung im Juli 2003 zwar noch nicht, aber eine Auslastung von 79 Prozent lässt hoffen. „Die Sprache der Zeit sprechen“, ohne „peppig“ zu sein“, beschreibt Grunau die Neuausrichtung, die sich nicht nur an die 50-plus-Ge- neration wendet, sondern Men- schen ab 25 Jahren ansprechen will. Einige Gäste sitzen in der großen Halle, warten auf eine Kloster statt Wellness-Tempel Die Arenberger Dominikanerinnen bieten Balsam für Leib und Seele. Ihr Motto: „Die Sprache der Zeit sprechen, ohne peppig zu sein“ Bibel zur Lektüre bereit, aber nie- mand nötigt dem Gast ein Ge- spräch auf, mahnt zum Besuch der Kapelle oder zum Rosen- kranz-Gebet. Wer aber Beistand braucht, be- kommt ihn. Probleme im Ge- päck, ja, das habe wohl jeder, meint ein 60-jähriger Jurist, ei- ner der noch unterrepräsentier- ten männlichen Gäste. Er sei noch nicht so weit, sich einen Ge- sprächspartner zu suchen, sagt er. Ihm reichen schon die soge- nannten Impulse, christliche Denkanstöße, die um 8.15 Uhr früh und 21.15 Uhr am Abend in der betongrauen, kargen Kapelle im Obergeschoss des Erweite- rungsbaus gegeben werden. An diesem Abend geht es um das Loslassen. „Den Tag gut sein las- sen und ihn Gott zurückgeben“, so etwa drückt es Schwester Scholastika aus, bevor sie anhebt zum gemeinsamen Gebet des Va- terunser. Mit ihren 42 Jahren ist die gebürtige Schweizerin die zweitjüngste Schwester, ihr Fach- gebiet ist die Seelsorge. In der fünften Säule der Kneipp’schen Lehre, der Lebensordnung, sieht sie „unsere spirituelle Aufgabe“. Mit den morgendlichen Impul- sen will sie in dieser Woche auf das Wesentliche des Lebens hin- weisen, dazu ermuntern, die Su- che nach dem Reichtum des Le- bens nicht im Außergewöhnli- chen, sondern im Normalen zu beginnen. Und die Gespräche mit den Gästen? „Bei vielen bricht etwas auf durch die Stille“, sagt sie. Den Menschen akzeptieren und an- nehmen, mit all seinen Schwä- chen, darum geht es der Nonne. Älter werden, sich ausgebrannt fühlen, der Verlust geliebter Menschen, das sind die Themen, mit denen sich die Gäste an sie wenden. Mittlerweile sind vier Seelsorger für die Gesprächs- wünsche der Gäste da. Doch im Kloster geht es alles andere als schwermütig zu. Weil sie „nur mal wieder ihr Lachen“ hören wollte, rief zum Beispiel eine Leipzigerin einmal Schwester Jo- sefa an. Die 49-Jährige ist die Herrin über den Klosterpark, wo die Gäste im Kräutergarten zwi- schen Frauenmantel, Schafgar- be, Malven, Ringelblumen und Salbei nicht nur Wissenswertes über Kräuter lernen, sondern sich auch bei der Ernte nützlich machen können. Und oft, ganz nebenbei, kommen sie mit Schwester Josefa über Gott und die Welt ins Gespräch. Aus dem Grünzeug, das im Klostergarten wächst, lässt sich, nebenbei bemerkt, ein ganz vor- züglicher Tee bereiten. Auch der Apfelsaft, der aus dem Obst der Streuobstwiese gewonnen wird, schmeckt köstlich. Ganz- heitlichkeit heißt eben auch, im Einklang mit der Natur zu leben. Seelsorge und Glauben sind im Kloster Arenberg gegenwärtig, werden aber unaufdringlich behandelt Tipps und Infos Vorreiter für Urlaub im Kloster sind die Benediktiner in Nieder- altaich. Dort nehmen mehrmals im Jahr jeweils ein gutes Dut- zend Männer zwei Wochen lang am Klosterleben teil. Neben den Stundengebeten und Mahlzei- ten mit den Mönchen stehen auch Lektionen und Meditatio- nen mit dem Abt auf dem Pro- gramm. Die Kosten für zwei Wochen betragen 720 bis 865 Euro – bei Bedarf gibt es aber auch Ermäßigung. www.abtei-niederaltaich.de Kloster Hegne hat vier Zimmer- kategorien. In der höchsten Ka- tegorie kostet eine Übernach- tung mit Frühstück im Doppel- zimmer pro Person von Oktober bis April 49 Euro, in der güns- tigsten Kategorie mit Etagen- dusche 25 Euro pro Person. Haus St. Elisabeth, Konradistr. 1, 78476 Allensbach-Hegne, Telefon (07533) 8070 www.st-elisabeth-hegne.de info@st-elisabeth-hegne.de Kloster Arenberg: Die Domini- kanerinnen bieten Balsam für Leib und Seele. Darauf basiert das Konzept des 1868 gegrün- deten Klosters am Rande von Koblenz. Massagen, Brandungs- bäder, Sauna, Schwimmen im eigenen Pool erinnern an die Angebotspalette in Wellness- Tempeln. Einzelzimmer mit Vollpension kosten 82 bis 99 Euro, Doppel- zimmer ab 86 Euro (pro Person). Kloster Arenberg, Cherubine- Willimann-Weg 1, 56077 Koblenz Telefon: (0261) 64010 www.kloster-arenberg.de Anselm Grün ist Bestsellerautor christlicher Lebenshilfe. Er ver- anstaltet regelmäßig Kurse in der Abtei Münsterschwarzach. Dort wird „Kloster auf Zeit“ an- geboten. Die Themen des Bene- diktinermönchs gehen von christlicher Lebensführung bis hin zu Managementkursen mit Titeln wie „Führen mit Werten“. www.abtei-muensterschwarz- ach.de Kloster auf Zeit: Als Kloster auf Zeit wird die Möglichkeit bezeichnet, in einem Kloster einige Tage bis einige Wochen mit der Ordensgemeinschaft zu leben. Unter www.orden-online.de, www.orden.de und www.kom- munitaeten.de/urlaub/ finden sich Adresslisten von „Kloster auf Zeit“ sowie eine Klosterland- karte Deutschlands. Veranstalter: Klosterurlaub in In- und Ausland bietet Studien- Kontakt-Reisen: www.skr.de. Kurse wie Musikmeditation, Gospelsingen, Fasten oder Bogenschießen in besonders schönen Klöstern gibt es ab 595 Euro. KLOSTERURLAUB reisen Von der taz empfohlene www.taz.de/reisen Kleinanzeigen online aufgeben? www.taz.de tazzwei FON: 030 - 25 902 294 FAX: 030 - 25 1 60 08 E-MAIL: TAZZWEI@TAZ.DE NEUE ENZYKLIKA Das Wort Nach der „Liebe“ widmet sich Papst Benedikt in seinem neuen Rundschreiben dem spannenden Thema der „Hoffnung“ – aus streng theologischer Sicht SEITE 14 ENDE DES „SPREEBOGENS“ Das Auge Geschafft! Woche für Woche be- suchte der sensible Autor für ein Stündchen das Regierungsviertel, ohne je auch nur einen einzigen Menschen anzusprechen SEITE 20 FOTO:AP 17 SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 Das Moskauer Forschungsinstitut So- wa, das sich mit Fremdenfeindlichkeit befasst, zählte im letzten Jahr 541 ras- sistische Überfälle, bei denen 55 Men- schen getötet wurden. Dieses Jahr gab es mehr als 40 rassistisch motivierte Morde. Diese Zahlen spiegeln ein lan- desweites Problem wieder und gehö- ren zu den Geschichten, die in die Öf- fentlichkeit dringen. Denn nicht alle Übergriffe finden Beachtung, und nicht alle Betroffenen wenden sich an die Polizei. Insgesamt nimmt die Abnei- gung gegen Migranten, insbesondere gegen Kaukasier, stetig zu. Umfragen des Instituts für sozialpolitische For- schungen der Russländischen Akade- mie der Wissenschaften haben heraus- gefunden, dass bei 57 Prozent der Be- fragten die Kaukasier allgemein „ne- gative Reaktionen“ hervorrufen. CAK RASSISMUS IN ZAHLEN AUS TOMSK CIGDEM AKYOL Mitten in Westsibirien – Achmed Ibrahimas sitzt in Tomsk auf einer Bank vor dem Haus der Völker- freundschaft, einem Kulturtreffpunkt, und raucht billige Zigaretten. Der Tadschike aus der Nähe von Duschanbe will eigentlich fort. Weg aus dem Land, in dem er sich so willkommen fühlt wie eine Bus- ladung Leprakranker. „Rassisten sind sie fast alle“, schimpft er. Aber nie fällt ein Name. Wer „alle“ sind, lässt sich nur erahnen. Er ist misstrauisch, denn in Russland hat die In- toleranz gegenüber Fremden ein ungekanntes Ausmaß erreicht. Menschen mit dunkler Haut, dunklen Haaren und dunklen Augen werden in Russland sowieso nicht gerne gesehen. Neben der alltäglichen Fremdenfeindlichkeit macht aber auch die Politik den Migranten das Le- ben schwer. Denn seit dem 1. April ist in Russland Ausländern der Markthandel gesetzlich verboten. Seitdem hat Achmed sehr viel Zeit, denn auch er darf nicht mehr auf dem Zentralmarkt verkaufen, auf dem er sieben Jahre arbeitete. Er ist einer von etwa zwölf Millionen Migranten, die in Russland le- ben und arbeiten, etwa eine Million tadschikische Männer sind darunter – vor allem als Hilfsarbeiter. Das bedeutet, jeder dritte Tadschike im erwerbsfä- higen Alter verdient sein Geld in Russland. Auch Achmed gehört zu den billigen Arbeitskräften aus dem Ausland, die Hochhäuser bauen, Straßen re- parieren und bis vor kurzem auf den Märkten schufteten. Mit dem Verbot, auf den Märkten zu handeln, sollen mehr Arbeitsplätze für Russen geschaffen werden. Gleichzeitig wird aber die Angst vor einer vermeintlichen Überfremdung geschürt. „Rassis- ten sind sie fast alle“, wiederholt Achmed und zieht an seiner Zigarette. Der 40-Jährige ist groß und hat breite Schultern, seine schwieligen Hände zeugen von einem an- strengenden Leben, und mit seinen braunen Au- gen schaut er müde. Seit 15 Jahren lebt er in Tomsk. Die ersten acht Jahre arbeitete er auf Baustellen, danach verkaufte er auf dem Zentralmarkt am Le- nin-Prospekt. Es war ein schlechter Job, über deut- sche Selbstverständlichkeiten wie eine Kranken- versicherung oder einen Pensionsanspruch kann er nur lachen. Jeden Tag stand er auf, fuhr mit der Elektritschka zu dem Markt und verkaufte Obst und Gemüse. Schweigsam und ernst stand er ne- ben dem kleinen Holztisch, auf dem die Waren la- gen. Es gab bei ihm, wie an jedem Obst- und Gemü- sestand, von Gurken bis zu Melonen alles. Er be- herrschte die Kunst des ausgewogenen Sortiments auf einem Stück Holz. Nur Freitagmittag nahm und nimmt er sich auch heute noch eine kurze Auszeit und besucht das Gebet in der roten Mo- schee im tatarischen Viertel. Sein Leben rund um den Markt bezeichnet er als trostlos. Aber er hatte einen geregelten Alltag, der ihn zeitweise die Sehnsucht zu seiner Familie lindern half. Seine Familie, das sind seine Frau und sein 16-jähriger Sohn. Sein Wunsch ist, dass es sein Sohn besser haben soll. Ohne diesen Antrieb kein Aufstehen am Morgen, kein Durchhalten auf dem Markt, kein Glaube an die Rückkehr. Bis das Gesetz kam, welches Achmed seine Arbeit nahm: „Ich sit- ze hier in Tomsk und hoffe, dass ich endlich wieder arbeiten kann.“ Denn seit er nicht mehr auf dem Markt verkaufen darf, kann er kein Geld mehr an seine Familie schicken. Er schlägt sich durch, kann für sich selber sorgen, aber auch in Tomsk werden Fremde nicht gerne eingestellt. Wer hierhin will, fährt von Moskau aus entwe- der 52 Stunden und 3.500 Kilometer mit der Trans- sibirischen Eisenbahn oder wagt einen Flug mit ei- ner klapprigen Maschine, um in der endlosen Wei- te auszusteigen. Die Landschaft ist atemberau- bend, 60 Prozent des Gebietsterritoriums sind be- waldet, der größte Sumpf der Welt befindet sich in Westsibirien. Nur eine Millionen Menschen leben in der Region, jeder dritte Einwohner auf dem Lan- de. Was Fremde von der Stadt sehen, ist die Lenin- Straße mit ihren schicken Geschäften, die überteu- erte Kleidung im Angebot haben. Auf den Straßen ruckeln die Autos über die Schlaglöcher. Die sonst so verbreiteten Bilder des Präsidenten Wladimir Putin sucht man vergebens in Tomsk. Dagegen hängt im polytechnischen Institut ein Ge- mälde von Michail Chodorkowski, dem Oligar- chen, der wegen angeblicher Steuerhinterziehung im Gefängnis sitzt. Chodorkowski hatte die Univer- sität finanziell unterstützt, deswegen will man sich auch weiterhin an ihn erinnern. Tomsk wird auch das „sibirische Oxford“ genannt, denn hier steht die älteste Universität der Region, und die Anwe- senheit zahlreicher Studenten lässt in der Stadt das Leben pulsieren. Wenn in Tomsk geheiratet wird, besuchen die Hochzeitsgesellschaften das gigantische Denkmal zur Erinnerung an den Sieg über Hitlers Armeen. Wer die lachenden Paare vor den Tafeln mit den Namen der Kriegsgefallenen sieht, bekommt plötzlich eine Ahnung davon, wie paradox die Stimmung ist: Gerade das Land, welches einst ge- gen Hitlerdeutschland kämpfte, hat ein gewaltiges Nationalismusproblem. Denn nationalistisches Gedankengut ist in der russischen Bevölkerung weit verbreitet. Bei einer Umfrage des Meinungsforschungszentrum Lewa- da 2006 lehnten nur 28 Prozent die Aussage „Russ- land den Russen“ als faschistisch ab. Mehr als die Hälfte der Befragten sprach sich für die Umset- zung dieser fragwürdigen Losung aus. Ein Problem, mit dem Achmed jeden Tag kon- frontiert wird. „Immer wieder sehe ich verächtli- che Mienen“, sagt er, lässt grinsend vier Goldzähne aufblitzen und zündet sich eine weitere Zigarette an. Warum er lächelt? „Es hat doch keinen Sinn mehr, sich aufzuregen“, antwortet Achmed. Viel- leicht kann man nur mit einer gewissen Gleichgül- tigkeit überleben. Angegriffen wurde er noch nicht, aber dafür umso häufiger beschimpft. „Ver- schwinde“ oder „euch Ausländer muss man alle verjagen“ gehören da noch zu den harmloseren Sätzen. Durch Wladimir Putins fragwürdige Markt- wirtschaft fühlen sich die Fremdenfeinde dann auch noch staatlich bestärkt. Auch auf dem Tomsker Zentralmarkt arbeiten keine Migranten mehr. Lediglich vor dem Haupt- eingang tummeln sich Kaukasier, die erst auf Nachfrage Handys zücken – um sie zu verkaufen. Rassismus mit Rückenwind In Russland häufen sich rassistische Übergriffe auf Ausländer. Daran wird auch die Wahl am Sonntag nichtsändern– im Gegenteil. Ein Besuch in Tomsk Sie werden nur geduldet, solange sie ihre „Geschäf- te“ heimlich machen. Spricht man die Gruppe an, reagiert sie zunächst misstrauisch. Die Migranten wissen, dass sie nicht gewollt sind. Es vergeht kaum ein Tag, ohne dass neue rassistische Überfäl- le gemeldet werden. Im Mai wurde in Moskau ein Rechtsextremer gefasst, der 37 Morde an Kaukasi- ern gestand. Der 18-Jährige begründete die Morde damit, dass er „die Stadt säubern“ wollte. Achmed kann sich nicht erklären, woher diese Wut kommt. „Wir arbeiten doch hier und verhalten uns mög- lichst unauffällig“, sagt er. Er fühlt sich gedemütigt. Gedemütigt durch die Russen, die ihn nicht arbei- ten lassen. Gedemütigt durch die Menschen, die ihn ignorieren, weil er ein Fremder ist. Menschen, die durch ihre Hautfarbe als Nichtrussen erkenn- bar sind, Linke oder Homosexuelle – Menschen, die „anders“ sind – werden erstochen, erschlagen, erschossen. Rassistische Überfälle nehmen in Russland seit Jahren zu (siehe Kasten). Wie ist so et- was möglich in einem Lande, das Millionen Opfer im Krieg gegen den Nationalsozialismus und aus der Zeit des Stalinismus zu beklagen hat? Eine mögliche Antwort darauf gibt Wassili Ha- newitsch. „Die Russen haben nichts aus ihrer Ge- schichte gelernt“, sagt Hanewitsch, der Mitglied bei der Menschenrechtsorganisation Memorial in Tomsk ist: „Außerdem braucht unsere Gesellschaft immer einen Sündenbock“, so Hanewitsch: „Das sind in der Regel immer die Ausländer.“ Was dies für die Migranten in Russland bedeutet, will er nicht näher erläutern. Nur das: „In unserer Regie- rung sitzen keine Demokraten. Diejenigen, die un- sere Politik beherrschen, geben dem rechtsextre- men Pöbel auf der Straße noch Rückenwind.“ Worte, die auch von Anna Politkowskaja hätten sein können. Die ermordete Journalistin schrieb in einem ihrer letzten Artikel: „Würde morgen in Russland eine Revolution ähnlich der in Kirgisien und der Ukraine losbrechen, geschähe dies mit Si- cherheit nicht in den Hauptstädten, sondern in der Provinz. An der Spitze der Opposition gegen das Putin-Regime stünden dann aber keine Demokra- ten, sondern ultrarechte russische Nationalisten.“ Auch Achmed fühlt sich als Sündenbock. Er hat Angst, dass der Hass größer wird. Weil er sich mit Gefühlen schwertut, erzählt er einen russischen Witz, der seine Befürchtungen widerspiegelt: „Um das Totenbett eines Tadschiken versammeln sich die Verwandten. Da flüstert ein Greis: ‚Schützt die Juden! Ich flehe euch an – schützt die Juden!‘ Als der Jüngste fragt: ‚Warum?‘, antwortet der Alte: ‚Wenn sie mit den Juden fertig sind, nehmen sie sich die Tadschiken vor‘.“ Wohin auch immer Russland unterwegs sein mag – zusteigen darf nicht jeder FOTO: THOMAS KOEHLER/ PHOTOTHEK Achmed Ibrahimas (2. v. l.) und andere Migranten in Tomsk FOTO: CIGDEM AKYOL 18 DIE TAGESZEITUNG  SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 taz zwei FAX: 030 - 25 160 08 E-MAIL: TAZZWEI@TAZ.DE Erdbeerpflücken war mal. Die Polen arbeiten in Deutschland jetzt auch als Lehrer – aber sind nur ein Ersatz Um den Matheunterricht an deutschen Schulen ist es misera- bel bestellt, in Physik und Che- mie ist es genauso zum Heulen – denn es fehlen Lehrer für die na- turwissenschaftlichen Fächer. Die Schulbehörde Bremerhaven hat sich deswegen Folgendes ein- fallen lassen, nachdem immer mehr Stunden ausfallen muss- ten: Sie schaltete Zeitungsanzei- gen in Polen, auf das sich willige polnische Lehrer finden mögen, umBremerhavenerKindernVek- torrechnung, Optik und das Bohr’sche Atommodell näherzu- bringen. Die potenziellen Kandidaten müssen ein Lehramtsstudium absolviert haben und solide Deutschkenntnisse nachweisen. Sie werden zwar voll bezahlt, al- lerdings noch als vorläufiger Er- satz für reguläre Kräfte gehan- delt. Trotzdem ist es wahrschein- lich, dass sich die polnischen Lehrer dauerhaft in Bremerha- ven etablieren. Auch die polni- schen Ärzte, die zunächst in ost- deutschen Krankenhäusern als Notnagel herhalten durften, ha- ben ihren miserablen Status längst hinter sich gelassen. Das hat nicht nur mit ihrer gu- ten naturwissenschaftlichen Ausbildung zu tun. Viel mehr bröseln die fiesen Stereotypen dahin: Die Polen, die auf auslän- dischem Boden Spargel stechen und Erdbeeren pflücken, werden in der öffentlichen Wahrneh- mung zunehmend ersetzt durch Landsleute, die in England als Ar- chitekten arbeiten, in Irland Fir- men gründen oder eben Ärzte in Deutschland sind. Überra- schung, die können ja was! Auch Vektorrechnung. JOANNA ITZEK Sharlely „Lilly“ Kerssenberg wurde nach zwei Jahren von Bo- ris „Bobbele“ Becker abserviert. „Die Art und Weise hat sehr weh- getan und war alles andere als cool“, sagte die 31-Jährige. Becker trennte sich von Lilly mit einer knappen SMS. Dazu Lilly: „ Ich kann ihn nicht hassen. Ich ver- ehre ihn.“ Diese Aussage macht sie zur tragischen, verlassenen Frau der Woche. Marijana Kostic wurde nach vier Jahren Ehe von Lothar „Loddar“ Matthäus abgeschossen. Einge- wechselt wurde für sie das 20- jährige Model Liliana. Er und Ma- rijana haben sich in Freund- schaft getrennt, kommentierte Matthäus das Ende seiner dritten Ehe. „Das ist seine Sicht der Din- ge, nicht meine“, sagte dagegen die Ex. Damit ist sie die stolze, verlassene Frau der Woche. Papst Benedikt XVI. hat seine zweite Enzyklika veröffentlicht. Nicht Fortschritt, Wissenschaft oder politische Revolutionen könnten die Menschheit retten, sondern nur die christliche Hoffnung VERLASSENE DER WOCHE VON PHILIPP GESSLER Aaah, ein echter Ratzinger! Klei- ne Textprobe: „Für die Väter und für die Theologen des Mittelal- ters war klar, dass das griechi- sche Wort hypostasis im Lateini- schen mit substantia zu überset- zen war. So lautet denn auch die in der alten Kirche entstandene lateinische Übertragung des Tex- tes: „Est autem fides sperenda- rum substantia rerum, argu- mentum non apparentium.“ Der deutsche Professor auf dem Stuhl Petri in Rom hat wie- der zugeschlagen – und die Fans von Papst Benedikt XVI. können sich nun wohlig suhlen in Alt- griechisch, Latein und den Schriften von irgendwelchen Theologen, von denen vielleicht Insider irgendwann einmal et- was gehört haben. Joseph Ratzin- ger hat seine zweite Enzyklika, sein zweites offizielles Lehr- schreiben, an die rund 1,1 Milliar- den Katholiken weltweit und überhaupt „alle Christgläubi- gen“ geschrieben, wie es in dem 61-seitigen Schreiben heißt. Vor ungefähr zwei Jahren hat- te er seine erste und bisher einzi- ge Enzyklika verfasst – und sie war, weil man bis dahin nicht wusste, wohin sein Pontifikat wohl schreiten wird, mit einiger Spannung erwartet worden. Es war eine recht anmutig, manch- mal fast poetisch geschriebene Eloge auf die Liebe aus philoso- phisch-theologischer Sicht. Ein harmloser, aber ganz schöner Text mit dem Titel „Deus Caritas Est“, der niemandem weh tat, aber auch wenige irgendwie in- spirierte, zu was auch immer. Nun also das zweite Lehr- schreiben zum Thema Hoffnung – und wer einmal bei einer Trau- ung in einer Kirche war, wird wissen, dass Paulus zufolge nach Liebe und Hoffnung nun eigent- lich nur noch der Glaube fehlt, „diese drei“, das Größte von ih- nen aber ist die Liebe, wie der Völkerapostel in einer der schönsten Stellen im Neuen Tes- tament schrieb. Aber ganz so poetisch gesinnt ist der bayerische Pontifex Maxi- mus dann nun auch nicht, denn die jetzt vorliegende Enzyklika – „Spe Salvi“, oder in deutscher Übertragung: „Über die christli- che Hoffnung“ – hat, typisch Rat- zinger, einige Giftspuren in sich, die sich wie schon häufiger bei diesem konservativen Denker mal wieder gegen die Moderne und den Fortschritt an sich, den Marxismus, den Materialismus und den Atheismus im Besonde- ren richten. Und erneut strömt durch den Text Ratzingers Grundthese: Vernunft und Glau- be ließen sich wunderbar verei- nen, ja richtig vernünftig könne nur sein, wer auch glaube. Diese Nachricht aber wird, auch das ist typisch Ratzinger, verpackt in einer manchmal ele- ganten, manchmal aber auch ein wenig süßlichen Sprache, ge- spickt zudem mit Bibelzitaten, die man bisher nicht als so zen- tral für den christlichen Glauben betrachtet hatte. Der Papst zitiert beispielweise aus dem Brief des gerade in Haft sitzenden Paulus an Philemon, den er bittet, sei- nen zu ihm, Paulus, entflohenen Sklaven Onesimus wieder aufzu- nehmen und freizulassen. Paulus schreibt: „Ich bitte dich sehr für mein Kind Onesimus, dem ich im Gefängnis zum Vater geworden bin.“ Und weiter: „Ich schicke ihn zu dir zurück, das be- deutet mein ganzes Herz.“ (Phlm 10–16) Tja, da geht einem das Herz auf: Drama, Vaterliebe, Sklaven- befreiung – was will man mehr? Dahinter gerät leicht aus der Sicht, dass Benedikt XVI. neben- bei auch mal kurz Francis Bacon, Friedrich Engels, Karl Marx, The- odor W. Adorno und Max Hork- heimer in den Senkel stellt. Der Marxismus sei eine Irrlehre, die Gott leugne, schreibt der Intel- lektuelle im Vatikan: „Es ist kein Zufall, dass dieses Konzept zur größten Grausamkeit und Verlet- zung der Gerechtigkeit geführt hat.“ Die Logik geht etwa so: Wo Marx und Unglaube herrschen, sind Stalin und Massenmord die zwingende Folge. Und weil er gerade dabei ist, kriegt auch der Fortschrittsglau- be, am Rande auch die Evoluti- onstheorie Charles Darwins, ihr Fett weg: „Nicht die Elemente des Kosmos, die Gesetze der Materie, herrschen letztlich über die Welt und über den Menschen, son- dern ein persönlicher Gott herrscht über die Sterne, das heißt über das All; nicht die Ge- setze der Materie und der Evolu- tion sind die letzte Instanz, son- dern Verstand, Wille, Liebe – eine Person.“ Von hier aus ist es dann nicht mehr weit zum Kinderglauben, der liebe Gott sei ein gutmütiger Opa mit weißem Bart auf seinem Wolkenkissen. Da nimmt es auch nicht mehr Wunder, dass Papst Benedikt XVI., wie das unter Zölibatären nicht ganz unüblich ist, am Ende seiner Enzyklika in Marienkitsch versinkt: „So bleibst du inmitten der Jünger als ihre Mutter, als Mutter der Hoffnung. Heilige Maria, Mutter Gottes, unsere Mutter, lehre uns mit dir glauben und hoffen und lieben. Zeige uns den Weg zu seinem Reich. Stern des Meeres, leuchte uns und füh- re uns auf unserem Weg!“ Nun könnte man das alles ab- tun und sagen, lass ihn halt re- den, den alten Mann in Rom, was muss uns das kümmern? Das Problem aber ist, dass Joseph Rat- zinger mittlerweile einer der führenden Ideen- und Stichwort- geber eines konservativen Zeit- geistes ist, der sich am krassesten in den wirren Ideen der Kreatio- nisten und etwas gepflegter in manchen Debattentexten des FAZ-Feuilletons austobt. Es gibt diese Sehnsucht nach der guten alten Welt, in der der Glauben angeblich noch fest, die Werte irgendwie ewig und die Menschen noch gut zueinander waren. Der Papst gibt diesem Leiden an der Moderne die theoretische Grundlage – und verschließt sei- ne Kirche langsam wieder in den Mauern des Vatikans, aus dem sie beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–65) herausgetreten war. Aber auch das muss ja nicht von Dauer sein. Die Hoffnung, jedenfalls, stirbt auch hier zu- letzt. Es lebe die Hoffnung! Deutsche Schüler werden von polnischen Ersatzlehrern unterrichtet F.: AP Heult Bobbele hinterher FOTO: AP der kommentar Strawberry fields forever? Ein deutscher Professor besorgt’s den „Christgläubigen“ FOTO: REUTERS ARD 9.20 BlueWaterHigh 9.50 neuneinhalb 10.03 WillisVIPs 10.30 Fortsetzungfolgt 11.00 WeichesFellundscharfeKrallen 11.50 neuneinhalb 12.03 DiekleineMeerjungfrau; MärchenfilmnachHans ChristianAndersen, CS1975 13.30 Alfredissimo! 14.03 MichaelaMay 14.30 DasschönsteGeschenk meinesLebens;Komödie, BRD2003 16.00 GesichterAsiens 16.30 Europamagazin 17.03 ARD-Ratgeber:Recht 17.30 Brisant 18.00 Tagesschau 18.10 Sportschau 18.55 Sportschau;Fußball-Bundes- liga,15.Spieltag 20.00Tagesschau 20.15 AdventsfestderVolksmusik 22.45 Tagesthemen 23.10 Tanzen:WMderLatein- formationen,live 0.10 Tagesschau 0.20 Getaway;Thriller,USA1993 ZDF 18.30 Leuteheute 19.00 heute 19.25 DakommtKalle 20.15 HarryPotterunddieKammer desSchreckens;Fantasy- abenteuernachJoanneK. Rowling,USA2002 22.40 heute-journal 22.55 dasaktuellesportstudio 0.10 DerletzteMohikaner; AbenteuerfilmnachJames FenimoreCooper, USA1992 2.05 DieRattenvonAmsterdam; Actionkrimi,GB1970 RTL 12.05 BeethovenaufSchatzsuche; Tierkomödie,USA2003 13.50 DielustigstenSchlamassel derWelt 14.50 Smallville 16.45 GeileZeit 17.15 BöseMädchen 17.45 MarioBarthpräsentiert… 18.45 RTLaktuellWeekend 19.05 Explosiv–Weekend 20.15 DieultimativeChartShow 23.20 PaulPanzer:"Heimatabend Deluxe" 0.20 SportistMord 0.45 DielustigstenSchlamassel derWelt SAT.1 13.00 Britt 14.00 ZweibeiKallwass 15.00 RichterinBarbaraSalesch 16.00 RichterAlexanderHold 17.00 dasautomagazin 17.30 Lenßen&Partner 18.00 Sat.1–DasMagazin 18.30 Sat.1News 18.45 DiedreistenDrei 19.15 DealorNoDeal 20.15 DieWutprobe; Komödie,USA2002 22.15 Genialdaneben 23.15 MenschMarkus 0.15 DerWeihnachtsmörder; Krimi,BRD1997 PRO 7 12.05 EinLöweinLasVegas 12.35 DieSimpsons 13.05 AllehassenChris 13.30 KeineGnadefürDad 14.00 Malcolmmittendrin 14.55 Scrubs–DieAnfänger 15.50 Grey'sAnatomy 17.00 DesperateHousewives 18.00 Newstime 18.10 Charmed–ZauberhafteHexen 19.10 talktalktalk 20.15 DasKartell;Thriller nachTomClancy, USA1994 22.55 DieStundederPatrioten; ThrillernachTom Clancy,USA1992 1.15 SouthCentral; Actiondrama,USA1992 2.55 DieStundederPatrioten KI.KA 7.35 DoctorSnuggles 8.00 Sesamstraße 8.30 KlinikHügelheim 8.50 Pocoyo 9.00 AuSchwarte! 9.25 Beutolomäuskommtzum Weihnachtsmann 9.45 Mit-Mach-Mühle 10.00 KleinerRoterTraktor 10.20 Benjamin:bärenstark! 10.40 AltairimSternenland 11.05 HieristIan 11.30 Piratenfamilie 12.15 Tutenstein 12.40 BernddasBrot 13.05 ClassicCartoon 13.25 Bernard 13.35 Popeye,derSeefahrer 14.00 OlisWildeWelt 15.00 TigerentenClub 16.25 Fortsetzungfolgt 16.50 Löwenzahn 17.15 SchlossEinstein 17.40 Reläxx 18.00 Franklin 18.15 SimsalaGrimm 18.40 Beutolomäuskommtzum Weihnachtsmann 18.50 Sandmännchen 19.00 PippiLangstrumpf 19.25 Williwillswissen 19.50 KareninAction! 20.15 Jesus&Josefine ARTE 8.00 JanoschsTraumstunde 8.25 SpirouundFantasio 8.50 Forscherexpress 9.15 WoDuherkommst...St.Vincent 9.52 VirenaufWeltreise 10.40 Impfen–Nureinkleiner Nadelstich? 11.45 MitoffenenKarten 12.00 Aids:GroßmutterCourage 12.25 MitoffenenKarten 12.45 MitoffenenKarten 12.55 ZappingInternational; DasFernsehenderBasken 13.30 BestofChic 14.00 DerSchatzderNibelungen; Doku,BRD2007 15.45 DerKorridor;Kurzfilm, F2004(OmU) 16.00 TödlicherKompromiss;Gesell- schaftsdrama,F2006 17.45 MeinLeben–FatihAkin; Porträt 18.30 Weinprobe 19.00 ARTEReportage 19.45 ARTEInfo 20.00Metropolis SA.: WIEDER EINMAL GIBT ES EINE UMFRAGE, DIESMAL IN „VIEW“: DANACH IST JAUCH DER BELIEBTESTE PROMI, MEHDORN DER UNBELIEBTESTE 20.45 HeiligeStädte 21.35 360Grad–Geo-Reportage; PostboteimHimalaya 22.35 Semele;OpervonHändel 1.15 Rivalinnen;Psychodrama, F/TN2003;Mütter/Töchter 3SAT 18.00 Gutestun;VonderFreude amHelfen 18.30 Dennsiewissen,wassietun;Un- terwegsmiteinerMädchenclique 19.00 heute;Anschl.Wetter 19.20 Foyer–DasTheatermagazin 20.00Tagesschau 20.15 Galakonzertmit RolandoVillazón 21.15 FestlichesGalakonzertzugunsten derDeutschenAids-Stiftung; Opern-Highlights 22.45 COOPHIMMELB(L)AU: WolkenundKristalle 23.30 MenschenbeiMaischberger 0.45 lebens.art 1.45 RobbieWilliams:AClose Encounter;Konzert, Leeds2006 BAYERN 18.05 ZwischenSpessart undKarwendel 18.45 Rundschau 19.00 naturexclusiv:PlanetErde;Wüs- tenwelten 19.45 Kunst&Krempel 20.15 Chocolat;Komödie,USA2000 22.15 DieHausschlüssel;Familien- drama,I/F/BRD2004 0.05 Lamerica;Sozialdrama, I/F1994 SWR 18.05 Hierzuland 18.15 Viertelnachsechs 18.45 Landesschau 19.15 Landesart 19.45 Aktuell 20.00Tagesschau 20.15 Die100größtenRheinland- Pfälzer 22.35 MenschenderWoche 23.50 RoglersrasendesKabarett 0.20 SWR3LateNight HESSEN 18.20 InallerFreundschaft 19.05 Brisant 19.30 Hessenschau 20.00Tagesschau 20.15 DawodieBergesind;Heimat- film,BRD/A2000 21.45 Tatort;Krimi,A2001;Elvislebt 23.15 DiegroßeHessenComedy Nacht2007 0.45 OchJoh–Sketchemitdem Duo"Badesalz" WDR 18.20 HierundHeute 18.50 AktuelleStunde 19.30 Lokalzeit 20.00Tagesschau 20.15 VonMütternundTöchtern;Fa- milienkomödie,BRD2007 21.45 SagesmitPantoffeln;Advents- kabarett 22.30 RoglersrasendesKabarett 23.00 30JahreRockpalast; Metamorphosen 23.30 Die"HierundHeute"- Reportage-Nacht;Highlights zum50.Geburtstag NDR 18.00 Nordtour 18.45 DAS! 19.30 NDRLändermagazine 20.00Tagesschau 20.15 FrühstückbeiKellermanns; Komödie 21.40 Heimatgeschichten 22.45 UdoJürgens:DasMusical mitseinenSongs 23.45 DieschönstenMusicals 1.45 DirtyDancinginHamburg RBB 18.02 HimmelundErde 18.32 DieWassermänner;Dieguten GeisterderLausitz 19.00 Heimatjournal 19.30 Abendschau 20.00Tagesschau 20.15 UnterwegsanSchwedens Westküste 21.00 MitdemZugansEndeEuropas 21.45 rbbaktuell 22.05 Erlebnisreisen:Schweden 22.35 Schweden–DasEishotel 23.05 FestlicheAids-Gala2007 0.35 DieNachtdesJägers;Psycho- thriller,USA1955 MDR 18.00 Kinder,Kinder–KleineKinder, großeSorgen 18.15 UnterwegsinSachsen 18.50 Sandmännchen 19.00 MDRregional 19.30 MDRaktuell;Anschl.Wetter 19.50 Quickie;Quiz 20.15 LaBoum;Komödie,F1980 22.00 MDRaktuell;Anschl.Wetter 22.15 LaBoum2;Komödie,F1982 0.00 Brisant 0.30 Edward,meinSohn;Familien- drama,GB1948 2.20 SportimOsten PHOENIX 12.00 MeinAusland;Bolivien 12.45 VerhängnisvolleAugenblicke 13.15 DerStolzderReichsbahn; VerschlusssacheDDR- Regierungszüge 14.00 GöringsletzteSchlacht;Doku, BRD2006 14.45 SchönerneuerMensch; WieGenforscherunsereWelt verändern 15.35 VerfluchtesGen 16.30 KampfgegenErbkrankheiten 17.15 DasSpielmitdemEmbryo 18.00 DieGondolieravonderAlster 18.30 AufdenSpurenvon DschingisKhan 19.15 Armutabgeschafft?; ReisedurchMosambik 19.45 SchätzederWelt–Erbeder Menschheit 20.00Tagesschau 20.15 DerDolmetscher; R.SonnenfeldtundderNürn- bergerProzess 21.00 KönigreichBayern 21.45 Gutbehütet;WiederHut fastausderModekam 22.15 ForumPariserPlatz 23.15 Weiterleben...;NachdemEnde derMaxhütte 0.30 SorryMisterWright;DerFlug- pionierKarlJatho 1.15 ComebackderLuftschiffe 2.00 Himmelsboten–Dieunbe- kanntenHeldenderFliegerei 2.55 RodeoamHimmel .............................................................................. .............................................................................. Will von Loddar nichts hören F.: AP FAX: 030 - 25 160 08 E-MAIL: MEDIEN@TAZ.DE flimmern und rauschen WOCHENENDE 1./2. DEZEMBER 2007  DIE TAGESZEITUNG 19 Norbert Lammert (CDU), 59, Bundestagspräsident, strickt weiter an seinen Plänen für ein Parlamentsfernsehen. Der Ältes- tenrat habe die Pläne für ein Bundestags-TV via Kabel und Satellit „mit großer Sympathie“ zur Kenntnis genommen, sagte Lammert. Ein Antrag für den Pri- vatkanal liegt schon seit einem Jahr bei der zuständigen Berli- ner Medienanstalt auf Eis, weil der Bundestag bislang nicht auf die Anfrage nach der Rechts- grundlage für den Kanal geant- wortet hat. Darin sollen alle Debatten übertragen werden. Bei der ARD hält man vom Al- leingang des Bundestags aber wenig: Das Ganze sei natürlich Sache des Parlaments, aber eine journalistische Aufbereitung sei „immer besser als die bloße Übertragung“, sagte ARD-Chef Fritz Raff, 59. Außerdem müsse erlaubt sein, zu fragen, „was denn dort laufen soll, wenn der Bundestag nicht tagt“. (dpa, taz) Stauffenbergs unmittelbar vor dessen Erschießung im Berliner Bendlerblock am 20. Juli 1944: „Es lebe das heilige Deutsch- land!“ PHILIPP GESSLER Zweitens: Die ARD wirbt stun- denlang für Professor Doktor Hubert Burda nebst Gattin. War da mal was? Angepisst war Zeitschriftenverlegerpräsident Hubert Burda von den geplanten Aktivitäten der ARD im Internet. Den „Bestand einer freien und vielfältigen Presse“ sah man ge- fährdet, Tischtücher wurden zer- schnitten. Aber die ARD ist nicht nachtragend, und so durften sich Krethi und Plethi wieder zur bes- ten Sendezeit im Ersten ganz herzlich bei „Professor Burda“ mit für die nette Sause ums her- zige Rehlein bedanken. Ein Medi- enfürst hielt Hof. Nur ein paar ganz Mutige auf der Bühne dankten bloß dem „Doktor Burda“. Dafür hatte das Protokoll einigen bemitleidens- werten Gestalten noch einen Ex- tradank an Bunte-Chefredakteu- rin Patricia Riekel (Burda Verlag) verordnet. Brrrr. Der Rest war Burda-Werbung, mehr als 60 Mi- nuten Überziehung inklusive, über drei Stunden: Burda, Burda, Burda. Mit dem Konzernherrn FILM AUF FILM Thriller (USA 1992), Regie: Phillip Noyce; Darsteller: Harrison Ford, Anne Archer, Patrick Bergin Sa., 22.55 Uhr, Pro7, „Die Stunde der Patrioten“ Ryan vereitelt einen IRA-Anschlag und tötet ei- nen Attentäter. Dessen Bruder will Rache. Die ebenso spannende Fortsetzung „Das Kartell“ (1994) läuft auch. Nur vorher, um 20.15 Uhr. FILZ IM FILM Krimi (D 2007), Regie: Thorsten Näter; Dar- steller: Klaus. J. Beh- rendt, Dietmar Bär, Tessa Mittelstaedt So., 20.15 Uhr, ARD, „Tatort: Spätschicht“ Ein Krimi alter Schule: Die Kölner Kommissare – Ballauf und Schenk – stochern im Korrup- tionsfilz herum. Gern gewähltes Krimithema derzeit – auch Senta Berger watet in der „Unter Verdacht“-Reihe stets durch den Filz. DAS SOLLTEN SIE SEHEN Allein die Deutsche Presse-Agen- tur schickte – allein am Donners- tagabend – zwei Dutzend Texte von der Bambi-Verleihung über die Nachrichtenticker. 5,87 Mil- lionen Zuschauer (Marktanteil: 20,5 Prozent) sahen zu, als die ARD am Donnerstag von 20.15 Uhr an die Verleihung des Fernsehpreises Bambi in Düssel- dorf übertrug, der seit 1948 ver- geben wird. Sie hatten teil an ei- nem bemerkenswerten Fernse- hereignis, moderiert von Harald Schmidt, dem man viel zugute- halten kann – aber irgendwann ist echt mal Schluss. Eine Nachlese in drei Teilen. Erstens: Frank Schirrmacher zieht eine Art Schlussstrich. Tränenreich und kitschig war es die ganze Zeit gewesen: Als Hen- ry Maske den Preis für das beste Comeback bekam und noch ein- mal seiner Abschieds-Hymne „Time To Say Goodbye“ lauschen durfte, live gesungen von Sarah Brightman und Andrea Bocelli. Als die Ärzte den Bambi erhiel- ten, die sich für verletzte Kinder in Afghanistan einsetzen. Als schließlich der juristisch bis in die höchsten Gerichte um- kämpfte Contergan-Film aus- gezeichnet wurde. Doch dann kam FAZ-Mitherausgeber Frank Schirrmacher und setzte auf den Kitsch und die Tränen noch sei- nen Neonationalismus mit Ten- denz zum Schlussstrich unter die NS-Vergangenheit – eine Kombi- nation, die wir aus seiner Lo- beshymne für den Schriftsteller Martin Walser in der Paulskirche irgendwann im letzten Jahrtau- send schon kennen. Schirrmachers Werkzeug war dieses Mal – wie vor kurzem in ei- nem langen Feuilletontext – der Scientology-Thetan Tom Cruise, der in Berlin den ebenfalls nicht besonders demokratisch moti- vierten Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg spielte. In einem Film wohlge- merkt, der noch gar nicht ange- laufen ist, von Schirrmacher aber schon jetzt als endgültiger Schlussstein für das Ende des in- ternational schlechten Rufs der Deutschen wegen Holocaust und Weltkrieg gepriesen wurde. Wes- halb Cruise auch gleich einen Bambi wegen besonderen Mutes, „Courage“ genannt, erhielt. Der Gepriesene bedankte sich dafür in einer langen, ausgespro- chen wirren und gleichwohl of- fenbar auswendig gelernten Rede – und krönte seine Anspra- che mit den letzten Worten Graf Ein Medienfürst hält HofDie Bambis wurden verliehen – Hubert Burdas Medienpreise. Tom Cruise hielt eine groteske Rede, Frank Schirrmacher erging sich in Neonationalismus. Wir blicken zurück auf ein bizarres TV-Ereignis MEDIENTICKER ARD 10.00 EvangelischerGottesdienst 11.00 Kopfball 11.30 DieSendungmitderMaus 12.03 Presseclub 12.45 Tagesschau 13.15 ARD-exclusiv 13.45 Bilderbuch:Duisburg 14.30 Kalabrien 15.00 Tagesschau 15.10 Springreiten:RidersTour,live 16.30 ARD-Ratgeber:Reise 17.03 WwieWissen 17.30 DerImportpriester;EinKon- goleseinDeutschland 18.00 Sportschau 18.30 BerichtausBerlin 18.50 Lindenstraße 19.20 Weltspiegel 20.00Tagesschau 20.15 Tatort;Krimi,BRD2007; Spätschicht 21.45 AnneWill 22.45 Tagesthemen 23.00 ttt–titelthesentemperamente 23.30 Druckfrisch 0.00 Lamalaeducación;Psycho- drama,E2004 1.40 Tagesschau ZDF 10.30 ZDFSportextra,live.Skilang- lauf,Weltcup:15kmHerren.Bi- athlon,Weltcup:10kmVerfol- gungDamen.Fußball:UefaEu- ro2008:Auslosung.Skialpin, WeltcupHerren:Super-G.Biath- lon,Weltcup:12,5kmVerfol- gungHerren.Skilanglauf,Welt- cup:10kmDamen.Skialpin, WeltcupDamen:Abfahrt. Viererbob:Weltcup 16.30 HarryPotterunddieKammer desSchreckens 19.00 heute/Wetter 19.10 Berlindirekt 19.30 FaszinationErde 20.15 RosamundePilcher:Aus LiebeundLeidenschaft; Melodram,BRD/A2007 21.45 Menschen2007 0.00 Bye,byeVolkspartei;Wiesich RotundSchwarzverändern RTL 13.45 DieletztenJahrederDino- saurier;DerVulkanausbruch 15.40 BauersuchtFrau 16.45 ExclusivSpezial 17.45 Exclusiv–Weekend 18.45 RTLaktuellWeekend 19.05 Vermisst 20.15 7Zwerge–Männeralleinim Wald;Komödie,BRD2004 22.15 NinaHagen;Porträt 23.15 SpiegelTV–Magazin 0.00 PositivdurchsLeben– DiagnoseHIV 0.45 PrimeTime–Spätausgabe SAT.1 12.15 VanityFair;Historiendrama nachWilliamMakepeace Thackeray,GB/USA2004 15.00 DieWutprobe; Komödie,USA2002 17.00 DasweißdochjedesKind! 18.00 Sat.1–DasMagazin 18.30 Sat.1News 18.45 AllesTesterimEinsatz 19.15 NurdieLiebezählt 20.15 NavyCIS 21.15 CriminalMinds 22.15 Sechserpack 22.45 Planetopia 23.35 News&Stories 0.25 DieAnstalt–ZurückinsLeben PRO 7 12.35 DasKartell 15.20 Zapped! 16.55 Witzigistwitzig 18.00 Newstime 18.10 DieSimpsons 19.05 WunderweltWissen 20.15 PlötzlichPrinzessin2;Komödie, USA2004 22.30 MatrixReloaded;SF-Thriller, USA2003 1.20 KungFuHustle KI.KA 7.35 HieristIan 8.00 Williwillswissen 8.25 TomunddasErdbeermarme- ladebrotmitHonig 8.35 Pocoyo 8.50 MusikBoxx 9.00 AuSchwarte! 9.25 Beutolomäuskommtzum Weihnachtsmann 9.35 BeutolomäusunddiePrinzessin 9.45 Benjamin:bärenstark! 10.00 pur+ 10.25 SchlossEinstein 11.00 Stark! 11.15 Trickboxx.Kino! 11.30 DieSendungmitderMaus 12.00 DreiHaselnüssefürAschen- brödel;MärchenfilmnachBoze- naNemcová,CS/DDR1973 13.25 Fortsetzungfolgt–DieDoku 14.00 DieHydronauten 14.20 Rudi&Trudi 14.30 Siebenstein 15.00 Tabalugativi 16.05 1,2oder3 16.30 p3k–Pinocchio3000;Anima- tionsfilmnachCarloCollodi, F/E/CDN2004 18.00 Franklin 18.15 SimsalaGrimm 18.40 BeutolomäusunddiePrinzessin 18.50 Sandmännchen 19.00 PippiLangstrumpf 19.25 NationalGeographicWorld 19.50 KI.KAKummerkasten 20.00quergelesen 20.15 Jesus&Josefine ARTE 8.00 JanoschsTraumstunde 8.25 SpirouundFantasio 8.50 Forscherexpress 9.15 WoDuherkommst...Brasilien 9.50 DieDreigroschenoper;EinStück mitMusikvonBertoltBrecht 12.00 Karambolage 12.15 Metropolis 13.00 DieAstronomenvonLascaux 14.00 HeiligeStädte 14.55 360Grad–Geo-Reportage; PostboteimHimalaya 15.45 Eisberge;Kurzfilm,CH2007 16.05 UnterVerdacht; Krimi,BRD2007 17.35 Nanking1937–eineStadt wirdvergewaltigt 18.30 ZuTischim...St.Petersburger Land 19.00 JuanDiegoFlórezsingtRossini; Konzert 19.45 ARTEInfo 20.00Karambolage 20.15 ARTEExpeditionen 20.42 AußerAtem;Gangsterdrama, F1959 22.15 GaladerKinoträume SO.: NUR WIR WURDEN WIEDER EINMAL NICHT GEFRAGT. UNSERE RANGLISTE: CRUISE VOR SCHIRRMACHER, HUBERT BURDA UND CHRISTIANSEN 23.45 WildeErdbeeren;Psycho- drama,S1957 1.20 Neuschnee;Psychokrimi, F1999 3SAT 18.00 DurchdenIndischenOzean;Sri Lanka,Madagaskar,Kenia 19.00 heute;Anschl.Wetter 19.10 Christentumundeinheiliger BerginOstafrika;Sudanund Äthiopien 20.00Tagesschau 20.15 ÜberdasWelterbederUnesco; Ägypten,Bosnien-Herzego- wina,Deutschland,Schweiz 21.45 Wasser,Perlenundeine InseldesGlaubens;Oman,Bahr- ain,Ägypten 22.30 KolonisationundTradition–Af- rikasVielfaltderKulturen 23.30 Seefahrer,Traumschlösserund Auswanderer;Portugal 0.15 VonMönchenundvom BritischenEmpire 1.15 AmAtlantikundderSeine BAYERN 18.05 Frankenschau 18.45 Rundschau 19.00 UnterunseremHimmel 19.45 DerKomödienstadel: DieVersuchungdesAloysius Federl;Pfarrhofkomödie 21.15 München7 22.05 Rundschau-Magazin 22.20 BoulevardBayern 22.45 SportinBayern 23.00 EinladungzurReise;Doku-Film, BRD2006;DesignerinundAr- chitektin 0.05 AbsolutLive;Tindersticks SWR 18.05 Hierzuland 18.15 IchtrageeinengroßenNamen 18.45 FlüssederGenüsse 19.15 DieFallers 19.45 Aktuell 20.00Tagesschau 20.15 SonntagsTour 21.15 FreundeinderMäulesmühle 21.48 Flutlicht 22.40 Großstadtrevier 23.30 Wortwechsel;LarsReichow 0.00 Konflikt;Thriller,USA1945 1.20 JazzMasters HESSEN 18.00 defacto 18.30 vipshow 19.00 RudisTagesshowextra 19.30 Hessenschau 20.00Tagesschau 20.15 FröhlicherAlltag 21.45 DasgroßeHessenquiz 22.30 DingsvomDach 23.15 strassenstars 23.45 GerdDudenhöffer 0.45 SpureninderSahara;Doku- FilmvonDietrichSchubert,BRD 2005 2.05 nixwieraus... 2.50 hessenbilder WDR 18.15 TieresucheneinZuhause 19.10 AktuelleStunde 19.30 Westpol 20.00Tagesschau 20.15 WunderschöneSchweizer Bergwelt 21.45 AndréRieu–Unterwegs nachNewYork 22.10 Dittsche 22.40 Zimmerfrei! 23.40 Wasliestdu? 0.10 ZeiglerswunderbareWelt desFußballs NDR 18.00 Nordsee-Report 18.45 DAS! 19.30 NDRLändermagazine 20.00Tagesschau 20.15 Landpartie–ImNorden unterwegs 21.45 DieNDR-Quizshow 22.45 Sportclub 23.45 Dittsche 0.15 DieVerurteilten;Gefängnis- dramanachStephenKing, USA1994 RBB 18.03 rbbregional 18.30 rbbGartenzeit 19.00 KowalskitrifftSchmidt 19.30 Abendschau 20.00Tagesschau 20.15 Vorhangauf...Lieder,Land undLeute 21.45 rbbaktuell 22.15 BerlinerNacht-Taxe 22.45 Sportplatz 23.30 LeosJanácek–einPorträt 0.25 HörbarRust;Maryalias GeorgPreuße 1.25 BerichtausBerlin 1.45 Weltspiegel MDR 18.00 InallerFreundschaft 18.52 Sandmännchen 19.00 MDRregional 19.30 MDRaktuell 19.50 Kripolive 20.15 Damalswar's 21.45 MDRaktuell;Anschl.Wetter 22.00 EineNachtinVenedig 22.45 PizzaColonia; Komödie,BRD/I1991 0.15 BaldurvonSchirach 1.00 ShallWeDance?; Komödie,J1996 2.50 Tagesthemen PHOENIX 12.03 Presseclub 12.45 Presseclubnachgefragt 13.00 ForumPariserPlatz 14.00 HistorischeEreignisse 17.00 VorOrt 17.30 HalbzeitfüreinDesaster; MillenniumskampagnederUN 18.00 ImSchleudersitz–Deutschlands ersteKampfpilotin 18.30 Slowenien–eineeuropäische Erfolgsgeschichte 19.00 DreiStädte–dreiWelten; RusslandvordenWahlen 19.15 MetropolendesOstens 20.00Tagesschau 20.15 DieSprachederSteine; NamibiasrätselhafteFelsbilder 21.00 MeinAusland;Kenia 21.45 Fixundfertig;Burnout 22.15 BarrioPabloEscobar;Doku- FilmvonJanGabriel,BRD2005 23.15 KönigreichBayern 0.00 MeineGeschichte: Die20erJahre 0.15 SchönerneuerMensch; WieGenforscherunsereWelt verändern 1.05 KampfgegenErbkrankheiten 1.50 VerfluchtesGen 2.45 DasSpielmitdemEmbryo .............................................................................. Fatih Akin ist ein Großmaul – und ein großer Regisseur. Das prädestiniert ihn für die Arte- Porträtreihe „Mein Leben“. Und sorgt dafür, dass man ihm auch dann gerne zuhört, wenn er der Öffentlichkeit die Welt erklärt. Es gehört zum Konzept von „Mein Leben“, das die Porträtier- ten – und nur sie – das Wort ha- ben. Die Filmemacher können sich allein durch die Auswahl der O-Töne und die Montage ausdrü- cken, zugegebenermaßen auch eine ganze Menge. Autor Frank Eggers zeigt Akin als Wanderer zwischen den Welten. Als Wande- rer zwischen der türkischen Hei- mat seiner Eltern und seiner ei- genen in Hamburg. Und er nimmt das sehr genau: Exakt die Hälfte des Films zeigt Akin ausschließlich in der Tür- kei, vor allem bei den Dreharbei- ten zu seinem Dokumentarfilm- projekt „Müll im Garten Eden“. Die zweite Hälfte begleitet ihn ins, wie sollte es auch anders sein, regnerische Hamburg und ins – natürlich sonnige Cannes. „Die Deutschen sehen mich als einen der ihren“, sagt er im In- terview mit einer türkischen Schülerzeitung, „und in der Tür- kei sieht man mich als Türken an.“ Doch Akin hat sich sehr weit von der der Welt seiner türki- schen Verwandtschaft entfernt – weiter, als ihm lieb ist. „Diese Leute sind zufrieden mit dem, was sie haben“, sagt Akin, der seinem manischen Ein- satz für „Gegen die Wand“ zwei Bandscheibenvorfälle und einen Goldenen Bären verdankt, bei der Berlinale 2004. „Das würde ich gerne lernen von denen.“ Ein guter Vorsatz, der wohl einer bleiben wird. Der nächste Film wartet schon. DAVID DENK Der Weltenwanderer Einer der wichtigsten Regisseure Deutschlands ist nicht von hier: „Mein Leben – Fatih Akin“ (Sa., 17.45 Uhr, Arte) Tom Cruise blüht im Glanze dieses Glückes. Einer der letzten Sätze seiner Dankpredigt lautete: „Es lebe das heilige Deutschland!“ FOTO: REUTERS EDITION LE MONDE diplomatique Edition No2 •2007 »Die Globalisierungsmacher« 112 Seiten | broschiert | 8,50 ¤ inkl. Porto (Inland) | ISBN 978-3-937683-14-0 Bestellungen: tazshop@taz.de T (030) 2 59 02-138 F (030) 2 59 02-538 www.monde-diplomatique.de als gütigem Little-Grinse-Bud- dha mittendrin. Als dann auch noch der Zuschauer-Bambi an Burdas Gattin Maria Furtwängler für „Die Flucht“ ging, blieb nur selbige. Doch lange klang’s im Tale noch: Hubsi Burda lebe hoch! STEFFEN GRIMBERG Drittens: Sabine Christiansen reagiert erstmals kritisch. Laut dpa trat Gudrun Landgrebe auf dem roten Teppich auf Sabi- ne Christiansens Kleid. Die rea- gierte erstmals in ihrer Karriere kritisch: „Jetzt ist es durch. Dan- keschön!“ Bei der After-Show- Party trat Frauke Ludowig noch einmal auf Christiansens Kleid. Gut gemacht. KLAUS RAAB FILM IM FILM Drama (E 2004), Regie: Pedro Almo- dóvar; Darsteller: Gael García Bernal, Fele Martínez So., 0.00 Uhr, ARD, „La mala educación“ Eine wahrlich virtuos erzählte „Film im Film“- Geschichte: Ignacio bietet Regisseur Enrique, mit dem er als Klosterschüler eine Affäre hatte, ein Drehbuch an – eine Abrechnung mit dem Schuldirektor, der Ignacio missbraucht hat. .............................................................................. 20 DIE TAGESZEITUNG  SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 kultur FAX: 030 - 25 160 08 E-MAIL: KULTUR@TAZ.DE INTERVIEW KLAUS WALTER taz: Frau Weingart, was ist ei- gentlich ein Zungenpräser? Brigitte Weingart: Den Begriff Zungenpräser habe ich mir von Hubert Fichte ausgeliehen, der damit wiederum seine Lebensge- fährtin zitiert, die Fotografin Le- onore Mau. Die hat bei den ers- ten Aidsschlagzeilen über Rock Hudson, auch über Marlon Bran- do wurde ja spekuliert, von „Zun- genpräser“ gesprochen. Dieser ebenso prägnante wie mysteriö- se Begriff fasst gut zusammen, dass man es bei Aids auch mit ei- ner Sprachepidemie zu tun hat. Zungenpräser ist das Bild dafür, dass man, wenn man von den Ansteckungsgefahren der Spra- che ausgeht, auch gut daran tut, auf seine Wortwahl zu achten. Sie sprechen im Zusammen- hang mit Aids von einer „Be- deutungsepidemie“. Was ist das? Ich habe das Wort Bedeutungs- epidemie gewählt, weil sich bei Aids deutlich zeigt, wie eng das Sprechen über die Krankheit ver- knüpft ist mit der Realität der Krankheit. Wir neigen ja dazu, Sprache als etwas Zweitrangiges aufzufassen. Beim Thema Aids kann man aber sehen, wie dieser Begriff eine Wucherung von Be- deutungen, Interpretationen, Schuldzuweisungen und Erklä- rungsversuchen hervorgerufen hat. Das wiederum hat konkrete Auswirkungen auf die Realität der Krankheit. Ein Beispiel? Der Begriff „Risikogruppe“ kommt mit dem Anschein der Neutralität daher. Bei genaue- rem Hinsehen ist aber nicht klar: Sind Risikogruppen eigentlich diejenigen Menschen, die einem bestimmten Risiko ausgesetzt sind oder sind mit Risikogrup- pen nicht eigentlich „Gefahren- gruppen“ gemeint? Also Grup- pen, von denen eine Bedrohung ausgeht? So wie der Begriff in den Achtzigerjahren für Homo- sexuelle, Benutzer intravenöser Drogen oder Einwanderer aus bestimmten Ländern verwendet wurde, musste man den Ein- druck bekommen, dass man es hier eher mit Gefahrengruppen zu tun hat. Die wurden mit dem Begriff Risikogruppe, der ja bis heute noch benutzt wird, etwas eleganter beschrieben. Gibt es ein unpolitisches Sprechen über Aids? Nein, aber es gibt inzwischen ein vorsichtigeres Sprechen über Aids. Dazu hat das Aufkommen von Political Correctness seinen Beitrag geleistet. Im Namen von PC sind ja nicht nur Hysteriker am Werk, die uns vorschreiben wollen, wie wir unsere Sprache zu benutzen haben. Wenn man sieht, wie Aids in den Achtziger- jahren verhandelt wurde, dann hätte man sich gewünscht, dass es ein größeres Bewusstsein über die politische Tragweite dieses Sprechens gibt. Ein Autor wie Hubert Fichte, der sich die Mühe gemacht hat, die Schlagzeilen über Aids mitzuschreiben, hat das politische Potenzial klar her- ausgearbeitet. Da reichen dann oft schon die Zitate, um klarzu- machen: Hier wird nicht über ein medizinisches Phänomen ge- sprochen, hier stehen manifeste gesellschaftliche Spannungen zur Debatte. Wie verrät sich Sprache, wie verrät Sprache ihre Benutzer? Im Falle von Aids habe ich unter- schwellige Komplizenschaften mit historischen Mustern gefun- den, also phobische Konstruktio- nen, die sich hinter einem Beam- tendeutsch verstecken. Wenn etwa vom „Sistieren“ bestimm- ter „Verhaltensmodi“ (wie dem Austausch von Spritzbestecken oder passivem Analverkehr) die Rede ist, dann ist das Polizeispra- che. Der andere verräterische Ort der Sprache ist das metaphori- sche Sprechen. Ich möchte auf keinen Fall die Vorstellung ver- teidigen, es gäbe ein Sprechen jenseits von Metaphern. Wir brauchen Metaphern, um uns über komplizierte Dinge wie In- fektion oder medizinisches Wis- sen zu verständigen. Aber das Re- den in Kampf-Metaphern im Aids-Diskurs ist auch immer Ausdruck von einer Wahrneh- mung des Körpers als Schlacht- feld. Körpergrenzen erscheinen als bedrohte Grenzen, die gerade an den Öffnungen von Inva- sionsgefahren heimgesucht wer- den. Sie nehmen Bezug auf Susan Sontags Thesen über die Meta- phern von Krebs und Aids. Wo liegen die Parallelen, wo die Un- terschiede? Susan Sontag hat ja für das Feld „Krankheit als Metapher“ Funda- mentales geleistet. Auch anläss- lich ihrer eigenen Krebserkran- kung hat sie beschrieben, wie sehr die Vorstellungen, die mit bestimmten Krankheitsbildern verknüpft sind, auf das Erleben der Krankheit zurückwirken. An Krebs ist die populäre Mytholo- gie gekoppelt, dass es eine Krankheit ist, die man sich im Unterschied zu Aids nicht zu- zieht, sondern die von innen kommt. Also nicht ausgelebte Aggressionen, die sich dann ma- terialisieren, der Körper, der ver- „Bedeutungen wuchern“ Leben Risikogruppen nur gefährlich oder sind sie es? Die Autorin Brigitte Weingart über Aids als Bedeutungsepidemie und Metaphern, die gebraucht werden, um Krankheiten zu bewältigen drängte Energien gegen sich selbst richtet. Der Unterschied zwischen Krebs und Aids ist vor allem, dass sich Krebs besser zur Psychologisierung eignet. Mit diesen Bildern gesprochen ist Aids eine Krankheit, die man sich „holt“, Krebs dagegen er- wächst aus einer psychischen Disposition. Zugespitzt formuliert: Es gibt einen Krebstyp, aber keinen Aidstyp. Besser: Der Krebstyp ist ein psy- chologischer Typ, der Aidstyp ist ein sozialer. Der Aidstyp der Achtziger war ein Vertreter der sogenannten Risikogruppen, der Schwule, der sich durch zu viel oder durch falschen Sex dem An- steckungsrisiko aussetzt, der Drogenbenutzer, der die Rein- heitsgebote nicht befolgt, oder die Prostituierte, da kommt die Promiskuität ins Spiel. Bei aller Kritik an Sontag: War „Krankheit als Metapher“ nicht eine Befreiung? Hat das Buch nicht wertvolle Argumen- te geliefert, gegen Zuschreibun- gen wie „Krebspersönlichkeit“? Dass man die „Schuld“ am Krebs bei sich selbst sucht: Bin ich ein Krebstyp? Sontags Buch war ein absoluter Augenöffner. Wie sie dieser Selbstbezichtigungslogik, die mit Krebs einhergeht, den Wind aus den Segeln nimmt, das ist ein Befreiungsschlag. Der symboli- schen Aufladung von Krankheit im Fall von Krebs entgegenzuar- beiten, damit bin ich völlig ein- verstanden. Das gilt auch für die Metaphern von Aids. Allerdings ist mir ihre Position im Blick auf die Vermeidbarkeit metaphori- schen Sprechens zu radikal. Son- tag wendet sich gegen jede Form der Metaphorisierung von Krankheit, weil damit immer die symbolische Aufladung verbun- den ist. Da scheint sie mir aber ei- ner Fiktion des „reinen“ Spre- chens aufzusitzen. Denn gerade die medizinische Realität ist von ihrer sprachli- chen Darstellung nicht zu tren- nen. Es bedarf der bildlichen Ver- mittlung, um eine Krankheit zu bewältigen. Es ist eine Fiktion, dass wir in Situationen, wo wir mit der Grenze des Sagbaren konfrontiert sind, ohne sprachli- che Bilder auskommen könnten. Insofern ist Susan Sontag wieder naiv, wenn sie im selben Satz da- von spricht, dass man das meta- phorische Sprechen über Krank- heiten loswerden muss, aber es sei „nicht auszurotten“. Was na- türlich seinerseits eine Meta- pher ist. Ist die Selbstbezichtigung von Krebskranken eine ge- schlechtsspezifische Angele- genheit, sind Frauen dafür „an- fälliger“? Spontan würde ich das bejahen, aber das müsste man genauer er- forschen. Hat Aids dazu beigetragen, dass die Akzeptanz von Homo- sexualität zurückgegangen ist? Ich würde das Gegenteil behaup- ten. Zunächst hat das Aufkom- men von Aids den Backlash aus- gelöst. Nach den Befreiungsbe- wegungen der Sechziger und Siebziger hatte man plötzlich wieder mit manifester Homo- phobie zu tun. Dann allerdings ist eine Normalisierung von Ho- mosexualität eingetreten. Die Bemühungen der Schwulensze- ne in der Verarbeitung von Aids, die Gründung der Aids-Hilfen, all das wurde gesellschaftlich gratifiziert. Plötzlich wurden Schwule präsenter im öffentli- chen Leben, aber selbst das Nega- tiv-Image durch Aids ist einer Normalisierung von Homosexu- alität gewichen. Das heißt aber nicht, dass sich das bei der nächs- ten Aids-analogen Krise nicht wieder negativ wenden könnte. In Krisenzeiten wird abweichen- de Sexualität für das Unheil der Welt verantwortlich gemacht. Der Filmemacher Rosa von Praunheim hat in den Achtzi- gern Prominente wie Alfred Biolek oder Hape Kerkeling geoutet. Wie stehen Sie zum Fremdouting? Grundsätzlich eher skeptisch, weil ich befürchte, dass Fremd- outing dieselben Muster repro- duziert, gegen die es angehen will. Es ist eine Denunziation vonseiten der Selbstgerechtig- keit des Ausgeschlossenen her. Auch wenn sie sich gegen die Selbstgerechtigkeit derer richtet, für die das Verschweigen ihrer Homosexualität bequemer ist. Allerdings erscheint es mir unter den Bedingungen der Aids-Krise nachvollziehbar, dass man es un- erträglich findet, wenn ein Bio- lek oder ein Kerkeling in Zeiten der medialen Hetzjagd auf Schwule im Fernsehen sitzen und so tun, als seien sie es nicht. Dass einen das so provoziert, dass man wie Rosa von Praun- heim das Fremdouting betreibt, das leuchtet mir völlig ein. Es hat ja auch was genützt. Inwiefern? Es hat der Normalisierung Vor- schub geleistet. Wenn sogar Rock Hudson und Alfred Biolek – dann ja vielleicht auch der Typ von ne- benan oder sogar ich selbst? Die Normalisierung wurde durch Outing begünstigt, trotzdem halte ich nichts von solchen Ein- mischungsaktionen. Diese Nacht hatte schon eine Winterstille, wie wenn bald Schnee fällt. Und man konnte sich, während man ganz zum Schluss dieser seltsam patrioti- schen Spaziergänge alles zum letzten Mal abpatrouillierte – die Spreeufer,dasschlangenförmige Wohnhaus für die Abgeordneten, den Hauptbahnhof, das Kanzler- amt, das Paul-Löbe-Haus, den Reichstag –, noch einmal sein ganz eigenes Regierungsviertel erfinden. Ein Regierungsviertel, bei dem, anders als im Fernse- hen, die Bilder nie recht zusam- menpassen wollen. Indifferenz ist das Kennzeichen der Groß- städte. Verschiedene Geschich- ten laufen völlig unabhängig voneinander nebeneinander ab. Dafür, dass das am Berliner Spreebogen in Wirklichkeit nicht anders ist, lieferte diese letzte Stunde schöne Beispiele. Ich sah: vier Männer und eine Frau, die mit Aktentaschen völlig aufgekratzt aus dem Reichstag kamen und albern kichernd wie Schüler auf einem Ausflug an der Straße herumstanden, während sienacheinemTaxischauten.Ich sah: eine Frau, die auf dem Bahn- hofsvorplatzhektischnachetwas suchte – vielleicht war ihr ein Hund entlaufen. Ich sah: Lichter in dem Abgeordneten-Wohn- haus ausgehen, wohl weil die Be- wohner gerade zu Bett gingen. Und zur Krönung dieser Stun- de sah ich (und registrierte dabei ein tiefes Einverständnis in mir): einenMann,dermiteinemRuck- sack auf dem Rücken auf der an- derenSpreeseiteentlangwander- te und dabei selbstvergessen im- mer wieder von vorn das Lied „Stille Nacht“ sang. Er hatte eine inbrünstige, wohltönende Stim- me, und als er über die Fußgän- gerbrücke in Richtung Haupt- bahnhof ging und bei dem Vers „einsam wacht …“ einen Mo- ment lang über den funkelnden Lichtreflexionen auf der Spree stand,wirktedasallesfastzusehr wie eine Erscheinung. Dann roll- te ein schwerer Lastwagen an der Straßevorbei,undderZauberder Szene war schlagartig verflogen. Ganz großartig ist es, nach sol- chen wunderlichen Momenten auf das Kanzleramt zu gucken. Wenn es voll beleuchtet in die Nacht heraus strahlt, kann dies Gebäude auf seiner der Spree zu- gewandten Seite etwas Exoti- sches annehmen – mit seinen verschwenderischen Formen festlich prunkend wie der Palast einer fremden Kultur. Und auf der dem Reichstag zugewandten Seite scheint das Kanzleramt manchmal geradezu zu grinsen. DIRK KNIPPHALS Wöchentlich ging der Autor eine Stunde lang durch das Regierungsviertel der deutschen Hauptstadt – jede Woche eine Stunde später als in der Woche da- vor. Nun sind 24 Stunden umschritten. Damit endet diese Reihe. 24 stunden spreebogen, folge 24 (und schluss) Von 23 bis 24 Uhr .............................................................................. ............................................................................. Plakat der Deutschen AIDS-Hilfe, 1988 FOTO: NORBERT HEULER/DETLEV PUSCH Der vorweihnachtliche Hauptbahnhof FOTO: KARSTEN THIELKER In mehreren Büchern beschäftigt sich Brigitte Weingart mit der Kol- lektivsymbolik der Ansteckung. Ihre viel beachtete Arbeit über die Repräsentationen von Aids trägt den Titel „Ansteckende Wörter“ (Suhrkamp Verlag). Mit Ruth Mayer gab die Literatur- und Kul- turwissenschaftlerin den Band „Virus – Mutationen einer Meta- pher“ heraus. Nach ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeite- rin an der Universität Bonn ist Bri- gitte Weingart, Jahrgang 1971, seit September 2007 Visiting Scholar an der Columbia Univer- sity in New York. ZUR PERSON FOTO:PRIVAT ANZEIGEN FAX: 030 - 25 160 08 E-MAIL: KULTUR@TAZ.DE kultur SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007  DIE TAGESZEITUNG 21 ANZEIGE VON CHRISTIAN KORTMANN Hollywood zittert nur selten vor einer Preisverleihung: Award Shows stellt das Fernsehen in den USA eigentlich mit Leichtig- keit auf die Bühne – dank Auto- ren, die zuvor einen Rahmen aus thematischen Motiven, Seiten- hieben auf die Stars, Pointen zum Tagesgeschehen und Run- ning Gags gebastelt haben und den Moderator bis zum Ende mit frischen Pointen beliefern. Auch dort, wo das US-Fernsehen live sendet und wie improvisiert wirkt, ist es im Grunde eine Lite- raturverfilmung. So stellt die Award Season ein sprachlich ver- dichtetes Gesamtkunstwerk dar, in dem unterhaltend der Zu- stand von Showgeschäft und Na- tion reflektiert wird. Die Preis- verleihung ist Nebensache mit Nebeneffekt: In ihren meist we- nig eloquenten, da selbst ge- schriebenen Dankesreden de- monstrieren die Stars ihre Ab- hängigkeit vom gedichteten Wort. Der American-Music-Awards- Gala vor zwei Wochen sah man jedoch mit Bangen entgegen, da sich Moderator Jimmy Kimmel zwar noch ans vor Streikbeginn fertig gestellte Grundskript klammern konnte, aber keine Unterstützung für spontane Wit- ze hinter den Kulissen hatte. Kimmel, selbst Mitglied der Wri- ters Guild und daher als Autor im Streik, zog sich aus der Affäre, in- dem er zwischen seinen Modera- tionen lange von der Bühne ver- schwand – seine Gags improvi- sierte er. Wer jetzt denkt, das sei doch ganz normal im Showbusi- ness – ein Mann, ein Witz – hat zu lange dem Alleinunterhalterkla- mauk im deutschen Fernsehen zugeschaut, etwa Harald Schmidt am Donnerstagabend bei der Bambi-Verleihung. Alternativlos: der Clown Prägnanter als durch diese bei- den Ereignisse lässt sich der Un- terschied zwischen dem US- amerikanischen und dem deut- schen Fernsehen kaum illustrie- ren: Wo man jenseits des Atlan- tiks die Durchführung einer Show ob des Fehlens der besten Schreiber infrage stellt, gibt es bei hiesigen Gala-Moderationen keine Alternative zum Modell Klassenclown, der es als per se „lustiger Typ“ irgendwie richten soll. Deshalb ruft der Streik der Drehbuchautoren beim deut- schen Publikum kaum mehr als ein Schulterzucken hervor: Von Spielfilm- und Doku-Ausnah- men abgesehen, kennt man kein gut geschriebenes Fernsehen und hat deshalb keinen Begriff davon, was es bedeutet, wenn Au- toren für die Bildmedien ausfal- len. Als Thomas Gottschalk 2002 in „Wetten, dass …?“ durch be- sonders schlechte Witze auffiel, regte ZDF-Intendant Markus Schächter die Unterstützung durch Autoren an. Er brauche „keine Witzeschreiber wie Stefan Raab“, empörte sich Gottschalk, als rühre dies an seiner Ehre: „Ich lebe von meiner Spontaneität und von meinem Wortwitz.“ Dass Gottschalk seine Weige- rung, sich zu verbessern, als Stär- ke verstanden wissen wollte, ist symptomatisch für die Gesamt- situation der Unterhaltung: Denn um jenen „Wortwitz“ auf konstant hohem Niveau zu pro- duzieren, ist eine kollektive Pro- duktionsweise unabdingbar. Die besten Entertainer wissen das und sind stolz, die besten Au- toren verpflichtet zu haben: Als Jon Stewart sich auf die Modera- tion der Oscars 2006, Krönung jeder Host-Karriere, vorbereite- te, ließ er sich von der Los Ange- les Times zusammen mit seinen Autoren David Javerbaum und Ben Karlin porträtieren. Oscar- Moderatoren sind zum Ver- dammt-gut-Sein verdammt, weil sie sich mit nur einem schwa- chen Gag vor der ganzen Welt blamieren würden. Ex-Host Chris Rock gab Jon Stewart einen einzigen Tipp: „Nimm einen Rei- sepass mit, 10.000 Dollar und ei- nen falschen Bart. Und wenn du nach Mexiko flüchten musst, dann flüchtest du!“ Nicht nur die deutschen Shows, auch die Fernsehserien bewegen sich nahe der Irrele- vanz: Wenn in diesen Wochen li- terarisch Interessierte beim Zap- pen nicht bei Arte, sondern auf Ein Mann, ein WitzEin Gottschalk dürfte sich in den USA niemals seine Moderationen schreiben – Drehbuchautoren sind dort wichtiger als in Deutschland. Wir haben uns jedoch an unliterarisches Fernsehen gewöhnt RTL hängen bleiben, dann liegt das an der Serie „Dr. House“, de- ren auch sprachlich brillanten Zynismus man in der Gegen- wartsliteratur, vor allem der deutschen, lange sucht. Zudem traut man deutschen Produktio- nen den kühnen Dreh, eine Ärz- teserie mit Sherlock-Holmes- Motiven und Genieästhetik zu verknüpfen, längst nicht mehr zu: Das Medium wirkt wie ein für die Literatur verlorenes Terrain. Dabei beweist eine Serie wie „Dr. House“, dass hoch intelligentes Fernsehen zum Quotenerfolg werden kann. Sind es ängstliche TV-Redak- teure oder einfallslose Dreh- buchautoren? Wer ist schuld am Mangel der Ambition, fürs Fern- sehen mehr zu schreiben als Sät- ze, die Schauspieler aufsagen? Wenn es doch jemand tut, ist das Staunen groß: Olli Dittrich ist als „Dittsche“ deshalb so überzeu- gend, weil er vor jeder Show die Wochenthemen mit Marcus Wei- mer, Dietmar Burdinski und Al- brecht Koch für den Dittsche- Kosmos aufbereitet: Ohne diese auf Drehbuch-Schemata verzich- tende und deshalb umso literari- schere Autorenarbeit wäre Ditt- sche nur ein bemitleidenswerter Mann im Bademantel. Vorbild„Schmidteinander“ Auch in den USA sind es die anar- chischsten Shows, die das Auto- renprinzip auf die Spitze treiben: Late-Night-Host Conan O’Brien sendete einmal nur die Tonspur seiner Show, ließ aber alle betei- ligten Personen inklusive Publi- kum von Skelett-Puppen mit Pe- rücken nachspielen. In diesem Moment ver- schwamm die Grenze zwischen Theater und Fernsehen, gelang also das, was Harald Schmidt nicht mehr ernsthaft versucht: Obwohl er in „Schmidteinander“ seinen Chefautor Herbert Feuer- stein prominent vor die Kamera holte, schwächt er seine Position heute durch zu großes Vertrauen in die Relevanz der eigenen Bio- grafie und seine Schlagfertigkeit. Mit einem Team von Top-Auto- ren auf amerikanischem Niveau sähe „Schmidt & Pocher“ ganz anders aus. Deswegen mag man manchmal gar nicht mehr hin- gucken: Es wirkt so, als hätte sich Schmidt, einst die Hoffnung des literarischen Fernsehen, von der unliterarischen deutschen Va- riante des Mediums anstecken lassen. Courtney Love bei David Lettermans „Late Show“ und einer von Lettermans Autoren beim Streik FOTOS: DPA, REUTERS berichtigung Wenn man nicht selbst eifriger Hörer dieser Musik gewesen wä- re, säße man wohl ratlos vor dem gestern erwähnten „Bleep- und Clonk-Sound“. „Clonk“ hieß 1990 ein Track von Sweet Exorcist. Plat- ten mit „Bleep“ im Titel sind da- mals dagegen dutzendweise er- schienen. „Bleep“ bezieht sich da- bei lautmalerisch auf die piepen- den Signaltöne, die den Charme dieser wunderbaren Musik aus- machen. Biep, biep … biiieeeep. Merkst du’s auch? Das E kommt. ...................................... ...................................... 24 DIE TAGESZEITUNG  SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 die wahrheit FAX: 030 - 25 160 08 E-MAIL: WAHRHEIT@TAZ.DE .............................................................................. erscheint täglich Montag bis Samstag, Herausgeberin: taz, die tageszeitung. Verlagsgenossenschaft eG Hausanschrift: Kochstraße 18, 10969 Berlin Postanschrift: Postf. 610229, 10923 Berlin Telefon: (030) 2 59 02 - 0 Internet: www.taz.de Chefredaktion: Bascha Mika Reiner Metzger (stellv.), Peter Unfried (stellv.) 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(4) 4 Wenn’s zischt und pufft und knallt, stimmt sie. (6) 5 Da wurde Atatürks Sieg über Grie- chenland besiegelt. (8) 6 Hat Moses den Ort ausgelotet? (5) 7 Opa Rademann zeigt sich gern bei diesem Aufmarsch. (6) 8 Siehe wuv 252 Frage sieben! (5) 9 Eigentlich kommen die Panama- hüte aus dieser Bananenrepublik. (7) 10 Hier kommt der kleine Eginhart (4) 11 In der Hauptstadt von Padding- ton Bärs Geburtsland herrscht prima Klima. (4) 12 Der militärische Abschirmdienst ist immer für kleine verrückte Infos gut. (3) 13 Die findet wohl jeder anstren- gend. (8) 14 Wird da an der Küste Strom ge- macht? (4) 15 Also jetzt muss doch mal ein Sieg her. (4) 16 Das Aas ist auch in totem Zustand noch so. (7) 17 Diese Veranstaltungen sind dazu da, sich zu vergleichen. (6) 18 Französische Äpfel aus der Frit- tenbude? (6) 19 Brahms hatte was für den erns- ten Liedvortrag übrig. (6) 20 In den Kreisen geht es sehr kühl zu. (3) 21 Ist so doof, dass es auch dem Letzten ins Messer läuft. (5) 22 Andererseits geht es in Italiens Hauptstadt recht liebevoll zu. (4) 23 Die Kopfgeburt ist schon einen Gedanken wert. (4) 24 Englandreisende müssen auch heutzutage noch mit dem Zoll rech- nen. (4) 25 Säugetier?!? (7) 26 Anfänglich fand ich die Creme ni- veaulos. (5) 27 So ein tierischer Halsabschneider aber auch. (9) Das Lösungswort ergibt sich aus den Feldern mit Kreis: Der wahre Zocker steht mal im Sonnenschein, mal im Regen. (6) Auflösung vom 24. 11. 2007 SPEICHER 1 LEPORELLO, LICHTMASCHINE 2 PEITSCHEN 3 REALO 4 OTTER 5 PIK, PEN 6 KLINGELBEUTEL 7 CHINA 8 LITANEI, LUTZ 9 TESTOSTERON 10 NACHTTOPF 11 ACHSEN 12 MARCEL 13 SINN 14 NYKTINASTIE 15 KNICK 16 ASTRO 17 ITALIEN 18 AUS 19 TROTT 20 EIS 21 KARTOFFEL Gewinner: Regine Seeger, Erlig- heim; Doris Elsenhans, Bietigheim- Bissingen; Hagen Skirlo, Berlin Zu gewinnen gibt es je ein Buch ei- nes taz-Autors oder einer taz-Auto- rin. Schicken Sie das Lösungswort bitte bis zum 5. 12. 2007 (Datum des Poststempels) per Postkarte an: taz-WERBUNG, Kochstr. 18, 10969 Berlin, oder per E-Mail an: raet- sel@taz.de. Der Rechtsweg ist wie immer ausgeschlossen. wahrhaftig und verborgen 253 von ud FAHNDUNGSFOTO:TAZ-ARCHIV ZEICHNUNG:ARIPLIKAT Neulich wurde ich in einer Re- portage mit dem Titel „GleisEpi- soden“ auf 3sat darüber unter- richtet, das Straßenbahnnetz der Kölner Verkehrsbetriebe sei „zu- kunftsfähig“. Ein Straßenbahn- netz ist: zukunftsfähig? Fähig zur Zukunft? Fit für dieselbe? Manchmal bedarf es eines erst auf den zweiten Blick verqueren Kontextes, einer sinnwidrigen Zusammenstellung zweier Wör- ter – wie jener von „Straßen- bahnnetz“ und „zukunftsfähig“ –, um die allgemeine Nichtigkeit und Qualligkeit eines lange un- auffällig gebliebenen Wortes zu erkennen, in diesem Fall eben des Wortes „zukunftsfähig“. Das zusammengesetzte Ad- jektiv „zukunftsfähig“, dieses harmlos dreinschauende Kom- positum, scheint heute in allen politischen und medialen Ver- lautbarungslagen unverzichtbar zu sein. Der Hinweis darauf, die- ses oder jenes Konzept oder die- ser oder jener Vorsatz verdeutli- che, wie zukunftsfähig dies oder das doch sei – von der Nahost- diplomatie bis zum Friseurhand- werk –, unterstreicht, dass der Verantwortungsträger sich der ethischen Dimension seiner Plä- ne und Handlungen voll und ganz bewusst und im Sinne un- serer Kinder und Kindeskinder überzeugungsstark einsatzbe- reit sei. Zukunftsfähig? Na klar! Aber immer! „Wie zukunftsfähig ist die Glo- balisierung?“, fragt etwa ein Pa- pier der grünen Heinrich-Böll- Stiftung, und die SPD dürfte nach ihrem extrem historischen Parteitag mit Sicherheit auch wieder total zukunftsfähig, das heißt in der Lage sein, die Zu- kunft kraftvoll an sich zu reißen; zumindest behauptet das ir- gendwie der Vorsitzende der SPD Niedersachsen, wenn er erklärt: „Nur durch die Einbeziehung al- ler können wir sozial gerechte und leistungsfähige Konzepte entwickeln, mit denen Nieder- sachsen wieder zukunftsfähig wird.“ Zukunftsfähig soll schlicht- weg alles werden. Die deutsche Medizintechnik soll’s werden, das Gesundheitssystem soll’s werden, das Bundesministerium für Bildung und Forschung will den „Klimawandel in Regionen zukunftsfähig gestalten“ und nennt das nämliche erhabene Programm oder Projekt selbst- verständlich „KLIMZUG“. Das Bayerische Staatsministe- rium für Wirtschaft, Infrastruk- tur, Verkehr und Technologie ist da schon weiter und verkündet: „Bayern – wachstumsstark, inno- vativ, zukunftsfähig“, und dito der Chefredakteur der Zeit, Gio- vanni di Lorenzo, hält „Print für zukunftsfähig“ – na, denn mal toi, toi, toi! Nur Brummbahnchef Hart- mut Mehdorn mag in Anbe- tracht des wackelnden Börsen- gangs seines Unternehmens das Wort „zukunftsfähig“ offenbar nicht in den breiten Mund neh- men, keine der schon sehr zu- kunftsfähigen Internet-Suchma- schinen will da Belege liefern. Während ein kürzlich runterge- robbtes Symposium an der TU Darmstadt zu dem Schluss kam: „Die Entwicklung, Planung und Erstellung von zukunftsfähigen Bauwerken bedeutet eine große Herausforderung für das gesam- te Bauwesen.“ Es ist indes nicht allein so, dass sich einem beim Tippen dieses auf dem unerbittlichen Vormarsch befindlichen neuen Gratis- und Idiotenwortes recht rasch die Hände verkrampfen; die ganze wichtighuberische Zu- kunftsgeilheit, dieser omniprä- sente Zukunftsfetischismus, ver- weist, möchte man mutmaßen, auf etwas Prinzipielles. Denn ge- nügt es heute nicht mehr, auch einfach mal bloß die plumpe, matte, allzu glanzlos der Zukunft entgegenstehende Gegenwart zu meistern oder halbwegs würde- voll auszuhalten? Nun, das wird es wohl sein: dass die Durchschnittsdepperl wie Sie und ich im Zuge der gras- sierenden Vernarrtheit in die Zu- kunft über die harmvolle Gegen- wart hinweggetäuscht und an der Nase herumgeführt werden sollen. Nicht neu, dieser mediale Trick – aber immer wieder eine gegenwartserhellende Freude, der Sprache dabei zuzusehen, wie sie uns für dumm verkauft. JÜRGEN ROTH Scharf auf Zukunft Das deutsche Dummwort „zukunftsfähig“ und seine alltäglichen Folgen der irischen Hauptstadt begangen wurde: Aus der Guinness-Brauerei in Dublin wurden 450 Fässer Bier gestohlen.EineinzelnerMann fuhr mit seinem Lastwagen auf das Ge- lände, befestigte einen Hänger mit den lieferfertigen Fässern an sei- nem Fahrzeug und verschwand. Es handelt sich dabei um den größten Diebstahl in der 248-jährigen Ge- schichte der Brauerei. Der Gesuch- te Ralf Sotscheck soll sich kurz nach dem Bierraub aus Irland abgesetzt haben. Laut Zeugenangaben soll er sich derzeit in der Schweiz auf- halten, um dort für eine Reportage über Schweizer Whiskys zu recher- chieren. Sotscheck-Kenner vermu- ten, dass die 450 Fässer Guinness zum Nachspülen gedacht sind. Al- lein ist Schwhisky offenbar zu tro- cken. Ende der Durchsage. Teile unserer Auflage enthalten Beilagen von Berliner Stadtmission, Lehmannsche Buchhandlung u. Haus d. Kulturen .............................................................................................................................................................. ..................................... ................................................................................................................... gurke des tages Ussama Bin Laden gibt es jetzt erstmals mit deutschen Unterti- teln. Das meldete gestern die Nachrichtenagentur AFP unter Be- rufung auf die US-Fachorganisa- tion IntelCenter, die eine neue Vi- deo-Botschaft des Al-Qaida-Haupt- darstellers untersucht hat. Aber wer guckt hierzulande schon Filme mit Untertiteln? Kein Wunder, dass Bin Laden mit seinen Videos inDeutschlandnichtgutankommt. Wenn Bin Laden Erfolg haben will, muss er synchronisiert werden – am besten mit der Stimme von Christian „De Niro“ Brückner. .............................................................................. Im Löwenkäfig herrschte gähnen- de Langeweile. Alle Pfleger waren bereits aufgefressen, die Kinder waren aus dem Haus und Sultan und Suleika hatten sich schon lan- ge nichts mehr zu erzählen. „Wozu miteinander reden? Ich weiß doch eh, was du denkst“, war das Letz- te, was Suleika vor fünf Jahren aus Sultans Maul vernommen hatte. Ihr ging es umgekehrt allerdings genauso. So lagen sie Seit an Seit und glotzten vor sich hin. Doch plötzlich geschah es: Ein kleines Mädchen kam am Gitter vorbeige- laufen und warf ein Steinchen in den Käfig. Das war das Aufre- gendste, was Sultan und Suleika je erlebt hatten. Beide zuckten kurz mit den Ohren und dachten noch lange an dieses Ereignis zurück. Ja, so ging es zu, im Löwenkäfig. das wetter: im löwenkäfig berlin FON: 030 - 25 902 232 FAX: 030 - 25 18 674 E-MAIL: BERLIN@TAZ.DE 25 SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 ..................................... ..................................... hauptstadtvertrag Kein schlechtes Geschäft Der Hauptstadtvertrag zwischen Berlin und der Bundesregierung ist ein Kompromiss. Und er ist kein schlechter. Aus Sicht der Stadt ist der Weg frei für die Sa- nierung der bröckelnden Staats- oper Unter den Linden. Dass der fromme Wunsch Klaus Wowe- reits, die Bühne gänzlich dem Bund unterzuschieben, damit nicht in Erfüllung geht, fällt nicht einmal als Niederlage ins Gewicht. Die Zuschüsse des Bun- des von 200 Millionen Euro und der Verbleib der Oper beim Land Berlin retten den Regierenden Bürgermeister vor einer neuen Baustelle – nämlich der Revision seiner Opernreform. KOMMENTAR VON ROLF LAUTENSCHLÄGER Nicht schlecht verhandelt hat der Regierende auch in Sachen Kostenverteilung hauptstadt- bedingter Sicherheitsausgaben. Berlin hat sich zwar einen dicke- ren Batzen erhofft, doch bilden die jährlichen 60 Millionen Euro vom Bund ein besseres finanziel- les Rückgrat als die bisherige Summe. Das ist nur gerecht. Und das Thema Tempelhof? Selbst hier ist der Kompromiss einer, den Berlin zu seinen Guns- ten auslegen kann. Es war richtig, dass Wowereit den „Mister Njet“ mimte, als der Bundesfinanzmi- nister darauf bestand, dass Ber- lin für den Flughafen sowohl ei- nen zweistelligen Kaufpreis be- zahlt als auch alle Risiken über- nimmt und den Bund an späte- ren Erlösen über Jahre beteiligt. Das wäre ein schlechtes Geschäft gewesen. Wer einwendet, dass die jetzi- ge Vereinbarung Ähnliches bein- halte, weil Berlin eine Katze im Sack gekauft hat, übersieht zwei- erlei: Das Verbleiben des Airport- geländes beim Bund hätte zum einen für die Stadt die Konse- quenz gehabt, sich dort aus der Stadtentwicklung verabschieden zu müssen. Zum anderen lässt die jetzige Lösung zu, dass Berlin dort auch Geld verdienen kann. Das ist die große Aufgabe, die der Hauptstadt-Kompromiss dem Senat nun stellt. Trotz scharfer Kritik des Bundes- rechnungshofes (BRH) hält Bun- desverteidigungsminister Franz Jung (CDU) am Bombodrom fest. „Es gibt keine Alternative zu dem Luft-Boden-Schießplatz bei Witt- stock“, sagte ein Sprecher Jungs am Freitag. Die Bundeswehr will auf dem 14.000 Hektar großen Areal Bombenabwürfe und ex- treme Tiefflüge trainieren. Zuvor hatte die Deutsche Pres- se-Agentur unter Berufung auf ein Schreiben des Rechnungs- hofs gemeldet, die Nutzungs- konzepte der Luftwaffe würden „nicht mehr annähernd dem tat- sächlichen Bedarf entsprechen“. Seit Jahren würde die Luftwaffe ihre bisherigen Übungsplätze für Luft-Boden-Kampfeinsätze nicht auslasten. „Zuletzt flog sie nur noch ein Drittel der geplanten Übungen. Trotzdem hält sie daran fest, für rund 270 Millionen Euro“ die Ka- pazitäten auszuweiten, kritisie- ren die Prüfer. Sie erwähnen in dem Schreiben nicht explizit das „Bombodrom“, sprechen sich aber klar gegen jegliche Erweite- rung der Luft-Boden-Übungs- möglichkeiten aus. Der Ministeriumssprecher be- tonte dagegen, die Notwendig- keit des „Bombodroms“ bemesse sich nicht an den Flugbewegun- gen. „Es geht uns vor allem um die Qualität des auf dem 14.000 Hektar großen Areal möglichen Übungsbetriebes sowie um mehr Flexibilität und eine Ent- lastung der zwei Übungsplätze in Siegenburg und Nordhorn.“ Zudem entfielen von 270 Millio- nen Euro an Kosten 220 Millio- nen auf die Altlastensanierung auf dem einstigen sowjetischen Truppenübungsplatz. Um die Nutzung des Gebiets in der Kyritz-Ruppiner Heide wird seit 15 Jahren gestritten. Be- wohner und Tourismusbranche fürchten starke Lärmbelästigung und damit wirtschaftliche Ein- bußen. Bislang haben mehrere Ge- richtsentscheidungen die Inbe- triebnahme des „Bombodroms“ verhindert. IMKE HENDRICH, DPA Neuer Streit ums Bombodrom Erstmals äußert der Bundesrechnungshof Zweifel, ob der Übungsplatz bei Wittstock überhaupt gebraucht wird. Den Bundesverteidigungsminister beeindruckt das nicht PANKOW PROTESTIERT Gegen Kahlschlag Aus Protest gegen die Schließung der Bibliothek haben Kinder in der Esmarchstraße die Stadtteilbiblio- thek in Pankow besetzt SEITE 26 MITTE PROTESTIERT Gegen SS-Mann In Italien ist er zu „lebenslänglich“ verurteilt, in Berlin lebt er auf freiem Fuß. Heute wird gegen Max S. (83) demonstriert SEITE 27 VON ROLF LAUTENSCHLÄGER Alle Zeichen bedeuteten gestern nur eines: Der Bund und Berlin haben sich wieder lieb. Klaus Wo- wereit (SPD), der vor zwei Wo- chen noch in Richtung Bundes- regierung giftete, dankte dieser jetzt für die finanziellen Zuga- ben. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sowie Kultur- staatsminister Bernd Neumann (CDU) haben das Kriegsbeil ebenfalls begraben. Neumann betonte, der neue Hauptstadt- vertrag sei „ein sehr erfreuliches Ergebnis“. Berlin sei „finanziell nun deutlich besser“ ausgestat- tet worden. Die Berlin-Bund-Ver- einbarung mit Zuschüssen für die Kultur, die Sicherheit und Bundesimmobilien bilde eine „abschließende Lösung“. Nach monatelangem Gezänk samt gegenseitigen Drohungen, die Gespräche über zusätzliche Finanzmittel für sogenannte hauptstadtbedingte Sonderauf- gaben des Bundes an Berlin plat- zen zu lassen, einigten sich am Freitag im Kanzleramt der Berli- ner Senat und die Bundesregie- rung auf den neuen Hauptstadt- vertrag. So wird der Bund die be- reits zugesagten 200 Millionen Euro zur dringend nötigen Sa- nierung der maroden Staatsoper Unter den Linden an Berlin überweisen. Im Gegenzug ver- pflichtet sich das Land, die Oper weiterhin zu betreiben und sie jährlich mit zusätzlich 10 Millio- nen Euro – und damit dann ins- gesamt 41 Millionen Euro – zu fördern. Ursprünglich hatte Wowereit darauf gesetzt, dass der Bund die Staatsoper – wie andere kulturel- le „Leuchttürme“ in der Haupt- stadt, etwa das Jüdische Museum oder die Akademie der Künste – gänzlich in seinen Besitz über- nehmen werde. Ebenfalls mehr zahlt der Bund für die gewachsenen „haupt- stadtbedingten“ Sicherheitsauf- gaben Berlins. Für die Bewa- chung der Botschaften sowie Par- laments- und Regierungsgebäu- de und für mehr Polizei bei Staatsbesuchen oder Demonst- rationen erhöht der Bund seinen Anteil von 38 auf 60 Millionen Euro jährlich. Auch das bedeutet einen Kompromiss, hatte doch Klaus Wowereit anfangs den ak- tuellen Berliner Aufwand für Si- cherheitsleistungen mit 100 Mil- lionen Euro geltend gemacht. Geklärt wurde auch der här- teste Brocken des Vertragspo- kers: die Zukunft des ab 2008 geschlossenen Flughafens Tem- pelhof. Das Land Berlin wird das Flughafengrundstück samt dem riesigen Gebäude aus den 1930er-Jahren vom Bund kaufen und für die Unterhaltskosten von 10 bis 15 Millionen Euro auf- kommen. Gleichzeitig beteiligt sich der Bund an den Kosten der Altlastensanierung. Nicht durchsetzen konnte sich Steinbrück bei den zukünftigen Erlösen des 380 Hektar großen Airport-Fläche. Der Bund soll zwar zur Hälfte an Wertsteige- rungen beteiligt werden, aber nicht für 20, sondern nur für 10 Jahre. „Wir hätten uns eine an- dere Lösung vorgestellt“, hieß es aus dem Kanzleramt. Über das Thema Tempelhof hatten sich Wowereit und Stein- brück in den vergangenen Wo- chen öffentlich eine heftige Aus- einandersetzung geliefert. Der Bundesfinanzminister bestand bislang darauf, dass Berlin für den Flughafen sowohl einen zweistelligen Kaufpreis bezahlt als auch alle Risiken übernimmt. Das lehnte der Senat ab. Friedbert Pflüger, CDU-Frak- tionschef im Abgeordnetenhaus kritisierte, dass Wowereit das An- gebot des Bundes zur Übernah- me der Unterhaltskosten für den City-Airport Tempelhof abge- lehnt habe. Die Chefin der Links- fraktion, Carola Bluhm, lobte Wowereits Verhandlungsfüh- rung. Wowereit habe „ausdau- ernd, hart und konsequent“ im Sinne Berlins verhandelt und so einen wichtigen Erfolg zum Vor- teil der Stadt erzielt. Hauptstadtfrieden ist besiegelt Berlin und der Bund begraben das Kriegsbeil und unterzeichnen neuen Hauptstadtvertrag. Das Land erhält Millionenzuschüsse. Auch Streitfall Tempelhof wird friedlich geregelt: Berlin kauft den Airport ANZEIGEN ANZEIGEN Besuchen Sie den Online-Auftritt der tageszeitung. Jetzt neu: www.taz.de Jeden Tag ein Türchen – so ist es Brauch im Advent, so machen es auch wir. Hinter den Türen unseres Kalenders stecken freilich weder Schokolade noch pausbäckige Engelsgesichter, sondern echte Überraschungen, wie sie nur Berlin zu bieten hat. Selbstverständlich halten wir uns dabei genau an die Nummerierung: Den Anfang macht der Spreeweg 1 SEITE 26 IMMER EINE GUTE NUMMER: DER TAZ-BERLIN-ADVENTSKALENDER Lesung DIE VER- SCHWULUNG DER WELT Rede gegen Rede Beirut – Berlin mit Joachim Helfer und Peter Godbersen Fr. 7. Dezember, 20 Uhr Heinrich-Böll-Stiftung, Hackesche Höfe, Berlin Info: www.boell.de tickets 20 35 45 55 staatsoper-berlin.de 02. DEZEMBER maria stuarda ein Glanzstück des italienischen Belcanto von Gaetano Donizetti taz 26 TAZ BERLIN  SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 berlin FAX: 25 186 74 E-MAIL: BERLIN@TAZ.DE Jetzt gibt es Berlins 1.Faires Frühstück im tazcafé. Immer am 1.Sonntag im Monat. • köstlicher tazpresso • reichhaltiges Buffet • anregende Zeitungslektüre • angenehmes Stimmengewirr für faire 7,50Euro Sonntag den 2. 12. 2007 von 10–15 Uhr tazcafé | Kochstraße 18 | Berlin-Kreuzberg Wir haben es satt! Ach Potsdam, du hast es einfach besser: Schon Friedrich Zwo re- gierte lieber am Ufer der Havel- seen als im derben Berlin, und während er das Potsdamer Stadt- schloss aufwendig umgestalten ließ, verabscheute er den düste- renKastenaufderSpreeinsel,der ihm gerade gut genug für seine Frau erschien. Undheute?Sammelt der Geschäftsführer des Fördervereins Ber- liner Schloss, Wilhelm von Boddien, seit nun- mehr 15 Jahren Spen- den für eine Schlossfas- sade, die das geplante Humboldtforum verschönern soll. Gestern hat er bekannt gege- ben, wie viel schon im Spar- schweinsteckt:15MillionenEuro. Macht eine Million pro Jahr. Von den angestrebten 80 Millionen Euro ist man noch weit entfernt. Auch Potsdams Bürgertum sehnt sich nach barockem Stuck, aber hier läuft das ein bisschen anders: Hier kommt erst ein Herr Jauch und stellt mit dem Fortu- naportal ein Stück Schloss in die Landschaft, und dann kommt ein Herr Plattner, der mit Software Milliarden gemacht hat, und schenkt der Stadt mal eben 20 Millionen – wenn sie den Land- tagsneubau mit einer original Preußenfassa- de verziert. Fertig ist dieHohenzollernlaube. So gesehen ist Bod- dien der Loser der Wo- che. Er selbst sieht das natürlich anders, er hofft auf eine „deutli- che Zunahme“ der Spenden, jetzt, wo Land und Bund sich beim Hauptstadtver- trag geeinigt haben. Das eine hat mit dem ande- ren nicht viel zu tun, aber ein we- nig Aufbruchstimmung kann nie schaden. Und vielleicht er- scheint ja auch noch ein Plattner ex Machina. Wäre doch nur ge- recht. CLP FOTO: AP Die Besetzer werden immer jünger. Knirpse und Eltern in der Esmarchstraße FOTO: WOLFGANG BORRS WAS MACHT EIGENTLICH ... … der Schlossplatz? Spendern wenig gelten Über 100.000 für Tempelhof Die Zahl der Unterschriften zum Volksbegehren nach Erhalt des Flughafens Tempelhof hat nach sieben Wochen die Marke von 100.000 übersprungen. Nach Angaben des Landeswahlleiters vom Freitag unterschrieben bis zum Donnerstagabend 100.277 Berliner auf den Listen, die in den Bürgerämtern ausliegen. In der ablaufenden siebten Woche wurden knapp 8.000 Stimmen abgegeben, rund 4.000 weniger als in der vorangegangenen Wo- che. Breite Unterstützung findet Tempelhof vor allem im Westen. Insgesamt benötigt die Initiative zum Erhalt des Stadtflughafens (Icat) bis Mitte Februar 170.000 Unterschriften. Sollte das Volks- begehren erfolgreich sein, gibt es voraussichtlich im Juni nächsten Jahres einen Volksentscheid .DPA Preis für clevere Produkte Für die Entwicklung zukunfts- weisender Produkte, Verfahren und Dienstleistungen mit guten wirtschaftlichen Aussichten sind drei Brandenburger und zwei Berliner Unternehmen mit dem Innovationspreis 2007 ausge- zeichnet worden. Der Preis ist mit jeweils 10 .000 Euro dotiert, teilten die Wirtschaftsverwaltun- gen beider Länder anlässlich der Verleihung am Freitag in Pots- dam mit. Der Innovationspreis Berlin-Brandenburg sei ein Bei- trag zur Wirtschaftsförderung. Unter den Gewinnern ist die Acri.Tec AG aus Hennigsdorf. Die Firma hat eine Augenlinse entwickelt, die Patienten mit grauem Star implantiert wird und es ihnen ermöglicht, ganz ohne Brille oder Kontaktlinsen zu leben. DPA Bibliotheksschließungen Alle Politiker sprechen von Pisa. Alle Politikerinnen fordern eine Bildungsoffensive. Alle Demografen reden davon, dass Kinder die Zukunft sind. Das Gerede ist die eine Seite der Medaille. Die an- dere: Politiker und Politikerinnen der Hauptstadt sind standhaft dabei, den Kindern den Zugang zu Bildung zu verunmöglichen. Denn die Unterfinanzierung der Bezirke ist mittlerweile so groß, dass in Pankow und Mitte nun Kinderbibliotheken geschlossen und die Lehrer der Musikschulen entlassen werden. Wen trifft es? Die Kleinen. Die, die keine Lobby hatten. Bisher nicht. TAZ THEMA DES TAGES VON BENJAMIN VON BRACKEL Dutzende Knirpse in bunten Winterjacken bummeln in den Vorhof der Kurt-Tucholsky-Bibli- othek in der Esmarchstraße in Prenzlauer Berg und machen or- dentlich Krach. Ein Kind schlägt auf einen Topf, die anderen ru- fen mit voller Stimme Parolen, deren Sätze in dem Lärm zerflie- ßen. Ein kleines Mädchen in rosa Jacke hält stolz ein Plakat hoch: „Wir wollen unsere Bibliothek be- halten“. Um das zu erreichen, be- setzen die rund 40 Kinder das Gebäude – zusammen mit den Leuten der „Pro Kiez“-Initiative, die ebenfalls gegen die Schlie- ßung protestieren. „Wir wollen ein Zeichen set- zen, damit die Finanzplanung in der Öffentlichkeit diskutiert wird“, sagt Peter Venus von der Initiative Pro Kiez. Unter seinen Arm hat er ein Megafon ge- klemmt. Venus kritisiert, dass Kultur im Land Berlin keine „Pflichtaufgabe“ sei. Deshalb könnten die Leute keinen An- spruch auf Bibliotheken und Mu- sikschulen erheben. Die Pro- Kiez-Initiative hat in wenigen Wochen mehr als 3.000 Unter- schriften gesammelt, um die Kurt-Tucholsky-Bücherei zu erhalten, zu der auch die Kin- derbücherei „Nobi“ gehört. Doch vergebens: Der Bezirk Pankow hat den Zeitpunkt der Schließung bereits auf Freitag um 14 Uhr festgelegt. Bücher können allerdings noch bis Jah- resende zurückgegeben werden. Inzwischen haben sich die Fünfjährigen von der Kinderta- gesstätte in der nahe gelegenen Hans-Otto-Straße in der Biblio- thek niedergelassen und lau- schen leise der Geschichte „Die Hasen und der Wilddieb Walde- mar“. Anwesend ist auch der für die Schließung der Bücherei Ver- antwortliche, Kulturstadtrat Mi- chael Nelken (Linkspartei). „Ich habe natürlich großes Verständ- nis, dass die Leute hier protestie- ren“, sagt er. Er selbst sei auch nicht glücklich mit der Entschei- dung, doch könne er nichts ma- chen, wenn den Bezirken weiter das Gelder für Personal gestri- chen werde. „Es muss jetzt auch mal Schluss sein damit“, sagt der Stadtrat zu den Mittelkürzungen. „Das ist ganz traurig für die Kinder“, sagt Ulrike Roser (37). Ihr Kind sitzt gerade im Neben- raum. Bisher konnte es allein in die Bücherei laufen, nun müs- se man mit der Straßenbahn eine halbe Stunde fahren, um Bücher ausleihen zu können, sagt Roser. Knirpsenaufstand in Pankow Lesen macht schlau, auch die Kleinen. Das Bezirksamt Pankow dagegen macht doof, weil es die Kinderbibliothek in der Esmarchstraße schließen will. Nun haben die Kinder ihre Bibliothek besetzt Auch andere Bibliotheken sind betroffen: Die Pankower Be- zirksverordnetenversammlung (BVV) hat am 21. November mit den Stimmen der SPD und der Linkspartei beschlossen, die Bi- bliothek in der Senefelder Straße zu schließen. In anderen Bezir- ken gibt es ähnliche Pläne: In Karow soll eine Bibliothek in der Achillesstraße geschlossen wer- den, in Wedding die Jerusalemer Bibliothek in der Schulstraße. Auch dort wird gegen die Schlie- ßung protestiert: Vor der Biblio- thek versammeln sich die De- monstranten und wollen zum Rathausneubau in die Müller- straße ziehen. Organisiert hat das Tom Schweers von der Initia- tive „Rettet die Jerusalem-Biblio- thek“. Peter Venus richtet sich unter- dessen auf die Besetzung der Kurt-Tucholsky-Bibliothek in Pankow ein. Mit zehn bis zwanzig anderen Mitstreitern von Pro Kiez will er auch über Nacht dort bleiben. Die Kinder würden im Laufe des Tages natürlich wieder nach Hause gehen, sagt er. Wie lange die Besetzung dauern soll, ließ Venus offen. „Wir hoffen, dass entsprechender politischer Druck entsteht.“ FOTO:W.SCHWAB Jedes Haus hat eine Nummer. Doch was dahintersteckt, wissen nurwenige. ZumGlückgibtesAd- ventskalender: Da darf man täg- lich eine nummerierte Tür öffnen – und sich überraschen lassen. Was für ein Glück: Ich darf die erste Tür des Adventskalenders öffnen: die Nummer 1. Spreeweg Nummer 1. Unweit des Großen Sterns befindet sich das Haus; von hier sieht man die Goldelse. Zu der unspektakulären, zwei- flügeligen Haustür aus kirsch- baumfarbenem Holz führt eine Freitreppe. Sie wird von Kandela- bern flankiert. Vor der Freitreppe ist ein Rasen, den rechts und links je acht Koniferen zieren. Sie stehen da wie preußische Solda- ten. Zwischen Rasen und Straße wiederum verläuft ein eiserner Zaun, dessen Stangen oben in Speerspitzen enden. Das Gebäude ist gut bewacht, denn am Spreeweg 1 liegt nicht August Ferdinand von Preußen, der jüngste Bruder des Alten Fritz, das kleine Schloss vor 220 Jahren bauen ließ, hatte er mehr ans Wohnen denn ans Repräsen- tieren gedacht. Ein Mann, dessen Name sehr kompliziert klingt und der sich weigert, ihn zu buchstabieren, taz-adventskalender Spreeweg 1 „Gar nicht eingeschüchtert steige ich die Treppen zum Schloss Bellevue hoch und schaue rein. Ich, die Adventstürchenöffnerin. Ich, die Zaunkönigin“ .............................................................................................................................................................. ..................................................................................................................... weniger als unser Buckingham Palace – das Schloss Bellevue. Drinnen residiert niemand Ge- ringeres als unsere Queen – Bun- despräsident Horst Köhler. Köhler ist den Menschen zuge- wandt. Deshalb die Erlaubnis, hinter die gar nicht so hochherr- schaftliche Tür seines präsidia- len Domizils zu blicken. Als Prinz schließt mir die Tür auf. Nichts knarrt. Salopp und gar nicht ein- geschüchtert steige ich die Trep- pen hoch zum Schloss Bellevue undschauerein.Ich,dieAdvents- türchenöffnerin. Ich, die Zaun- königin. Ein heller Raum – „Lobby“, „Eingangshalle“, „sala terrena – ebenerdigen Saal“ nennen ihn die Eingeweihten – liegt hinter dem Eingang. Der Blick fällt durch ihn hindurch direkt zur großen Glastür, hinter der der Schlosspark beginnt. Flüchtig und leicht wirkt hier alles. Nichts schüchtert ein. Der Weg nach draußen ist offen. Keine Vorhän- ge verdecken die Fenster. Die bei- den Säulen, die beiden 24-kerzi- gen Kronleuchter, die drei schwarzen Amphoren mit opu- lenten Blumengestecken geben der Halle eine lebendige Wärme. Selbst Theodor Heuss und Fried- rich Ebert, deren Gemälde die Gartentür flankieren, blicken freundlich herab. Wer auch im- mer diesen Eingang gestaltet hat, hat Maß gehalten: Augenmaß, Blumenmaß, Farbenmaß, Men- schenmaß. Zwei Möbel stehen im Raum: ein antiker Tisch, ein antiker Stuhl. Wer sich ins Gästebuch des Präsidenten einträgt, darf daran Platz nehmen. Passend zur Jahreszeit – aber unpassend, ja gar ein Verrat an der 1 im Adventskalender – wird gerade ein raumhoher Weihnachts- baum dekoriert. Einer der Schlossgärtner hängt silberne Kugeln und Strohsterne daran auf. Sie sind so groß wie Suppen- teller. WALTRAUD SCHWAB FAX: 030 - 2 51 86 74 E-MAIL: BERLIN@TAZ.DE berlin SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007  TAZ BERLIN 27 Partisanen tragen ihre Opfer zu Grabe. Marzabotto im Jahre 1945 FOTO: WALTER BREVEGLIERI/RAPI VON HEIKE KLEFFNER Eine schlichte Gedenktafel an einem Haus in der Rosenthaler Vorstadt erinnert an Wilhelm Schwarz. Der hatte 1945, wenige Tage vor Kriegsende eine weiße Fahne aus seinem Fenster flat- tern lassen, als sowjetischen Truppen die Stadt eroberten. Doch die Nazis kamen noch einmal zurück und knüpften Schwarz an einem Baugerüst auf. Ein paar Meter weiter ruft heute die Initiative „Keine Ruhe für NS-Kriegsverbrecher“ zu ei- ner Kundgebung. Doch am bun- desweiten Aktionstag unter dem Motto „Kriegsverbrecher zur Verantwortung ziehen“ erinnert sie nicht an das Schicksal von Wilhelm Schwarz. Sie will einen heutigen Bewohner der Straße an seine eigene Geschichte erin- nern – den heute 83-jährigen Max S. In Deutschland lebt Max S. auf freiem Fuß. In Italien aber wurde er zu lebenslanger Haft verur- teilt. Ein Militärgericht im nord- italienischen La Spezia hatte ihn zusammen mit neun weiteren ehemaligen SS-Soldaten aus Deutschland und Österreich im Januar 2007 wegen Beteiligung an einem Massaker in Marza- botto für schuldig befunden. Sie- ben weitere Angeklagte sprach das Gericht frei. Die Angeklagten waren zum Prozess nicht er- schienen, eine Haftstrafe hat bis- lang keiner der Verurteilten an- getreten. Drei Tage lang, vom 29. Sep- tember bis zum 2. Oktober 1944, hatten Einheiten der 16. SS-Pan- zerdivision Reichsführer SS, Wehrmachtssoldaten und ein- heimische Faschisten in dem kleinen Ort Marzabotto und den Nachbargemeinden in der italie- nischen Emilia Romagna gewü- tet. Mehr als 800 Menschen, dar- unter 216 Kinder und 141 über 60-Jährige wurden er- mordet. Die Tat gehört neben den Massakern von Sant’Anna di Stazzema zu den grausamsten Kriegsverbrechen, die Angehörige der SS und der Wehrmacht in Italien begingen. Im Jahr 2002 hatte der dama- lige Bundespräsident Johannes Rau als einer der ersten deut- schen Politiker den Ort besucht und sich entschuldigt: „Wenn ich an die Kinder und Mütter denke, an die Frauen und an die ganzen Familien, die an diesem Tag Opfer des Mordens geworden sind, dann ergreifen mich Trauer und Scham“, sagte Rau vor fünf Jahren. „Die Hinterbliebenen können auch 60 Jahre nach den Massa- kern aufgrund der schweren Traumatisierungen und des Ver- lusts von Eltern, Geschwistern oder Kindern oftmals kein nor- males Leben führen“, sagt Ralf Klein, Sprecher der Kampagne „Keine Ruhe für NS-Kriegsver- brecher“. So beschrieb der ehemalige Partisan Adelmo Benini in einer Zeitzeugenbroschüre, wie er von einem Berg aus zusehen musste, wie in der Ortschaft Casaglia bei Marzabotto auch seine Ehefrau und zwei Kinder ermordet wur- den. „Voller Panik stellten wir fest, dass die Nazis keineswegs Frauen und Kinder verschonten. Wir sahen, wie sie alle auf den Stufen zur Kapelle zusammen- pferchten, die Großen hinten, die Kleinen vorne; als ich merk- te, wie sie mit den Maschinen- gewehren zielten, warf ich mich den Bergrücken hinunter und schrie die Namen der meinigen. Ich konnte sehen, wie sie mit Maschinenpistolen und Geweh- ren mitten in die Unschuldigen schossen. Sie warfen Handgrana- ten, und die Soldaten töteten Ein- zelne, die noch am Leben waren und klagten.“ Mit dem Aktionstag, sagt Ralf Klein, wolle man „das Schweigen und Vergessen in Deutschland durchbrechen, das dafür sorgt, dass die Verurteilten ihren Le- bensabend genießen können“. Als 17-Jähriger war Max S. im Juni 1943 freiwillig in die SS ein- getreten. Sein Rechtsanwalt Jan Heckmann begründet diesen Schritt in einer Stellungnahme an die taz damit, „dass der Vater des Betroffenen an einer Kriegs- verletzung aus dem Ersten Welt- krieg verstorben“ sei und S. „durch das System fürsorglich behandelt und indoktriniert im Dritten Reich aufwuchs“. Im September 1944 – da war S. schon fast ein halbes Jahr mit der 5. Kompanie des Bataillons Reder in Italien – wurde der in- zwischen 18- Jährige mit dem Eisernen Kreuz zweiter Klasse für sei- nen Dienst in der 16. SS Division Reichsführer SS ausgezeichnet. Und am 1. August rückte Max S. in den Rang eines Unterschar- führers auf, der eine Gruppe von acht weiteren SS-Angehörigen befehligte. Inwieweit Max S. an dem Mas- saker in Marzabotto tatsächlich beteiligt war, ist jedoch umstrit- ten. Sein Mandant sei „nach Aktenlage“ nicht an dem Massa- ker beteiligt gewesen, da er am Morgen des 29. September „kriegsverletzt wurde“, erklärt sein Pflichtverteidiger Jan Heck- mann. Diese Tatsache werde von allen beteiligten Behörden und dem Gericht nicht bezweifelt. „Der hier Betroffene“, schließt Heckmann, „hat sich nachweis- lich nicht an den vorgeworfenen Taten beteiligt.“ Das Gericht in La Spezia hat je- doch ganz andere Schlüsse aus den Akten gezogen. Im Urteil des Militärgerichtshofs, das auf der Website der Ortschaft Marza- botto einsehbar ist, wird die Ver- lustmeldung, die seine Verwun- dung genau am Tag und am Ort des Blutbads attestiert, als „ent- scheidender Beweis“ bezeichnet. Im Zuge des italienischen Er- mittlungsverfahrens wurde Max S. im Jahr 2003 durch das Bayeri- sche Landeskriminalamt ver- hört. Dabei hatte er angegeben, „im Morgengrauen verwundet worden zu sein“. Das geht aus der Urteilsbegründung des Gerichts hervor. Die Richter aber schenken die- sen Angaben keinen Glauben: „Erwiesenermaßen begann die Operation am 29. 09. 1944 um 5 Uhr morgens. Wir besitzen keinen Anhaltspunkt, zu welcher ungefähren Uhrzeit Max S. ver- wundet wurde.“ Aus seiner eigenen Rekon- struktion des Ablaufs schließt das Gericht auf einen deutlich späteren Zeitpunkt: „Zu jener Verwundung allerdings kann es nicht gekommen sein, bevor die Der lange Schatten von Marzabotto Anfang des Jahres wurde der 83-jährige Max S. in Italien wegen Beteiligung an einem Massaker im Zweiten Weltkrieg zu lebenslanger Haft verurteilt. Dennoch lebt Max S. in Berlin auf freiem Fuß. Eine Initiative will heute das Schweigen brechen und fordert, ihm in Deutschland den Prozess zu machen Über 800 Menschen, darunter 216 Kinder und 141 Senioren, wurden ermordet 1. Kompanie, verstärkt durch den Zug aus der 5. Kompanie, auf die Partisanen stieß, etwas, das sich um 8.30 Uhr ereignete, während das Blutbad, wie schon mehrfach ausgeführt, um 8.00 Uhr be- gann.“ Doch auch unabhängig vom Zeitpunkt der Verletzung sieht die italienische Justiz Max S. in der Schuld: „In jedem Fall wird sich die Verantwortung des An- geklagten nicht allein aus der bloßen materiellen Teilnahme an dem Massaker ergeben, son- dern gleichermaßen aus seinem Handeln als Befehlshaber, das erklärtermaßen vor seiner Ver- wundung datiert.“ Pflichtverteidiger Heckmann kommt daher zu dem Schluss, dass es zu der Verurteilung „allein aufgrund des Ranges des Betroffenen“ gekommen sei. Vor allem aber bezweifelt er die Rechtmäßigkeit des Prozesses. „Das Strafverfahren in Italien entsprach nicht den Anforde- rungen, die die Europäische Menschenrechtskonvention an Strafverfahren stellt. Die Grund- sätze des deutschen Strafver- fahrens wurden erst recht nicht gewährleistet,“ erklärt Heck- ANZEIGE mann. So herrscht zumindest in ei- nem Punkt Einigkeit zwischen der Kampagne und dem Rechts- anwalt des 83-Jährigen: Beide Seiten fordern, dass sich die deutsche Justiz und die Gerichte mit dem Massaker beschäftigen. Jan Heckmann sagt, sein Man- dant wünsche sich ein Verfahren in Deutschland, um die Vorwür- fe gegen ihn aufzuklären. Die Kampagne verweist dar- auf, dass S. nur einer von vielen mutmaßlichen Kriegsverbre- chern sei, die von der Strafverfol- gung durch die deutsche Justiz unbehelligt blieben. So berichte- te das ARD-Magazin „Kontraste“ etwa im August 2006 über den 82-jährigen Karl Gropler, der am Massaker von Sant’Anna di Staz- zema beteiligt war und seit Jahr- zehnten unbehelligt in Wollin, einem Dorf in Brandenburg, lebt. Doch die deutsche Justiz zeigt wenig Interesse an einem Ver- fahren. In einem Brief an Heck- mann schrieb ein Oberstaatsan- walt im November 2006, dass die Vorsitzende der zuständigen Schwurgerichtskammer gegen- wärtig keinen hinreichenden Tatverdacht sehe. FAX: 030 - 25 160 08 E-MAIL: KULTUR@TAZ.DE  TAZ BERLIN 29 011207 tazplan sonnabend/sonntagkultur & programm berlin Writers Guild of America Am Pariser Platz Die gut 50 Demonstranten ste- hen sehr ungünstig, direkt in der touristischen Fotografierschnei- se aufs Brandenburger Tour. Fernsehen ist da und Fotografen, also scharen sich fotografierwü- tige Reisegruppen und Schul- klassen um das Demonstranten- häuflein – könnte ja wichtig sein, ist ja Berlin. Zwei ältere Herren mit Gamsbarthut und bayeri- schem Akzent sind noch skep- tisch. „Was woint die nochat?“ – „Wois i net, was steht denn draf auf dene Schilder?“ – „We sup- port:WritersGuildofAmerica.“ – „Kennat die des net auf Deutsch draufschreim?“ – „Guild, ist des net was mit Schuidn? ‚Schulden Amerikas‘?“ - „Wois i net.“ – „Ja mei, s’Wetter is ja guat, da kennat se sich scho nostelln“. Streik! Demonstration! Ar- beitskampf! Trotz der hehren Anliegen herrscht bei den deut- schen Drehbuchautoren, die heute ihre Solidarität mit ihren amerikanischenKollegenbekun- den, heitere Klassentreffenstim- mung. „Na, du auch hier?“ – „Ja klar.Binjaeigentlichgarnichtim Verband, aber Solidarität, weißt ja.“ Dann wagt sich eine Jugend- gruppe zu nah an die Demons- tranten und wird sofort in die Phalanx implementiert und mit Schildern bewaffnet. Erst mal verdutztes Gucken, dann erklärt ein Demonstrant: „Wisst ihr, da geht’s heute mehr um ein schö- nes Foto in den Nachrichten.“ Bilder! O-Töne! Was die Jour- nalisten nicht alles wollen – sehr zur Verunsicherung zweier Frau- en hinten links im Demonstran- tenpulk: „Hoffentlich fragen die mich nix.“ – „Ich hab auch keine Ahnung.“ Langsam taucht die Sonne den Pariser Platz in ver- söhnliches Licht, die Kamera- teams ziehen ab. Ein Demons- trant schaut fragend auf sein Schild, dann sagt er, mehr zu sich selbst: „Und wie werd ich das jetzt wieder los?“ ADRIAN RENNER berliner szenen VON TIM CASPAR BOEHME Enno Poppe hat keine Künstler- allüren. Als einer der gefragtes- ten und interessantesten Kom- ponisten seiner Generation ist der im Jahr 1969 im Sauerland geborene Wahlberliner erfreu- lich gelassen. Er scheint ganz auf seine Sache konzentriert, der er unbeirrt nachgeht, wobei er sich seiner Fähigkeiten durchaus be- wusst ist. Schließlich wollte er schon als Kind Komponist wer- den, so wie andere halt Astronaut werden wollten. „Mein Wunsch, Komponist zu werden, bestand schon, bevor ich überhaupt die erste Note hinge- schrieben habe“, erinnert er sich. Mit zehn Jahren begann er zu komponieren, und nur wenige Jahre später wurde er als einer der ersten Preisträger des Wett- bewerbs „Jugend komponiert“ ausgezeichnet. Als er an der Ber- liner Hochschule der Künste zu studieren begann, hatte Poppe schon „stapel- und kiloweise Mu- sik geschrieben“. Doch dann zog er sich erst einmal zurück und begann ganz von vorn. Er kom- ponierte sehr reduziert und sehr wenig, um sich von sämtlichen Einflüssen und Vorbildern zu be- freien und etwas Eigenständiges zu entwickeln: „Ich war sehr vor- sichtig beim Komponieren.“ Seine Lehrer spielten für ihn keine große Rolle, auch wenn der Komponist Friedrich Goldmann, bei dem Poppe studierte, „ein wirklicher Freund“ wurde. Wenn er sich an der Arbeit eines Kom- ponisten orientierte, dann an der des Amerikaners Morton Feld- man. Die stark reduzierte Heran- gehensweise Feldmans, die Kon- zentration auf wenige Elemente faszinierten Poppe. „Das Tolle ist, dass die Reduktion bei Feldman eine Komplexität erzeugt, gera- de weil man so viel erkennen kann.“ Auch in Poppes Musik sol- len die Hörer möglichst viel er- kennen können. Kommunikati- on mit dem Publikum ist ihm wichtig. Obwohl es in seinen Kompositionen weit lebhafter zugeht als bei Feldman, der oft mit Wiederholungen arbeitet und bei oberflächlichem Hören für einen Minimalisten gehalten werden könnte, achtet Poppe darauf, das Material, mit dem er arbeitet, übersichtlich zu halten. Komplexität hat auch bei ihm mit Reduktion zu tun. Poppe entwickelt für seine Kompositionsideen daher Re- geln, mit denen er den Möglich- keitsspielraum seiner Einfälle auslotet. Er geht wie Feldman von kleinen musikalischen „Zel- len“ aus und entwickelt für sie bestimmte Verfahren. Diese Ver- fahren sind jedoch keine bloßen Techniken, die er seinen Ideen überstülpt, oder Regeln, denen er sklavisch folgen würde. Er buch- stabiert vielmehr aus, was in den Ideen steckt, was zu ihnen passt oder auch nicht. „Die Erfindung Knochen, Regeln und MikrotöneEnno Poppe ist einer der gefragtesten jungen Komponisten der Neuen Musik. Seine Stücke heißen „Obst“ oder „Tier“. In ihren Experimenten mit Klangfarben und Tonhöhen ist die Musik komplex, ohne die Kommunikation mit den Hörern zu missachten Wir sind Wunschmaschinen, nicht die Hauptdarsteller unse- rer persönlichen Geschichte. Die Theorie des „Anti-Ödipus“ der französischen Philosophen Gil- les Deleuze und Felix Guattari stellt sich das Subjekt als aufge- löst in eine „Organisation von heterogenen Fragmenten“ vor, die mit anderen mehr oder min- der funktionstüchtigen Syste- men wie Politik und Wirtschaft interagieren. Diese Theorie scheint nirgends einleuchtender präsent als in den sieben groß- formatigen Ölgemälden von Ro- berto Matta, die jetzt im Kunst- verein „El Sourdog Hex“ in der Zimmerstraße zu sehen sind. Matta stieß Mitte der Dreißi- gerjahre zur surrealistischen Be- wegung und illustrierte André Bretons letztes Manifest. 1948 wurde er dennoch von den oft dogmatischen Surrealisten her- ausgeworfen und stand danach den Situationisten nahe. Später engagierte er sich für die revolu- tionären Bewegungen in Süd- amerika und Afrika, malte für die angolanische Befreiungs- front und Salvator Allende. Die Berliner Nationalgalerie und Peugeot-Arbeiter in Sochaux or- ganisierten bereits 1970/71 Retrospektiven, er starb 2002. In den sieben Gemälden, die der private Kunstverein mit dem komplizierten Namen heute zeigt, entfalten sich geheimnis- voll animierte Szenarien aus ei- ner Maschinenwelt. Losgelöst schweben Strukturen, Raumele- mente, Energiechiffren und ro- boterähnliche Protagonisten umher, füllen leuchtende Farb- räume aus Schwefelorange, Oze- anblau, Picasso-Blau, Picasso-Ro- sa, Gelb und Grün mit ihrer Ge- schäftigkeit. Humanoide For- men wie Schädel, Arme und Hände lassen sich höchstens ah- nen, dennoch ist die Stimmung nicht bedrohlich, es stellt sich kein Gefühl der Entfremdung ein, keine chaplineske Angst vor dem Maschinenzeitalter. Denn hier droht kein gewaltsames Ende der Menschheit, nicht mal in dem Eingangsbild „The Split- ting of the Ergo“ von 1945–46. In „Evolution d’une cible“ („Entwicklung einer Zielschei- be“) von 1956 reißt ein Geschoss die Farbringe der Zielscheibe auseinander, löst sich selbst da- bei aber ebenfalls auf. Kein kata- strophaler Knall, sondern der Übergang in eine neue Konstella- tion ist hier in Szene gesetzt; die geheimnisvollen Zugkräfte und dynamischen Gesetze des Wan- dels. Auch Anspielungen auf Kör- perfunktionen und die mensch- liche Sinnlichkeit spielen eine wichtige Rolle in Mattas Bildern. In „D’Être fou“ (1968) laufen Phalli neben einem anusartigen Loch vom Fließband, ein furzen- der Hintern dient als Gebläse. Eine Ästhetik von Comic und Graffiti wuchert in schillernd as- soziativer Vielfalt. Matta verstand sich als Dich- ter ebenso wie als bildender Künstler und verfasste zahlrei- che Texte und Aphorismen. Die Kunst sei eine „Initiation in die Mysterien unseres eigenen Le- bens“, schrieb er und fragte: „Wie nahe können wir dem Geist kom- men, um eine Karte der Bewusst- heit zu entwerfen?“ Und so setzte er „Psychogeographien“ im Sin- ne des Situationisten-Chefs Guy Debord und der 20 Jahre später dieser Spur folgenden Denker Deleuze und Guattari ins Bild. Ein weiterer aufschlussrei- cher Werktitel heißt „Je-ogra- phie“. Das zugehörige Gemälde von 1970 ist das freieste in der ganzen Ausstellung, verströmt Heiterkeit statt Ironie, Gelassen- heit statt Coolness. Matta zeigt sich hier von allen Zeitgeist- Schulen emanzipiert, folgt ganz seinem eigenen Rhythmus und wirkt so zeitlos frisch und gültig, dass es einfach eine Freude ist. HENRIKE THOMSEN Bis 29. 12., Zimmerstr. 77, Di–Sa 11–18 Uhr, Eintritt frei Wir Wunschmaschinen Kein Grund zur Panik: Zwar löst sich in den Bildern des Situationisten Roberto Matta fast alles auf. Doch wirken seine im Kunstverein „El Sourdog Hex“ gezeigten Bilder gelassen Für diesen Mann öffnen sich viele Vorhänge: der Berliner Komponist Enno Poppe FOTO: ANDREAS CHUDOWSKI einer Struktur ist schon etwas Kreatives“, unterstreicht er. „Das ist nichts, das außerhalb der Komposition steht.“ Um Regeln für sein Komponieren zu entwi- ckeln, beschäftigte er sich eine Weile mit biologischen Wachs- tumsprozessen und den mathe- matischen Verfahren zu ihrer Be- schreibung. Er wollte herausfin- den, wie sich seine Zellen verket- ten lassen und wie weit er mit dieser „Syntax“ kommt. So entstand etwa ein Zyklus von Ensemblestücken mit präg- nanten Titeln: „Holz“, „Knochen“, „Öl“. Beim Hören der Komposi- tionen lassen sich Eigenschaften der namensgebenden Dinge her- aushören. In „Knochen“ zum Bei- spiel dominieren trockene Schlaginstrumente, während „Öl“ träge dahinzufließen scheint. Vor allem aber hat Pop- pe eine Vorliebe für kurze, ein- prägsame Titel und für das Knappe überhaupt. Sein erstes Werk für Orchester nannte er „Obst“, ein Streichquartett hört auf den Namen „Tier“. Dass dem freien Assoziieren damit Tür und Tor geöffnet sind, nimmt er in Kauf. „Nach Aufführungen des Stücks ‚Tier‘ haben mir Leute er- zählt, dass sie sich vorgestellt ha- ben, wie da ein kleiner Hund her- umläuft. Das fand ich lustig.“ Dass mit den Titeln seiner Werke keine eindeutige Bedeu- tung ausgedrückt wird, sei „oh- nehin klar“, so Poppe. „Musik kann nicht Öl bedeuten. Es gibt nur etwas, worüber man viel- leicht nachdenken kann.“ Wich- tig ist ihm auch, dass er bei allem ANZEIGE ANZEIGE Konstruktionsaufwand, den er in seiner Musik betreibt, dem Sinn- lichen und Unmittelbaren des Klangs eine sehr große Bedeu- tung beimisst: „Wenn ich über meine Stücke spreche, kommt es sehr oft so rüber, als sei alles ganz klar geplant, als hätte ich al- les unter Kontrolle und als sei al- les eine ganz technische Angele- genheit.“ Das Sinnliche sei ohne- hin da, und was er gern hören wolle, habe mit Strukturfragen „gar nichts zu tun“. Ein entscheidendes Element der Klänge, die Poppe in seiner Musik hörbar machen möchte, sind Mikrotöne: Frequenzen, die kleiner sind als Halbtöne und so von der üblichen wohltempe- rierten Stimmung abweichen. In seinem Stück „Rad“ für zwei Key- boards verwendet er statt Halb- tönen Zweiunddreißigsteltöne. Die Tonunterschiede sind so ge- ring, dass man kaum noch einen Unterschied hört. Die Spieler be- nutzen Klavierklänge und spie- len auf gewöhnlichen schwarzen und weißen Tasten. Doch ihre Keyboards sind so program- miert, dass sie völlig andere Töne spielen als auf einem normalen Klavier. Die Klangfarben, die da- durch entstehen, erinnern bis- weilen an die fremdartig metalli- schen Schwirrklänge in Stock- hausens „Elektronischen Studi- en“. Statt Klaviermusik meint man zu hören, wie Weltraum- schrott gegen Meteoriten prallt. Auf den häufig beklagten Ni- schenstatus der Neuen Musik an- gesprochen, macht sich Poppe keine großen Sorgen. Auf Festi- vals hat er insbesondere in die- sem Jahr durchweg gute Erfah- rungen mit ausverkauften Kon- zerten und regem Interesse des Publikums an seiner Musik ge- macht. Außerhalb des Festivalbe- triebs könne es schon anders aussehen, räumt er ein. Hier sieht er die Neue Musik „zwi- schen zwei Konservatismen ein- gekeilt, die nicht zueinander pas- sen. Das ist zum einen das bil- dungsbürgerliche Konzertpubli- kum, das Menschen im schwar- zen Anzug erwartet, die auf der Bühne auftreten, und man muss stillsitzen. Zum anderen sind da die Leute, die erwarten, dass man während der Musik wippen muss und dazu seine Bionade trinkt.“ Poppe, der auch als Dirigent des ensemble mosaik arbeitet, lebt gern in Berlin. „Es gibt hier tolle Konzerte und tolle Musi- ker.“ Von seinen Kompositions- aufträgen, Preisen und Stipendi- en kann er gut leben, „viel besser, als ich erwartet hätte“. Meistens kommen die großen Aufträge je- doch aus anderen Städten als Berlin, „weil dort mehr Geld ist“. Heute um 20 Uhr wird im Ballhaus Nau- nynstraße Enno Poppes Komposition „Abend“ für vier Männerstimmen und vier Posaunen uraufgeführt ANZEIGE Sonntag 17.04 Uhr Karriere mit Kindern Eine Diskussion mit Ursula von der Leyen 30 TAZ BERLIN  SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 tazplan e-mail: PLAN@TAZ.DE Kultur in Berlin PROGRAMM SAMSTAG, 1. DEZEMBER VORMERKEN s Wenn das Holz im Ofen lodert, wird auch gern mal ein Märchen erzählt Neben den passenden Weih- nachtsgeschenken, Besinnlich- keit oder einfach nur ein wenig Ruhe sucht man in der Advents- zeit gern auch das Vertraute, und dafür bietet sich doch die Welt der Märchen an. Im Es-war-ein- mal-Jargonkannmansicheinlul- len lassen von gruseligen Ge- schichten mit gutem hoffnungs- frohen Ende. Märchen eben. Kön- nen Eltern den Kindern vorlesen, und größere Geschwister den kleineren. Oder man gönnt sich das Rundum-Paket: Auf dem Bunkerdach im Monbijoupark öffnet heute dafür die „Märchen- hütte“ ihre Pforten, und da dür- fen auf breiten Holzbänken zum Fest hin die Kinder den Märchen lauschen (und zur Nacht hin auch die Erwachsenen), Plätz- chen werden gebacken, und ein- gerichtet ist das alles vom He- xenkessel Hoftheater, das sich sommers ja immer mit Shake- speare vergnügt. 28 Märchenfi- guren werden in der aufgestell- tenHolzhüttebisinsnächsteJahr hinein ihren Auftritt haben, und in einem Märchenmarathon kann man jetzt am Sonntag zwi- schen 15 und 19 Uhr mal bei frei- em Eintritt hineinschnuppern. Möglicherweise inspiriert einen dieser ganze mythische Zauber mit Christbaum, Kuchen und Kräutertee ja, auch daheim wie- der mal zum guten alten Mär- chenbuch zu greifen. KO „Die Märchenhütte“ im Monbijoupark ab Samstag, 1. Dezember. Programm jeweils ab 15 Uhr. Kinder 3, Erwachsene 5 Euro www.maerchenhuette.de s MELANGE Afrika-Haus Berlin (¤ 3922010) Welt-Aidstag: Benefizveranstaltung zugunsten des "Jambo Kinderförderung e. V.", ab 18.30 Bochumer Str. 25 Forstamt Köpenick Friedrichshagener Wild- und Brennholztag. Ver- steigerungundVerkauf,Infos:64193725.10.30- 15.00 Dahlwitzer Landstr. 4 Forstamt Tegel Advent im Forstamt Tegel mit Wildverkauf und Wildschweinimbiss. Infos: 64193725. 14.00- 18.00 Ruppiner Chaussee 78 Heilig-Kreuz-Kirche Kreuzberg (¤ 6927697) Adventsbasar. Zugunsten sozialer Projekte. 14.00 Zossener Str. 65 Schreina47 Antifabrik der Jugendantifa Berlin. Film, Unter- haltungsprogramm, Informationsveranstaltun- gen u. a. 20.00 Schreinerstr. 47 Tesla im Podewil'schen Palais (¤ 24749777) Three Evenings: Eye & Ear Controlled. Live-Per- formance, Film und Musik, mit Tony Conrad, An- drew Lampert u.a. 20.30, Klub Klosterstr. 68 s KONZERT Admiralspalast (¤ 47997499) Nordwind-Festival: Chantango. Tango- und Chansongruppe, 21.00, Friedrichstr. 101 Akademie der Künste (¤ 200572000) Between Places: Kammerensemble Neue Musik Berlin. Uraufführungen von Genoël Rühle, Dani- el Seel, Niels Rønsholdt, Marlos Joannou Elia. 19.00 Pariser Platz 4 American Western $aloon (¤ 40728780) 11. Benefizkonzert für das Kinderheim am Dachs- bau. Mit Mike Strauss & Pick Up, Hard Core Trou- badours u.a. 20.00 Wilhelmsruher Damm 142 c Ausland (¤ 4477008) Time Shifts III: Dietmar Diesner, Boris Baltshun, Ignaz Schick. 21.00 Lychener Str. 60 Ballhaus Naunynstraße (¤ 347459844) Im Sog der Klänge: Ensemble Resonanz, compo- sers slide quartet, Neue Vocalsolisten, Werke von Giovanno Gabrieli, Enno Poppe u. a. 20.00 Naunynstr. 27 Festsaal Kreuzberg (¤ 61656003) The Undertones. 21.30 Skalitzer Str. 130 Frannz (¤ 72627930) Wallis Bird. 21.00 Schönhauser Allee 36 General Public (¤ 0170/8665982) Rockstar Cowboy Socialist. Minimal Popsongs. 21.00 Schönhauser Allee 167 c Haus der Kulturen der Welt (¤ 39787175) Worldtronics: Israel. Mit Gal & Marin, Yayehe Smon, Latifa Punk mit Nemoi, Acute und Adi Gel- bart, 20.00: Gespräch: Elektronische Musik in Is- rael 19.00 John-Foster-Dulles-Allee 10 Hebbel am Ufer - Hau 2 (¤ 25900427) Meeting Points 5: Bikya. Electronica. 22.00 Hal- lesches Ufer 32 Kaffee Burger (¤ 28046495) Soulpistols Blvd. 9: Pascal von Wroblewsky & Band. DJs: The Soulpistols. 22.00 Torstr. 60 Kato (¤ 6112339) Sechs Jahre FlyingSka — Festival-Tag II: The Beat,BerlinBoomOrchestrau.a.19.00imU-Bhf. Schlesisches Tor Kirche von Unten (¤ 4491172) Teds 'n' Grog, Don Bad'habong. Solikonzert für den von Nazis abgebrannten NVA-Klub in Lud- wigsfelde. 20.00 Kremmener Str. 9-11 Knaack (¤ 4427060) Warrant,Fingernails,Helvetetsport,Hatred,Die Hard & Blood, Guts. 19.00 Greifswalder Str. 224 Kulturbrauerei - Maschinenhaus (¤ 44315151) Schnaftl Ufftschik. 21.00 Knaackstr. 97 Kulturfabrik - Slaughterhouse (¤ 3975056) Cheeno. 21.00 Lehrter Str. 35 Lido (¤ 78958410) The Raveonettes. 21.00 Cuvrystr. 7 Lovelite (¤ 29006850) Berlin-Bahia: Sourtimes. Musicvideo-Release- Party; DJs: Grace Kelly, Marie.L, live: Berlin-Ba- hia. 23.00 Simplonstr. 38-40 Radialsystem V (¤ 288788588) Nachtmusik vokal: Ars Choralis Coeln, Maria Jo- nas: Das Liederbuch der Anna von Köln (12. Jahr- hundert). 21.00 Holzmarktstr. 33 rbb Berlin - Haus des Rundfunks (¤ 979930) Istanbul in Liedern — Sarkilarda Instanbul. Ber- liner Ensemble für klassische türkische Musik, 19.30, Masurenallee 8-14 Rosi's Breakfluid. MC Massiw la Ghaza, DJs Dot 4, Tob- sucht u.a., live: Epoc; 23.00 Revaler Str. 29 Schokoladen (¤ 2826527) Fitness, Schredder. 21.00 Ackerstr. 169-170 Schwartzsche Villa (¤ 902992212) Floating Nature. Duo-Abend für Flöte und Kla- vier. 20.00 Grunewaldstr. 55 SO 36 (¤ 61401307) KreuzbergHipHopJam:KillaHakan,DesoDogg, Asek u. a. 19.00 Oranienstr. 190 Staalplaat HueakaMatteoUggeri,OlivierDiPlacido.20.00 Torstr. 68 Supamolly (¤ 29007294) Braun Versus Braun. Rock, Funk, Jazz. 22.00 Jessnerstr. 41 White Trash (¤ 50348668) White Trash 100 Years Birthday: Knucklebone Oscar, Speedmoik, Don Vito, Le Singe Blanc (Noi- se-Core). 22.00, Restaurant Schönhauser Allee 6 Yaam (¤ 6151354) Char-Reggae-ity-Benefizfestival. Mit Mellow Mark, Mal élevé & Silence, Ephraim Juda, Volka- nikMan u. a. 20.00 Stralauer Platz 35 s KLUB Arenaclub (¤ 32533142) Saturday-Night-Life. DJs: Dinky, Kiki, Ed Daven- port, Schoppen Team, live: Fairmont, Yapacc. 24.00 Am Flutgraben Bang Bang Club (¤ 60405310) Karrera Klub: Indie-Pop-Disko. Retro, Garage, Rave, Electro, 80ies, Punk; DJs: Tim, Christian, Spencer. 23.00 Neue Promenade 10 Berghain/Panorama-Bar Klubnacht. Panorama-Bar: Dial-DJ-Team-Nacht. DJs: Pantha du Prince & Snow, Lawrence, Car- sten Jost u. a. 24.00 Am Wriezener Bahnhof Café Moskau (¤ 24631626) Reggae im Moskau. DJs Barney "The Killer" Mil- lah, Alex u.a. 23.00 Karl-Marx-Allee 34 Eschschloraque (¤ 30872573) HitoundMasu:Japan-Berlin-Party.J-Pop,E-Pop, Minimal. 22.00 Rosenthaler Str. 39 Galerie Zurmoebelfabrik (¤ 2832348) Saturday at ZMF. DJs: Arnaud, Tom, live: Schulz und Söhne. 22.00 Brunnenstr. 10 Kastanie 85 Disco Explosion. Soliparty für Anwaltskosten. 22.00 Kastanienallee 85 Kunstfabrik (¤ 53219658) Klublabor special. DJs: Supa-DJ Dimitri, Female Macho, Egoshooter u.a. 23.30 Am Flutgraben 3 M 12 (¤ 28877770) 150 Millones de km del sol. DJs: Glow, Puma. 23.00 Karl-Liebknecht-Str. 13 Maria am Ostbahnhof (¤ 21238190) Messy Household. Electro; DJs: Staffit, Ralf Ball- schuh u.a. 23.00 Schillingbrücke Möbel Olfe Fünf Jahre Olfe. Mit Bullriding, Monsterkicker, wodkaweinender Marienerscheinung, Elfen- lounge u. v. a. m., DJs Olfen-Allstars, live: Won- derska, Trümmer-Tunten-Trash. 21.00 Durch- gang Kottbusser Tor/Dresdner Str. New Yorck59 im Bethanien Den Kopf nicht in den Schnee stecken. Party ge- gen Winter, Rassismus und anderen Matsch. 22.00 Mariannenplatz 2 RAW-Tempel (¤ 27571420) 1. FC Hightech City Berlin Vs. Zwietracht Braun- schweig. Drum 'n' Bass. 23.00 Revaler Str. 99 Roter Salon (¤ 41717512) Revolver Club Hamburg. Indie, Pop, Britsound; DJs: Marco Flöß, Benny Ruess. 24.00 Rosa-Luxemburg-Platz Schaubühne (¤ 890023) Tanzbar: Doc Schoko. 22.30, Studio Kurfürstendamm 153 Tape Worldtronics: Afterfestivalparty. DJs: Anna Ha- let, Till Rohmann, 0.30 Heidestr. 14 Tresor Club Zwölf Jahre Partysan Berlin. DJs: Märtini Brös., Malente, Giovanni Moscate u. a., live: Nathan Franke u. a. 23.00 Köpenikker Str. 59 Watergate (¤ 61280395) M. A. N. D. Y. Mainfloor: DJs M. A. N. D. Y., live: Minilogue; Waterfloor: DJs: Sascha Funke, Dar- ia, Vivie-Anne. 24.00 Falckensteinstr. 49 a s KUNST Art an Bord im Wrangelkiez Eröffnung: Galerie im öffentlichen Raum. 23 KünstlerInnen zeigen in elf Showrooms ihre Wer- ke, 20.00, Restaurant "Las Primas", ab 14.00 Wrangelstr. 51 A trans Pavilion (¤ 0173/2025220) Eröffnung: A Synchroni-City: Olivier Vanderaa: Citysnapper_5 — Shapshot of a Reunification. Do-So 14-19, 16.00 Rosenthaler Str. 40 Barbie Deinhoffs Fugidiva Freundschaftsclub Eröffnung: Tim Luscious. Tgl. ab 18.00 Schlesi- sche Str. 16 beat. Galerie (¤ 50362574) Eröffnung: Wolfgang Siesing: Clint Eastwood. Fotografische Eindrücke einer Afghanistan-Rei- se. Mi-Sa 13-19, 20.00 Schlegelstr. 31 Field Eröffnung: Nils Olav Boe. 19.00 Auguststr. 65 Galerie 35 Eröffnung: Saldjan Nedeljkovic. 20.00 Do-So 17 -20, Simon-Dach-Str. 35 Galerie Crystal Ball (¤ 60052828) Finissage: Sara Björnsdottir: Intoxication. Mit Fil- men und Performances. Di+So 15-20, Fr 14-18 am 1.12., 20.00 Schönleinstraße 7 Galerie Giti Nourbakhsch (¤ 44046781) Eröffnung: Berta Fischer. Di-Sa 11-18 18.00 Kurfürstenstr. 12 Galerie Zero (¤ 74073309) Eröffnung: Radar Berlin: Mobile Stereotypen Box. Dokumentationsausstellung. Mi-Sa 12-18 20.00 Köpenicker Str. 4 General Public (¤ 0170/8665982) Originalfassung # 58: Künstlergespräch und Ka- talogpräsentation mit Ursula Paletta. 20.00 Schönhauser Allee 167 c Institut im Glaspavillon Politik der Unterbrechung: Antje Majewski und JulianeSolmsdorf:ErdeAsphaltWedding.20.00 Rosa-Luxemburg-Platz Johnen Galerie (¤ 27583030) Eröffnung:WiebkeSiem.Di-Sa11-1819.00-21.00 Schillingstr. 31 Kantstr. 122 Eröffnung: Grit Scholz: Weibliche Genitalien — so hab' ich die noch nie gesehen. tgl. 11-21 20.00 Radierwerkstatt 30 Links Eröffnung: ...jahresendbeflügelt. 19.00 Solmsstr. 30 Scherer8 Eröffnung: Alan Cunningham, Lauren Hall, Jane Hughes. Mit Musik von Tupolew (Noise, Rock), 20.00 Schererstr. 8 Tesla im Podewil'schen Palais (¤ 24749777) DorseyDunn: Resonances.Klanginstallation,So- undperformances. Di-So 18-22 bis 15.12. Klosterstr. 68-70 s BÜHNE ada - das Studio (¤ 21800507) Nah dran VI: Dance-, Performancebased Videos. Von und mit Julia Galas, Linda Blüml, Sara Ma- thiasson u. a. 20.30 Schönhauser Allee 73 f Alter Ballsaal im Bräustübl (¤ 6455716) Pigor & Eichhorn: Volume 6. 21.00 Müggelseedamm 164 Atze (¤ 81799188) Bach, Teile I-III. Für Jugendliche und Erwachsene ab 13 J. 19.00 Luxemburger Str. 20 Dock 11 (¤ 4481222) Nordwind-Festival:AnnaKoch:Montage2.Tanz, Karten: 47997427. 20.30 Kastanienallee 79 Hoftheater "Naunynritze" (¤ 347458930) StreetUniverCity Berlin: Woher — wohin?. Kar- ten: 347458930. 19.00 Naunynstr. 63 Komische Oper Berlin (¤ 47997400) Die Zauberflöte. Oper von Wolfgang Amadeus Mozart. 19.00 Behrenstr. 55-57 Malersaal All Cunningham. Präsentation der Ergebnisse des Projekts "Tanzplan Berlin". 18.00 Zehdenicker Str. 12 b Mehringhof-Theater (¤ 6915099) Sharkey & Fil: In den Augen der Medusa. 20.00 Gneisenaustr. 2 a tribuene (¤ 3412600) Wer ist Marie? Von Margareta Riefenthaler, Theaterprojekt der KuB mit Straßenjugendli- chen. 20.00 Otto-Suhr-Allee 18 Volksbühne (¤ 24065777) Premiere: Berlin Alexanderplatz. Nach Alfred Döblin, Regie: Frank Castorf. 19.00 Rosa-Luxemburg-Platz s WORT Club der Polnischen Versager (¤ 28093779) Piotr Mordel lädt jeden und jede zum Gespräch ein. 21.30 Ackerstr. 170 Akademie der Künste (¤ 200572000) Between Places: Inga Abele liest aus "Flut". 18.00, Pariser Platz 4 Gesellschaft für künstlerische Forschung (¤ 53013280) Symposium for Reader. Mit Tanja Widmann, Paul Gangloff, Tim Stüttgen u. a., 0.00 bis 2.12. 24.00 Am Flutgraben 3 Radialsystem V (¤ 288788588) Das Narrenschiff. Audiovisuelle Lesung mit Dani- elle de Picciotto und Alexander Hacke. 22.00 Holzmarktstr. 33 Zeiss-Großplanetarium (¤ 42184512) Hörspielkino unterm Sternenhimmel — "And the Winner Is ...": Verleihung des radioeins-Pu- blikumspreises. 20.00 Prenzlauer Allee 80 s KINDERHORT Archenhold-Sternwarte (¤ 5348080) Als der Mond zum Schneider kam. Von 8-10 J. 14.00 Alt-Treptow 1 Cabuwazi - Zirkus Springling (¤ 9340715) Premiere: da capo: Weihnachtsgaudi. 16.00 Wolfener Str. 2b C/O Berlin im Postfuhramt (¤ 27908940) Junior 12: Wir machen eine Ausstellung! Beginn des zweitägigen Workshops, ab 6-14 J., 11.00 Oranienburger Str./Ecke Tucholskystr. Dom Polski - Polonicum (¤ 38303200) Artistikprogramm für Kinder. 10.00 Potsdamer Str. 63 FEZ Wuhlheide (¤ 530710) Familienwochenende "Weihnachten in Bullerbü — Spiele unterm Weihnachtsbaum". Spiele- markt, Weihnachtswerkstätten, Keksbäckerei u. v. m. 13.00-18.00 An der Wuhlheide 197 Hotel de Rome (¤ 4606090) Christmas-Lounge für Kids. Plätzchen backen, weihnachtliche Kinder-Cocktails mixen und hin- ter die Kulissen blicken. 14.00 Behrenstr. 37 Jüdisches Museum (¤ 25993300) Happy Chanukka. Führung, ab 5 J., Treff: Mee- ting-Point im Foyer, 15.00 Lindenstr. 9-14 Philharmonie (¤ 25488132) Tiere,TangoundTrompeten:PeterundderWolf. Familienkonzert, ab 5 J., 15.30, Kms. Herbert- von-Karajan-Str. 1 s LAUTSPRECHER Babylon Berlin:Mitte (¤ 2425969) EFA Conference - Migration in Movies. 10.00- 16.00 Rosa-Luxemburg-Str. 30 KuBiZ Antisemitismus in Berlin: Erfahrungen und Um- gangsweisen aus jüdischer Sicht. Vortrag, 18.00 Bernkasteler Str. 78 Sterndamm/Südostallee Zivilcourage gegen Naziaufmarsch. 10.30, Trep- tow und Neukölln U-Bhf. Rudow ufafabrik (¤ 755030) ethecon 2007 — Wirtschaftskriminalität im Spannungsfeld zwischen Ethik und Ökonomie. Tagung, 14.00-18.00 Viktoriastr. 10 Die Märchenhütte mit den Märchenfiguren FOTO: SCHÖNBERGER Glühweinangebot prächtig. An gebrannten Mandeln fehlt es nicht. Die ersten Lichter sind meist in Form von Glühbirnen längst angesteckt: Berlin – wie überhaupt das ganze Land – ist ein einzig Weihnachtsmarkt. Wieso aber sollte man da hinge- hen? Eine adventliche Auswahl nach Alleinstellungsmerkmalen: Mitte: Zur Schärfung des Ökobewusst- seins empfiehlt sich die Winter- welt am Potsdamer Platz. Hier steht die größte mobile Rodel- bahn Europas. Natürlich mit ge- sicherter Schneelage. Der Wahn- sinn! Bis 6. Januar, 10 bis 22 Uhr. Holy.Shit.Shopping, der Weih- nachtsmarkt für Weihnachts- marktverächter. Statt Kunst- handwerkskitsch gibt es hier De- signerkitsch. DJs beschallen das Kaufen, im Café Moskau, Karl- Marx-Allee 34, 15./16. Dezember, jeweils ab 12 Uhr, 3 Euro. Kreuzberg: Der Chanukka-Markt im Jüdi- schen Museum, Lindenstraße 9, ist eigentlich ein geschummelter Weihnachtsmarkt, aber dafür gibt es hier koscheren Glühwein. Eröffnung am Montag, 12 Uhr. Bis 31. Dezember 12–18 Uhr Beim Winterbasar in der Regen- bogenfabrik, Lausitzer Straße 22, findet man schon den üblichen Trödel und die Gaukler und halt noch eine Wahrsagerin, die even- tuell über das Geschenkglück zum Fest Auskunft geben kann. Am 9. Dezember, 12–19 Uhr. Dahlem Der Markt der Kontinente macht die Museen Dahlem zum Global Village. Weltweites Weih- nachtsgeschenkangebot an den Wochenenden. Mit dazu passen- der Livemusik. Dieses Wochen- Die Marktlage 0rdie Kultur- & Programmbeilage für Berlin plan@taz.de täglich: Kulturtermine und das komplette Kinoprogramm wöchentlich: Die Vorschau Montag: Politik & Soziales Dienstag: Bühne Mittwoch: Kunst Donnerstag: 0q, das Kinowochenprogramm Freitag: Musik Samstag: Kinder ende Afrika, am 8./9. Asien, am 15./16. Dezember Amerika. 11–19 Uhr, 6/3 Euro, Lansstraße 8. Prenzlauer Berg Nach der Rutschfahrt am Potsda- mer Platz muss man zur Beruhi- gung des Gewissens halt zum Öko-Weihnachtsmarkt rund um den Kollwitzplatz. An den Adventsonntagen 12–19 Uhr. Zum Lucia-Markt in der Kultur- brauerei muss nur gesagt wer- den, dass die eigentlich angekün- digte mobile Sauna entfällt. Bleibt also nur der Normalo- Rummel, bis 26. Dezember. Neukölln Zu Weihnachten wird auch die Bronx heimelig. Petroleumlam- pen beleuchten den Alt-Rixdor- fer Weihnachstmarkt, eine his- torische Schmiede wird hier an- geworfen, und die Ponys sind ge- sattelt. 7.–9. Dezember am Ri- chardplatz. Friedrichshagen Der Kunst & Trödelmarkt am S- Bhf. Friedrichshagen will gar kein glitzernder Weihnachts- markt sein, sondern mit selbst gezimmerten Buden gegen den uniformen Zeitgeist anstinken. Selbst Dilettantismus darf hier seinen Platz haben. Mit Publi- kumsbeteiligung: Das darf den schönsten Stand wählen. An den vier Adventsonntagen, 8–16 Uhr. E-MAIL: PLAN@TAZ.DE tazplan TAZ BERLIN  SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 31 Kultur in Berlin Kinderhort WOCHENÜBERSICHT: KINDERHORT s Winkelmaiers suchen nach den schönsten Spielsachen KerzenrausundKaminangewor- fen, dicke Socken an die Füße, Strickjacke übergeworfen und NussknackerinHabachtstellung: Morgen ist der erste Advent und der ist für die, die ihren Anver- wandten noch überflüssige, aber unverzichtbare Liebesbeweise erwerben müssen, einkaufsof- fen. Man kann aber – auch eine schöne Wintertradition – einfach ins Kino gehen, morgen um 11 Uhr in die Adventsmatinee mit demKinderfilmdesMonats,der anschließend durch die Berliner Kinos tourt. Die Matinee findet aber nicht in einem der aus- tauschbaren Multiplexe statt, sondern im Filmpalast am Ku- damm. Das ist eines der letzten schönen altmodischen Kinos der Stadt. Da gibt es an der The- ke Cola und Gummibärchen, aber auf die mittlerweile übli- chen, aufdringlichen Kinobe- suchsbegleitgeräusche muss man verzichten. Hier geht man ins Kino, um einen Film zu se- hen, nicht weil’s ein Event ist. Weil der Filmpalast aber vor ein paar Jahren renoviert wurde, sitzt man trotzdem sehr be- quemundistdieProjektionvon allerbester Qualität. Der Film kann da leider nicht ganz mit- halten:„EsisteinElchentsprun- gen“ erinnert an eine Fernseh- produktion. Dabei hat Regis- seurBenVerbongeinenBestsel- ler von Andreas Steinhöfel um- Kinderfilm des Monats: „Es ist ein Elch entsprungen“, So, 11 Uhr, im Filmpalast, Kurfüstendamm 225 Weitere Termine: www.kinderkinobuero.de Vorweihnachtszeit ist auch Kinder- theaterzeit, allgemein mit einem Märchen, was man bei Grips dann doch noch nicht so haben möchte und stattdessen mit „Prima Klima“ einen alten Klimaforscher in Stel- lung bringt, der in der Nachbar- schaft jenseits seiner Gartenmauer als Katzenmörder und Kinderfresser gilt. Ist er aber nicht. Ab 10 Jahren, zu sehen zum Beispiel heute und morgen, 16 Uhr, U-Bhf. Hansaplatz. Kinderkarte 6 Euro. www.grips- theater.de FOTO: BALTZER gesetzt. Das allerdings ähnlich wie schon „Das Sams“, mit dem sich Verbong als Kinderfilmex- perte qualifizierte: Die Ironie der Vorlage wird weitgehend getilgt. Übrigbleibtstattdesseneinesoli- de inszenierte, bisweilen rührse- lige Klamotte mit viel Klamauk undFigurenanderGrenzezurei- genen Karikatur. Bedient wird je- des verfügbare Weihnachtskli- schee, Mario Adorf charmiert als Weihnachtsmann und ein Elch darf sprechen. Mehr braucht der Nachwuchs ja meist nicht, um sich zu amüsieren. Das Ergebnis ist weitgehend harmlose Unter- haltung, also genau das richtige in dieser Zeit, in der die Ernäh- rung ja schon so gewichtig ist. s VOM 3. BIS 7. DEZEMBER BKA-Theater (¤ 2022007) Ben and the Smugglers. Von Peter Scollin, Platy- pusTheater,ab10J.,inenglischerunddeutscher Sprache. Mi, 11.00; Teenagers in Trouble. Platy- pus Theater, ab 11 J., in englischer Sprache. Do, 11.00; Family Impossible. Platypus Theater, ab 12 J., in englischer Sprache. Fr, 11.00 Mehringdamm 34 Deutsche Kinemathek (¤ 3009030) Auf heißen Spuren ... Meisterdetektive im Muse- um. Kinderausstellung. bis 31.1., Di-So 10.00- 18.00, Do 10.00-20.00 Potsdamer Str. 2 Deutsches Technikmuseum (¤ 902540) NeuStart für Kinder: Am Heinrichsplatz — ein Spielplatz zur Automobilität. Ausstellung, ab 4- 10 J. bis 16.3., Di-Fr 9-17.30, Sa+So 10-18 Trebbiner Str. 9 Die Schaubude (¤ 4234314) HänselundGretel—WeihnachtsfeierimZoo.Ab 5 J. Di-Do, 10.00 Greifswalder Str. 81-84 Domäne Dahlem (¤ 6663000) Kleine Bastelimkerei. Basteln von Weihnachts- baumschmuck aus Bienenwachs für die ganze Familie, Anmeldung erforderlich. Di-Mi, 16.00, 17.30 Königin-Luise-Str. 49 Ethnologisches Museum (¤ 83010) Junior-Museum: Ab durch die Wüste. Di-Fr 13.00-18.00, Sa+So 11-18 Lansstr. 8 FEZ Wuhlheide (¤ 530710) Astrid-Lindgren-Bühne: Michel aus Lönneberga. Ab 4 J. Mo, Do-Fr, 10.30; Ein Bild ist mehr als ein Bild. Filmworkshop. Mo, 9.00-14.00; Weihnach- ten in Bullerbü — Advent im FEZ. Basteln, Ma- len, Spielen in den Weihnachtswerkstätten. Di+Do-Fr, 10.00-18.30; Michel aus Lönneberga. VORLAUF Ab 4 J., Di-Mi 10.30; Kaspar und das Krokodil vom Nil. PuppentheaterFelicio, ab 3J., Di,10.30 Karten: 53071250; Ein Bild ist mehr als ein Bild. Filmworkshop. Di, 9.00-14.00; Weihnachten in Bullerbü — Advent im FEZ. Basteln, Malen, Spie- len in den Weihnachtswerkstätten. Mi, 10.00- 18.30; Die Weihnachtsgans Auguste. Mägde- frauentheater, ab 4 J., Mi-Fr, 10.30 An der Wuhlheide 197 Hexenkessel-Märchenhütte (¤ 24048650) Überraschungsmärchenstunde. Märchen der BrüderGrimm,ab4J.Di,15.00;Kräutermärchen — Kochen und Backen für Kinder. Ab 4 J. Di, 16.30; Froschkönig/Hans im Glück. Ab 4 J. Mi, 15.00, 16.30; MärchenLese und Plätzchen bak- ken.Ab4J.Mi+Fr,18.00;KönigDrosselbart/Der gestiefelte Kater. Ab 4 J. Do, 15.00, 16.30; Dorn- röschen/Hase und Igel. Ab 4 J. Fr, 15.00, 16.30 Bunkerdach, vis-à-vis Bode-Museum Kindermuseum Labyrinth (¤ 800931150) Bahn frei für SchlauSpieler! Mitmach-Ausstel- lung von 3-10 J.; Los Angeles — Berlin. Sonder- ausstellung. Di-Sa 13.00-18.00, So 11.00-18.00 Osloer Str. 12 Komische Oper Berlin (¤ 47997400) Das Kind und der Zauberspuk. Von Maurice Ra- vel, ab 8 J. Do, 11.00, 18.00 Behrenstr. 55-57 Kulturcafé "Quchnia" (¤ 2060986) Fußstapfen im verschneiten Tannenwald — Auf den Spuren vom Nikolaus und seinem vorweih- nachtlichen Treiben .... Märchenabend. Do, 18.00 Markgrafenstr. 35 MachMit!Museum (¤ 74778200) Teste dein Wissen im Energie-Parcours. Ab 8 J., 14.00-17.00; Energien — Energie bewegt uns. Hintergründe und Informationen zum nachhalti- gen Umgang mit Energie. bis März, Di-So 10.00- 18.00 Senefelderstr. 5 Maxim Gorki Theater (¤ 20221115) Die feuerrote Blume. Ab 5 J. Mi-Do, 10.00 Am Festungsgraben 2 Ökowerk (¤ 3000050) Holzwerkstatt: Sägen, feilen, hämmern. Ab 7 J., Anmeldung erforderlich. Fr, 15.30 Teufelsse- echaussee 22-24 Radialsystem V (¤ 288788588) Familiennachmittag am Nikolaustag mit dem Vokalconsort Berlin. Do, 16.00 Holzmarktstr. 33 Russisches Haus (¤ 20302320) Premiere: Die Schneekönigin. Frei nach Hans- Christian Andersen. Für die ganze Familie, Kar- ten: 47997480. Fr, 16.30 Friedrichstr. 176 Schlossplatztheater (¤ 6516516) Zum Teufel — Das Märchen vom Popen und sei- nem Knecht Balda. Oper nach Schostakowitsch. Di-Do, 10.00 Alt-Köpenick 31-33 Schwartzsche Villa (¤ 902992212) Wolbat und das Lächeln der Kröte. Figurenthea- terBlauerMond,ab5J.,Karten:61304793.Mo, 10.30; Weihnachten der Kobolde. Teatro Ba- raonda, ab 3. J., Mi, 10.00 Grunewaldstr. 55 Theater an der Parkaue (¤ 55775251) Schwanenweiß. Von August Strindberg, von 11- 18J.Mo-Di,10.00,BühneII;Premiere:Meilen& Meer — Expeditionen ins Unbekannte: Der Win- ter. Ab 5 J. Mo-Fr, 10.00; Agent im Spiel. Von Da- vid S. Craig, von 8-12 J., mit Publikumsgespräch. Mi+Fr, 10.00 Parkaue 29 Theater Mirakulum (¤ 4490820) Däumelinchen und die Schwalbe Kiwitt. Ab 6 J. Mo-FR, 10.00 Brunnenstr. 35 Velodrom (¤ 44304430) Bob der Baumeister. Karten: 61101313. Di-Mi, 14.00, 17.00 Paul-Heyse-Str. 26 Volksbühne (¤ 24065777) Emil und die Detektive. Von Erich Kästner, Regie: Frank Castorf, ab 9 J. Mo, 14.00 Rosa-Luxemburg-Platz Zimbel Zambel (¤ 92371406) Der verzauberte Weihnachtsmann. Kindermusik- theater Blasebalg, ab 3 J. Di, 9.30 Demminer Str. 4 s MELANGE Akademie der Künste (¤ 200572000) Filmvorführung: Ilse Bing, Fotografin, geboren 1899. 19.00, Plenarsaal Pariser Platz 4 Engelbrot (¤ 39743102) Tankstelle des Glücks. Familienfest mit Weih- nachtsmarkt, Spielen und Kakao. ab 15.00 Alt-Moabit 48 Russisches Haus (¤ 20302320) Russische Filmwoche. Um 18.00: Kuka (2007, OmU); 20.00: Liebe, Lust und Frust (2007, OmU). 18.00, Kleiner Saal Friedrichstr. 176-179 Zyankali-Bar (¤ 2516333) Zyankino — Zum 25. Todestag von Marty Feld- man: Silent Movie (USA 1976)/Frankenstein Jr. (USA 1974). Independent, Underground, Alter- native, TV-Konzert. 20.00 Großbeerenstr. 64 s KONZERT Akademie der Künste -(¤ 200572000) EnsembleModernFrankfurt.KonzertmitWerken von Gästen des Berliner Künstlerprogramms (1964-2007), 11.00 Pariser Platz 4 Ausland (¤ 4477008) Time Shifts IV: Thomas Ankersmit, Sven-Åke Jo- hannsson; Arnold Dreyblatt, Konrad Sprenger. 21.00 Lychener Str. 60 Bang Bang Club (¤ 60405310) Get Action! Club: Pendikel, It's A Musical. Indie- pop. 20.00 Neue Promenade 10 Club der Polnischen Versager (¤ 28093779) Magdalena Stuzynska (Gesang) und Marcin Mi- rowski (Klavier). Polnische Weihnachtslieder. 18.00 Ackerstr. 170 Grüner Salon (¤ 28598936) 5 o'Clock Swing Dance: Andrej Hermlin und Swing Orchestra. 17.00 Rosa-Luxemburg-Platz 2 King-Kong-Klub (¤ 28598538) Mutanten-Stadl: Modern Earl. Psycho, Dark, Wa- ve u. a.; DJs: Daniel Colletti, die Fünfte Plage. 21.00 Brunnenstr. 173 Komische Oper Berlin (¤ 47997400) 60JahreKomischeOperBerlin.Foyerkonzertmit der Berliner Bläserakademie, musikalische Lei- tung: Lutz Kohl (auch Cembalo), Gesangssoli- sten, Werke von Carpenter, Yun, Mozart. 11.00 Behrenstr. 55-57 Konzerthaus Berlin (¤ 203092101) Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Andris Nel- sons, Ulf-Dieter Schaaff (Flöte). Werke von Strauss, Reinecke, Strawinsky. 16.00; Bach: Weihnachtsoratorium,TeileI-IIIundVI.Kammer- philharmonie Leipzig, Solisten der Leipziger Oper, Michael Köhler, Karl-Forster-Chor, Vokal- consortLeipzig,TonArtLeipzig.20.00;ensemble aisthesis, Walter Nußbaum, Ruth Ziesak (So- pran). Bearbeitung von Werken Gustav Mahlers von Cornelius Schwehr, Erik Oña, Kaspar Johan- nes Walter und Erwin Stein. 20.00, Kleiner Saal Gendarmenmarkt 2 nbi (¤ 67304457) A Life, a Song, a Cigarette (Wien), Lichter (Köln). 22.00 Schönhauser Allee 36 Oxident (¤ 48624248) The But. Pop, Rock. 21.00 Frankfurter Allee 53 Philharmonie (¤ 25488132) Brass Band Berlin: Das etwas andere Weih- nachtskonzert. Klassische und traditionelle Wer- ke, 15.30; Beethoven: Missa Solemnis D-Dur. Festkonzert zum 125-jährigen Bestehen des Phil- harmonischen Chors Berlin, mit dabei: Concerto Brandenburg, Dirigent: Jörg-Peter Weigle, 20.00 Herbert-von-Karajan-Str. 1 Schwartzsche Villa (¤ 902992212) Piano Plus. Bernhard Arndt (Klavier), Komposi- tionen und Improvisationen, Karten: 79741355. 20.00, Großer Salon Grunewaldstr. 55 Theaterdock (¤ 3975426) Unbekannt verzogen. Acoustic, Alternative Pop. 21.30 Lehrter Str. 35 White Trash (¤ 50348668) Coconut Groove Sunday Volume 99: Andrej HermlinSwingOrchestra.UndDJTicoTico.21.00 Schönhauser Allee 6-7 s KLUB Ballhaus Ost (¤ 47997474) Nordwind-Festival: Abschlussparty. www.nord- wind-festival.de. 20.00 Pappelallee 15 Begine (¤ 2151414) Tanztee. Salsa, DiscoFox u. a. mit DJaneVeraS, nur für Frauen. 16.30-22.30 Potsdamer Str. 139 GMF at Week12End 12th Floor: DJs: Clé Zoe; 15th Floor: Gloria Viagra. 22.00 Alexanderstr. 7 Konrad Tönz (¤ 6123252) Hits und Scheiße aus drei Jahrzehnten. Beat, Trash, Latin, Punk; DJ Kollektief. 21.00 Falcken- steinstr. 30 MS Hoppetosse (¤ 53320349) Yaam Sunday Selection. Reggae, Ragga, Dance- hall; DJ Mystic Roots und Gäste, Homepage: www.yaam.de. 23.00 Eichenstr. 4 SO 36 (¤ 61401307) CaféFatal.Um18.00:Tanzkurs;ab21.30:Show; 22.30: Disco 36. ab 18.00 Oranienstr. 190 s KUNST Akademie der Künste - Hanseatenweg (¤ 200572000) Eröffnung: Between Places. Ergebnispräsentati- on der Akademie-Stipendiaten. Di-So 11-20 12.00 Hanseatenweg 10 C/O Berlin im Postfuhramt (¤ 27908940) Eröffnung: Junior 12: Wir machen eine Ausstel- lung! Ergebnispräsentation des gleichnamigen Workshops für Kinder. tgl. 11-20 16.00 Oranien- burger Str./Ecke Tucholskystr. Galerie Friendly Society (¤ 28046190) Eröffnung: Farbige Träume. 18.00: SunnySundaySalon_0007: Chanson von Sylvia. Fr-So 12-19 15.00 Griebenowstr. 23 NGBK Letzter Tag: Achtung Sprengarbeiten! Mitglieder der Arbeitsgruppe führen durch die Ausstellung undstellensichderDiskussionmitdemPublikum und den Künstler_innen. 17.00 Oranienstr. 25 s BÜHNE ada - das Studio (¤ 21800507) Nah dran VI: Dance-, Performancebased Videos. Von und mit Julia Galas, Linda Blüml, Sara Ma- thiasson, Sofia Restorp u. a. 20.30 Schönhauser Allee 73 f Die Etage (¤ 6912095) Das Pantheon der Pantomime. 20.00 Ritterstr. 12-14 exploratorium berlin (¤ 84721052) Augen hören — Ohren sehen. Mit Regina Bier- mann, Lilo Stahl (Tanz), Wolfgang Schliemann (Schlagzeug) u.a.. 20.00 Mehringdamm 55 Komische Oper Berlin (¤ 47997400) Die Verurteilung des Lukullus. Oper von Paul Dessau, anschließend Publikumsgespräch. 19.00 Behrenstr. 55-57 Kookaburra (¤ 48623186) Open Stage: Varieté-Mix-Show und spontane Comedy. 20.00 Schönhauser Allee 184 Max & Moritz (¤ 69515911) Dr. Seltsams Wochenschau: Durchs wilde Kurdi- stan. Reisebericht von Nick Brauns, Gerd Nor- man, Musik: Prinz Chaos II. 13.00 Oranienstr. 162 RAW-Tempel (¤ 27571420) SoFA-Varieté. Conferencier: Jan van Aubel. 20.00 Revaler Str. 99 Schlot (¤ 4482160) Der Frühschoppen, Motto: Dicke Kugeln, Frohes Fest. Mit Hans Duschke, Horst Evers, Hinark Hu- sen, Sarah Schmidt u.a. 13.00 Chausseestr. 18 theaterkapelle (¤ 40984300) Premiere: Theater zum westlichen Stadthir- schen: Weil morgen gestern war. 20.00 Boxhagener Str. 99 tribuene (¤ 3412600) Ver-rückt?!? Szenische Collage der JUNGENge- genWARTE. 20.00 Otto-Suhr-Allee 18 Volksbühne (¤ 24065777) Premiere: Emil und die Detektive. Regie: Frank Castorf. Ab 17 J. 18.00 Rosa-Luxemburg-Platz s WORT Bethanien Berlin-Indien und zurück. Veranstaltung im Rah- men der Ausstellung "Querschnitt 20", 16.00 Mariannenplatz 2 Café Lyrik (¤ 44317191) Hörrausch Ahoi! Torpedo Plexus — Odyssee im Textraum. Kurzgeschichten von Andreas B. Vor- nehm u.a. 20.00 Kollwitzstr. 97 Fehre 6 lauter-niemand-literaturlabor — Forum für Au- toren und Zuhörer. Offene Lesebühne, www.lau- ter-niemand.de. 20.00 Fehrbelliner Str. 6 Frannz (¤ 72627930) Premiere: Nur ein toter Gourmet. Von Robert Brack. 20.00 Schönhauser Allee 36 Galerie Friendly Society (¤ 28046190) SunnySundaySalon: Die Unbekannte. Lesung mit Silvia. 18.00 Griebenowstr. 23 Gesellschaft für künstlerische Forschung (¤ 53013280) Symposium for Reader. Mit Tanja Widmann, Paul Gangloff, Tim Stüttgen, Marina Vishmidt u. a., 0.00-24.00 Am Flutgraben 3 Kaffee Burger (¤ 28046495) Reformbühne Heim & Welt. Gäste: Volker Strü- bing, Manfred Maurenbrecher. 20.00 Torstr. 60 Nordische Botschaften (¤ 50500) Nordische Tage: Daniel Morgenroth liest aus "Der Sohn des Donnergottes" von Arto Paasilin- na. Karten: 51099332. 19.00, Auditorium Rauchstr. 1-6 Radialsystem V (¤ 288788588) Das Narrenschiff. Audiovisuelle Lesung mit Dani- elle de Picciotto und Alexander Hacke. 20.00 Holzmarktstr. 33 Werkstatt der Kulturen (¤ 6097700) Aramäisches Kulturerbe: Lieder und Texte in ara- mäischer Sprache. Lesung aus "Der kleine Prinz" in Aramäisch, 15.00, Saal Wissmannstr. 32 s KINDERHORT Bali (¤ 8114678) Gahls Märchenklavier: Zwei Märchen über den heiligen Nikolaus. Anmeldung erforderlich. 15.00 Teltower Damm 33 Botanischer Garten (¤ 83850100) Tannenbäume, Zimt, Schokolade — es wird weihnachtlich. Kinderführung, Treff: vor dem Eingang Königin-Luise-Platz. 14.00-15.30 Köni- gin-Luise-Str. 6-8 Cabuwazi - Zirkus Springling (¤ 9340715) Da capo: Weihnachtsgaudi. 16.00 Wolfener Str. 2b Galli-Theater (¤ 27596973) Snow White. In englischer Sprache, ab 4 J. 14.00; Schneewittchen. Ab 4 J. 16.00 Oranien- burger Str. 32 Jüdisches Museum (¤ 25993300) Dreidel,drehdich!:Chanukka-Spaßfürdieganze Familie. Spielen, basteln, Dreidelspiele. 14.00- 17.00 Lindenstr. 9-14 Kappedeschle Kaspertheater (¤ 7812633) Kaspers lustiger Weihnachtsbaum. Mit Norberts Kinderband. 16.00 Schustehrusstr. 3 Klax-Familiencafé Weihnachtswerkstatt mit Familienbrunch und kreativen Mitmach-Aktionen für Kinder. 10.00- 12.00 Langhansstr. 74 b Ökowerk (¤ 3000050) Spuren erspähen und einen Wildnispfad selbst anlegen. 11.00; Baumschmuck handgemacht. 11.30-15.30 Teufelsseechaussee 22-24 Saalbau Neukölln (¤ 68093779) Rette Pluto oder Teremók II. Kindermusical. 16.00 Karl-Marx-Str. 141 Schiller-Theater-Werkstatt Grips-Theater:schwarzweißLila.Ab10J.,Karten: 39747477. 16.00 Bismarckstr. 110 Schlot (¤ 4482160) Jazz for Kids: Rhythmix. Familiennachmittag, von 5-15 J. 16.00 Chausseestr. 18 Tempodrom (¤ 61101313) Benjamin Blümchen. Musical, Karten: 69533885. 14.00 Möckernstr. 10 s LAUTSPRECHER Deutsches Theater (¤ 28441225) Gysi trifft Zeitgenossen. 11.00 Schumannstr. 13 a Maxim Gorki Theater (¤ 20221115) Kosmos und Mensch: Organtransplantation im Wandel der Zeit. Vortrag von Ulrich Frei. Infor- mation: 20221115. 11.00 Am Festungsgraben 2 Renaissance-Theater (¤ 3124202) Berliner Lektionen: The Uses of Memory in Archi- tecture. Vortrag des Architekturkritikers Deyan Sudjic mit Simultanübersetzung, Einführung: Joachim Sartorius. 11.30 Knesebeckstr. 100 PROGRAMM SONNTAG, 2. DEZEMBER [Vor schau] KINDER Samstag, 1. Dezember Telefon Zeit Vorstellung Grips Theater 39747477 16.00 Prima Klima (Schiller-Werkstatt) 19.30 3plus1 (Gastkonzert) sophiensaele 2835266 20.00 Verschwinden Maxim Gorki Theater 20221115 19.30 Kabale und Liebe 20.00 Die fetten Jahre sind vorbei Schaubühne 890023 20.00 Ein Sommernachtstraum 20.30 Deutschlandsaga - Die 50er Jahre Deutsches Theater 28441225 19.30 Einsame Menschen (Box) 20.30 Motortown Schaubude Berlin 4234314 20.00 Robinson Crusoe Berliner Ensemble 28408155 19.30 Die Dreigroschenoper 20.00 Biedermann u. die Brandstifter Hebbel am Ufer (1) 25900427 19.00 Chic Point – Fashion for Israeli Checkpoints 19.30 That night follows day Hebbel am Ufer (2) 25900427 20.00 The Psychogeography of loose associations 22.00 Bikya Hebbel am Ufer (2/WAU) 25900427 19.00 TVZero 123 Hebbel am Ufer (3) 25900427 16.00 Meeting Points 5 Ballhaus Ost 47997474 20.00 Bei mir theater89 2824656 20.00 Effis Nacht Theater an der Parkaue 55775252 16.00 Max und Moritz (ab 7) Morgen, 2. Dezember Grips Theater 39747477 16.00 Prima Klima (Schiller-Werkstatt) 16.00 schwarzweißLila sophiensaele 2835266 20.00 Verschwinden Maxim Gorki Theater 20221115 11.00 Kosmos und Mensch 16.00 Die feuerrote Blume 20.00 Fräulein Smillas Gespür für Schnee Schaubühne 890023 12.00 Streitraum 19.30 Deutschlandsaga - Die 50er Jahre 20.00 Ein Sommernachtstraum Deutsches Theater 28441225 19.30 Endspiel (Box) 20.30 Dantons Tod Schaubude Berlin 4234314 20.00 Robinson Crusoe Berliner Ensemble 28408155 16.00 Pffft oder Der letzte Tango am Telefon 19.30 Die Dreigroschenoper Komödie am Ku‘damm 437200918 20.00 Theatersport Berlin / Bühnenpiraten theaterkapelle10245 40984300 20.00 Weil Morgen gestern war Theater an der Parkaue 55775252 16.00 Max und Moritz (ab 7) Übermorgen, 3. Dezember Grips Theater 39747477 10.00 Prima Klima (ab 8) (Schiller-Werkstatt) 11.00 schwarzweißLila (ab 10) sophiensaele 2835266 19.00 Jour fixe Maxim Gorki Theater 20221115 19.30 Maria Magdalena 20.00 Der gute Mensch von Sezuan Schaubühne 890023 20.00 Das letzte Band Deutsches Theater 28441225 19.30 Minna von Barnhelm Admiralspalast 437200918 20.00 Theatersport Berlin theaterkapelle10245 40984300 21.00 La Notte nach Dino Campana von P.M. Waschkau Theater an der Parkaue 10.00 Meilen & Meer (ab 5) 55775252 10.00 Schwanenweiß (ab 11) 18.00 Leben des Galilei (ab 15) Werben auch Sie in unserem Theaterkasten! Telefon (030) 259 02 314 oder anzeigen@taz.de THEATER vorschau 32 TAZ BERLIN  SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 tazplan E-MAIL: PLAN@TAZ.DE Sputnik(höfeamsüdstern),¤6941147•1Hoppet – Hoffnung 15.00, 17.00; Yella 18.30; Gefahr und Begierde 20.00; Schwarze Schafe (2007) 22.30; •2 Yella 15.00;Schwarze Schafe (2007) 17.00;Zu- sammenistmanwenigerallein18.30,22.00;Von Löwen und Lämmern 20.15; Tilsiter-Lichtspiele, ¤ 4268129 Wege in die Nacht 18.15, So 22.00; Stellas Versuchung So 20.00; UCI Kinowelt Friedrichshain, ¤ 42204220 •1 Mr. Brooks–DerMörderinDir14.00,17.00,20.00,Sa 23.00; Morgen, Findus, wird's was geben 14.00; Könige der Wellen 14.15; Ratatouille 14.15, 17.15; DieDrei???–DasGeheimnisderGeisterinsel14.15, 17.00; Lissi und der wilde Kaiser 14.30; Es war k'einmal im Märchenland 14.30; Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken 14.30, 17.15, 20.15, Sa 23.00; American Gangster 16.00, 19.30, Sa 23.00; Schwerter des Königs: DungeonSiege17.00,20.00,Sa23.00;GoneBaby Gone–KeinKinderspiel17.15,20.15,Sa23.00;Die Legende von Beowulf 17.15, 20.15; Free Rainer – Dein Fernseher lügt 20.00; Die Todeskandidaten 20.00, Sa 23.00; Machtlos Sa 23.00; 30 Days of Night Sa 23.00; Yorck, ¤ 78913240 •1 Meine schöne Bescherung 17.15,19.30,21.45,So15.00;•2NichtsalsGespen- ster 17.15, 20.00, Sa 22.40; Ronja Räubertochter So 15.00; s LICHTENBERG- HOHENSCHÖNHAUSEN CinemaxX Hohenschönhausen, ¤ 01805/ 24636299 •1 Die Drei ??? – Das Geheimnis der Geisterinsel 15.00, 17.30; Die Legende von Be- owulf 20.00, Sa 22.45; •2 Lissi und der wilde Kai- ser15.00,17.30;FreeRainer–DeinFernseherlügt 20.00;Seed(2007)Sa22.45;•3WarumMänner nicht zuhören und Frauen schlecht einparken 15.00, 17.30, 20.15, Sa 23.00; •4 Ratatouille 14.45, 17.30; Machtlos 20.15, Sa 23.00; •5 Schwerter des Königs: Dungeon Siege 14.45, 17.30,20.15,Sa23.00;•6Morgen,Findus,wird's was geben 14.45; American Gangster 16.30, 19.45, Sa 23.00; •7 Könige der Wellen Sa 15.00; MeineschöneBescherung17.15,20.00;30Daysof NightSa22.45;Preview:Mr.Magoriums Wunder- laden So 15.00; •8 Es war k'einmal im Märchen- land 15.00; Nach 7 Tagen: Ausgeflittert 17.30, 20.00, Sa 22.45; •9 Der Kindergarten-Daddy 2: Das Feriencamp 15.00; Abbitte 17.15, 20.00, Sa 23.00; s MARZAHN-HELLERSDORF CineStar Hellerdorf, ¤ 01805/118811 •1 Lissi und der wilde Kaiser 14.30, 17.00, 19.45, So 11.15; Hal- loween(2007)Sa22.30;•2DiedreiRäuber14.30, So11.15;DieLegendevonBeowulf17.00,19.45,Sa 22.30;•3WarumMännernichtzuhörenundFrau- en schlecht einparken 14.30, 17.15, 20.00, Sa 22.45,So11.45;•4DieWildenKerle4–DerAngriff der Silberlichten 14.15, So 11.45; Schwerter des Kö- nigs: Dungeon Siege 17.00, 19.45, Sa 22.45; •5 Stellungswechsel 14.30; Meine schöne Besche- rung 17.15, 20.00; 30 Days of Night Sa 22.30; •6 ChuckundLarry:WieFeuerundFlamme14.15;Von Löwen und Lämmern 17.15; Nach 7 Tagen: Ausge- flittert 20.15, Sa 23.00; •7 Könige der Wellen 14.15, So 11.30; Mr. Brooks – Der Mörder in Dir 17.00,19.45,Sa22.45;•8Eswark'einmalimMär- chenland 14.15, So 11.30; Hunting Party – Wenn der Jäger zum Gejagten wird 17.30, 20.15, Sa 23.00; •9 Ratatouille 14.15, 17.00, So 11.30; Die Todeskandidaten20.15,Sa23.00;•10DieDrei??? – Das Geheimnis der Geisterinsel 14.30, 17.00, So 11.15; American Gangster 19.30, Sa 23.00; •11 Morgen,Findus,wird'swasgeben14.45,So11.15; Abbitte 16.45, 19.45; Zimmer 1408 Sa 22.45; •12 Harry Potter und der Orden des Phönix 14.15, So 11.15;MörderischerFrieden17.15,20.15;Machtlos Sa 23.00; KinoKiste,¤9987481HändewegvonMississippi 13.55; Winky will ein Pferd 15.35; Ein fliehendes PferdSa17.10,23.00,So19.30;WächterdesTages 21.20, Sa 18.50, So 17.10; UCI Kinowelt am Eastgate, ¤ 93030260 •1 War- umMännernichtzuhörenundFrauenschlechtein- parken 12.30, 15.00, 17.30, 20.15, Sa 23.00; •2 Mr.Brooks–DerMörderinDir12.00,14.45,17.30, 20.15, Sa 23.00; •3 Könige der Wellen 12.00, 14.15; American Gangster 16.30, 19.45, Sa 23.00; •4 Tell (2007) 12.15; Die Legende von Beowulf 14.30, 17.15, 20.00, 22.45; •5 Lissi und der wilde Kaiser 12.30, 14.30, 16.30, 18.30; Hunting Party – Wenn der Jäger zum Gejagten wird 20.30, Sa 23.00; •6 Ratatouille 12.30, 15.00, 17.30; Die To- deskandidaten 20.10, Sa 22.45; •7 Morgen, Fin- dus, wird's was geben 12.30; Es war k'einmal im Märchenland 15.00; Schwerter des Königs: Dun- geonSiege17.00,20.00,Sa23.00;•8DieDrei??? – Das Geheimnis der Geisterinsel 12.30, 15.00; Machtlos17.30;Nach7Tagen:Ausgeflittert20.15; Von Löwen und Lämmern Sa 23.00; s MITTE Acud, ¤ 44359498 [1-2] Die Oligarchen (OmU) 17.00; Sicko 18.00, 20.00; Import Export (2007) 19.00; Anderland 21.30; Immer nie am Meer 22.15; Alhambra,¤0180/5050311[1-7]Lissiundderwil- de Kaiser 13.00, 15.15; Ratatouille 13.00, 15.20; Die Drei ??? – Das Geheimnis der Geisterinsel 13.00, 15.15, 17.30; Könige der Wellen 13.00; Die Legende von Beowulf 13.45, 17.30, 20.00, Sa 23.00;Beyaz melek –WeißerEngel (OmU) 14.00, 17.00, 20.00, Sa 22.45; Schwerter des Königs: Dungeon Siege 14.00, 17.00, 20.00, Sa 22.45; WarumMännernichtzuhörenundFrauenschlecht einparken 15.15, 17.45, 20.15; American Gangster 16.30,19.45,Sa23.00;Abbitte17.50,20.25;Nach 7 Tagen: Ausgeflittert 20.00, Sa 22.45; Machtlos Sa 22.45; 30 Days of Night Sa 23.00; Arsenal, ¤ 26955100 •1 European Film Academy Short Film 2007 – Prix UIP: Kurzfilmprogramm Sa 15.30;UlrikeOttinger-Retrospektive:DieBetörung der blauen Matrosen Sa 19.00; Ulrike Ottinger-Re- trospektive:DorianGrayimSpiegelderBoulevard- presse; in Anw. d. Reg. u. d. Darst. Sa 21.00; Kurz- filme von Bert Haanstra So 16.00; Ulrike Ottinger- Finissage: Zwölf Stühle (2004); m. Einf. u. anschl. Disk. m. d. Reg. So 19.00; •2 Kurzfilme von Bert HaanstraSa17.00;RussischeFilmwoche:Dvavod- nom–ZweiinEinem(OmÜb)Sa19.30;MagicalHi- story Tour in 365 Filmen, (29): Avantgarde-Pro- gramm I Sa 21.45; Russische Filmwoche: Putes- hestviesdomashnimizhivotnymi–ReisemitHaus- tieren (OmÜb) So 19.30; Magical History Tour in 365 Filmen, (30): Avantgarde-Programm II So 21.30; BabylonMitte,¤2425969•1AstridLindgren:Lot- ta aus der Krachmacherstraße Sa 16.00; Kurzfilm- premiere: Morgenrot; in Anw. d. Reg. Sa 16.30; Around the World in 14 Films: Dreams of Dust; m. Vorfilm u. Gast Sa 17.00; Around the World in 14 Films:13(Tzameti)(OmenglU) Sa17.30;Rosavon Praunheim: Vor Transsexuellen wird gewarnt Sa 18.00;AroundtheWorldin14Films:CaliforniaDre- amin'; m. Vorfilm u. Gast Sa 19.15; Around the Worldin14Films:ManPushCart–AufdenStraßen New Yorks (OmenglU), m. Vorfilm Sa 19.30; Rosa von Praunheim: Der Einstein des Sex – Leben und Werk des Dr. M. Hirschfeld Sa 20.00; Around the World in 14 Films: Opera Jawa, m. Vorfilm Sa 21.30; Rosa von Praunheim: Männer, Helden und schwule Nazis Sa 22.00; Around the World in 14 Films:Elviolin–DieVioline(OmenglU);m.Vorfilm u. Gast Sa 22.15; Astrid Lindgren: Ferien auf Salt- krokan–DerverwunschenePrinzSo14.00;Kinder- wagenkino: Sicko So 14.00; Making Off: Preview: Arna's Children – Arnas Kinder (OmU), in Anw.d. Reg. So 15.00; Astrid Lindgren: Pippi außer Rand und Band So 16.00; Cinema aperitivo: Die Nacht vonSanLorenzo–LanottediSanLorenzo(Omeng- lU) So 16.00; Rosa von Praunheim: Kurzfilme von 1967 bis heute So 18.00; Around the World in 14 Films: Opera Jawa; m. Vorfilm u. Gast So 18.00; AroundtheWorldin14Films:Elviolin–DieVioline (OmenglU), m. Vorfilm So 18.15; Rosa von Praun- heim: Neurosia – 50 Jahre pervers So 20.00; AroundtheWorldin14Films:CaliforniaDreamin', m.VorfilmSo20.15;AroundtheWorldin14Films: Man Push Cart – Auf den Straßen New Yorks (OmenglU);m.Vorfilmu.GastSo20.30;Rosavon Praunheim:Fürmichgab'snurnochFassbinderSo 22.00; Balazs, ¤ 2409146 Schwedisch für Fortgeschritte- ne Sa 16.00; Sicko 18.00; Odette Toulemonde 20.15;Matinee:DieTöchterdeschinesischenGärt- ners So 12.00; Das Mädchen, das die Seiten um- blättert So 14.00; Sie sind ein schöner Mann So 16.00; Central, ¤ 28599973 •1 Kreuzzug in Jeans 15.00; Schwarze Schafe (2007) (DFmenglU) Sa 18.00; Three Burials: Die drei Begräbnisse des Melquia- des Estrada – The Three Burials of Melquiades Estrada (OmU) 20.00; Gegen die Wand (DFmeng- lU)22.15;Kurzfilmprogramm:12xDeutschlandSo 17.00; •2 The Failure of Beauty – Dead Chickens 15.30; Der Himmel über Berlin (DFmenglU) Sa 17.00; Dinner with Murakami (OmenglU) 19.15; SchwarzeSchafe(2007)(DFmenglU)20.30;Three Burials: Die drei Begräbnisse des Melquiades Estrada – The Three Burials of Melquiades Estrada (OmU) 22.30; Ich habe euch nicht vergessen: Si- mon Wiesenthals Leben und Vermächtnis So 17.00; CineKidz Familienkino in der Kindercity im Alexa, ¤ 307843915 Morgen, Findus, wird's was geben 11.00; Ratatouille 13.00, 16.00; CinemaxXPotsdamerPlatz,¤01805/24636299 •1 Ratatouille 13.45, 16.30; American Gangster 19.30, 23.00; •2 Morgen, Findus, wird's was ge- ben 14.30, So 11.00; Gone Baby Gone – Kein Kin- derspiel 16.45, 19.45, 22.45; •3 American Gang- ster13.15,17.00,20.30;•4SchwerterdesKönigs: DungeonSiege13.30,16.30,19.45,23.00;•5Mr. Brooks – Der Mörder in Dir 14.00, 17.00, 20.00, 23.00; •6 Könige der Wellen 13.30; Fantasy Film- fest: Focus Asia Nights: 13 game sayawng – 13 Be- loved (OmenglU) Sa 16.00; Nach 7 Tagen: Ausge- flittert 17.00, 20.00, So 23.00; Fantasy Filmfest: Focus Asia Nights: Moon to – Protege (OmenglU) Sa18.15;FantasyFilmfest:FocusAsiaNights:High- lander: The Search for Vengeance (OV) Sa 20.30; Fantasy Filmfest: Focus Asia Nights: Faet – Alone (OmenglU) Sa 22.15; Fantasy Filmfest: Focus Asia Nights:Mukgong–ABattleofWits(OmenglU)So 16.00; Fantasy Filmfest: Focus Asia Nights: Dao huo xian – Flash Point (OmenglU) So 18.45; Fan- tasyFilmfest:FocusAsiaNights:Ekusukurosu:Ma- kyo densetsu – XX (OmenglU) So 20.45; Fantasy Filmfest: Focus Asia Nights: Soo: Revenge For a Twisted Fate (OmenglU) So 22.30; •7 Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einpar- ken 14.00, 17.00, 20.00, 23.00; •8 Die Gebrüder Weihnachtsmann 14.30, 17.30; Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken 21.00; •9 Abbitte 13.45, 16.45, 19.45, 22.45; •10 Von Löwen und Lämmern 17.40, 20.10, Sa 15.10; Die Todeskandidaten 22.45; Preview: Mr. Magori- ums Wunderladen So 15.00; •11 Es war k'einmal im Märchenland 14.30, So 11.00; Nichts als Ge- spenster 16.40, 19.40, 22.40; •12 Die Drei ??? – Das Geheimnis der Geisterinsel 14.45, 17.15, So 11.00;30DaysofNight20.00,22.45;•13Hunting Party – Wenn der Jäger zum Gejagten wird 13.45, 16.45, 19.45,22.30; •14 Lissi und der wilde Kaiser 13.00,15.20,17.40,20.00;DasBourneUltimatum 22.30; •15 Der Kindergarten-Daddy 2: Das Ferien- camp 14.00; Ratatouille 19.45, 22.45, So 11.00; •16AcrosstheUniverse14.00;BiszumEllenbogen 17.15; Machtlos 20.00, 23.00; •17 Der Sternwan- derer 13.50, 16.50; Free Rainer – Dein Fernseher lügt 19.50; Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford 22.50; •18 Königreich Arktis 13.00; Meine schöne Bescherung 15.30, 18.00, 20.30; Mörderischer Frieden 23.00; •19 Hoppet – Hoffnung 15.00; Die Legende von Be- owulf 17.15, 20.00, 22.45; CineStar CUBIX Filmpalast Alexanderplatz, ¤ 01805/118811•1Eswark'einmalimMärchenland 15.45, So 11.15, 13.45; Lissi und der wilde Kaiser 18.00; Free Rainer – Dein Fernseher lügt (Audio- des.) 20.00, 23.00; •2 Die Gebrüder Weihnachts- mann13.45,16.45,So11.00;Nach7Tagen:Ausge- flittert 22.45, Sa 19.30; American Gangster So 19.30; •3 Ratatouille 13.45, 16.45, So 11.15; Von Löwen und Lämmern 19.30; American Gangster 22.45; •4 Der Sternwanderer 13.45, So 11.00; Go- ne Baby Gone – Kein Kinderspiel 16.45, 19.30, 22.30;•5MeineschöneBescherung14.00,19.45, So 11.30; Across the Universe 16.45; Machtlos 22.45; •6 Die Drei ??? – Das Geheimnis der Gei- sterinsel14.30,So12.00;DieLegendevonBeowulf 17.00, 20.15, 23.00; •7 Könige der Wellen 14.30, So 12.00; Schwerter des Königs: Dungeon Siege 17.00, 20.00, 23.00; •8 Lissi und der wilde Kaiser 13.45, So 11.30; American Gangster 16.00, Sa 19.30; 30 Days of Night 23.00; Preview: An ihrer Seite So 19.00; •9 Warum Männer nicht zuhören undFrauenschlechteinparken14.15,17.15,20.00, 23.00, So 11.30; CineStarimSonyCenter,¤26066260•1DieDrei ??? – Das Geheimnis der Geisterinsel (OV) 14.00; King of California (OV) 16.15; Von Löwen und Läm- mern – Lions for Lambs (OV) 18.30, 20.45; Across the Universe (OV)23.00;•211thHour–5vor 12– The11thHour(OV)14.00;Nach7Tagen: Ausgeflit- tert–TheHeartbreakKid(OV)16.00;HuntingPar- ty–WennderJägerzumGejagtenwird(OV)18.30, 20.45, 23.15; •3 Mein Kind vom Mars – Martian Child (OV) 15.00; Gone Baby Gone – Kein Kinder- spiel (OV) 17.30, 20.15, 22.45; •4 Der Sternwan- derer–Stardust(OV)14.45;Mr.Brooks–DerMör- der in Dir (OV) 17.00, 20.00, 22.45; •5 Abbitte – Atonement(OV)19.45,Sa14.30;DieLegendevon Beowulf–Beowulf(OV)17.15,22.30;Reise-Doku: Ägypten So 14.00; •6 Ratatouille (OV) 14.15, 16.45; Nach 7 Tagen: Ausgeflittert – The Heart- break Kid (OV) Sa 19.30; Die Todeskandidaten – TheCondemned(OV)23.00;GefahrundBegierde – Se jie (OmenglU) So 19.30; •7 Die Gebrüder Weihnachtsmann – Fred Claus (OV) 14.30, 17.00; Machtlos – Rendition (OV) 19.30; American Gang- ster (OV) 22.15; •8 Es war k'einmal im Märchen- land – Happily N'Ever After (OV) 14.00; American Gangster(OV)16.00,19.30;30DaysofNight(OV) 23.00; CineStarIMAXimSonyCenter,¤26066260Urgi- ganten der Meere 10.30, Sa 16.30, 18.30, So 14.30;WunderderTiefe3-D–MeerErleben!11.30, Sa 14.30, 17.30, So 15.30; Dinosaurier 3-D 12.30; Wild Safari 3-D 13.30; Der Schneemann gegen SantaClause–3-DSa15.30,So16.30;DasGeister- schloss–HauntedCastle3-D19.30;3D:DieLegen- de von Beowulf 20.30, Sa 23.00, So 17.30; Filmrauschpalast, ¤ 3944344 Schwarze Schafe (2007) 20.00, 22.00; Hackesche Höfe, ¤ 2834603 •1 Takva – Gottes- furcht (OmU) 15.30, 17.45; Hotel Very Welcome 20.00,22.00,So13.00;KlassikimKino:Matinee: Hänsel und Gretel (1981) So 11.00; •2 11th Hour – 5 vor 12 15.45; Bruno Manser: Kampf um den Re- genwald 17.45, So 11.00; Liebesleben – Liebesle- ben (OmU) 20.00, 22.30, So 13.00; •3 Heimat- klänge15.00;ImportExport(2007)17.00;Aufder anderen Seite 19.45, 22.15, So 12.00; •4 Das Erbe der Bergler 15.00, 17.15, So 11.00; Jagdhunde 19.30; La Leon (OmU) 21.30, So 13.00; •5 Du bist nicht allein 15.15, So 13.00; Der Mann von der Bot- schaft 17.15, 19.30, So 11.00; Gefahr und Begierde 21.45; High End 54 im Tacheles, ¤ 2831498 •1 Trade – WillkommeninAmerika16.00;Yella18.00,22.00; Zusammen ist man weniger allein 20.00; •2 Schwarze Schafe (2007) 16.00, 20.00, 22.00; Ein fliehendes Pferd 18.00; International, ¤ 24756011 Hunting Party – Wenn der Jäger zum Gejagten wird 14.30, Sa 22.00, So 22.15; Nichts als Gespenster 16.45, 19.30; Mati- nee: Die Prophezeihungen von Celestine So 11.30; Kino&CafeamUfer,¤46507139GeraldHüther: Brainwash,TeilIISa18.00;Unterwegsindienäch- ste Dimension 20.30; Gerald Hüther: Brainwash, Teil III So 18.00; Kino im Russischen Haus der Wissenschaft und Kultur, ¤ 20302320 Russische Filmwoche: Rus- skaya igra – Russisches Spiel (OmU); anschl. Tref- fenm.Filmschaff.Sa18.00;RussischeFilmwoche: Otez – Der Vater (OmU); anschl. Treffen m. Film- schaff. Sa 20.00; Russische Filmwoche: Kuka (OmU); anschl. Treffen m. Filmschaff. So 18.00; Russische Filmwoche: Lubov morkov – Liebe, Lust undFrust(OmU);anschl.Treffenm.Filmschaff.So 20.00; Nickelodeon,¤30872372EsisteinElchentsprun- gen 14.00; Pettersson und Findus 16.00; Wer frü- herstirbtistlängertot17.30;TuyasHochzeit19.30; DieErmordungdesJesseJamesdurchdenFeigling Robert Ford 21.30; Z-inema, ¤ 28389121 King Kong und die weiße Frau – Die rekonstruierte Version So 21.00; Zeughauskino, ¤ 20304770 Sonderprogramm: Schachnovelle Sa 21.30; Film im Herzen Europas: DieStundederVersuchung,m.Einf.So19.00;Film im Herzen Europas: Schweik's New Adventures (OV) So 21.00; s NEUKÖLLN Karli – Multiplex in den Neukölln Arcaden, ¤ 01805050644 [1-9] Könige der Wellen 13.30, 15.30; Lissi und der wilde Kaiser 13.30, 15.20; Die Drei ??? – Das Geheimnis der Geisterinsel 13.45, 15.45, 17.45; Die Gebrüder Weihnachtsmann 13.45,17.15;SchwerterdesKönigs:DungeonSiege 14.00,17.00,20.00,Sa23.00;Beyazmelek–Wei- ßer Engel (OmU) 14.00, 17.00, 20.15, Sa 23.00; Ratatouille14.15,17.00,20.00;Nach7Tagen:Aus- geflittert 14.30, 17.15, 20.00, Sa 22.45; Die Legen- de von Beowulf 15.00, 17.30, 20.00, Sa 22.30; AmericanGangster16.15,19.30,Sa22.45;Takva– Gottesfurcht(OmU)17.30,20.00,Sa22.15;Macht- los20.00,Sa22.45;DerSternwanderer20.00;30 Days of Night Sa 22.30; Halloween (2007) Sa 22.45; NeuesOff,¤62709550FreeRainer–DeinFernse- her lügt 17.30, 20.15, Sa 22.45, So 15.00; Passage, ¤ 68237018 •1 Gone Baby Gone – Kein Kinderspiel15.00,17.45,20.30,Sa23.00;•2Mei- ne schöne Bescherung 16.00, 18.15, 20.30, Sa 22.30; •3 4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage 14.45, 17.15, 20.00, Sa 22.45; •4 Liebesleben 14.45, 17.15, 20.00, Sa 22.45; Rollberg,¤62704645•1Persepolis16.15,18.30, 20.45;•2 American Gangster 17.15,20.30;•3Ra- tatouille15.15;AufderanderenSeite17.45,20.15; •4Abbitte17.15,20.00;•5HändewegvonMissis- sippi 15.15; UCI Kinowelt Gropius Passagen, ¤ 66681234 •1 LissiundderwildeKaiser12.30;Ratatouille14.45, 17.30;MeineschöneBescherung20.15;30Daysof Night Sa 23.00; •2 Es war k'einmal im Märchen- land12.30;DieGebrüderWeihnachtsmann14.30, 17.15; Machtlos 20.00; Von Löwen und Lämmern Sa23.00;•3Ratatouille12.30;Lissiundderwilde Kaiser 15.15; Die Legende von Beowulf 17.30, 20.15,Sa23.00;•4WarumMännernichtzuhören undFrauenschlechteinparken14.30,17.15,20.00, Sa 23.00; •5 Morgen, Findus, wird's was geben 12.45;AmericanGangster16.00,19.30,Sa23.00; •6 Die Drei ??? – Das Geheimnis der Geisterinsel 12.30, 15.00, 17.30; Nach 7 Tagen: Ausgeflittert 20.00, Sa 23.00; s PANKOW Blauer Stern Pankow, ¤ 47611898 [1-2] Die drei Räuber 14.00, So 10.00; Die Drei ??? – Das Ge- heimnis der Geisterinsel 14.00, 16.00, So 11.00; Ratatouille 15.45, So 12.00; Odette Toulemonde 18.00;Abbitte18.00,20.15;AufderanderenSeite 20.15; Blow Up, ¤ 48625951 •1 Yella 17.15; Hoppet – Hoffnung 19.30, 21.30; •2 König Drosselbart (1965)17.00;DasReichsorchester19.00;Schöner Leben 21.00; BrotfabrikKino, ¤ 4714001 Sakuran – Wilde Kirschblüte (OmU) 20.00; Planet Terror 22.00; FT am Friedrichshain, ¤ 42845188 •1 Ratatouille 15.00; Free Rainer – Dein Fernseher lügt 17.15, 20.00, Sa 22.40; •2 Die drei Räuber 14.00; Perse- polis 15.30, 17.45, 20.00, 22.15; •3 Die Drei ??? – Das Geheimnis der Geisterinsel 14.00, 16.00; Aus- gerechnetBulgarien:AngelikaSchrobsdorfundih- reFamilie18.00;MeineschöneBescherung20.15, Sa22.30;•4BiszumEllenbogen15.00,19.30;Lie- besleben 17.00, 21.30; •5 Abbitte 14.30, 19.30; Auf der anderen Seite 17.00, 22.00; Kino in der Kulturbrauerei, ¤ 01805/118811 [1-8] Nichts als Gespenster 14.45, 17.30, 20.15, 23.00, So12.00;Ratatouille15.00,Sa17.30,So12.30;Kö- nigreich Arktis 15.00, So 12.30; Morgen, Findus, wird'swasgebenSa15.00,So13.30;WarumMän- ner nicht zuhören und Frauen schlecht einparken 15.15,17.45,20.30,23.00,So12.30;Aufderande- renSeiteSa15.30,So14.15;MeineschöneBesche- rung 15.30, 17.45, So 13.00; Die drei Räuber Sa 15.45,So13.00,15.15;Zusammenistmanweniger allein 17.00; 4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage 17.00, 19.30, 22.15; Persepolis 17.45, 20.00, 22.15, So 15.15; Hotel Very Welcome Sa 18.15, So 17.30; Gone Baby Gone – Kein Kinderspiel 19.30, 22.15; Free Rainer – Dein Fernseher lügt 20.00, 23.00; Liebesleben 20.00; American Gangster 20.30,So17.00;VonLöwenundLämmern22.30; Krokodil, ¤ 44049298 Import Export (2007) (OmU) Sa 19.30, So 20.00; Sunduk predkov – Kir- gisische Mitgift (OmU) Sa 22.00; Prater So 18.00; Lichtblick-Kino, ¤ 44058179 Dornröschen (1970) 15.00;Künstler-Biographien:AlbertoGiacometti– Die Augen am Horizont 16.15; Der rote Elvis 17.15; Nouvelle Vague: Hiroshima mon amour 19.00; Nouvelle Vague: Außer Atem – A bout de souffle (OmU)20.30;NouvelleVague:Sieküßtenundsie schlugen ihn – Les quatre cents coups (OmU) 22.00; Casablanca (OmU) Sa 23.59; Toni & Tonino, ¤ 92791200 •1 Die drei Räuber 14.00; Könige der Wellen 15.30; Der Sternwande- rer 17.30; Ein fliehendes Pferd 20.00; UCI Kinowelt Colosseum, ¤ 44018180 •1 Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einpar- ken 14.45, 17.30, 20.15, 23.00; •2 Schwerter des Königs: Dungeon Siege 14.45, 20.15, 23.05; Machtlos 17.30; •3 Lissi und der wilde Kaiser 13.00, 15.15, 17.30; Free Rainer – Dein Fernseher lügt 20.00; 30 Days of Night 23.00; •4 Die drei Räuber 12.45; Ratatouille 14.45, 17.20; Hunting Party–WennderJägerzumGejagtenwird20.00, 23.00; •5 Die Drei ??? – Das Geheimnis der Gei- sterinsel 13.00, 15.15; Gone Baby Gone – Kein Kin- derspiel 17.30, 20.15, 23.00; •6 Es war k'einmal im Märchenland 12.45, 15.00; Mr. Brooks – Der Mörder in Dir 17.15, 20.00, 23.00; •7 Across the Universe 14.40; Die Legende von Beowulf 17.30, 20.15,23.00;•8Hoppet–Hoffnung12.45,15.00; Abbitte17.15,20.00;DieTodeskandidaten23.00; •9 Die Gebrüder Weihnachtsmann 12.45, 15.15, 17.45; Meine schöne Bescherung 20.15; Von Lö- wen und Lämmern 23.00; •10 Könige der Wellen 13.00; American Gangster 16.00, 19.30, 23.00; s REINICKENDORF CineStar Tegel, ¤ 01805/118811 •1 Warum Män- ner nicht zuhören und Frauen schlecht einparken 14.30,17.15,20.15,Sa23.00,So11.00;•2Lissiund der wilde Kaiser 14.15; Meine schöne Bescherung 16.45, Sa 19.45; Machtlos Sa 22.45; Königreich Arktis So 11.30; An ihrer Seite So 19.00; •3 Könige der Wellen 14.00, So 11.30; American Gangster 16.30, 20.00; •4 Die Gebrüder Weihnachtsmann 14.15, 17.00, So 11.00; Nach 7 Tagen: Ausgeflittert 19.45, Sa 22.45; •5 Die Drei ??? – Das Geheimnis der Geisterinsel 14.15, 17.30, So 11.15; Von Löwen und Lämmern 20.00; 30 Days of Night Sa 23.00; •6 Die drei Räuber 14.30, So 11.45; Schwerter des Königs:DungeonSiege17.00,20.00,Sa23.15;•7 Morgen, Findus, wird's was geben 14.45; Die Le- gendevonBeowulf17.00,20.15,Sa23.15;DerKin- dergarten-Daddy 2: Das Feriencamp So 12.00; •8 Ratatouille 14.00, 16.45, So 11.00; Abbitte 19.30; American Gangster Sa 22.30; •9 Es war k'einmal imMärchenland14.45,So12.00;Mr.Brooks–Der Mörder in Dir 17.15, 20.20, Sa 23.15; s SPANDAU Cineplex Spandau, ¤ 0180/5050211 [1-5] Lissi und der wilde Kaiser 10.00, 11.45, 13.45; Die Drei ???–DasGeheimnisderGeisterinsel10.00,12.20, 14.40, 17.00; Es war k'einmal im Märchenland 10.00, 14.15; Morgen, Findus, wird's was geben 10.00, 11.45, 13.30; Königreich Arktis 10.00; Die drei Räuber 12.00; Ratatouille 12.05, 14.45; War- umMännernichtzuhörenundFrauenschlechtein- parken15.20,17.50,20.15,Sa22.45;DieLegende von Beowulf 15.45, 20.00, Sa 22.45; American Gangster 16.20, 19.45, Sa 23.00; Schwerter des Königs: Dungeon Siege 17.25, 20.15, Sa 23.00; MeineschöneBescherung18.15,20.25,Sa22.40; s CHARLOTTENBURG-WILMERSDORF Broadway,¤26550276•ADiedreiRäuber14.15; Ratatouille 16.00; Liebesleben 18.00, 20.45; •B Ausgerechnet Bulgarien: Angelika Schrobsdorf und ihre Familie 15.30; Abbitte 17.30, 20.15; Hän- de weg von Mississippi So13.30; •C Die Drei ??? – Das Geheimnis der Geisterinsel 14.00, 16.00; 4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage 18.00, 20.30; •D Morgen, Findus, wird's was geben 14.00; Meine schöneBescherung15.45,20.30;Aufderanderen Seite 18.00; Bundesplatz-Studio, ¤ 8533355 Geliebte Jane 18.30; Zusammen ist man weniger allein 20.30; Das Leben der Anderen So 16.00; Cinema Paris, ¤ 8813119 Das Reichsorchester 13.00; Nichts als Gespenster 15.00, 17.45, 20.30; Matinee: Odette Toulemonde (OmU) So 11.00; Delphi,¤3121026Persepolis16.00,18.15,20.30; Heimatklänge So 14.00; Eva-Lichtspiele, ¤ 92255305 Ratatouille 13.00, 15.30;OdetteToulemonde18.00;Aufderanderen Seite 20.30; Matinee: Geliebte Jane So 11.00; Film-Palast, ¤ 8838551 Warum Männer nicht zu- hörenundFrauenschlechteinparken15.30,17.45, 20.15, Sa 22.30; Filmkunst 66, ¤ 8821753 •1 Zusammen ist man wenigeralleinSa15.30;VonLöwenundLämmern 18.15,20.30,Sa22.30;SaintJacques...Pilgernauf französisch So 15.30; •2 One – Der Film Sa 15.30; BiszumEllenbogen17.45,20.00,Sa22.15;Hänsel und Gretel (1981) So 15.00; Die Kurbel, ¤ 88915998 •1 Ratatouille 12.00, 14.30; Die Drei ??? – Das Geheimnis der Geisterin- sel 12.00, 14.00, 17.00; Morgen, Findus, wird's was geben 12.00, 13.30, 15.00; American Gang- ster 16.00, 19.00, 22.15; Gone Baby Gone – Kein Kinderspiel 17.00, 19.30, 22.00; Gefahr und Be- gierde 19.00, 22.15; Neue Kant Kinos, ¤ 3199866 •1 Bruno Manser: Kampf um den Regenwald 15.15, 17.30; Free Rai- ner–DeinFernseherlügt19.45,22.30;•2Dassin- gende,klingendeBäumchen15.00;Hoppet–Hoff- nung 17.00, 19.00; Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford 21.00; •3 ImportExport(2007)15.00;WirsagenDu!Schatz 17.45, 20.00; En La Cama – En la cama 22.15; •4 Du bist nicht allein 15.15; Der Mann von der Bot- schaft 17.15, 19.30; Jagdhunde 21.45; •5 Schöner Leben 15.30, 17.45; WWGW – Weißt was geil wär...?! 22.15, Sa 20.00; UCI Kinowelt Zoo Palast, ¤ 25414777 [1-9] Mr. Brooks – Der Mörder in Dir 12.30, 16.00, 20.00, 23.00; Die Drei ??? – Das Geheimnis der Geisterin- sel 12.30, 15.00; Warum Männer nicht zuhören undFrauenschlechteinparken12.30,15.00,17.30, 20.15, 23.00; Lissi und der wilde Kaiser 12.45, 15.00; Es war k'einmal im Märchenland 12.45, 15.15;DerKindergarten-Daddy2:DasFeriencamp 13.00; Ratatouille 14.45, 17.30; Die Legende von Beowulf 14.45, 17.30, 20.15, 23.15; Die Gebrüder Weihnachtsmann 14.50, 17.40; American Gang- ster 16.00, 19.30, 23.00; Schwerter des Königs: Dungeon Siege 17.15, 20.15, 23.15; Machtlos 17.20; Gone Baby Gone – Kein Kinderspiel 17.30, 20.15, 23.15; Nach 7 Tagen: Ausgeflittert 20.15; HuntingParty–WennderJägerzumGejagtenwird 20.20; Meine schöne Bescherung 20.30; Die To- deskandidaten 22.45; Free Rainer – Dein Fernse- her lügt 23.00; Von Löwen und Lämmern 23.00; s FRIEDRICHSHAIN-KREUZBERG Babylon Kreuzberg, ¤ 61609693 •A Heimatklän- ge 18.00; Abbitte – Atonement (OmU) 20.00; Bis zumEllenbogenSa22.30;•BWirsagenDu!Schatz 17.15; Bis zum Ellenbogen 19.30; Auf der anderen Seite Sa 21.30; Eiszeit, ¤ 6116016 •1 Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford 16.00, So 19.30; Puppen aus Ton – Arais al-tein (OmU); in Anw. d. Reg. Sa 20.00; Ghost on the Highway: A PortraitofJeffreyLeePierceandtheGunClub(OV) 22.00; •2 Die kleine Hexe 16.00; Takva – Gottes- furcht (OmU) 18.00, 21.45; Der Mann von der Bot- schaft 20.00; fsk am Oranienplatz, ¤ 6142464 •1 Persepolis (OmU) 15.45, 18.00, 20.00, 22.00; •2 4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage – 4 luni, 3 saptamini si 2 zile (OmU) 16.00, 18.15, 20.30, 22.45; Intimes, ¤ 29664633 Könige der Wellen 16.00; Zusammen ist man weniger allein 18.00; Yella 20.00; Schwarze Schafe (2007) 22.00; Moviemento, ¤ 6924785 •1 Hotel Very Welcome 14.15,16.15,18.15,20.15,22.15,Sa23.59;•2Hän- dewegvonMississippi14.00;DieWeihnachtsgans Auguste u. a. 16.00; Ein fliehendes Pferd 17.15; Jagdhunde 19.15; Prinzessinnenbad 21.15; Joe Strummer: The Future Is Unwritten (OmU) Sa 23.15; •3 Bruno Manser: Kampf um den Regen- wald 15.45, 20.00; Bab'Aziz: Der Tanz des Windes (OmU) 18.00; Immer nie am Meer 22.00, Sa 23.59; NEU IM KINO s Diese Woche frisch Ausgerechnet Bulgarien: Por- trät der Schriftstellerin Ange- lika Schrobsdorff Bruno Manser – Kampf um den Regenwald: Dokumenta- tion über Schweizer, der in Borneos Dschungel lebte Der Mann von der Botschaft: Beziehung zwischen Botschaf- ter und Straßenkind Die Gebrüder Weihnachts- mann: Komödie zum Fest Gone Baby Gone: Ben Afflecks eindringliches Regiedebüt Hoppet: Preisgekrönter Kin- derfilm aus Schweden Hotel Very Welcome: Backpa- cker bei der Sinnsuche Hunting Party: Richard Gere auf Kriegsverbrecherjagd Mörderischer Frieden: Deut- sche Soldaten im Kosovo Mr. Brooks – Der Mörder in Dir: Kevin Costner als fast sympathischer Suchtmörder Nichts als Gespenster: Liebes- suche nach dem Erzählband von Judith Hermann Schwerter des Königs – Dun- geon Siege: Fantasy Warum Männer nicht zuhö- ren und Frauen schlecht ein- parken: Die neue Komödie von Leander Haußmann Das komplette Kinoprogramm für Berlin und Potsdam KINOS VON A-Z s Ein kleiner Angriff der Vergangenheit auf die Gegenwart des Kinos, oder halt einfach ein historischer Schauunterricht: mit der damali- gen Kinotechnik und dem Mann am Klavier, der zu einer Handvoll Stummfilmen die Musik macht. „Kino wie vor 100 Jahren“ präsen- tiert Cinema mobile jetzt am Sonntag an gleichfalls geschichtsträch- tigem Ort, dem Kutschenstall des Fuhrunternehmers Schöne am Neuköllner Richardplatz 18. Und kosten tut das Kintopp-Vergnügen noch nicht einmal einen Groschen wie einst. Sondern gar nichts. „Kino wie vor 100 Jahren“: Kutschen Schöne, So., 18 Uhr Kino im Kulturhaus Spandau, ¤ 3336081 Hände wegvonMississippi14.30;Zusammenistmanwe- nigeralleinSa16.30;EinfliehendesPferdSa18.30, So 16.30; Yella Sa 20.15, So 18.30; Matinee: Das LebenderAnderenSo12.00;AufderanderenSeite So 20.15; s STEGLITZ-ZEHLENDORF Adria, ¤ 0180/5050711 Warum Männer nicht zu- hören und Frauen schlecht einparken 15.15, 17.45, 20.15, Sa 22.30; Matinee: Berlin, wie es war So 11.00; Matinee: Buena Vista Social Club So 13.00; Bali,¤8114678DerkleineKönigMacius16.00;Ein fliehendes Pferd 18.30, 20.45; Capitol, ¤ 8316417 Meine schöne Bescherung 15.45,20.30;Liebesleben18.00;Matinee:Aufder anderen Seite So 11.00; 4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage So 13.30; Thalia Movie Magic, ¤ 7743440 •1 Ratatouille 13.00,15.30;KönigederWellen13.30;DieDrei??? – Das Geheimnis der Geisterinsel 13.30, 15.30, 18.00, So 11.30; Die drei Räuber 13.30; Es war k'einmalimMärchenland15.15;SchwerterdesKö- nigs: Dungeon Siege 15.15, 17.45, 20.30, Sa 23.00; American Gangster 17.15, 20.15, Sa 23.15; Die Legende von Beowulf 18.00, 20.30, Sa 22.45; Von Löwen und Lämmern Sa 20.30; Resident Evil: Extinction Sa 22.45; Der Räuber Hotzenplotz (1973)So11.30;LissiundderwildeKaiserSo11.30; Benjamin Blümchen – Seine schönsten Abenteuer So 11.30; Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford So 20.00; Titania Palast, ¤ 0180/5050520 [1-7] Die drei Räuber10.00,11.50,13.45,15.45;Lissiundderwil- de Kaiser 10.00, 11.45, 13.45, 15.45; Es war k'ein- mal im Märchenland 10.00, 11.45, 13.45; Rata- touille 10.00, 12.30, 15.00, 17.30; Die Drei ??? – Das Geheimnis der Geisterinsel 10.00, 12.20, 14.40,17.00;KönigreichArktis10.00;Morgen,Fin- dus,wird'swasgeben10.00,12.00,14.00;Könige der Wellen 14.00, Sa 12.00; Bis zum Ellenbogen 15.45; Meine schöne Bescherung 16.00, 18.05, 20.15, 22.30; American Gangster 16.15, 19.30, 22.40; Nichts als Gespenster 17.45, 20.20, 23.00; Gone Baby Gone – Kein Kinderspiel 17.45, 20.15, 23.00; Abbitte 17.45, 20.20; Die Legende von Be- owulf 20.00, 22.30; Von Löwen und Lämmern 20.00, 22.20; Die Fremde in Dir 23.00; Matinee: Reise-Doku: Irland So 12.00; s TEMPELHOF-SCHÖNEBERG Cinema am Walther-Schreiber-Platz, ¤ 8523004 Pippi geht von Bord 15.00; Rezept zum Verlieben Sa17.30,So20.00;EinfliehendesPferdSa20.00, 22.30, So 17.30; Cosima, ¤ 8533355 Ein fliehendes Pferd 18.00; Auf der anderen Seite 20.15, So 16.00; Odeon, ¤ 78704019 Gone Baby Gone – Kein Kin- derspiel (OmU) 17.30, 20.15, So 15.00; Urania-Filmbühne, ¤ 2189091 Hänsel und Gretel (1981) So 15.30, 18.30; Xenon,¤78001530Vivere(2007)19.00;LaLeon (OmU) 20.45; s TREPTOW-KÖPENICK Astra Filmpalast, ¤ 6361650 [1-5] Ratatouille 10.00,12.30,14.45;DiedreiRäuber10.00,12.00; Lissi und der wilde Kaiser 10.00, 12.00, 14.00, 15.45; Die Drei ??? – Das Geheimnis der Geisterin- sel 10.00,12.00,14.00,16.00;Es war k'einmal im Märchenland 10.00, 12.00, 14.00, 15.45; König- reich Arktis 14.00; Warum Männer nicht zuhören undFrauenschlechteinparken15.45,18.00,20.15, 22.30; American Gangster 17.00, 20.00, 23.00; Die Legende von Beowulf 17.30, 20.00, 22.30; Machtlos 17.30, 20.00; Von Löwen und Lämmern 18.00, 22.30; Nach 7 Tagen: Ausgeflittert 20.00, 22.30; Casablanca, ¤ 6775752 Der Räuber Hotzenplotz (1973)Sa14.15;Dornröschen(1955)Sa16.30;Der Bruch Sa 18.00; Odette Toulemonde Sa 20.15, So 18.30;Zimmer1408Sa22.15;BenjaminBlümchen – Seine schönsten Abenteuer So 13.30; Tischlein deckdich(1956)So15.00;IrinaPalmSo16.30;Das Leben der Anderen So 20.30; CineStar – Der Filmpalast Treptower Park, ¤ 01805/118811 •1 Lissi und der wilde Kaiser 14.45, 17.00, So 12.15; American Gangster 19.30, Sa 23.00;•2KönigederWellen15.00,So12.00;Hun- ting Party – Wenn der Jäger zum Gejagten wird 17.15,20.00,Sa22.45;•3Ratatouille14.30,17.15, Sa20.00,So11.45;DieTodeskandidatenSa23.00, So20.00;•4 Die dreiRäuber 14.30,So12.00;Der Sternwanderer 17.00; Meine schöne Bescherung 20.00;30DaysofNightSa22.45;•5WarumMän- ner nicht zuhören und Frauen schlecht einparken 14.30, 17.15, 20.00, Sa 23.00, So 12.00; •6 Der Kindergarten-Daddy 2: Das Feriencamp 14.30, So 12.15; Schwerter des Königs: Dungeon Siege 16.45,19.45,Sa23.00;•7Morgen,Findus,wird's was geben 14.45, So 12.15; Die Legende von Be- owulf 17.00, 20.00, Sa 23.00; •8 Es war k'einmal im Märchenland 14.45, So 12.00; Machtlos 17.00; Nach7Tagen:Ausgeflittert19.45,Sa23.00;•9Die Drei ??? – Das Geheimnis der Geisterinsel 14.30, 17.00, So 12.15; Free Rainer – Dein Fernseher lügt 19.45; Von Löwen und Lämmern Sa 22.45; Kino Spreehöfe, ¤ 5389590 •1 Schwerter des Kö- nigs: Dungeon Siege 15.00, 17.30, 20.00, Sa 22.30,So10.00,12.30;Ratatouille15.15,So10.15, 12.45; Die Drei ??? – Das Geheimnis der Geisterin- sel 15.15, 17.15, So 10.15, 13.15; Könige der Wellen 15.30, So 10.30; Lissi und der wilde Kaiser 16.00, So12.00,14.00;Nach7Tagen:Ausgeflittert17.45, 20.15, Sa 22.45; Der Sternwanderer 18.00; Die Le- gende von Beowulf 18.00, 20.30, Sa 23.00, So 13.00; Die Todeskandidaten 20.15, Sa 22.45; Tra- de – Willkommen in Amerika 20.30, Sa 23.00; Union Filmtheater, ¤ 65013141 Hände weg von Mississippi 13.30; Sicko Sa 15.30; Auf der anderen Seite Sa 18.00, So 20.30; Bis zum Ellenbogen Sa 20.30, So 18.00; Seit Otar fort ist... So 15.30; s POTSDAM Filmmuseum, ¤ 0331/2718112 Spuk unterm Rie- senrad I – Die Ausreißer 16.00; Du bist nicht allein Sa 18.00, So 20.00; Ang Lee: Eat Drink Man Wo- man – Yin shi nan nu (OmU) Sa 20.00, So 22.00; AngLee:DasHochzeitsbankett–HsiYen(OmU)Sa 22.10, So 18.00; Thalia Potsdam, ¤ 0331/7437020 •1 Meine schö- neBescherung14.45,21.15,Sa23.15;Morgen,Fin- dus, wird's was geben 15.00; Persepolis 15.00, 17.00,19.30;Hoppet–Hoffnung15.45;4Monate, 3 Wochen und 2 Tage 16.45; Wir sagen Du! Schatz Sa 17.00, 23.15; Abbitte 17.30, 20.00; Nichts als Gespenster Sa 18.45, 21.00, So 11.00, 20.00; Lie- besleben 19.00; Bis zum Ellenbogen 21.30, Sa 23.15;RatatouilleSo11.00;Matinee:Aufderande- ren Seite So 11.00; Klassik im Kino: Matinee: Hän- sel und Gretel (1981) So 11.00; Wir sagen Du! Schatz, in anw. d. Reg. So 17.00; UCI Kinowelt Potsdam Center, ¤ 0331/2337233 •1 Die Gebrüder Weihnachtsmann 14.00, 16.45; Schwerter des Königs: Dungeon Siege 14.15, 20.00, Sa 23.00; Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken 14.30, 17.30, 20.00,Sa23.00;DieDrei???–DasGeheimnisder Geisterinsel 14.30, 17.15, So 12.00; Ratatouille 14.45, So 12.00; Lissi und der wilde Kaiser 14.45, 17.30; Könige der Wellen 14.45, So 12.00; Es war k'einmal im Märchenland Sa 14.45, So 12.00; Die Legende von Beowulf 17.15, 20.00; Machtlos 17.15; Gone Baby Gone – Kein Kinderspiel 17.15, 20.15, Sa 23.00; Mr. Brooks – Der Mörder in Dir 17.30, 20.15, Sa 23.00; American Gangster 19.30, Sa23.00;Nach7Tagen:Ausgeflittert19.45;Meine schöneBescherung20.15;FreeRainer–DeinFern- seher lügt Sa 23.00; Von Löwen und Lämmern Sa 23.00; Die Todeskandidaten Sa 23.00; Die drei Räuber So 12.00; Morgen, Findus, wird's was ge- ben So 12.15; Prinzessin Dornröschen: Wie man Prinzessinnen weckt So 15.00; Alle Angaben ohne Gewähr und ohne Anspruch auf Vollständigkeit HARKORTSTRASSE 81, 22765 HAMBURG ABO: 030 - 2590 2590 ANZEIGEN@TAZ-NORD.DE 25 SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 nord VON GERNOT KNÖDLER Das Airbus-Werk im Mühlenber- ger Loch ist auf Sand gebaut – nicht nur im wörtlichen, son- dern auch im übertragenen Sin- ne. Eine der Voraussetzungen da- für, dass die Fabrik in das euro- päische Naturschutzgebiet hin- ein erweitert werden durfte, war die Schaffung eines Ausgleichs in der Haseldorfer Marsch. Die- ser liegt seit 2002 auf Eis und wird im Berufungsverfahren vom Oberverwaltungsgericht in Schleswig geprüft. Gleichwohl schaut sich der Hamburger Se- nat bereits nach Alternativen um: Die städtische Realisie- rungsgesellschaft (Rege) prüft, ob statt der Haseldorfer Marsch nicht die Borghorster Elbwiesen und die Besenhorster Sandberge der Tide der Elbe geöffnet wer- den könnten. Dass der Senat diese Alternati- ve untersuchen lässt, ist ein star- kes Indiz dafür, dass die Werkser- weiterung rechtswidrig war. Die Europäische Kommission hätte für den Fabrikbau in einem Areal des europäischen Schutzgebiets- netzes Natura 2000 keine Aus- nahmegenehmigung erteilen dürfen. Sie verließ sich zu un- recht darauf, dass der Senat mit der Haseldorfer Marsch einen gerichtsfesten Vorschlag ge- macht hätte. Der Umweltverband BUND bezweifelt, dass ein Ausgleich in der Borghorster Elblandschaft den in der Haseldorfer Marsch ersetzen könnte. Schon die bis- Airbus-Erweiterung ohne Boden Hamburger Senat bereitet sich auf Scheitern der Ausgleichsmaßnahmen für die Flugzeugfabrik in einem europäischem Naturschutzgebiet vor. Städtische Gesellschaft untersucht Plan für Ersatzfläche – der in anderem Rahmen bereits gescheitert ist Hier war einmal Natur: Ein Vermesser läuft im Jahr 2001 über das zugeschüttete Mühlenberger Loch FOTO: DPA schen Brunsbüttel und Lauen- burg im Süßwasserbereich kein Gebiet mehr, das der Tide ausge- setzt werden könnte, heißt es im Kieler Umweltministerium. „Das ist jetzt alternativlos“, sagt des- sen Sprecher Christian Seyfert. Hartmut Wegener, der Ge- schäftsführer der Rege, bestrei- tet, dass die Borhorster Elbland- schaft als alternative Ausgleichs- fläche vorgesehen sei. Das Pro- jekt werde lediglich geprüft, um „eine zusätzliche Kompensation für den Zeitverzug“ zu schaffen, der beim Rechtsstreit um die Öff- nung der Haseldorfer Binnenel- be entstanden sei. Nach wie vor halte Hamburg an dem Projekt in der Haseldorfer Marsch fest. Ein Brief der EU-Kommission an den BUND vermittelt einen anderen Eindruck: Am 13. Sep- tember habe man bei einem Treffen mit den deutschen Be- hörden alternative Ausgleichs- maßnahmen besprochen. „Die deutschen Behörden haben den Dienststellen der Kommission glaubwürdig dargelegt, dass al- ternative Ausgleichsmaßnah- men für die Haseldorfer Marsch Die vom Bundeskriminalamt (BKA) im Vorfeld des G8-Gipfels durchgeführte flächendeckende Briefkontrolle von Postsendun- gen aus mehreren Stadtteilen in Hamburg war im Wesentlichen rechtswidrig. Das hat jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) auf Be- schwerde eines betroffenen An- waltes und der Humanistischen Union entschieden. Die Kontrol- le und das Aussortieren von Briefsendungen auf richterliche Anordnung hätten allenfalls durch Postangestellte, jedoch nicht von Staatsschützern erfol- gen dürfen, so der BGH. Nach einer Serie von Brandan- schlägen in Hamburg vor dem G8-Gipfel in Heiligendamm hat- te die Bundesanwaltschaft beim BGH-Ermittlungsrichter eine Postkontrolle im Briefzentrum 20 in Hamburg-Altona bean- tragt, um mögliche Täterkom- munikation oder Bekennerbrie- fe abzufangen. Am 22. Mai dieses Jahres nisteten sich 16 Staats- schützer in einem Raum des gro- ßen Briefsortierzentrums ein, schickten die Postmitarbeiter weg und sichteten rund um die Uhr selbst tausende Briefe – und verstießen damit laut BGH ein- deutig gegen die Strafprozess- ordnung (StPO). Denn nach den Paragrafen 99 und 100 StPO hät- te eine Briefkontrolle nur durch die Post durchgeführt werden dürfen. „In dieser Phase der Post- Postschnüffelei eingegrenzt Die flächendeckende polizeiliche Briefkontrolle in Hamburg vor dem G8-Gipfel Anfang Juni war rechtswidrig, sagt der Bundesgerichtshof. Die Ermittlungsbehörden sind nicht befugt, die Post selbst zu kontrollieren Verfassungsklage um Vorratsdaten Die vier FDP-Abgeordneten im schleswig-holsteinischen Land- tag schließen sich einer Verfas- sungsklage gegen die so genann- te Vorratsdatenspeicherung an. Dies sagte Fraktionschef Wolf- gang Kubicki am gestrigen Frei- tag in Kiel. „Dieser Dammbruch muss verhindert werden.“ Zuvor hatte ein Bürgerbündnis ange- kündigt gegen das neue Tele- kommunikations-Überwa- chungsgesetz vor dem Bundes- verfassungsgericht in Karlsruhe Klage einzureichen. Auch der Hamburger FDP- Bundestagsabgeordnete Burk- hardt Müller-Sönksen hatte in den vergangenen Wochen ver- geblich an den amtierenden Bundesratspräsidenten und Hamburgs CDU-Bürgermeister Ole von Beust appelliert, die Ver- abschiedung des Gesetzes durch Anrufung eines Vermittlungs- ausschusses abzuwenden. „Der Bundesratspräsident Ole von Beust hat medienwirksam den Tannenbaum vor dem Bundes- rat illuminiert“, stichelte Müller- Sönksen, „ansonsten ist der vor- weihnachtliche Frieden jedoch massiv gefährdet.“ Der Bundesrat billigte das umstrittene Gesetz ohne Ein- wände. Demzufolge können Te- lefon- und Internetdaten, SMS sowie bei Handys-Benutzern so- gar Standorte registriert und ein halbes Jahr gespeichert werden. Von diesen Maßnahmen sind auch Berufsgeheimnisträger wie Anwälte, Ärzte und Journalisten nicht ausgenommen. KVA beschlagnahme ist eine Mitwir- kung von Ermittlungsbeamten oder auch des Richters grund- sätzlich ausgeschlossen“, heißt es im BGH-Beschluss. Dies entspre- che dem „Schutzzweck der Post- beschlagnahme“, so der BGH. „Die Durchsicht der aus den 100 Briefkästen stammenden Sen- dungen durch 16 Polizeibeamte aufgrund vorgegebener Suchkri- terien war durch die Paragrafen 99,100 StPO nicht gedeckt.“ Ein Rüffel geht auch an die Post. Denn nach Auffassung des BGH hätte das Unternehmen „auf die Durchführung der Sich- tung mit eigenen Kräften nicht verzichten“ dürfen, ebenso we- nig wie sie „zur freiwilligen Her- herige Verzögerung des Aus- gleichs verletzt EU-Recht, nach- dem Beeinträchtigungen von Schutzgebieten bald, möglichst schon vor Baubeginn, ausgegli- chen werden sollen. „Jetzt haben wir eine eklatante Lücke“, bringt es der Anwalt Rüdiger Nebelsieck auf den Punkt. Die Borghorster Elbwiesen und die Besenhorster Sandberge sind zwei benachbarte Natur- schutzgebiete in Hamburg und Schleswig-Holstein. 2002 hatten die beiden Landesregierungen ein Projekt vorgestellt, das aus dem „Life“-Programm der EU ge- fördert worden ist. Dazu sollte ein Leitdamm auf 80 Meter Län- ge eingerissen werden, um das Areal wie früher der Elbe auszu- setzen. Der Schutzdeich weiter im Binnenland wäre erhalten ge- blieben. Damit wäre ein ganz besonde- rer Lebensraum wiederherge- stellt worden, denn Areale, die bei Ebbe und Flut mit Süßwasser überspült werden, sind rar. Hier gedeiht eine Art, die einzig und allein an der Unterelbe vor- kommt: der Schierlings-Wasser- fenchel. Die flache Elbbucht Mühlenberger Loch, die teilweise zugeschüttet wurde, bietet einen ähnlichen Lebensraum. Doch das „Life“-Projekt ist nach Angaben der Hamburger Stadtentwicklungsbehörde ge- scheitert. Zwar wurden mehrere Millionen Euro ausgegeben. Aber das Projekt verlor sich im Hin- und Her der Einwände und Gut- achten, ohne dass sich binnen fünf Jahren etwas getan hätte. „Das ist daran gestorben, dass die Behörden schlampig gearbei- tet haben“, sagt Jean-Jacques Ri- poche von der Bürgerinitiative Escheburg-Vossmoor. Die Initia- tive und die Nachbargemeinden Escheburg und Geesthacht sor- gen sich vor allem, dass das Ge- biet hinterm Schutzdeich nach einer Öffnung des Vorlandes ab- saufen könnte. In einem inter- nen Schreiben wies das Rechtsamt der Umweltbehörde im Spätsommer 2006 darauf hin, dass in den Antragsunterla- gen „diverse entscheidungser- hebliche Fragen nicht geklärt sind“. Diese im Rahmen der Aus- führungsplanung zu klären, sei „rechtlich nicht möglich“. Dass die Borghorster Wiesen jetzt als Alternativ-Ausgleichs- fläche geprüft werden, ist der Not geschuldet. Außer der Hasel- dorfer Binnenelbe gebe es zwi- im Grunde nur in den Borghors- ter Elbwiesen durchgeführt wer- den können“, heißt es weiter. Während die Kommission die Ansicht äußert, die Borghorster Elbwiesen taugten als Ersatzaus- gleich, vermutet der BUND, dass sich hier ähnliche Probleme wie mit der Haseldorfer Marsch er- gäben. Hier wie dort würde ein Eingriff durch eine „Aufwer- tung“ eines bereits bestehenden Schutzgebiets ausgeglichen. Soll- te das Schule machen, würde das Schutzgebietsnetz Natura 2000 immer weiter schrumpfen. ANZEIGE hafenverkauf Das Ende der Privatisierungswut Es ist eine frohe Kunde, die aus Lübeck dringt: die vom Ende der Privatisierungswut. Zumindest, um es vorsichtiger auszudrü- cken, zeigt der Teilverkauf des größten deutschen Ostseehafens beispielhaft, dass solche Trans- aktionen auch mit einem gewis- sen Maß an Vernunft vorgenom- men werden können. KOMMENTAR VON SVEN-MICHAEL VEIT Der Ausverkauf einer Institution, die nicht einfach eine betriebs- wirtschaftliche Größe in einer Stadt ist, sondern deren Identität bestimmt, scheint an der Trave gestoppt zu sein. Und das ist nicht der Verdienst von Politi- kern und Firmenbossen, es ist Betriebsräten und Gewerkschaf- ten zu verdanken, dass das Schlimmste verhütet wurde. Denn die profitfixierten Fi- nanzjongleure stehen nicht mehr Schlange in Lübeck, die Heuschrecken fressen woanders. Zumindest die drei chancen- reichsten Kaufwilligen gehören zu der Kategorie, die gemeinhin strategischer Partner genannt wird. Und das ist der wesentliche Unterschied. Für die Zukunft des Lübecker Hafens sind zwei Dinge wichtig. Ein Ausbau muss umgesetzt wer- den, welche die einstige Königin der Hanse zum hafenpolitischen Machtfaktor in der westlichen Ostsee macht. Und zudem muss Lübeck integrierter Teil eines ko- ordinierten deutschen Hafen- konzepts werden. Nur das sichert Wirtschaft- lichkeit und verhindert Kanniba- lismus unter Hansestädten – und gilt folglich auch für Bremen, Hamburg und Rostock. bericht SEITE 26 ..................................... ..................................... ausgabe von Sendungen befugt“ gewesen sei. „Das Postgeheimnis dient nicht ihrem Schutz, son- dern dem ihrer Kunden.“ Für den Vize-Vorsitzenden der Humanistischen Union und Ver- treter des Hamburger Anwaltes vorm BGH, Fredrik Roggan, „ist es außerordentlich erfreulich, dass der BGH dem Ermittlungs- eifer der Bundesanwaltschaft und dem BKA Grenzen gezogen hat“. Die Entscheidung habe auch Auswirkungen auf weitere Ver- fahren, wie die kürzlich erfolgte Briefkontrolle an vier Berliner Redaktionen. „Die Praxis der Aushöhlung des Briefgeheimnis- ses“, so Roggan, „ist unverzüglich zu beenden“. KAI VON APPEN LÜBECKER HAFEN Ein Schnäppchen Ein Viertel des Lübecker Hafens soll verkauft werden. Aussichtsreichs- ter Bieter ist das Hamburger Hafe- nunternehmen HHLA. Der Preis dürfte noch sinken SEITE 26 LITERATURWETTBEWERB Seefahrers Unruh 235 maritime Kurzgeschichten hat der Wettbewerb von mare und taz nord erbracht. Die taz druckt die ersten fünf Plätze. Heute: der Sie- gertext von Max Dörflein SEITE 27 Weihnachtsmänner! So geht das nicht. Da macht sich die „Touris- musregion Celle“ die Mühe, am heutigen Samstag die deutschen Weihnachtsmannmeisterschaf- ten auszurichten. Stellt Glüh- wein zur Verfügung, einen „kos- tenlosen Schminkservice“ und Weihnachtsbäume für den Weih- nachtsbaumweitwurf. Und was macht ihr? Abtauchen! Kein ein- zigerWeihnachtsmannausHam- burg, Bremen, Schleswig-Hol- stein und Niedersachsen war bis gestern laut Homepage der Tou- rismusregion gemeldet. Was ist los? Überarbeitet? Rentier ka- putt? Ach so, ihr streikt für einen gesetzlichen Mindestlohn? Oh je, und Olaf Scholz schweigt? Das ist mal wieder typisch. eingenordet Scholz schweigt ..................................... ..................................... taznord 26 TAZ NORD  SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 taz nord E-MAIL: REDAKTION@TAZ-NORD.DE in Hamburg 040-38 90 17-0 Telefax -50 E-Mail redaktion@taz-nord.de taznord Büro Bremen 0421-96026-30 Telefax -50 E-Mail redaktion@taz-bremen.de Büro Hannover 0511-388 11 96-30 Telefax -50 E-Mail hannover@taz-nord.de Streikposten am Nordlandkai: Im Juni sorgte die Hafenprivatisierung für Ärger FOTO: DPA Ein vierjähriges Mädchen aus dem Raum Hildesheim ist offen- bar an den Folgen einer Miss- handlung in einer Kinderklinik gestorben. Wer für den Tod des Kindes verantwortlich ist, sei noch unklar, teilte die Staatsan- waltschaft mit. Wie die Obdukti- on ergab, habe stumpfe Gewalt gegen den Kopf des Kindes eine tödliche Hirnschwellung ausge- löst. +++ Das Jugendamt in Springe bei Hannover hat ein 14 Monate altes Mädchen aus der verwahrlosten Wohnung seiner Eltern gerettet. Das Amt besuch- te die 20 und 22 Jahre alten El- tern regelmäßig, da diese von sich aus die Behörde um Hilfe gebeten hatten. +++ Die Rends- DER TAG Ob die Atomkraft in den kom- menden Jahren in Deutschland gebraucht wird, hängt vom Ener- giesparen ab. Dieses Ergebnis lässt sich aus einer Studie des Hamburgischen Weltwirt- schaftsinstituts (HWWI) im Auf- trag der HypoVereinsbank (HVB) herauslesen, die gestern in Ham- burg vorgestellt wurde. Nach ei- nem Szenario das einen absolu- ten Rückgang des Stromver- brauchs um 0,5 Prozent im Jahr voraussetzt, entstünde durch das Abschalten der Atomkraftwerke erst ab 2018 ein Versorgungslü- cke,diedurchImporteoderfossi- le Energie geschlossen werden müsste.2020lägesiebeivierPro- zent des Stromverbrauchs. Nach einem Szenario, das der Einschätzung der Elektrizitäts- wirtschaft entspricht, wäre die Versorgungslücke weit größer. Es unterstellt eine Zunahme des Stromverbrauchs um 0,5 Prozent pro Jahr, die dann immer noch deutlich unter dem Wirtschafts- wachstum läge. In diesem Fall würde die Versorgungslücke durch Wegfall der AKW bis 2012 auf sechs Prozent, bis 2020 auf 16 Prozent anwachsen. „Wir wollen weder den politisch beschlosse- nen Atomausstieg torpedieren noch Horrorszenarien an die Wand malen“, sagte HVB-Vor- stand Stefan Schmittmann. „Al- lerdings sollte auch eine allzu blauäugige Herangehensweise Stromsparen tut not Studie des HWWI: Nur bei sinkendem Stromverbrauch können Erneuerbare Energien bis 2020 vom Netz gehende Atomkraftwerke ersetzen burger Traditionswerft „Nobis- krug“ steckt in Schwierigkeiten. Wegen eines Millionendefizits wird ein Käufer für das Werk mit seinen 400 Mitarbeitern ge- sucht. Das habe der Personalvor- stand auf einer Betriebsver- sammlung erklärt, sagte der Ge- schäftsführer der IG Metall Rendsburg. +++ Der Beisitzer im niedersächsischen Landesvor- stand der NPD, Patrick Kallweit, ist nicht als Kandidat zur Land- tagswahl 2008 zugelassen wor- den. Der Goslarer Kreiswahlaus- schuss habe die Nichtzulassung einstimmig beschlossen, teilte ein Sprecher mit. Es gebe Un- stimmigkeiten um den Wohn- sitz. +++ VON SVEN-MICHAEL VEIT Der Teilverkauf des größten deutschen Ostseehafens in Lü- beck nähert sich der Entschei- dung. Fünf von einst elf Interes- senten haben nach taz-Informa- tionen die erste Auswahlrunde überstanden, darunter das größ- te deutsche Hafenumschlagsun- ternehmen (siehe Kasten), die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). „Wir sind dabei“, be- stätigte deren Sprecher Florian Marten gestern auf Anfrage. Über Details wollte er sich wegen des laufenden Verfahrens und der Konkurrenz nicht äußern. Die HHLA gehört mehrheit- lich noch immer der Stadt Ham- burg. 30 Prozent ihres Grundka- pitals jedoch hat der CDU-Senat gegen erheblichen Widerstand der Gewerkschaften und der po- litischen Opposition vor einem Monat an der Börse platziert. Stadt und Unternehmen hoffen auf einen Erlös von gut einer Mil- Hamburger dürften die Rhenus- Gruppe aus Nordrhein-Westfa- len, einer der größten Logistik- konzerne Europas, und die finni- sche Reederei Finnlines sein, die vom Lübecker Fährhafen Trave- münde aus mehrere Linien auf der Ostsee unterhält. Mit dabei sind noch zwei Finanzinvesto- ren: die US-Immobilienfirma Rreef, eine Tochter der Deut- schen Bank, und die australische Investmentfirma Macquarie. Dieses Quintett erhält nun Einsicht in die vertraulichen wirtschaftlichen Daten der Lübe- cker Hafen-Gesellschaft (LHG), um dann bis Anfang Januar kon- krete Angebote abzugeben. Die letzte Entscheidung über den Verkauf fällt im Februar die Lü- becker Bürgerschaft. Das gesunkene Interesse und der sehr wahrscheinlich eben- falls sinkende Erlös haben Grün- de. Ende Juni schlossen die Stadt Lübeck und der LHG-Aufsichts- rat einen Vertrag mit der Ge- werkschaft Ver.di und dem LHG- Betriebsrat. Vorausgegangen wa- ren wochenlange Proteste und Streiks gegen die zunächst beab- sichtigte vollständige Privatisie- Hansekönigin als Schnäppchen Ein Viertel des Lübecker Hafens soll verkauft werden. Aussichtsreichster Bieter ist das Hamburger Hafenunternehmen HHLA. Die Käufer stehen nicht Schlange, und der Preis dürfte deutlich sinken rung des Unternehmens. 90 Pro- zent des Hafens sollten ur- sprünglich verkauft werden, die hochverschuldete Stadt liebäu- gelte mit einem Geldregen von mehr als 100 Millionen Euro. Daraus wurde nichts, weil auch die EU Druck machte. Die hatte in den Jahren zuvor die Mo- dernisierung des Lübecker Ha- fens mit 60 Millionen Euro ge- fördert – aber nicht, damit die Stadt anschließend die Geschen- ke weiter verscherbelt. Für die- sen Fall, hatte Brüssel gedroht, würden die Zuschüsse zurückge- fordert. „Das können wir nicht zahlen“, sah Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) ein. Deshalb kann Lübeck nun nur noch 25,1 Prozent der Betriebsge- sellschaft LHG feilbieten, die von der EU subventionierte Infra- struktur wie Hallen, Kräne und Kaianlagen muss in öffentli- chem Besitz bleiben. Allen, die immer noch an die Sol- venz des kackbraunen Hambur- ger Immobilienhändlers Jürgen Rieger glauben und schon zur Sammelbüchse greifen, wenn diesesmutmaßlicheMitglieddes Reichsrechtswahrerbundes eine Problemimmobilie auch nur an- schaut, sei nach seinem versieb- ten Deal am Meller Bahnhof ver- sichert: Der hat gar kein Geld mehr – fast alles verbraten bei seinen Lebensborn-Versuchen in Verden,ausgermanisch-blonden Eizellen und reinrassigem Schä- ferhund-Sperma Titanen zu pro- duzieren, so zäh wie Pansen, hart wie Paranuss und schnell wie Herpes im rheinischen Kar- neval.UnddenResthatihmdann noch ein Agent des Mossad bei 17 und 4 mit deutschem Skatblatt abgenommen. Gut dem Ding! Geröstete Esskastanien verkauft ein Straßenhändler in der han- noverschen Innenstadt, und ge- trieben von einer Mischung aus jäher Gier und spontaner Rüh- rung kaufe ich ein Tütchen für drei Euro. Die Maronen erweisen sichaberdurchwegalsungenieß- bar und so wende ich mich be- schwerdeführend an den Händ- ler. Der keineswegs versucht, den unbefriedigenden Zustand seiner Ware zu leugnen, sondern lediglich meint: „Ich weiß, die taugen heute nichts. Aber ich kanndiedochnichtallewegwer- fen – der Großhändler gibt mir das Geld ja auch nicht zurück, da kann ich nicht allein auf dem Schaden sitzen bleiben!“ Eine Ar- gumentation, die man nicht so einfach zurückweisen kann … Eine jüngere Bekannte front seit einigen Wochen unter dem Druck von Hartz-IV-induzierten Stadtwerkeschulden in einem Bremer Rotlichtbetrieb, wo ich ihr jetzt – als Ghostwriter ihrer Bewerbung um einen Job als Kul- turpädagogin – zum Einholen er- forderlicher Informationen ei- nen spätabendlichen Besuch am Arbeitsplatz machte. Der Chefin gefiel das zunächst gar nicht, aber nachdem sie unser Ge- spräch beiläufig verfolgt hatte, bat sie mich noch um etwas Zeit: Siehabegeradeihren18-jährigen Sohn angerufen, der eine Lehr- stelle„mitElektro“sucheundsei- ne Unterlagen mitbringen wer- de.DasEndevomLied:Aufeinem Kunststoffsofa beim Schummer- licht im Separee sitzend, erstelle ich Lebenslauf und Bewerbung für diesen Sebastian. Und verfü- ge jetzt über 20 Getränkebons desHauses–„abernuraußerhalb des Separees gültig“, wie mir die Chefin zu bedenken gibt. Misslich diese Zeiten als Lokalre- dakteur in der Kleinstadt: Kein Tag, da nicht irgendwer meint, bei Vereinsfeiern oder Hinter- grundgesprächen den jovialen Fettsack als Diener der vierten Gewalt mit Kohl und Pinkel er- quicken zu müssen. Und jetzt geht es über Weihnachtsmärkte und Basare auch noch los mit dem adventlichen Glühwein- zwang: So werde ich zu Wachs in den Händen jener, die stattdes- sen strammen Max mit Fassbier spendieren: Derlei Öffentlich- keitsarbeitgefälltihmwohl,dem ULRICH „KORRUPTUS“ REINEKING urdrüs wahre kolumne Schnell wie Herpes ............................................................................. ULRICH REINE- KING, Journalist, Kabarettist und Freund des Feier- tags, empfiehlt ei- nen maßvollen Speiseplan. nach dem Motto ‚Der Wind wird es schon richten‘ vermieden werden.“ Gegenwärtig werden rund 26 Prozent des deutschen Stroms aus Atomenergie erzeugt und weitere 57 Prozent mit Kohle- und Gaskraftwerken. Der Anteil der erneuerbaren Energien, im wesentlichen Wind- und Wasser- kraft, an der Stromerzeugung hat sich in den vergangenen zehn Jahren zwar verdoppelt. Die Energieträger erreichen jedoch immer noch lediglich zehn Pro- zent. Die Bundesregierung will er- reichen, dass dieser Anteil bis 2020 auf 25 bis 30 Prozent und bis 2050 auf mindestens 50 Pro- zent steigt. „Die Studien haben als Zwischenfazit ergeben, dass der geplante ambitionierte Aus- bau der erneuerbaren Energien durchaus möglich ist“, sagte Schmittmann. „Allerdings sind auf diesem Weg noch zahlreiche Probleme zu lösen, während die Politik so tut, als müsse beste- hende Technik nur noch in die Tat umgesetzt werden.“ Der Studie zufolge könnte die Zahl der Beschäftigten im Sektor Erneuerbare Energien von 2006 bis ins Jahr 2020 stark steigen: in der Windkraft von 74.000 auf 200.000, bei der Biomasse von 92.000 auf 170.000 und bei der Solarenergie von 21.000 auf 100.000. GERNOT KNÖDLER ZEICHNUNG:TILLMETTE liarde Euro – mehr als genug, um für ein Viertel des Lübecker Ha- fens, der zu Hamburgs Filiale an der Ostsee ausgebaut werden soll, einen niedrigen zweistelli- gen Millionenbetrag abzuzwei- gen. Denn viel mehr dürfte die einstige Königin der Hanse an der Trave für die erste Tranche von 25,1 Prozent nicht einneh- men. Darauf deutet auch schon der Umstand hin, dass Kaufwilli- ge nicht gerade Schlange stehen. Die Deutsche Bahn ist nicht mehr interessiert, auch die aus- tralischen Investoren Babcock & Brown haben nach einer ersten Anfrage nichts mehr von sich hö- ren lassen. Sie sind im August lie- ber mit gut 100 Millionen Euro bei der Hamburger Hochbahn eingestiegen. Außer der HHLA sind jetzt nur noch vier Bewerber im Rennen. Die härtesten Konkurrenten der Beim Thema Geld ist Schluss mit lustig: Vor kurzem noch schie- nen Stephan Schimweg und Jür- gen Rieger glückliche Geschäfts- partner. Doch seit der Hambur- ger Neonazianwalt Rieger den al- ten Bahnhof in Melle doch nicht mehr erwerben möchte, wird ge- stritten. Glaubt man Schirmweg, dem Eigentümer der Immobilie, dann hat Rieger kein Rücktritts- recht vom Kaufvertrag. Genau davon aber will der Jurist Rieger, ansonsten NPD-Landeschef in Hamburg, Gebrauch machen. „Es gibt kein Rücktrittsrecht“, wiederholte Schimweg gegenü- ber dem Meller Kreisblatt, das im ihm vorliegenden Vertrag auch keine entsprechende Regelung fand. Wiedersehen dürften sich der enttäuschte Bahnhofsbesit- zer und der wankelmütige Käu- fer nun vor Gericht: Mit einer Zi- vilklage kann Schimweg versu- chen, Ansprüche gegen Rieger durchzusetzen. Ein Streit, den die Stadt gelas- sen beobachtet. In Melle wird am heutigen Samstagabend erstmal ein „Freudenfest“ mit Demonst- ration und Konzert begangen. „Es ist Zeit zum Feiern“, sagt Olaf Jörding von der Bürgerinitiative „Melle sagt Nein zu Nazis“. Im Meller Stadtrat ist man der- weil froh, vom Vorkaufsrecht für den alten Bahnhof keinen Ge- brauch gemacht zu haben. Denn statt dem Verkehrswert des Ob- jekts von 200.000 Euro soll Rie- ger 700.000 Euro zu zahlen be- reit gewesen sein. Alfred Ree- huis, grüner Fraktionschef, sagt: „Wenn Demokraten sich einig sind, können sie das Geschäfts- modell, sich einen überhöhten Kaufpreis zu teilen, unterlau- fen.“ Erleichtert worden sei das aber auch durch die besondere Baurechtslage: Das Gebäude hät- te nicht ohne weiteres einer ganz anderen Nutzung zugeführt wer- den können. Auch Reehuis’ SPD-Kollege Wilhelm Hunting erklärt: „Wir haben gemeinsam verhindert, dass Steuergelder in die Hände von dubiosen Maklern und der NPD geraten.“ AS Rieger droht ein Rechtsstreit Durfte der Nazi-Anwalt vom Kauf des Meller Bahnhofs zurücktreten? Nein, sagt dessen Eigentümer Die HHLA hat in den ersten neun Monaten 2007 ihren Umsatz ge- genüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres um 17,5 Prozent auf 871 Millionen Euro erhöht. Das teilte das Unternehmen ges- tern mit. Der Gewinn kletterte um 45 Prozent auf 110 Millio- nen Euro. Mit 5,4 Millionen Con- tainern bewältigte die HHLA etwa zwei Drittel des Gesamt- umschlags im Hamburger Ha- fen. Gegenüber den ersten drei Quartalen 2006 ist das ein Zu- wachs um 14,7 Prozent. TAZ DIE HHLA BOOMT E-MAIL: REDAKTION@TAZ-NORD.DE literaturwettbewerb SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007  TAZ NORD 27 an hatte „Seefahrers Ruh“ di- rekt hinter dem Deich errich- tet, ein schweres, wuchtiges Backsteingebäude aus der Zeit der Jahrhundertwende. Der einzige Tribut an die Moderne war die auf Stahl- stelzen stehende Plattform, die über den Deich hinweg bis ans Meer führte. „Ich hab ihn gesehen damals, musst du wissen.“ „Wen gesehen, Großvater?“ „Den Seebischof. Leibhaftig.“ „Den Seebischof?“ Die Anstaltsleiterin hatte ihn am Ein- gang des Gebäudes erwartet, um ihn zu seinem Großvater zu führen. Im immer- gleichen Abstand war sie neben ihm her- gelaufen, hatte immer wieder einem der alten Männer zugenickt oder ihnen die Hände geschüttelt, ein sehr herzlicher Umgang, wie ihm auffiel. Sie liefen durch niedrige, verwinkelte Korridore, es erinnerte ihn an die alten Küsten- frachter, auf denen sein Großvater ge- fahren war. Unvermittelt tauchten aus irgendwelchen Seitengängen oder Tür- rahmen Männer in Ölzeug oder Norwe- gerpullis auf, alle gleich aussehend, wie ihm schien, bärtig, wettergegerbt, weiß- haarig. Klischeeseemänner. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Jetzt also auch noch den Seebischof. Schon seit einer Dreiviertelstunde durf- te er sich anhören, was sein Großvater alles gesehen hatte. Seeschlangen, sin- gende Winde, grüne Wale. Also schwieg er lieber. „Ja, den Seebischof. Damals, in der Adria. Es war Nacht, wir sind aufge- taucht, um unsere Batterien zu laden, als dieser Sturm aufzog. Erst war da das Elmsfeuer, es zischte an den Masten, die Haare stellten sich uns auf!“ Der alte Mann lachte, wobei, es klang eher wie ein Grummeln, und dazu wackelte er in seinem Sessel hin und her. „Wir wollten schon tauchen, ich war der Letzte auf dem Turm, die Wellen gischten übers Deck, und da war er.“ uf dem Weg zu seinem Großva- ter hatte die Leiterin die ganze Zeit über geredet, trotz seines of- fenkundigen Desinteresses (wo- zu sollte es ihn auch interessieren, des- wegen war er ja auch nicht gekommen, er war gekommen, weil sein Großvater es gewollt, gefordert hatte. Geschrien hatte er am Telefon, als ginge es um Le- ben und Tod – „und nur du! Kein ande- rer!“). Irgendetwas von „Anstaltsphilo- sophie“, aber er wusste es schon nach ein paar Minuten nicht mehr. „… Wissen Sie, wir haben es uns zum Ziel gesetzt, unseren Bewohnern mög- lichst viel von ihrem alten Leben zu bie- ten. Natürlich, wir können sie nicht auf See schicken, bedenken Sie das nur ein- mal!“ – ein kurzes, helles Lachen, als aber von ihm kein Lachen kam, verstieg sie sich lieber wieder aufs Reden – „… aber M A dennoch. Wenn sie in ihrer alten Klei- dung herumlaufen wollen, dann lassen wir sie auch … Das ist doch nur natür- lich, finden Sie nicht? Und wenn die Sehnsucht ganz groß wird, dann können Sie ja auch hinaus auf die Plattform, dann sind sie dem Meer so nah wie nur irgend möglich und vertretbar.“ Ein ein- beiniger Winzling mit Kapitänsmütze saß in einem Stoffsessel und spielte Schifferklavier. Noch so ein Klischee. Sollte er ihn bemitleiden oder benei- den? Schließlich glaubte er an das, was er erzählte, fest und innig, und war das nicht irgendwie beneidenswert? Der junge Mann konnte das alles nicht, er kannte die Realität (schließlich war er ja Meeresbiologe), wusste, dass es keinen Seebischof gab, ja nicht einmal so viele Leben im Meer wie früher. Aber er schwieg weiter, ließ den Großvater re- den. „Wirklich, da schwamm er, keine zehn Meter von mir entfernt, die rote Bischofsmütze auf dem Kopf, und wenn es blitzte, dann schien er wie von innen zu leuchten. Und er lächelte, er lächelte mir zu! Ich rief etwas, irgendwas, ich weiß nicht mehr, aber er antwortete mir nicht, vielleicht konnte er mich im Sturm nicht hören. Nein, er nickte nur. Im nächsten Moment zerrten sie mich die Luke hinunter, und wir tauchten ab. Niemand außer mir hatte ihn gesehen.“ Alle waren sie auf irgendeine Art und Weise seltsam in „Seefahrers Ruh“, der Beruf hatte auf alle abgefärbt. Bei vielen war es der normale Prozess der Entgeis- terung, andere aber – unter ihnen die meisten Veteranen der Stürme, Schiff- brüchige, über Bord Gegangene – schie- nen in einer Schleife gefangen zu sein, sie lebten immer noch in ihren glorrei- chen Meerestagen, bellten Befehle auf Platt oder gar noch Ostpreußisch. Plötzlich begann der Alte zu singen. Sein Enkel kannte das Lied nicht, ver- stand es auch kaum, hatte er doch nie wirklich Friesisch gelernt, als Stadtkind. Der Großvater schmetterte es mit voller Inbrunst, sein kompakter Körper wa- ckelte dazu wieder hin und her, wie bei seinem Lachen, aber das Lied erschien holprig und unvollständig, so als hätte er es selbst erdacht. Der junge Mann verstand nur ein paar Worte, und eines davon war „Seebischof“. Die Leiterin blieb vor dem Zimmer sei- nes Großvaters stehen. „Ihr Großvater ist ein sehr schwerer Fall. Schwerstmögliche Zerrüttung. Bitte verstehen Sie, dass wir ihn nicht heraus- lassen können.“ Der junge Mann nickte. „Aber natür- lich.“ er Großvater polterte immer noch vor sich hin, als dem jun- gen Mann klar wurde, dass es keinen Sinn mehr hatte zu war- ten. Diesen Besuch hätte er sich sparen können. „Ich geh jetzt lieber wieder, Großva- ter.“ Langsam erhob er sich von seinem wackeligen Holzstuhl und drehte sich zur Tür um, als der Alte plötzlich anfing zu schluchzen. Er drehte sich um, und da sah er ihn sitzen, zusammengesun- ken, die Hände vorm Gesicht. „Ich habe ihn nie wieder gesehen. Kein einziges Mal. Gesucht habe ich ihn, jedes Mal, wenn ich draußen war, hab aufs Wasser gestarrt. Manchmal stun- denlang. Ich wusste, dass er irgendwo da draußen sein musste, aber ich konn- te ihn nie finden. Die anderen hielten mich schon für verrückt. Aber ich bin doch nicht verrückt!“ „Können Sie mir sagen, was mit Ihrer Großmutter geschehen ist?“ „Nein, keiner kann das. Sie hat sich einfach so aufgehängt.“ Der junge Mann ging ein paar Schrit- te auf seinen Großvater zu, kniete vor D ihm und strich ihm sanft über die Knie. „Großvater, es gibt keine Seebischö- fe. Auch keine Schlangen …“ Aber der Alte hörte nicht auf ihn. Er schluchzte zwar nicht mehr, aber er hielt den Kopf immer noch gesenkt, murmelte irgendwas vor sich hin. „Sie wollte es mir wegnehmen, das Meer … Wollte ihn mir verbieten!“ „Wer, Großvater? Wer wollte dir was wegnehmen, verbieten?“ „Deine Großmutter. Sie wollte es mir verbieten, rauszufahren. Hat gesagt, sie würde mich verlassen. Hat gesagt, ich sei wirr im Kopf. Und dann kam die Sturmnacht.“ Er blickte wieder auf, plötzlich schien ein Glühen in seine Au- gen gesprungen zu sein, die Stimme war wieder fest und klar. „Herrlich schwarzer Himmel, Blitze im Dutzend. Wie damals in der Adria. Kein Zweifel, genau so. Mir war klar, das war die Gele- genheit, IHN wiederzufinden. Aber sie wollte mich nicht rausfahren lassen. Und da hängte ich sie auf.“ s kam kein Wort mehr von seinem Großvater, und auch er sagte kei- nen Ton, sondern drehte sich nur um und verließ das Zimmer, den Flur, das Gebäude, stürmte an Irren und weniger Irren vorbei, grüßte nicht ein- mal mehr die Leiterin, setzte sich in sei- nen Wagen und brauste davon. Er fühlte sich immer noch taumeln, als er über die Deichstraße raste und „Seefahrers Ruh“ schon längst nicht mehr sehen konnte. Ob es wirklich alles so gewesen war? Oder doch nur Einbildung? Aber nein, es musste ja, es war doch gerade eben erst geschehen. Zuhause, bei seinem Vater. „Und, was gab es? Was wollte er dir sa- gen?“ „Nichts, absolut nichts. Falscher Alarm.“ Über dem Meer zog ein Sturm auf. E Niemand sah ihn je, und auch die Jury weiß nicht, wer das ist: der Seebischof aus der Geschichte „Seefahrers Un- ruh“, die den ersten Preis des taz- mare-Literaturwettbewerbs gewann. Autor ist der 19-jährige Max Dörflein aus dem fränkischen Großeibstadt. Kürzlich ist er nach Würzburg gezogen, wo er sich für Political and Social Stu- dies einschrieb. Fernziel ist der Journa- lismus. Das können wir nur unterstüt- zen! Details gibt’s bei der Preisverlei- hungs-Feier am 2.12. um 19 Uhr auf dem Feuerschiff im Hamburger City Sporthafen, Vorsetzen, U-Bahnstation Baumwall. Katja Danowski vom Deut- schen Schauspielhaus liest die fünf erstplatzierten Texte. Dazu singen Sän- gerInnen des GrooveChors. Einlass ist ab 18 Uhr, der Eintritt ist frei. Wir la- den herzlich ein! DIE JURY DER WETTBEWERB Seefahrers Unruh 235 maritime Kurzgeschichten hat der mare-taz- Literaturwettbewerb erbracht. Die taz druckt die ersten fünf Plätze ab. Heute: Platz eins, eine Geschichte von Max Dörflein FOTO: THOMAS LEMMLER/VISUM 28 TAZ NORD  SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 tazthema: bildung ANZEIGEN@TAZ-NORD.DE „University under Construction“: Arbeiten für die Hafencity-UniFOTO: JAN WEHBERG VON JAN WEHBERG Noch ist die exquisite Elblage in der Hamburger Hafencity fest in den Händen der Bauarbeiter. Sie wühlen bei herbstlichem Niesel- regen in der Erde, bringen Fun- damentpfeiler ein und stapfen mit ihren gelben Gummistiefeln durch den Matsch. In drei Jahren wird hier die Hafencity Universi- tät ihren Sitz haben, und Studen- ten werden zu ihren Vorlesun- gen eilen. Im Januar 2006 gründete die Stadt Hamburg die neue Univer- sität für Baukunst und Raument- wicklung, die ihren Lehrbetrieb zum Wintersemester 2006/2007 aufgenommen hat. Selbsterklär- tes Ziel der Universität ist es, „erstklassige Forschung und Leh- re für die Entwicklung der gebau- ten Umwelt an einem Standort anzubieten“. Künstlerische, tech- nische und sozialwissenschaftli- che Aspekte sollen verbunden sowie Theorie und praktische Anwendung in Einklang ge- bracht werden. Fünf Studiengänge dreier ver- schiedener Hochschulen sind in dem Projekt aufgegangen. Doch so lange es keinen gemeinsamen Standort gibt, sind die 2.200 Stu- denten noch immer auf die alten Standorte verteilt. Die Stadtpla- ner tüfteln in der Technischen Universität Harburg an ihren Plänen. Bauingenieure und Geo- matiker lauschen ihren Dozen- ten an der ehemaligen Hoch- schule für Architektur in der City Nord. Die Architekten sitzen ebenfalls dort – und in den Räu- Der Zweite gewinntDie Hafencity Universität soll die künftigen Architekten in Hamburg ausbilden. Ziel ist „erstklassige Forschung und Lehre“, nur mit dem Standort hapert es noch. Der soll bis 2010 nachgeliefert werden Universität, Steven Spier. Er leite- te zuletzt den Fachbereich Archi- tektur an der Universität Strath- clyde in Schottland und residiert schon jetzt in der Hafencity, nicht weit von der Baustelle für das neue Gebäude. Die Pläne für das 50 Millionen Euro teure Bauwerk sind aus ei- ner Ausschreibung hervorgegan- gen, die das Dresdener Architek- tenbüro Code Unique für sich entschied. Einzigartig dürfte sein, dass keiner der eingereich- ten Entwürfe den Ansprüchen der Kommission gerecht wurde, die sich eine besonders energie- effiziente Bauweise wünschte. Daher wurde kein erster sondern nur ein zweiter Preis an die Ge- winner verliehen. Es ist zu hof- fen, dass die neue Universität Ar- chitekten entlässt, die ihr Hand- werk verstehen, damit so etwas nicht noch einmal passiert. weiterbildung Zur „Langen Nacht der Weiterbil- dung“ laden die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler an der Uni- versität Hamburg am kommenden Freitag, den 7. Dezember. Nach ei- ner kabarettistischen Begrüßung durch Nils Loenicke (Alma Hoppes Lustspielhaus) geht es von 19 Uhr an um berufsbegleitende Studien- gänge an der Hamburger Universi- tät. Vorgestellt werden unter an- derem Sozial- und Gesundheitsma- nagement sowie Kriminologie. Von 20.15 Uhr an werden Work- shops zu Kommunikations- und (Selbst)-Vermarktungsfragen ge- geben, nach einer Pause wird wahlweise verraten, wie man sei- nen Chef steuert oder wie man sich nach dem „Business-Knigge“ rich- tig benimmt. In der Pause gibt es ein Buffet und Musik von der Grup- pe SambaRanas. Anmeldung: Institut für Weiterbil- dung e.V., Heike Klopsch, ¤040/ 42838–6128, Fax: -6479, E-mail: Heike.Klopsch@wiso.uni-ham- burg.de Unter dem Titel „Das Puzzle des Le- bens zusammenfügen“ bietet die Beratungsagentur Denkwechsel in Hamburg-Eimsbüttel Kurse für er- wachsene Legastheniker an. Ein Kurs mit Beratung kostet 300 bis 450 Euro. Kontakt: Heidi Brüchert, Henriet- tenstraße 71, 20259 Hamburg, ¤040/41452729 ..................................... ..................................... men der Hochschule für Bilden- de Künste in Uhlenhorst. „Wir sehen die aktuelle Vertei- lung auf mehrere Studienstand- orte in Hamburg nicht als Man- ko, sondern als Chance, sich die Stadt zu erschließen“, sagt Betti- na Scharrelmann, die Leiterin der Universitätskommunikati- on. Die ganz große Chance sieht sie aber im Neubau an der Elbe. Alle Studienprogramme unter einem Dach vereint würden den Austausch zwischen den Fächern verbessern und das interdiszipli- näre Lernen erleichtern. Martin Luce, ehemaliger Ar- chitekturstudent der Hochschu- le für Bildende Künste (HfBK) und Studierendensprecher, sieht in dem Umwandlungsprozess al- lerdings auch Gefahren. Die Hochschule für Architektur und die HfBK hätten „ganz unter- schiedliche Hochschulkulturen“. Nun werde das Architekturkon- zept der HfBK von der Architek- tur-Hochschule verdrängt. Es sei absehbar, dass sich die personell starken Studiengänge auf Kosten der schwächeren durchsetzen würden. Durch die unterschied- lichen Ansätze könne sich das in- haltlich-kulturelle Zusammen- wachsen noch über Jahre hinzie- hen. Auf dieser Ebene werde also eine neue Baustelle eröffnet. Gegenwärtig hoffen die Mit- glieder der Hafencity Universität auf die Aufnahme in die Exzel- lenzinitiative des Bundes und der Länder. In die zweite Runde hat es die Universität bereits ge- schafft. Am 12. Dezember fällt die Entscheidung, ob die frische Uni noch etwas heller strahlen kann. Freuen würde sich darüber be- sonders der Präsident der neuen ANZEIGE - SEITE 29Eine Seite des Musical-Theaters zu „Ein Käfig voller Narren“info@musical-theater-bremen.de Das Travestie-Theater ist eine Bühne der Verwandlung: Christian Schleinzer kommt als Mann zum Schmink-Tisch Normalerweise ziehen Tänzerin- nen und Tänzer Ballettschuhe, Turnschuhe oder einfach Tanz- schuhe an, wenn sie ihre Choreo- graphie üben – die „Cagelles“ aus dem Musical „Ein Käfig voller Narren“ bevorzugen für ihre tän- zerischen Proben allerdings Stö- ckelschuhe, die mit schwarzem Strass besetzt sind, eine Stepp- Platte haben und jede Frau nei- disch machen. „Wenn du später auf der Bühne mit diesen Schu- hen eine gute Figur abgeben willst, muss du als Tänzer damit schon üben“, sagt Choreograph Ricardo Fernando dos Santos über das ungewöhnliche Bild. Die Schuhe stammen aus Italien und sind extra für die Füße der Männer angefertigt. „Schuhgrö- ße 46 gibt es mit Absatz im nor- malen Schuhgeschäft eben nicht mehr“, sagt einer der Tänzer. Rund 20 Tänzerinnen und Tänzer proben zur Zeit auf einer der Probebühnen des Musical Theater Bremen die verschiede- nen Tanzszenen des Musicals „Ein Käfig voller Narren. „One, two, three, four...“, Ricardo zählt den Takt an und los geht‘s mit dem Opening des Musicals. Be- haarte Männerbeine schwingen neben wohlgeformten Frauen- beinen im Takt des Evergreens „Ich bin was ich bin“ – für die Ca- gelles, die Tänzer im Nachtclub „La Cage aux Folles“ ist der Text leicht abgewandelt und alle sin- gen: „Wir sind, was wir sind – aber was wir sind, sind wir nur scheinbar“. Schnelle Steppeinlagen vari- ieren mit schwingenden Bewe- gungen. Zu den Steppschuhen mit Absatz haben die „Cagelles“ noch Hut und Stock. Beim Um- drehen mit Hut, Stock und Schritt tönt es aus Reihe drei: „Jetzt wird‘s eng, Baby!“. Alles schmunzelt, die Stimmung im Ensemble ist gut. „Leute ihr müsst die Reihen halten“, hören die Tänzer durch die Musik Ri- cardos Stimme. „Mehr Span- nung in den Beinen“. Aber der Hüftschwung sitzt bei allen schon perfekt. Und im Zuschau- erraum des Musical Theater Bre- men wird sich beim „Käfig voller Narren“ so manch ein Gast fra- gen: Wer ist hier ein Mann und wer ist eine Frau? Männerbein, grazile Stöckelschuhe Die Vorbereitungen für die Travestie-Show „Ein Käfig voller Narren“ laufen auf Hochtouren. Und so macher fragt sich: Wer ist hier ein Mann und wer ist eine Frau? Gesichtslose Holzköpfe stehen in den Regalen, bedeckt mit Haar- teilen in den unterschiedlichs- ten Farben. Zur Auswahl stehen blond gelockt oder flippig rot. Auch knallpink ist zu sehen. Ein halbes Dutzend Spiegel sind im Raum, alle hell beleuchtet. Auf einem Couchtisch steht eine Tas- se mit dampfenden Tee. Ar- beitsatmosphäre liegt in der Luft, fünf junge Damen nähen an Perückenteilen. Wir sind in der sogenannten „Maske“ im Musi- cal Theater Bremen. Bon Soir! Bon Soir! Sie befin- den sich im Käfig voller Narren – im „La Cage aux Folles“! Das Mu- sical Theater Bremen verwandelt sich ab dem 6. Dezember für rund vier Wochen in einen Nar- renkäfig, in den berühmten „La Cage aux Folles“ in St. Tropez. Alle werden sie dann auf der Bühne stehen: George und sein Albin (und Albin manchmal als die glamouröse Zaza), die Din- dons – erzkonservativ und ver- bohrt und Jean-Michel mit seiner reizenden Verlobten Anne. Auch der Butler fehlt nicht, oh pardon, natürlich die „Zofe“ Jacob Maskenbildnerin Antje Neu- mann hat an einem der Spiegel- plätze ihre Schminkutensilien ausgebreitet. Da gibt es Pinsel und Puderquasen in allen Grö- ßen. Spezielles Bühnen- und Film Make up in unterschiedli- chen Farben, Rouge von hellrosa bis quietschpink, Lidschatten, Wimperntusche und ein halbes Dutzend Haarsprayflaschen. Al- les liegt bereit und da kommt auch schon eine der Cagelles aus dem Musical „Ein Käfig voller Narren“, das am 6. De- zember seine Premie- re im Musical Theater Bremen feiert. Aber Moment mal – DIE Cagelle ist ja noch ein Kerl und heißt Christi- an Schleinzer. Die fast schon ma- gische Verwandlung Christians in eine schöne Tänzerin beginnt erst jetzt. „Um einen Mann in eine schöne Frau zu verwandeln, muss ich ihm erst sein ganzes Gesicht ‚wegschminken‘“, sagt Antje Neumann. „Erst danach male ich ihm sein neues, weibli- ches Gesicht.“ Und schon legt die Maskenbildnerin los. Als erstes deckt sie Christians Augenbrau- en mit einer Paste ab. Dann kommt das Make up zum Ein- satz. Mit einem Schwämmchen trägt Neumann die richtige Nu- ance auf. „Es gibt nicht für jeden Hauttyp die passende Far- be – da muss ich schon mal verschiedene Farben zusam- men mischen.“ Und so geht die Verwandlung Schritt für Schritt von statten. Als nächstes sind die Augen dran. Dramatische Augen sollen es werden. Mit viel Und ein Käfig voller Narren Das Musical Theater verwandelt sich ab dem 6. Dezember in einen Narrenkäfig - den „La Cage aux Folles“ in St. Tropez „Wir freuen uns sehr auf diese Produktion in unserem Haus, vor allem weil wir so tolle Darsteller dafür gewinnen konnten“, sagt Musical-Theater-Chef Claus Kleyboldt schwarz, grau und aubergine – ja, die Cagelles sind voll im Farb- trend – zaubert Antje Neumann Smokey Eyes. Über seine „alten“ Augenbrauen gibt sie weißen Lidschatten, denn als Frau finden sich die neuen Augenbrauen rund zwei Zentimeter weiter oben wieder. „Für das Musical schminken wir jeden Abend 20 Tänzer und einen Chor, der rund 30 Mann umfasst. Für einen Tän- zer brauchen wir gute 45 Minu- ten und alle müssen nach dem Schminken gleich aussehen“, sagt Neumann. Jetzt fehlen noch die falschen Wimpern. Die sind aus Papier und erhalten den richtigen Schwung, indem sie die Masken- bildnerin um einen Stift rollt. Mit Hilfe von Spezialkleber hat Christian jetzt etwa vier Zenti- meter lange Wimpern und einen Augenaufschlag zum dahin- schmelzen. Jetzt noch schnell Rouge und neue Augenbrauen, Lippenstift auftragen und noch mal das Näschen pudern – jetzt öffnet Christian seine Augen „Oh mein Gott, ich erkenn‘ mich ja nicht wieder!“ Wenn wundert‘s, denn statt einem Christian blickt ihm sein Spiegelbild jetzt als Christiane entgegen. Jetzt fehlen noch die neuen Haare. Rot mit dunklen Strähnchen soll es heu- te sein. Dann heißt es rein in die Netzstrumpfhose, die Stöckel- schuhe und das glamouröse Kos- tüm - und voila! hier ist eine auf- regende Cagelle aus dem Nacht- club „La Cage aux Folles“. Die Geschichte Allabendlich verzaubern die Cagelles ihr Publikum im „La Cage aux Folles“ in St. Tropez. Star der Travestieshow ist die glamouröse Zaza, die – oder besser der – eigentlich Albin heißt. Seit über 20 Jahren sind er und Georges, der Besitzer des Clubs, ein Liebespaar. Außer- halb der schillernden Bühnen- welt führen die beiden eine re- lativ geordnetes Leben, dessen Mittelpunkt Georges‘ Sohn Jean-Michel ist. Der entstammt einer flüchtigen Beziehung mit einem Showgirl und ist inzwi- schen ein junger Mann. „Papa, ich werde heiraten“, ein scheinbar harmloser Satz, der das traute Familienidyll von Georges, Albin und Jean- Michel mächtig ins Wanken bringt. Als Braut hat er sich Anne Dindon auserkoren. Sie und ihre Eltern haben sich kurzfristig zu Besuch angemel- det, um ihre Schwiegereltern in spe kennen zu lernen. Die Schwierigkeiten sind vorpro- grammiert: Was passiert, wenn der Brautvater ein erzkonser- vativer Sittenwächter ist und der Vater des Bräutigams einen Nachtclub im Travestie-Milieu betreibt? Die Akteure Die Darsteller für die Produkti- on stehen fest: Die Doppelrolle „Albin / Zaza“ spielt Hans Neb- lung, der diesen Part in einer anderen Inszenierung bereits erfolgreich auf der Bühne ver- körperte. Den Nachtclubbesit- zer „Georges“ mimt Klaus Brantzen. Dem Politikerehe- paar „Dindon“ geben Hildegard Krekel und Bernd Herzsprung Gestalt. Das junge Liebespaar „Jean- Michel“ und seine „An- ne“ sind Jörg Hilger und Ute Kampowsky. „Wir freuen uns sehr auf diese Produktion in unserem Haus, vor allem weil wir so tolle Darsteller dafür ge- winnen konnten“, sagt Musical- Theater-Chef Claus Kleyboldt. Die letzten Proben finden derzeit im Haus am Richtweg statt. Ricardo Fernando dos Santos studiert mit den Dar- stellern der „Cagelles“ auf einer der Probebühnen die unter- schiedlichen Choreographien ein. Auf der Hauptbühne führt Multitalent Dirk Böhling Regie. „Das Musical ist ein außerge- wöhnliches Stück. Es hat alles, was ein gutes Bühnenwerk ha- ben muss: Eine gute Geschich- te, tolle Musik, mitreißende Choreographien, liebevoll ge- zeichnete Charaktere und ei- nen ganz besonderen Witz.“ Auch die Kulissen sind schon eingebaut – sie wurden nach den Entwürfen des Bühnen- bildners Manfred Kaderk in Os- terholz- Scharmbeck angefer- tigt. Und da der „Käfig voller Narren“ ein Musical ist, üben alle Darsteller und Tänzer mit dem Musikalischen Leiter Pa- trick Chestnut die Lieder ein. „Ich freue mich bereits jetzt auf die Premiere am 6. Dezem- ber. Im Übrigen wage ich mich gern nach dem großen Erfolg von ‚Evita‘ an solche Projekte im und mit dem Musical Thea- ter Bremen heran, da die gute Zusammenarbeit ja schon bes- tens erprobt ist“, sagt Produ- zentin Waltraud Meinecke. Karten Das Musical „Ein Käfig voller Narren“ gastiert vom 6. bis 31. Dezember im Musical Theater Bremen. Eintrittskarten ab 39 Euro gibt es beim Nordwest Ti- cket unter Tel. 0421 / 36 36 36, bei TSC eventim unter Telefon 0421 / 35 36 37 und bei allen be- kannten Vorverkaufsstellen. Vorstellungen 5. Dezember 18.30 Uhr Preview, 6.12. 20 Uhr Premiere, danach jeweils Mittwochs und Sonntags um 18.30 Uhr, Dienstag, Donnerstag, Freitag, Sonnabend um 20 Uhr montags spielfrei Hans Neblung, Hildegard Krekel, Bernd Herzsprung u.a. am Musical-Plakat Christian Schleinzer, Mann? Frau? Bei genauer Betrachtung entpuppt sich das Musical Theater Bremen als großes Überraschungspaket. Von Rat- ten und Mönchen ist da die Rede, die nachts in Miami mit Schwänen auf dem Eis Samba tanzen. Vom 3.-13. Januar gastieren „The Imperial Ice Stars“ mit der Produkti- on „Schwanensee on Ice“ im Musical Theater Bremen – ihr einziges Gast- spiel in Norddeutschland. Die russi- schen Eisstars vereinen die Crème de la crème des russischen Eislauf-Nach- wuchses. Eis auf der Bremer Musical- bühne hat es noch nie gegeben. Von Russland geht es thematisch weiter in die USA. Nach der sensatio- nellen ersten Spielzeit gastiert „The Rat Pack“ (das berühmte Rattenpack) vom 15.- 20. Januar in Bremen. Das Programm „Live in Las Vegas“ ist eine Hommage an die legendären Gipfeltreffen von Frank Sinatra, Sam- my Davis Jr. und Dean Martin im Sands Hotel in Las Vegas, mit vielen Hits und Klassikern wie „New York, New York“ oder „My Way“, die Musik- geschichte geschrieben haben. Von Las Vegas geht es mit einer Hommage an die Tanzfilme des aus- gehenden 20. Jahrhunderts. Vom 24. Januar bis 10. Februar kann man „Miami Nights“ bestaunen. Mit einem großen Sprung über die Kontinente landen wir bei der „Rück- kehr der Shaolin“ in einer Kung Fu- Show über das Leben der Shaolin Mönche, die am 28. März im Musical Theater gastiert und den Besucher in die mystischen Geheimnisse des Qi Gong einführt. Eine andere Art der Meditation praktizieren die Künstler des Chinesi- schen Nationalcircus, die mit ihrem neuen Programm „Buddah“ einen Tag später am 29.3. im Musical Thea- ter Bremen gastieren. „Finde zu dir selbst!“ Mit etwas weniger Konzentration, aber dafür mit sehr viel mehr Gefühl und Hüftschwung geht es vom 1.-6. April weiter. Mit „Born to Samba – Ritmo do Brasil“, der neuen Musik- show von Regisseur Toby Gough, der schon bei erfolgreichen Shows wie „The Bar at Buena Vista“ oder „Lady Salsa“ Regie führte, erleben die Zu- schauer heiße Sambarhythmen und die wunderbaren Bossa Nova Hits der 50er und 60er Jahre. Nach dem Musical ist vor dem Musical Auch nach dem Narrenkäfig ist noch viel los im Musical Theater: Es folgen „Schwanensee on Ice“, „Live in Las Vegas“, „Miami Nights“, „Finde zu dir selbst!“ und „Born to Samba – Ritmo do Brasil“ Verwandlungvollendet–FrauCagelles,geboreneSchleinzerFOTOS:HVG ANZEIGEN@TAZ-HAMBURG.DE tazthema: geschenke SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007  TAZ NORD 29 Eine der edelsten Aufgaben des „Marineweihnachtsmanns“: Geschenke zum Kieler Leuchtturm bringen FOTO: DPA INTERVIEW PETRA SCHELLEN taz: Herr Moebius, ist das Schenken nicht ein archaischer Ritus, der abgeschafft gehört? Stephan Moebius: Nein. Ein Ge- schenk ist ein wichtiges soziales Bindungsmittel. In archaischen Gesellschaften haben Gaben so- gar Verträge ersetzt. Insofern hat die Gabe seit jeher eine viel stär- kere soziale Bindungskraft als der Tausch. Denn bei Gaben ver- mischen sich Personen und Sa- chen: Man gibt nicht nur ein Ob- jekt, sondern auch ein Stück von sich. Kann man also am Geschenk ablesen, wie viel man dem an- deren wert ist? Das ist sehr modern gedacht. Diese Dinge sind ja auch von der sozialen Situation abhängig. Wichtig ist vor allem der symbo- lische Gehalt der Gabe. Anderer- seits kann man eine Beziehung durch zu große Geschenke ka- puttmachen. Denn bei der Gabe kommt es auf Erwiderbarkeit an. Dann ist ein Geschenk eher eine Art Leihgabe? Ja. Allerdings eine, die nicht un- bedingt an den Geber zurück- kommen muss. Es gibt eine Art Kreislauf der Gabe. Denken Sie etwa an Eltern, die sich für ihre Kinder verausgaben. All das be- kommen sie niemals zurück. Die Gabentheoretiker gehen aber da- von aus, dass die Kinder dies an ihre Kinder weitergeben. Wenn die Kinder keine Kin- der haben: Haben sie dann et- was unrechtmäßig behalten? Nein, es kann ja auch in andere Kanäle fließen, in Ehrenämter zum Beispiel. Kann ein Geschenk auch ein Druckmittel sein? Ja. Wir können Beziehungen zer- stören, indem wir so übermäßig schenken, dass der andere es nicht erwidern kann. Denken wir zum Beispiel an Armenfürsorge oder sonstige Wohltätigkeit. Die Empfänger haben meist kaum die Chance, das zu erwidern und sind dann immer in der Schuld derer, die gegeben haben. Und fühlen sich entspre- chend unwohl. Ja, und herabgesetzt. Denn Gabe hat ja immer auch etwas mit ei- ner Art von Hierarchie zu tun. Wenn ich jemandem etwas gebe, fühlt er sich in meiner Schuld. IchhabealsoeinegewisseMacht. Reden wir über konkrete Ge- schenke: Sind wir schon so hilf- los, dass wir – in Form von Wer- bung – Geschenk-Animateure brauchen? In der Tat verkommt die Kultur der Gabe. Allerdings eher da- durch, dass sich das Geldge- schenk einbürgert. Da geht etwas verloren, weil der Geist des Ge- bers nicht mehr in dem Ge- schenk ist. Inwiefern? Weil sich der Schenker keine Ge- danken gemacht hat. Das führt dazu, dass der symbolische Ge- halt nicht so hoch ist wie bei ei- nem Buch, das zum Beispiel in Muße ausgesucht wurde. Aber es gibt ja begabte und unbegabte Schenker. Wenn Letzterer um seine Schwäche weiß und Geld schenkt, ist es doch sinnvoll. Durchaus. Trotzdem fehlt etwas. Dass es unbegabte Schenker gibt, das stimmt natürlich. Begabte Schenker haben ein starkes Ge- spür für soziale Beziehungen. Trotzdem kann ein unbegab- ter Schenker ein guter Freund sein. Gaben müssen nicht nur Dinge sein. Man kann ja auch Zeit und Freundschaft geben. Dann gibt es ja noch die Men- schen, die nicht nehmen kön- nen. Ist es ein modernes Phäno- men, dass sich Männer oft nichts schenken lassen? Das liegt wohl daran, dass der, der etwas annimmt, in ein Schuldverhältnis gerät. Nichts annehmen zu wollen, ist eine moderne Art der Autonomie – ebenso wie das Nicht-Gebenwol- len. Denn Geben bedeutet Selbst- „Geschenke sind Symbole“Wer zu viel gibt, übt Macht über den Beschenkten aus. Wer geizig ist, erniedrigt ihn. Gabenforscher Stephan Moebius erklärt die komplizierte Prozedur des Schenkens und die Unfähigkeit zu nehmen verlust, also Autonomieverlust. Und die Moderne ist gekenn- zeichnet durch einen besonde- ren Drang zur Autonomie. Da ist Selbstverlust eine Schande. In früheren Gesellschaften war es umgekehrt: Da hat man durch Selbstverlust Prestige gewonnen. Das Gegenstück wäre ja der zwanghafte Schenker. Kann Ge- benwollen krankhaft sein? Es kann krankhaft sein, wenn man den anderen ständig in die Pflicht nehmen will. Übermäßi- ges Geben macht den anderen abhängig. Andererseits kann man jemanden enorm erniedri- gen, indem man ihm zu wenig gibt. STEPHAN MOEBI- US, 34, Soziologe und Kulturwissen- schaftler, ist seit August Juniorpro- fessor für Soziolo- gie an der Universi- tät Erfurt. macht hoch die tür! ZurWeihnachtsmesselädtauchan diesem Wochenende das Altonaer Museum. Und was es da nicht alles zu sehen und zu kaufen gibt: Von Waldorfpuppen über Fruchtaufstri- che bis zu Kunstkalendern und Ka- kao aus fairem Handel reicht die Palette; auch Taschen aus LKW-Pla- ne, Apfelwein und Porzellanpup- pen können bewundert und bei Bedarf erworben werden. 1.+2.12. 10–18 Uhr, Altonaer Mu- seum, Museumsstraße 23. Bastel- angebote für Kinder, die Pappma- ché-Weihnachtsmänner bemalen oder Geschenkpapier bedrucken mögen: Sa 14–18, So 11–18 Uhr Wer adventlich shoppen mag, ist an allen vier Adventswochenen- den zur Adventsmesse in die Kop- pel 66 eingeladen. Deren Atelier- Gemeinschaft sowie 40 weitere Kunsthandwerker und Designer präsentieren wie üblich Schmuck, Textilien, Keramik sowie, diesjäh- rig erstmals, Hüte für die Winter- saison. Adventskaffee mit vegeta- rischen Gerichten gibt’s im Café Koppel im Erdgeschoss. Fr–So 11–19 Uhr, Koppel 66 Auch Öko-Freaks wollen manch- mal schenken. Chancen, sich dies- bezüglich einzudecken, bieten sich ihnen auf dem Ökologischen Weihnachtsmarkt im Museum der Arbeit. Kunsthandwerk aus unbe- denklicher Produktion findet sich hier; vom Kleidungsstück bis zum Öko-Kuschelsofa ist alles vorhan- den, was sich denken lässt. Waf- feln und Weihnachtsbäume gibt’s auch. 7.12. von 16–20 Uhr sowie 8. + 9.12. von 10–18 Uhr, Museum der Arbeit, Wiesendamm 3 Einen chinesischen Markt präsen- tiert in diesem Jahr erstmals der Markt der Völker im Museum für Völkerkunde. Neben Kunsthand- werk aus allen Erdteilen finden sich an diesem Wochenende unter an- derem finnische Märchenerzähler, niederländische Nikoläuse, galizi- sche Tänzer und afrikanische Gos- pelsänger ein. noch bis 2.12., jeweils 10–18 Uhr, Museum für Völkerkunde Rothen- baumchaussee 64 ..................................... ..................................... FOTO:PRIVAT Buchhandlung im Schanzenviertel GmbH Schanzenstraße 6 20357 Hamburg Tel. 040 / 430 08 88 • Fax: 040 / 444 65 980 kibu@schanzenbuch.com Mo. - Fr.: 9.30 - 18.30, Sa.: 10.00 - 16.00 service@taz-bremen.de  31 tazbrementipps einen tagesaktuellen terminkalender gibt's unter www.mix-online.de I Montag, 20 Uhr, Theater Laboratorium, Oldenburg ANZEIGE COW-PUNK Hoodoo Girl Das Trio aus Hamburg setzt sich aus Mitgliedern von „Oma Hans“, „Cow“, „DM Bob & The Deficits“ und anderen zusammen, was auf eine Country-Tendenz schließen lässt, derweil auf dem jüngst er- schienenen Debüt-Album vor al- lem durch das Akkordeon von „Watzloves“-Sängerin Silky Thoss deftiger Cajun und archaischer Rock‘n‘Roll regieren. Der Gesang changiert zwischen der dominan- ten Stimme von Thoss, fragilem Country-Timbre von Peta Devlin und dem schnörkellosen Gesang von Susie Reinhardt. Donnerstag, 20 Uhr, Römer URAUFFÜHRUNG Vorspiel EineErinnerungssinfonienenntder junge ungarische Autor Csaba Mikó sein Kammerspiel, das am Donnerstag Uraufführung feiert. Wer kennt die Wahrheit in diesem Stück? Wem kann man glauben? Mord und Intrige stehen im Zen- trum des mysteriösen Kriminal- spiels. Drei Menschen sind durch gemeinsame Vergangenheit anei- nandergekettet. Realität und Lüge über die einstige Ereignisse sind schwer auseinanderzuhalten. Es spielen Irene Kleinschmidt, Tobias Beyer und Johannes Flachmeyer. Donnerstag, 20.30 Uhr, Brauhauskeller QUEER-PUNK Black Fag Kein Tippfehler – „Black Flag“ sind tot, es lebe „Black Fag“. Was auf Deutschsovielheißtwie„Schwarze Schwuchtel“, ist ein Tribut an die kalifornische Hardcore-Legende, liebevoll, mit hinreißendem Witz. Den scharfkantigen „Black Flag“- Originalen verpassen sie einen subtil glamourösen Überzug und Texte, bei denen man gern wüsste, was Henry Rollins darüber denkt. Die „Sissy Boys“ befassen sich eher mit Geschlechterrollen und for- dern, nach ihrer Facon glücklich sein zu wollen. Mittwoch, 21 Uhr, Schlachthof Magazinkeller FILMFEST Brasil Plural Während sich hier das Filmgesche- hen immer mehr in der Hauptstadt verdichtet und die „Berliner Schu- le“ Aufsehen erregt, beweist Brasi- lien, dass man auch mit der entge- gengesetzten Bewegung an große Filmzeiten anschließen kann. Jun- ge Filmemacher arbeiten in ganz Brasilien, auch außerhalb der Me- tropolen, mit einer neuen Film- sprache. Vor allem die Kurzfilme zeigen, wie viele Gesichter ein Land haben kann. Rio und São Paulo sind zwar noch immer Zen- tren der Kinoproduktion, wie man auch an der Auswahl der Filme bei „Brasil Plural“ erkennt, doch die Filme kommen auch aus dem Nordosten und Süden Brasiliens. Dienstag bis Montag, Kino 46 Der erste in einer Reihe von ein- mal im Monat stattfindenden Vorträgen und Lesungen zu Gen- refilmen, populärer Literatur und Subtext-Exegesen. Benja- min Moldenhauer wird ein paar einführende Worte zur fantasti- schen Kunst sprechen und versu- chen, anhand des Horrorklassi- kers „The Exorzist“ deutlich zu machen, dass auch die vorgeb- lich reaktionärsten Ferkelfilme in ihrer Eigenschaft als ambiva- lente Kunstwerke verschiedene Lesarten zulassen. Christoph Spehr (Redakteur der Alaska) war bis Redaktions- schluss nicht zu erreichen, spricht aber vermutlich über „Harry Potter“: „Abgesehen da- von, dass Harry, Ron und Hermi- one ganz nebenbei das auch vom FBI empfohlene ‚Buddy-Prinzip‘ verkörpern – du musst Erwachse- nen nicht die Wahrheit sagen, aber deine Freunde müssen wis- sen, wo du bist –, arbeiten sie sich ausgiebig durch die Probleme ge- mischter Bündnisse und freier Kooperation. Sie kämpfen um Anerkennung und Loyalität in der Differenz. Mit Institutionen lässt sich nicht zurechtkommen, wenn man immer die Wahrheit sagt.“ Lisa Kuppler vom Krimibüro Berlin wird Fanfiction zu „Harry Potter“ und vor allem zu „Herr der Ringe“ vorstellen. Mit der Fanfiction verschiebt sich der Fo- kus von der Bedeutung auf die Lust am Text: Es ist nicht mehr maßgeblich, was der Text „wirk- lich bedeutet“, sondern wie sich durch ein Neu-, Um- und Weiter- schreiben die Lust am Text ver- stärken lässt. Montag, 20 Uhr, Paradox vortrag On Rules And Monsters ............................................................................. TREFFPUNKT Gesundheit Vergesslichkeit gehört zu unserem Leben. Gewisse Einbußen der geis- tigen Leistungsfähigkeit sind nor- male Begleiterscheinungen des Al- ters. Doch zumeist wird das Ver- gessene durch Konzentration und intensives Nachdenken wieder er- innert. In einigen Fällen steckt aber auch eine ernsthafte Erkrankung dahinter. Die Veranstaltungsreihe „Treffpunkt.Gesundheit“ des Bre- mer Klinikverbundes Gesundheit Nord informiert mit Kurzvorträgen der Spezialisten. Im Anschluss fin- det eine Podiumsdiskussion statt. Mittwoch, 18 bis 20.30 Uhr, Glocke Am 25. August 1942 um 6.15 Uhr wird der 17-jährige polnische Zwangsarbeiter Walerjan Wróbel in der Hamburger Untersu- chungshaftsanstalt mit dem Fall- beil hingerichtet. Krank vor Heimweh, hat er in der Scheune eines Bauernhofs seiner Arbeits- stätte Feuer gelegt – in dem Glau- ben, dafür „zur Strafe“ nach Hau- se geschickt zu werden. Obwohl kein Schaden entsteht – Walerjan hilft selbst beim Lö- schen –, verurteilt ihn das Son- dergericht Bremen als „Volks- schädling“ zum Tode. Der Justiz- mord bleibt ungesühnt – ein Lehrstück zur nationalsozialisti- schen Justiz und für die Straflo- sigkeit von Juristen, „unter deren Roben der Dolch des Mörders versteckt“ gewesen ist. Der Jurist und Rechtshistori- ker Christoph U. Schminck-Gus- tavus hat den Fall des jungen Wa- lerjan Wróbel in den 1980er Jah- ren aufgearbeitet. Als Verbin- dung von erzählter Geschichte und Archivrecherchen entstand 1986 die Veröffentlichung „Das Heimweh des Walerjan Wróbel – Ein Sondergerichtsverfahren 1941/42“. Zum 65. Jahrestag der Hinrichtung Walerjans am 25. August 2007 ist die Dokumenta- tion jetzt in einer ergänzten und überarbeiteten Fassung erschie- nen – und hat nichts von ihrer Eindringlichkeit verloren. Die Geschichte berichtet von einer menschlichen Tragödie in einer unmenschlichen Zeit, ist Mah- nung und Erinnerung. Am Montag stellt der Autor sein Buch in der Zentralbiblio- thek vor. Montag, 19.30 Uhr, Wall-Saal, Zentralbibliothek buchvorstellung Ein Knabe vor Gericht ............................................................................. MELODIC HARDCORE Itchy Poopzkid Ihr erstes Demo wurde im Hardco- re-Magazin TRUST vor fünf Jahren mit folgenden Worten bedacht: „Eine sehr junge Band (der Tromm- ler ist angeblich erst 15) aus dem Schwäbischen spielt flotten Melo- dy-Coreoder‚California-Punkrock‘, wie sie es selbst nennen. Die Band (...) musiziert erst seit zwei Jahren zusammen und hat vielleicht noch einiges vor sich. Freunde des Gen- res können ja schon mal den Na- men notieren.“ Ist offenbar ge- schehen: Ihr Konzert im Tower ist fast ausverkauft. Erstaunlich, wie weit man mit einem Namen wie „Itchy Poopzkid“ kommen kann. Montag, 19 Uhr, Tower URAUFFÜHRUNG Lombardi Trio Der in Italien geborene Komponist Luca Lombardi hat im Auftrag der Philharmonischen Gesellschaft Bremen ein Trio geschrieben. Der Cellist Leonard Elschenbroich spielt mit seinem „Lombardi Trio“ diese Uraufführung. Außerdem auf dem Programm steht das Trio für Flöte, Violoncello und Klavier in g-Moll Opus 63 von Carl Maria von We- ber, „Vox Balaenae“ von George Crumb und Luca Lombardis „Ein- stein-Dialog“ für Violoncello und Flöte aus dem Jahr 2005. Neben El- schenbroich spielen Konstantin Arro am Klavier und Eric Lamb, Flö- te. Dienstag, 20 Uhr, Glocke VORTRAG Straßenkinder Obwohl die Berichterstattung über das Thema Straßenkinder in Brasi- lien in den letzten Jahren zurückge- gangen ist, hat das Thema nichts von seiner Aktualität verloren. Gleichwohl hat sich einiges verän- dert: Manche Probleme scheinen heute leichter lösbar, doch neue sind dazugekommen. Über diese alten und neuen Herausforderun- gen berichtet Edson Oliveira, ein brasilianischer Pädagoge, der seit vielen Jahren Straßenkinder auf dem Weg in ein neues Leben be- gleitet und unterstützt. Der Eintritt ist frei. Montag, 18.30 Uhr, Friedenskirche, Humboldtstr. BLUE-MOON-BAR Next Generation Marialy Pacheco liebt die musikali- sche Herausforderung. Deshalb hat sich die junge kubanische Pia- nistin für ihren inzwischen vierten Auftritt im Bürgerhaus Weserter- rassen zwei kolumbianische Musi- ker ihrer Generation eingeladen: den Schlagzeuger und Perkussio- nisten Miguel Altamar sowie den Bassisten Juan Camilo Villa. Beide sindwieMarialyMusikhochschüler hier in Deutschland, gemeinsames Faible ist eine spiel- und experi- mentierfreudige Variante des Latin Jazz, im Spannungsfeld von Jazz- Fusion und afrokubanischen Roots. Mittwoch, 20 Uhr, Bürgerhaus Weserterrassen KURZFILME Home Stories Das Kurzfilmprogramm „Home Stories“ in der Reihe „Film:art“ er- zählt Geschichten von zu Haus. Ne- ben dem Hausputz in der Hütte gibt es da allerlei Heimeliges und Unheimliches. Manchmal hängt der Haussegen komplett schief. Zu- hause ist schließlich auch immer der Ort der Kindheit oder sprich- wörtlich beschrieben: „home is where you hang your head.“ Das Thema visualisieren experimentel- le Filme und „home videos“ der et- was anderen Art aus Deutschland, Österreich, Kanada und Großbri- tannien. Neunzig Minuten Kurzfil- me mit Einführung. Dienstag, 18 Uhr, Kino 46 SZENISCHE LESUNG Paula und Rainer Ein leises Kammerstück mit faszi- nierendem Spannungsbogen: Martin Heckmann und Gabriele Sü- per unternehmen gewissermaßen an Originalschauplätzen den Ver- such, die Freundschaft zwischen Paula Modersohn-Becker und Rai- ner Maria Rilke anhand von Texten aus dem Briefwechsel der beiden großen Künstler lebendig werden zu lassen. „Paula + Rainer“ ist ein intimes und eigenwilliges Bekennt- nis zu einer Verbindung, die schwärmerisch und sehnsuchts- voll, aber auch zerbrechlich, den Wechselfällen des Lebens ausge- setzt ist. Donnerstag, 20 Uhr, Barkenhoff MEHR JAHRE Mehr Leben Die Leut‘ werden immer älter, Alter hat Zukunft. Das hat längst nicht nur die Wirtschaft erkannt. Heute leben die Menschen in den führen- den Industrienationen rund 30 Jahre länger als vor hundert Jah- ren. Im Jahr 2050 wird jeder dritte Bundesbürger 60 Jahre oder älter sein – heute ist es schon jeder vier- te. Dabei sind wir im Alter durch- schnittlich gesünder, mobiler und aktiver denn je. Und auch der An- teil der hauptberuflichen Lebens- phase an der Lebenserwartung ist drastisch gesunken. Diesem The- ma widmet sich die nächste Veran- staltung der „SichtWeisen“-Reihe Montag, 20 Uhr, Glocke DIA-VORTRAG Immendorff & Beuys Jörg Immendorff und kein Ende: Am Mittwoch spricht der Kunsthis- toriker und ausgewiesene Beuys- Experte Detlef Stein im Rahmen der Ausstellung und anhand von Lichtbildern über des Künstlers Ver- hältnis zu seinem Lehrer Joseph Beuys. Am Donnerstag führt Peter Friese unter dem Titel „Der Stein will zurück zur Schleuder“ zu High- lights aus den Sammlungen. Was allerdings kein Verweis auf den Re- ferenten vom Vorabend sein dürf- te. Dia-Vortrag: Mittwoch, 19.30 Uhr; Führung: Donnerstag, 18 Uhr,We- serburg 3. bis 6. dezember 2007 THE MOONLIGHTERS I Schwingende Südsee Punk, Gothic, Industrial – in diesem Spannungsfeld bewegte sich die wegweisende Underground-Gruppe „Pain Teens“, mit der Bliss Blood 1988 ihre Karriere begann. Nach etlichen hochgelobten Alben löste sich die Band 1995 auf und Bliss Blood gründete in New York die „Moonlighters“. „There is life after Rock‘n‘Roll“, charakterisiert sie la- chend diese Entwicklung. Ihre neuen Songs für die „Moonlighters“ mischen den groovenden Swing der New Yorker Nachtclubs mit dem verführerischen Sog der Sirenen am Strand von Waikiki. VORTRAG Wüstenwunder Im Rahmen der Ausstellung „Im- pressionen der Wüste“ spricht Christiane Boecker über das Pro- jekt Sekem, das vor 25 Jahren bei Kairo gegründet wurde und mit neuen landwirtschaftlichen Me- thoden, sozial verträglicher Arbeit und umfassender Bildung der Ar- mut der Bevölkerung begegnet. Dienstag, 20 Uhr, Altes Fundamt FILMABEND Folk Art Nach dem preisgekrönten Doku- mentarfilm über das slowenische Kunstkollektiv NSK in Folge der Bal- kankriege werden Videos der slo- wenischen Industrial-Rockband „Laibach“ gezeigt, deren Artwork schier überfrachtet ist mit folkloris- tischen Symbolen und Bildern. Mittwoch, 20 Uhr, Spedition KLEZMER-PUNK Geoff Berner Geoff Berner spielt auf seinem klei- nen Akkordeon jüdisch-kanadische Trinklieder. Dusty Awe eröffnet mit einfühlsamem Songwriting. Mittwoch, 21 Uhr, Nook ANZEIGEN@TAZ-HAMBURG.DE termine hamburg SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007  TAZ NORD 31 KONZERT I Circle / Kammerflimmer Kollektief Eigentlich ist es ja verwun- derlich, dass eine Tournee- Agentur wie das Berliner Büro Planet Rock bestehen kann in Zeiten, da in der Mu- sikbranche kaum noch Geld verdient wird. Andererseits sind Konzerte noch, was Ton- träger längst nicht mehr sind: kopiergeschützt. Jetzt feiert Planet Rock elfjähriges Bestehen und schickt zwei Bands aus ihrem Katalog des ambitioniert Abseitigen auf die Straße. Die Finnen „Circle“ mi- schen stoisches Noise-Dröhnen mit Krautrock und bezeichnen sich als „The world’s most boring Rock’n’Roll Band“. Mit dem Reiz flächig angeordneten Schabens und Kratzens beschäftigen sich So, 2.12., 21 Uhr, Kampnagel, Jarrestraße 20 THEATER I Happy End Noch zweimal spielen die „Elfen im Park“ im Polittbüro das Stück „Happy End“ der Autorin, Dra- maturgin und Brecht-Herausge- berin Elisabeth Hauptmann alias Dorothy Lane. Darin fällt der überambitionierte Heilsarmee- leutnant Lilian Holiday mit ih- rem Missionarstrupp in das zweifelhafte Etablissement „Bills Ballhaus“ein,wodiegefürchtets- ten Gangster der Stadt gerade den größten Bankraub aller Zei- ten planen. Mit flammenden Re- den und allerhand gewagten Lie- dern – von Brecht und Weill – lässt sie nichts unversucht, die schwarzen Seelen der Ganoven zu retten. Bis das Herz des Ober- ganovenBillCrackerlichterlohin Flammen steht. MATT LESUNG I Gefrorener Mann Ein Autor ohne Gesicht. Seit 20 Jahren lebt Joseba Sarrionandia im Untergrund. Dennoch gehört er im Baskenland zu den meist- gelesenen Schriftstellern. Für seinen 2001 veröffentlichten Ro- man „Lagun izoztua“ – auf Deutsch etwa: „Der eingefrorene Freund – über eine ereignisrei- che Antarktisexpedition eines unter Amnesie leidenden Exil- basken hat er den renommierten spanischen Preis der Literatur- kritik erhalten. Im Oktober ist jetzt eine Übersetzung des Bu- ches aus dem Baskischen von Pe- tra Elser und Raul Zelik erschie- nen. Zelik stellt die Übersetzung in der Buchhandlung im Schan- zenviertel vor und liest aus dem Buch. MATT „Just 4 U“ heißt der angesagteste Musikclub in Senegals Haupt- stadt Dakar. Hier tritt die Crème de la Crème der nationalen Mu- sikszene regelmäßig auf, ob Cheikh Lo, die Rapper von Daar J oder Superstar Baaba Mal. Der Samstagabend in dem prächti- gen Gartenrestaurant ist aller- dings dem „Orchestra Baobab“ vorbehalten. Die Band um Mas- termind Barthélemy Attisso hat hier ein neues musikalisches Zu- hause gefunden. „Für uns ist das optimal, um nicht aus der Übung zu kommen“, sagt Attisso. Der Ar- rangeur, Songwriter und Gitar- rist der legendären Band genießt die Auftritte in dem Club und ähnlich wie in den 70er Jahren schicken die Mächtigen des Lan- des ihre Gäste und Freunde vor- bei, um sich das Orchester anzu- hören. Das hat wie der altehrwürdige Baobab, der mächtige Affenbrot- baum, nach einem kräftigen Re- gen einige neue musikalische Triebe sprießen lassen und sich nicht nur vor den alten Stilen verneigt, sondern auch den neu- en Sounds Dakars die Referenz erwiesen, erklärt Attisso. „Einige unserer Stücke haben wir jungen Rappern zum Remixen gege- ben.“ Was indes nur dezent durchschimmert. Für jeden ist etwas dabei, denn Attiso und Co. sind Könige der Fusion. Mandinka und Balanta aus dem Süden Senegals wird ge- nauso gespielt wie portugie- sisch-kreolische Morna, kongole- sische Rumba oder kubanischer Son. Letzterer ist für Attiso schlicht Teil der eigenen afrika- nischen Musik. „Mit den Seeleu- ten kam er zurück nach Dakar, doch der Rhythmus ist afrika- nisch“, betont Attisso. Er ist ge- lernter Anwalt und liefert dem Orchestra nicht nur Gitarrenso- lis, sondern auch die Arrange- ments der Stücke. Daran hat sich auch auf dem neuen Album „Made in Dakar“ nichts geändert. Gefeilt wurde jedoch an der Instrumentierung. So kommt die Sabar-Trommel, die den Grundrhythmus für Se- negals Pop-Sound „mbalax“ lie- Kult aus Dakar Könige der Fusion: Heute Abend verneigt sich das legendäre senegalesische „Orchestra Baobab“ in der Fabrik vor den alten afro-kuban-karibischen Stilen – und erweist zugleich dem neuen Sound Dakars die Referenz fert, deutlich stärker zum Einsatz als früher. Für Attiso eine Selbst- verständlichkeit, denn schließ- lich waren es Youssou N’Dour und seine „Super Etoile“, die dem Orchestra Anfang der 80er Jahre den Rang mit dem neuen Sound abliefen. Der ist im „Just 4 U“ nun auch Teil des Baobab-Pro- gramms und Youssou N’Dour und den Sabar-Trommler Thio Mbaye hat das Orchestra zu den Aufnahmen im Xippi-Studio in Dakar eingeladen. Für Attiso selbstverständlich, denn ge- meinsam mit Nick Gold, Produ- zent und Chef des britischen Weltmusiklabels „World Circuit“, war N’Dour die Triebfeder hinter der Reunion der Band. Souverän schüttelt das Or- chestra die Genres durcheinan- der, kombiniert, was originär nicht unbedingt zusammenge- „Specialist in all styles“: „Orchestra Boabab“ FOTO: JONAS KARLSSON „hoffnung“: Zwar ist Deutschland das Land mit einem der größten Zeitschriftenmärkteweltweit,doch die beiden Künstler Jan Lidtke und Tilman Walther wollten unbedingt ein eigenes Magazin gründen. Das heißt nun hoffnung. Anders als am Kiosk ist jedes davon ein Unikat: Für die erste Ausgabe haben 15 Künstler jeweils 40 Seiten in Hand- arbeit gestaltet: Zeichnungen, Drucke, Fotografien und Collagen. Auf der Release-Ausstellung wird das 15-seitige Magazin im hand- genähten Umschlag in einer 40-er Auflage zum Verkauf angeboten, weitere Arbeiten der Beteiligten werden gezeigt. 1. + 2. Dezember, 14–10 Uhr: Hin- terkonti, Marktstraße 40A. Kathrin Milan – Lebensläufe: Ei- gentlich ist sie ständig unterwegs, jetzt zeigt sie ihre Reisetagebücher mit Texten und Zeichnungen von Reisen durch Russland und China. Die Besucher können an der indivi- duellen Weltvernetzung teilneh- men und ihre persönlichen Lieb- galerienspiegel ...................................................................................................................... ...................................................................................................................... lingsorte, Reiseziele und Wohnor- te auf einer großen Karte mit Na- del und bunten Fäden einsticken. 1. + 2. Dezember, 14–19 Uhr, KiöR im Hamburger Waschhaus, Brauß- park 12a Die Stadt ist kein Architekturzoo: Gibt es eigentlich bei allen Verän- derungen in Hamburg eine archi- tektonische Vision für die ganze Stadt? Gibt es einen hamburgtypi- schen Baustil, der zu wahren wä- re? Zählen spektakuläre „Ereignis- bauten“ mehr als der städtebauli- che Kontext? Eine hochbesetzte Gesprächsrunde zum Thema mit den Architekten Volkwin Marg, Jan Störmer, Hadi Teherani und Bern- hard Winking sowie dem Architek- turkritiker Gert Kähler. Es mode- riert der Stadtplaner Peter Koch. Dienstag, 4. Dezember, 20 Uhr, Kultwerk West, Gr. Bergstraße 162 Kathrin Günter – Star shots 2: Die Berliner Fotokünstlerin schlüpft in die Rolle der weiblichen Medien- Stars und drückt auf den Selbstaus- hört, aber von Arrangeur Attisso harmonisch verwoben wird. So setzt das wunderbare „Colette“, ein Liebeslied zu Ehren von Attis- sos Frau, mit einem Ska-Riddim ein, wird dann recht funky und klingt wenig später als wäre der Buena Vista Socia Club in Dakar auferstanden. Dieses mühelose Wechseln zwischen den Genres ist ein Charakteristikum des Or- chestra und beim neuen Album haben die Musiker um Bassist Charlie Ndiaye und Latfi Ben Ge- loune an der Rhythmusgitarre und die fünf Sänger noch einen draufgesetzt. Fusion ist Trumpf und Teil der Identität, bekräftigt Attisso lächelnd. Davon kann man sich heute Abend in der Fab- rik überzeugen. KNUT HENKEL Sa, 1.12., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36 FOTO:PROMO löser. Sie will den Sprung in der Maske der Selbstinszenierung visu- alisieren, Momente, in denen der perfekte Schein unter dem bers- tenden Druck der ständigen Beob- achtung zerbricht und Bilder mög- lich werden, die einen etwas scha- denfrohen Voyeurismus bedienen. Eröffnung: Mittwoch 5. Dezember, 19 Uhr, Kulturreich, Agentur für Kunst und Kommunikation, Wex- straße 28. Bis 2. Februar 2008 Sabine Kramer – Vom Sein des Scheins: Die Hamburgerin zeigt von Schiffslichtern zufällig produ- zierte und rhythmisch geblinkte Morse-Poesie auf Video, unterirdi- schen Verkehr von technoiden Leuchtkäfern sowie überirdische Luciformen: eigenartige Logos auf Rettungswesten und formale Seg- mentierungen auf silbernstrahlen- den Windschutzscheiben-Sonnen- schutzeinstellern. Ein Schattenthe- ater zum Mitmachen gibt es auch. Einstellungsraume.V.Wandsbeker Chaussee 11, Do + Fr 17–20 Uhr. Bis 21.12. HAJO SCHIFF MUSIK/LESUNG I 2 mal Rachut Wer in der letzten Zeit Sehnsucht nach neuen, unter Mitwirkung von Punk-Legende Jens Rachut (Ex-„Angeschissen“, Ex-„Dackel- blut“, Ex-„Oma Hans“) entstande- nen, nun ja, Kulturprodukten verspürt hat, kann diese jetzt gleich zweimal hintereinander stillen. Am Sonntagnachmittag um 17 Uhr stellt das „Kommando Sonne-nmilch“ im Hafenklang- Exil,Gr.Bergstraße178,seinaktu- elles Album „Jamaica“ vor. Am Dienstagabendbringtdann„Büf- feljoes Bande“ des „septischen Hörspiels“ „Der Seuchenprinz“ dritten Teil zur Aufführung. Be- vor wir aber erfahren, wie die „drittePhasederApokalypse“en- det, gibt’s die ersten Teile als Live- lesung. MATT So, 1.12., 17 Uhr, Hafenklang- Exil; Di, 3.12., 20 Uhr, Lichtmess Sa, 1.12.+So, 2.12., 20 Uhr, Po- littbüro, Steindamm 45 Mo., 3.12., 20 Uhr, Buchh. im Schanzenviertel, Schulterblatt 55 auch „Kammerflimmer Kollek- tief“ (Foto), deren Liebe zu Free Jazz und schmeichelnden Elek- tronika zu überraschend, nun, freundlichen Ergebnissen führt. DanachbittendiePlanetRockDJs und Überraschungsgäste zum Ringelpiez für Vielfüßler. ALDI SCHLACHTE 2, 28195 BREMEN • FON 0421-96026-0 • TRÄGERDIENST HB 0421-354266 • REDAKTION@TAZ-BREMEN.DE32 SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 tazbremen „Oft fehlt das Opferbewusstsein“ Die Kripo kritisiert die geplante Streichung der Zuschüsse für die Beratungsstelle für Opfer von Menschenhandel. Von etwa 700 Bremer Prostituierten arbeiten viele unter Zwang Auf der Suche nach möglichen Zwangsprostituierten: Polizeirazzia in einem Bordell FOTO: DPA Manchmal werden die Frauen mit körperlicher Gewalt zur Pro- stitution gezwungen, oft kom- men die Zuhälter aber auch ohne diesen aus. Der wirtschaftliche Zwang, dem beispielsweise eine junge Sinti aus Rumänien, die nicht lesen und schreiben kann, unterliegt, ist oft viel schlimmer. Das ist ein großes Problem für unsere Ermittlungen. Warum? Weber: Die juristische Definition von „Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeu- tung“ erfordert Tatbestände, die sich eigentlich nur durch Aussa- ge der Opfer belegen lassen. Und diese sind oft extrem schwierig zu bekommen. Viele Frauen ha- ben Angst vor den Tätern. Ande- re haben in ihrer Heimat schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht. Zudem fehlt vielen Frauen jedes Opferbe- wusstsein. Das ist häufig bei Sin- ti-Frauen der Fall. Sie wurden oft schon seit ihrer Kindheit miss- handelt und finden deshalb die Umstände ihrer Ausbeutung völ- lig normal. Da werden wir kaum als „Befreier“ empfangen, wenn wir in ihren Bordellwohnungen vor der Tür stehen. Würde sich dies verbessern, wenn den Frauen nicht nach ih- rer Aussage die Abschiebung drohen würde? Weber: Das ist fraglich. Frauen aus EU-Mitgliedsstaaten schie- ben wir sowieso nicht ab. Die an- deren wollen oft gar nicht in Deutschland bleiben, sondern zu ihrer Familie zurück. Zudem würden die Anwälte sofort die Glaubwürdigkeit von Aussagen in Zweifel ziehen und behaup- ten, die Frauen würden nur des- wegen aussagen, um ein Aufent- haltsrecht zu erlangen. Besteht ein Zusammenhang zwischen der Herkunft der Frauen und der EU-Erweite- rung? INTERVIEW: CHRISTIAN JAKOB Warum sollte der Senat die Fi- nanzierung der Beratungsstel- le für Opfer von Menschenhan- del (BBMeZ) nicht streichen? Wilhelm Weber: Wenn wir Frau- en befreien, die Opfer von Men- schenhandel wurden, dann brau- chen diese psychologische und praktische Betreuung. Das kön- nen wir schon deshalb nicht leis- ten, weil sich dies mit unserem Ermittlungsauftrag nicht verein- baren lässt. Ohne BBMeZ wären diese Frauen völlig sich selbst überlassen. Sollte BBMeZ nicht durch Ge- winnabschöpfung bei über- führten Menschenhändlern fi- nanziert werden? Weber: So ist es vorgesehen, in Bremen ist es aber bisher noch nie dazu gekommen. Eine Ge- winnabschöpfung ist nur mög- lich, wenn wir nachweisen, dass beschlagnahmtes Geld aus Straf- taten stammt. Bei Zwangsprosti- tution ist das extrem schwierig. Würde das Gesetz eine Beweis- lastumkehr erlauben, wie bei- spielsweise im Steuerrecht, wäre das anders. Dann müssten näm- lich die Zuhälter den Beweis er- bringen, dass sie legal an das Geld gekommen sind. Wie stark ist Zwangsprostitu- tion in Bremen verbreitet? Gregor Weißner: Es gibt in Bre- men schätzungsweise 700 Pros- tituierte, die meisten von ihnen Ausländerinnen. Diese Zahl ist seit Jahren weitgehend konstant. Wir treffen zunehmend Frauen aus Bulgarien und Rumänien an, und unter diesen besonders Sinti und Roma. Dabei ist von einem hohen Dunkelfeld an Zwangs- prostitution auszugehen. Etwa zwei Drittel ihrer Einnahmen müssen viele Frauen für die Be- gleichung fingierter Schulden wie „Reisekosten“ oder Miete ab- geben. Da bleibt oft kaum etwas über. Hinter fast jeder Frau steht ein Zuhälter, der die Hand auf- hält und dabei häufig irgendeine Form von Zwang ausübt. Wie muss man sich das vor- stellen? Weber: Dabei gibt es jede Facette, von der Drogenabhängigen, die von ihrem Dealer anschaffen ge- schickt wird bis zum internatio- nalen Menschenhändlerring. Weber: Nicht unbedingt. Obwohl Frauen aus diesen Ländern legal einreisen dürfen, werden sie oft trotzdem mit falschem Pass hier- her gebracht, um unsere Nach- forschungen zu erschweren. Wir führen dies eher auf die beson- ders schlechte wirtschaftliche Lage in diesen Ländern zurück. ANZEIGE heute in bremen „Es müsste allen längst bekannt sein“ In Bremens Einbahnstraßen begegnet man sich ............................................................................. taz: Sind Sie heute schon durch eine Einbahnstraße geradelt? Wilhelm Hamburger, zuständig für Fahrradverkehr beim Ver- kehrssenator: Dies muss ich auf dem Weg zur Arbeit täglich. Bre- men hat mehr Einbahnstraßen als jede andere deutsche Stadt. Das liegt unter anderem an der hiesigen Reihenhaus- struktur mit ihren ver- gleichsweise engen Wohnstraßen, die eine gegenläufige Verkehrs- führung für den Kfz- Verkehr in der Regel nicht zulassen. Wie viele Einbahnstraßen sind in beide Richtungen für Radfahrer geöffnet? Innerhalb der Tempo 30-Zonen, also in Wohngebieten, ist das flä- chendeckend vorgesehen und größtenteils umgesetzt. In der Neustadt und Findorff sind die entsprechenden Straßen kom- plett geöffnet, auch in Schwach- hausen, der östlichen Vorstadt und in anderen Stadtteilen ist dies bereits weitgehend der Fall. Viele AutofahrerInnen be- trachten entgegenkommende Radler als „Schwarzfahrer“, weil sie beidseitige Befahrbarkeit nicht realisieren. Konflikte mit Autofahrern sind selten. Bremen war Anfang der 80er die erste deutsche Stadt, die Einbahnstraßen für gegenläufi- gen Radverkehr geöffnet hat. Da- her haben wir da mehr Übung als andere. Die Bremer Initiative hat längst Eingang in die Straßenver- kehrsordnung gefunden. DiePraxiswäreeinfa- cher, wenn es auch auf der Fahrbahn Markie- rungen gäbe. Eigentlich müsste allen Bremer Autofahrern längst bekannt sein, dass die ihnen dort entgegenkom- mendenRadfahrergleichberech- tigt sind. Grundsätzlich gilt ge- genseitige Rücksicht und part- nerschaftliches Verhalten, Recht- haber haben Unrecht. Was einige Autofahrer gern vergessen: Rad- ler, die an gleichberechtigten Kreuzungen und Einmündun- gen von rechts kommen, haben Vorfahrt – auch wenn die Straße in dieser Richtung für Kfz ge- sperrt ist. FRAGEN: HB Die Gewerbeaufsicht warnt vor dem Kauf von akkubetriebenen ultraleichten Mini- Hubschraubern, deren Rotorblätter keinen umlaufenden Sicherungsring haben. Ohne diesen Ring besteht die Gefahr von Verletzungen, zum Beispiel der Augen. Al- so: Nicht damit spielen. Auch das Wetter macht keinen Spaß: Acht Grad, Regen Nicht barrierefrei Der behindertenpolitische Spre- cher der grünen Bürgerschafts- fraktion Horst Frehe fordert, den barrierefreie Zugang zu Gast- stätten landesgesetzlich zu ver- ankern. Zwar schreibt das Behin- dertengleichstellungsgesetz für alle nach dem 1. November 2002 neu errichteten oder wesentlich umgebauten Gaststätten die Barrierefreiheit vor. Diese Rege- lung ist jedoch nicht auch im bremischen Gaststättengesetz verankert. Ferner müsse in dem Gesetz auch das Verbandsklage- recht eingefügt werden, so Fre- he. TAZ Kajakfahrer entdeckt Der seit dem 18. August vermiss- te Kajakfahrer aus Gröpelingen wurde gestern Morgen in der Weser in Höhe Schlachte gebor- gen und zweifelsfrei identifi- ziert. Der 36-Jährige war am We- serwehr gekentert, in die dortige Strömung geraten und unterge- gangen. TAZ IN ALLER KÜRZE Tony Judt-Festrede In seiner Festrede über „Das ,Problem des Bösen‘ im Nach- kriegs-Europa“ anlässlich der Hannah-Arendt-Preisverlei- hung 2007 hat der Preisträger Tony Judt auch die Frage der Kri- tik an der israelischen Politik aufgegriffen. „Wenn mir gesagt wird, dass ich meine Kritik an Is- rael besser nicht zu laut äußern sollte, aus Angst, die Geister des Antisemitismus heraufzube- schwören, dann antworte ich, dass es genau andersherum ist“, sagte Judt. Denn die Wahrheit sei, „dass Israel heute nicht in existentieller Gefahr ist“. Die Rede im Wortlaut findet sich un- ter www.mehr-dazu.de. TAZ Klage abgewiesen Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Sportfischer gegen eine Wasserkraftanlage am We- serwehr mangels Klagebefugnis abgewiesen. Indes bliebe die Klage auch „in der Sache ohne Erfolg“, so das Gericht. TAZ Wilhelm Weber leitet die Abteilung K4 der Kripo Bremen, zuständig für Organisierte Kriminalität und Rausch- gift. Gregor Weißner ist Kriminal- hauptkommissarbeimK44,zuständig für Menschenhandel. swb Strom proNatur Bewusst für ein gutes Leben Einfach gut leben und das Klima schonen mit Ökostrom von swb. Mehr Informationen in den swb-Kundencentern und unter 359-3590. www.swb-gruppe.de/proNatur HARKORTSTRAßE 81, 22765 HAMBURG TRÄGERDIENST: 040 - 389 29 30 ABO: 030 - 2590 2590 REDAKTION@TAZ-HAMBURG.DE 32 SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 tazhamburg Genossen im Siegestaumel Hamburgs SPD und ihr Bürgermeister-Kandidat Michael Naumann jubeln sich auf einem Parteitag der Ovationen und bezahlbaren Wahlversprechen zur Siegesgewissheit bei der Bürgerschaftswahl Pflicht zum Arztbesuch SPDwillverbindlicheVorsorgeuntersuchungenfürKinder, um Misshandlungen frühzeitig aufdecken zu können Die Hamburger SPD startet eine erneute Initiative, um die ärztli- chen Vorsorgeuntersuchungen für Kinder verbindlich zu ma- chen. Einen entsprechenden An- trag wird die Fraktion in die Bür- gerschaft einbringen. Da eine Bundesregelung nicht zu erwar- tensei,soderSPD-Sozialpolitiker Dirk Kienscherf, müsse Ham- burg eigene Spielräume nutzen. Durch die Teilnahme an den Untersuchungen sollen Fälle von Kindesvernachlässigung- und misshandlung aufgedeckt wer- den. Eltern, bei deren Kindern die nächste Vorsorgeuntersu- chung ansteht, sollen vom Ge- sundheitsamt eine schriftliche Aufforderung zur Teilnahme be- kommen. Die Kinderärzte wie- derum sollten alle durchgeführ- ten Untersuchungen beim Ge- sundheitsamt melden. Eltern, die ihre Kinder nicht vorgestellt haben, sollen eine zweite Auffor- derung erhalten. Kommen sie auch dieser nicht nach, so Kien- scherf, würde das Jugendamt in- formiert. ANZEIGE Das Saarland, Bremen und ab 2008 auch Schleswig-Holstein haben vergleichbare Regelun- gen. Der Deutsche Ärztetag hat im Mai verbindliche Vorsorge- untersuchungen für Kinder ge- fordert: „Jugendhilfe und öffent- licher Gesundheitsdienst sollen in einem gesetzlich verankerten Meldewesen Eltern, die ihr Kind nicht zu den Früherkennungs- untersuchungen bringen, über ein Erinnerungsverfahren zur Teilnahme auffordern.“ Der Hamburger CDU-Senat aber hält von einer Landesrege- lung nichts. Voriges Jahr hatte Sozialsenatorin Birgit Schnieber- Jastram eine Bundesratsinitiati- ve gestartet, durch die die Unter- suchungen zur Pflicht werden sollten. Der Bundesrat hat zuge- stimmt, passiert ist nichts: Die Bundesregierung lehnt eine Ver- pflichtung für Eltern ab. Auf Lan- desebene will Schnieber-Jastram das Problem nicht lösen. Statt eine Pflicht zu schaffen, will sie laut Sprecher Hartmut Stienen für Untersuchungen werben. EE Streiks angedroht Im Einzelhandel wird am Ende der Woche wieder gestreikt, soll- te es vorher zu keiner Lösung kommen. Das hat die Tarifkom- mission der Gewerkschaft Ver.di beschlossen. Ver.di sieht jedoch Chancen zur Einigung, nachdem die Einzelhändler erklärt haben, dass die ersatzlose Streichung der Spätöffnungszuschläge vom Tisch sei. Verbot unwirksam Ein Alkoholverbot in St. Pauli ist nach Einschätzung der Polizei- gewerkschaft kaum durchsetz- bar. „Ein bisschen abenteuer- lich“ nannte der Landes-Chef der DPolG, Joachim Lenders, die Maßnahme. Ab Januar sollen Tankstellen und Kioske auf dem Kiez freiwillig zwischen Don- nerstag und Sonntag nach 23 Uhr keinen Alkohol mehr ver- kaufen. Sollte der Appell nicht fruchten, will die Innenbehörde ein Verbot von öffentlichem Al- koholkonsum erlassen. HAMBURG KOMPAKT Hochbahn expandiert Die Hamburger Hochbahn AG wird ab 2010 den regionalen Bahnverkehr auf der bayeri- schen Donautalbahn überneh- men. Das Unternehmen hatte bei einer europaweiten Aus- schreibung das wirtschaftlichs- te Angebot für die Strecke Neu- markt–Regensburg–Plattling und Landshut–Regensburg–In- golstadt abgegeben. Drach bleibt in Haft Lutz Drach, der Bruder des Reemtsma-Entführers Thomas Drach, bleibt in Haft. Das Ober- landesgericht Köln lehnte es in zweiter Instanz ab, das restliche Drittel seiner Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. Drach verbüßt eine sechseinhalbjähri- ge Haftstrafe wegen Geldwä- sche. Jan Philipp Reemtsma, En- kel des Hamburger Zigarettenfa- brikanten Bernhard Reemtsma, war 1996 vor seinem Haus in Hamburg entführt und 33 Tage festgehalten worden. TAZ/DPA das wetter: Am Sonnabend regnet es zunächst, ab mittags lockert es dann auf, ehe am Abend neuer Regen aufkommt. Bei kräftigem Wind wird es bis 9 Grad warm. Auch der erste Advent gibt sich unbeständig: Re- genschauer, kaum Sonne, teils stürmischer Wind, bis 9 Grad preist kurz darauf Alt-Bürger- meister Henning Voscherau sei- nen potenziellen Nachfolger, Naumann sei „ein exzellenter Kandidat“, assistiert Hans-Ulrich Klose, der in den 1980er Jahren auch mal Bürgermeister an der Elbe war und seitdem im Bun- destag sitzt, und Ortwin Runde, von 1997 bis 2001 der bislang letzte sozialdemokratische Re- gierungschef an der Elbe Auen, nennt den Kandidaten „einen Glücksfall“. Zum Jubeln mithin hat die Basis reichlich Grund, und sie tut es ausgiebig. Sie tut es, als Naumann die Pri- vatisierung öffentlichen Vermö- gens durch den CDU-Senat gei- ßelt und ausruft: „Hamburg ist keine Aktie.“ Sie tut es, als er „Fürsorge und Solidarität mit den Schwachen“ als das „wahre Fundament unserer Stadt“ be- nennt und verspricht, er wolle dafür sorgen, „dass Hamburg wieder zusammenwächst“. Und sie tut es auch, als er eine „ökolo- gische Wirtschaftspolitik“ mit Elbvertiefung, moderner Ver- kehrsinfrastruktur, nicht privati- siertem Hafen und ohne Kohle- kraftwerk Moorburg skizziert. Und besonders vehement fällt der Beifall aus, als Naumann sein „Sofortprogramm“ nach der Amtsübernahme verkündet. Denn dann werde „mein Senat“ zügigst sämtliche Gebühren in Kitas, Schulen oder Universitä- ten abschaffen, wieder eine ei- genständige Umweltbehörde einrichten sowie Stadtwerke gründen, welche die Versorgung Hamburgs mit Strom, Wasser und Gas preiswerter machen sol- len. Sozialen Wohnungsbau soll es wieder geben und Qualifizie- rungsprogramme für Langzeit- arbeitslose, mit der weiteren Pri- vatisierung städtischen Eigen- tums und der Missachtung von Volksentscheiden hingegen wer- de Schluss sein. Bejubelt werden auch Walter Zuckerer, Finanzexperte der Bür- gerschaftsfraktion, und Wolf- gang Rose, der als Vorsitzender der Gewerkschaft Ver.di auf der SPD-Liste kandidiert. Ihnen ob- VON SVEN-MICHAEL VEIT Das Merkwürdigste an Ham- burgs Sozialdemokratie ist ihre Fähigkeit zur Autosuggestion. Immer kurz vor einer Wahl ge- lingt es den GenossInnen, Partei- tage der Siegesgewissheit zu ins- zenieren. Dass dies 2001 und 2004 schiefging, konnte die 283 Delegierten auf der Versamm- lung in der Alten Post am Ste- phansplatz am Donnerstag- abend nicht beirren. „Wir müs- sen gewinnen. Wir können ge- winnen. Wir werden gewinnen.“, lautet der umjubelte Dreisatz von SPD-Bürgermeisterkandidat Michael Naumann am Ende sei- ner 54-minütigen Rede. Strahlen- de Gesichter und zweieinhalb Minuten stehende Ovationen sind sein Lohn. „Er ist eben ein Siegertyp“, liegt es, zwei offene Flanken zu schließen. Zuckerers Job ist, wie er ihn selbst beschreibt, „euch humor- los zu sagen, ob das alles seriös fi- nanzierbar ist“. Es ist. 250 Milli- önchen würden all die Wohltaten pro Jahr kosten, das wäre nur „ein Viertel bis ein Drittel der zu erwartenden Steuermehrein- nahmen in den nächsten Jahren“. Da sei noch Luft, sagt Zuckerer, und die Basis ist erleichtert. Denn wenn die SPD etwas fürch- tet, dann den Vorwurf unbezahl- barer Wahlversprechen. Und Rose hat die Aufgabe, sei- ne Gewerkschafter zu befrieden. Naumanns Regierungspro- gramm sei „gut, realistisch und umsetzbar“, sagt Rose, und habe darüber hinaus einen sehr spezi- alen Charme: „Es zeigt Ham- burgs SPD als eine linke Volks- partei, wie Gewerkschafter sie wollen und brauchen.“ Denn das zweite, was Ham- burgs SPD fürchtet, ist die Links- partei. Sie würde aus heutiger Sicht eine rot-grüne Mehrheit verhindern. Und Rot-Grün-Rot will Naumann nicht. Aber das al- les hat noch Zeit bis zum 24. Feb- ruar. Dann wird wieder gejubelt. Von wem auch immer. Hamburgs Jungsozialisten (Ju- sos) geraten mit ihrer Rücktritts- forderung gegen die am Wochen- ende mit überwältigender Mehr- heit gewählte neue Bundesvor- sitzende, Franziska Drohsel, im- mer mehr ins Abseits. Das sei der lächerliche Versuch, eine auf- rechte Demokratin in eine Ecke zu stellen, in die sie wirklich nicht gehöre, sagte gestern SPD- Generalsekretär Hubertus Heil, nachdem Hamburgs Jusos-Lan- deschef Philipp-Sebastian Kühn ihr wegen der Mitgliedschaft in der linken Rechtshilfeorganisati- on „Rote Hilfe“ den Rücktritt na- hegelegt hatte. Die Rote Hilfe reagierte „mit Erstaunen“ auf den Vorstoß Kühns, der ausgerechnet auch in der rechtslastigen Zeitung Junge Freiheit erfolgte. „Es sei nicht das erste Mal, dass es zu Aussetzern der Hamburger Jusos komme“, sagt Tim Janssen von der Roten Hilfe Hamburg. Im Jahre 2003 habe der damalige Juso-Chef Mi- chael Ranft Anzeige wegen Haus- friedensbruch gegen Studieren- de erstattet, die in der SPD-Zen- trale eine Stellung zu den Studi- engebühren erwirken wollten. „Die Rote Hilfe“, so Janssen, „hat damals einen Großteil der Be- troffenen unterstützt“. KVA Mit Kritik ins Abseits Hamburgs Jusos stehen mit Attacke auf Drohsel allein da DAS WOCHENENDMAGAZIN DER TAGESZEITUNG I SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 48. WOCHE NR. 528 mag Liebe dich selbst Nur Abstinenz kann südafrikanische Jugendliche wirklich vor einer Infektion mit dem Aidsvirus schützen, sagen die Verantwortlichen der Aufklärungskampagne LoveLife. Selbstbefriedigung soll das Liebesleben ersetzen OPFER UND ARSCHLÖCHER Es war Spaß „Was machen wir heute mit ihm?“, fragten die anderen. „Keine Ahnung.“ Dann haben sie ihn gefesselt und ihm „Idiot“ auf die Stirn geschrieben SEITE IV REISEGESCHICHTEN Es war erhellend Kabarettist, Drogenexperimentator und Reisespezialist: Wolfgang Neuss erzählt von spirituellen Erfahrungen auf dem Weg, zu hören auf einer neuen CD SEITE V POLITISCHES BUCH Burka im Licht Die niederländische Journalistin Betsy Udink zeigt sich solidarisch mit den Musliminnen in Pakistan, setzt dabei aber Islam und Islamismus gleich SEITE VII VON OLIVER KOERNER VON GUSTORF „Ich will wissen, wer von euch Fußball spielt. Wer spielt hier Fußball? Wer will in unsere Nationalmannschaft?“, ruft Cheryl Carolus in die Menge. „Wir wol- len, dass ihr 2010 am Leben seid!“ Klat- schen und Lachen. Sie wird energischer. „Wir wollen nicht, dass ihr an Aids sterbt. Wir brauchen Leute, die stark sind, Leute die ihr Land lieben. Wir wol- len, dass ihr fit seid für Bafana Bafana!“ Es herrscht Volksfeststimmung. Am Rand des staubigen Basketballfeldes, gleich neben Ehrengästen, Schulklas- sen und Mitgliedern der Stadtverwal- tung, tanzt, umringt von johlenden Kindern, eine betrunkene Alte. Auf ih- ren verdreckten Socken ist das Welt- meisterschaftsemblem eingestickt. Ein warmer Wind weht von den mit Hütten übersäten Bergen herunter, streift über die Tribünen, rüttelt an den aufgestell- ten Papptafeln mit dem BMW-Logo, fährt durch neonfarbene Fahnen, auf denen in knallgrünen Lettern „Love- Life“ prangt: Das Leben lieben. LoveLife ist die größte Aidsorganisa- tion Südafrikas, die sich mit Kampa- gnen, Radiosendungen, Plakatwänden und Magazinen an Heranwachsende richtet und inzwischen landesweit sieb- zehn Präventionszentren eingerichtet hat, um den Jugendlichen beizubrin- gen, wie sie ihr Leben nicht nur lieben, sondern retten können. In diesem Land, in dem sechs Millionen Menschen posi- tiv sind, in dem jeden Tag bis zu tau- send Menschen an den Folgen von Aids sterben und sich täglich zwischen tau- sendfünfhundert und zweitausend neu anstecken, beträgt die Wahrscheinlich- keit, sich mit HIV zu infizieren, für ei- nen 15-Jährigen fünfzig Prozent. Um das zu ändern, investiert LoveLife als Treuhandgesellschaft jährlich annä- hernd 16 Millionen Euro, von denen sechzig Prozent aus staatlichen Geldern und vierzig Prozent aus privaten Stif- tungen stammen. Man hat sich ganz offensiv einer Mission verschrieben. Und die wird seit diesem Oktober auch in einer Reality-Show auf dem Sender SABC 1 vorgelebt. Über zwei Millionen Zuschauer in dreißig Ländern folgen drei jugendlichen Teams aus ganz Afrika, die sich immer wieder neuen Herausforderungen stellen. Dabei geht es um Intelligenz, Strategie, Ausdauer. Und letztlich um eine viel elementarere Leistung: den langen Weg zur „HIV FREE GENERATION“ zu meistern. n ihrem Auftreten wirkt Carolus als Vorsitzende des LoveLife Trust durch- aus volksverbunden, aber immer Re- spekt einflößend. Wohl niemand an- ders als die resolute Endvierzigerin ver- körpert so gut, was gerade auf dem gan- zen Kontinent im Kampf gegen HIV propagiert wird: „Leadership“. Unter ärmlichsten Verhältnissen in einem Township am Kap aufgewachsen, ge- hört sie heute zu den Leitfiguren im neuen Südafrika: eine der mächtigsten Geschäftsfrauen der Nation, Politikerin, Aktivistin, ehemalige Generalsekretä- I rin des ANC, Inhaberin einer eigenen Investmentfirma. Und sie weiß, wie man die Leute hier im Township er- reicht – mit einer klaren Sprache, in der stets ein Hauch von Ironie mitschwingt. So auch bei ihrem Dank an die Bayeri- schen Motorenwerke, die hier in Knys- na erstmals als ein nicht afrikanischer Sponsor den Neubau des jüngsten Love- Life-Jugendzentrums mit 200.000 Euro finanzierten: „Einfach jeder fährt gerne BMW“, sagt sie und guckt bedeu- tungsvoll ins Publikum, „manche Leute verdienen ein Heidengeld, um BMW zu fahren.“ Pause. „Und wisst ihr, was so toll ist? Wenn BMW kommt und sagt: Es ist so wichtig, dass es den Gemeinden gut geht, da, wo wir unsere Autos ver- kaufen. Es ist toll, dass sie wollen, dass diese Gemeinden zu der neuen Genera- tion Südafrikas gehören. Und ich möch- te mich bei einer guten Marke wie BMW bedanken, dass sie an diese Gemeinde glauben.“ An diese Gemeinde glauben? Als ich gestern mit einer Gruppe von Journalis- ten in einem Kleinbus die weltberühm- te Garden Route durch die Lagunen- stadt Knysna entlangfuhr, hätte ich auf Anhieb keine Schwierigkeiten damit gehabt. Die Landschaft hier mutet an, als hätte sich Gott eine bessere Version von Kalifornien ausgedacht, nur dass die Namen auf den Wegweisern burisch klingen: Noetzie, Rheenendal, Buffels- bai. Türkisblau brandet der Ozean in atemberaubend schöne Sandbuchten, über Gebirgsketten erstrecken sich üp- pig grüne Urwälder, in denen wilde Ele- fanten leben. Links und rechts der Stra- ße adrette Blockhäuser, Luxusressorts, die etwas untertrieben „Lodges“ hei- ßen, Edelrestaurants und einige der teuersten Feriendomizile der Welt. Aus dem Autofenster sieht dieses Urlaubs- paradies so aus, wie sich ein Beach-Boy- Song anhört. Wären da nicht hier und da diese armseligen Hüttensiedlungen oder die schwarzen Männer und Frauen, die einsam mit Taschen oder Fortsetzung auf Seite 2 ®® Der Fotograf Christoph Gödan hat die Schlafplätze von HIV-positiven Menschen in Südafrika fotografiert. Wir zeigen hier eine kleine Auswahl: Oben abgebildet ist der Schlafplatz von Sbongiseni Mtombala, 15 Jahre alt. Sein Vater starb 2001 an den Folgen von Aids, eine Tante 1999. Die Mut- ter ist HIV-positiv. Sbongiseni Mtombala lebt zusammen mit vier Geschwistern und einem Onkel in einer Dreizimmerwohnung bei der Großmutter. FOTO: CHRISTOPH GÖDAN/LAIF taz II SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 liebe dich TAZ MAG Kindern auf dem Arm die N2 entlang- laufen. Tatsächlich ist Knysna mit sei- nen 60.000 Einwohnern eine der ärms- ten und reichsten Gemeinden zugleich in Südafrika, zu deren Spezialitäten ne- ben Austern auch Aids gehört. Während unten in der Lagune Jachten ankern und sich Prominente wie der Schweizer Tennisspieler Roger Federer an den Hängen Villen im italienischen Stil er- baut haben, muss man nur einen hal- ben Kilometer über die nächste Berg- kuppe in eine Township wie Concordia fahren, um zu erleben, wie die andere Seite dieser Vorzeigestadt aussieht. ber dreißigtausend Menschen leben hier und in den anliegen- den Bezirken in völliger Armut, in provisorisch zusammengehau- enen Hütten, meist ohne Wasser und ohne Kanalisation. Gerade hat die Ge- meinde die ersten zwanzig von dreitau- send geplanten neuen Betonhäuschen fertiggestellt. Das ist Sisyphusarbeit. Denn für jeden Neubau schießt hier, wie auch in den benachbarten Town- ships, täglich ein Vielfaches der illegal hochgezogenen „Shacks“ aus dem Bo- den. Zwar beträgt die Arbeitslosenrate in Concordia 75 Prozent, doch selbst die geringste Chance auf einen noch so schlecht bezahlten Job in der Holzin- dustrie oder in einer der vielen Hotel- anlagen zieht Verwandte und Tagelöh- ner aus armen Nachbarländern wie Ma- lawi oder Simbabwe an. Und die Seuche Ü wandert mit. „Aids auf Rädern“ nennt man das in Bezug auf die Fernfahrer- branche, in der nach Schätzungen des Aidshilfsorganisation Hope achtzig Prozent der Fahrer positiv sind. Und wie auch im Bergbau oder im boomenden Wirtschaftsknotenpunkt Johannesburg ist Migration der größte Multiplikator des HIV-Virus, das in einem Umfeld ra- pider Verstädterung und raschen, un- kontrollierten sozialen Wandels bes- tens gedeiht. Nicht die ärmsten Land- striche bilden den optimalen Nährbo- den dafür, sondern gerade jene Orte, an denen die Schere zwischen Arm und Reich extrem auseinanderklafft. Wie absurd dieser Widerspruch ist, versinnbildlicht auch der Standort des jüngsten LoveLife-Y-Centers in Concor- dia. Dort, wo kaum jemand eine Pers- pektive hat, wo rund ein Zehntel der Bevölkerung und nach jüngsten Schät- zungen die Hälfte aller Frauen HIV- positiv sind, bietet sich ein grandioses Panorama auf Lagune und Meer, für das so mancher Hotelinvestor seine Mutter verkaufen würde. Und genau dieses trügerische Missverhältnis will der 42-jährige LoveLife-Direktor David Harrison ändern. Auch Harrison, der aus einem aufgeklärten calvinistischen Elternhaus stammt und dessen Vater, ein engagierter Apartheidgegner, als erster weißer Lehrer an einer rein schwarzen Schule unterrichtete, geht es um weit mehr als die bloße Propagie- rung von Kondomen. Wenn er vor den Jugendlichen über die Hoffnung auf den Aufbau einer neuen Gesellschaft spricht, in der die Reichen nicht mehr am Fuß der Hügel und die Armen „on the top“ leben, klingt Zorn in seiner Stimme mit. Der einzige Weg, diese Kluft zu überwinden, ruft er, seien Bil- dungsangebote und Chancen für alle Jugendlichen. Und er wird noch zorni- ger: „Einige von euch werden heute noch nichts in den Magen bekommen haben. Ihr seid hungrig. Ich weiß, dass viele von euch müssen kämpfen, um zur Schule zu gehen, weil das nicht be- zahlbar ist. Ich weiß, dass viele von euch zu Sex gezwungen werden. Ich weiß, dass einige eurer Väter sich am Wochenende betrinken und euch miss- brauchen. Das sind die Probleme, mit denen Jugendliche in Südafrika heute umgehen müssen.“ Als er fortfährt, er könne weder versprechen, dass die jun- gen Zuhörer einen Job kriegen, noch, dass sie nicht vergewaltigt werden, wird es für einen kurzen Augenblick still im Publikum. Vielleicht fragen sich gerade auch die anderen von BMW eingeladenen Journalisten, wie das für die Teens und vor allem die Mädchen sein muss, so et- was durch die Lautsprecheranlage zu hören und zu wissen: Damit bin ich ge- meint. Man brauche nur einige Meter von der Garden Route abzubiegen, um mitten im Dilemma Afrikas zu stecken, hat ein Kollege gesagt. Und tatsächlich sind wir gerade mittendrin in diesem Dilemma, denn auf gewisse Weise sind wir nichts anderes als Aidstouristen, die aus Deutschland mit Businessclass eingeflogen wurden, um über das so- ziale Engagement von BMW zu berich- ten. Mit dem Vorsatz, auf einer nur vier- tägigen Reise menschliches Elend mög- lichst authentisch einzufangen oder gar eine Bestandsaufnahme der Situation zu wagen, verbindet sich eine ähnliche Neugier auf Fremdes und Exotisches, die auch den üblichen Township-Tou- rismus ankurbelt. Statt Blechspielzeug sammeln wir Statements, Metaphern, Eindrücke. ährend die meisten von uns noch nie in Südafrika gewe- sen sind, kennen wir die Hürden, die Afrika auf dem Weg zur HIV FREE GENERATION neh- men muss, lediglich aus den Zeitungen: „Aidsdissidenten“, die weiter daran fest- halten, dass nicht ein Virus diese Pan- demie verursacht, sondern lediglich die Kombination aus Armut, Umweltver- schmutzung und Unterernährung. Ein Präsident wie Thabo Mbeki, der schul- medizinische Aidsthesen als Produkt „rassistischer Überzeugungen und ei- nes rassistischen Blicks auf Afrika“ ab- lehnt. Eine Gesundheitsministerin, die bis vor kurzem Rote Bete und Knob- lauch als wirksamen Schutz gegen Aids propagierte. Volkstümliche Mythen, die besagen, der Geschlechtsverkehr mit einer Jungfrau oder Waschungen mit Cola würden Aids heilen. Pharma- konzerne, die an Patentrechten festhal- ten und verhindern, dass Aidsmedika- mente als billigere Derivate erhältlich werden. Eine Regierung, die zwar gera- de eines der weltweit größten Program- W ® Fortsetzung von Seite 1 Hier schlafen die 15-jährige Nosipho und die zwei Jahre jüngere Sihle Ndlovu. Sie wohnen bei ihrer Großmutter Teresa, die 72 Jahre alt ist. In der Großfamilie, in der vier Generatio- nen leben, gibt es mehrere mit dem HI-Virus Infizierte. Die 26-jährige Schwester Auele ist HIV-positiv, ihre 4-jährige Tochter hat sich bei der Geburt infiziert. Zwei Töchter von Groß- mutter Teresa sind in den 90er-Jahren an Aids gestorben FOTO: CHRISTOPH GÖDAN/LAIF Aids und Medikamente Im südlichen Afrika leben zirka 25 Millionen HIV-Infizierte. Demo- grafen gehen davon aus, dass in den am stärksten von HIV betroffe- nen Ländern die durchschnittliche Le- benserwartung 2010 bis zu 30 Jahre weniger betragen wird. Derzeit liegt sie in Südafrika bei 49 Jahren. Bei der Versorgung mit Aidspräpara- ten teilt sich die Welt in Arm und Reich. In den Industrienationen sor- gen Medikamente inzwischen dafür, dassHIV-Infiziertedennocheinehohe Lebenserwartung haben. In Afrika, wo zwei Drittel aller HIV-Infizierten leben, erhält nur jeder achte Kranke Medikamente. Vielfach kritisiert werden die hohen Preise, die die internationalen Phar- makonzerne für ihre patentierten Me- dikamente verlangen. Trotz drasti- scher Preissenkungen können sich afrikanische Länder den Einkauf von Aidsmedikamenten in großen Men- gen selbst zu reduzierten Preisen nicht leisten. Eine Alternative ist die Produktion von Nachahmermedika- menten, sogenannten Generika. Indi- en, Thailand, Brasilien und Südafrika sind die wichtigsten Produzenten. HP TAZ MAG selbst SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 III Pharma und Patentstreit Auch Medikamente genießen inter- national Patentschutz. Ein Großteil der Aidsbehandlungen in armen Ländern findet jedoch mit Generika, also Nachahmermedikamenten, statt. Auch deshalb gibt es Bestrebun- gen, das Patentrecht für Aidsmedi- kamente aufzuweichen. Kanada ist weltweit das erste Land, das einem Pharmaunternehmen erlaubt hat, eine wirkstoffgleiche Kopie des pa- tentgeschützten Aidsmedikaments TriAvir zu produzieren. Kanada beruft sich dabei auf Ausnah- meregeln der Welthandelsorganisati- on (WTO), die 2003 vereinbart wur- den. Demnach können Länder Generi- ka von patentgeschützten Medika- menten auch in anderen Ländern pro- duzieren lassen und diese importie- ren, wenn ihre öffentliche Gesundheit akut bedroht ist. Beide beteiligten Länder müssen ihre Zusammenarbeit der WTO melden. Das in Kanada her- gestellte Medikament für die Aidsthe- rapie soll nach Ruanda exportiert werden, das selbst nicht über Produk- tionsmöglichkeiten verfügt. Ruanda hatte im Juli 2007 der Welthandels- organisation erklärt, es werde in den nächsten zwei Jahren rund 260.000 Packungen TriAvir importieren. HP me für die Verteilung dieser Medika- mente beginnt, deren Gesundheitspoli- tik aber nach wie vor unkoordiniert und nicht transparent ist. Inmitten dieser undurchschaubaren und widersprüchlichen Verhältnisse gilt es, gerade im Bereich der Präven- tion deutlich Haltungen und Botschaf- ten zu vermitteln, Perspektiven zu er- öffnen, die auch ein Jugendlicher aus den Townships versteht. Warum soll je- mand, der mit großer Wahrscheinlich- keit ein Opfer von häuslicher Gewalt, Verbrechen oder Vergewaltigung wird, der weder Aussicht auf Bildung noch auf Arbeit hat, sich tagtäglich bewusst mit einer Krankheit auseinanderset- zen, die ihn vielleicht erst in zehn Jah- ren umbringt? Wie soll eine Fünfzehn- jährige, die von ihrem Freund geschla- gen wird, wenn sie keinen Geschlechts- verkehr will, oder finanziell von einem viel älteren Freier abhängig ist, der von ihr unsafen Sex verlangt, in der Lage sein, über Kondome zu verhandeln? Hier setzt LoveLife an – mit der Auffor- derung, Teil der LoveLife-Generation zu werden, die sich selbst in die Lage ver- setzt, über ihre Probleme zu sprechen, zu handeln, das eigene Leben in die Hand zu nehmen. Das Menschenbild, das mit tausen- den von jugendlichen Mitarbeitern, in über viertausend Schulen, in Kliniken, Krankenhäusern und den eigenen Ju- gendzentren propagiert wird, ist von klaren Prinzipien bestimmt: Männer und Frauen sind gleichwertig. Bleibe so lange wie möglich sexuell abstinent, Dies ist der Schlafplatz von Sphamandla Mtombala. Er ist 29 Jahre alt, verheiratet und hat ein Kind, lebt aber nicht mit seiner Frau zusammen. Sein Schwager starb 2001 an den Folgen von Aids, eine Schwester bereits 1999. Sphamandla Mtombala lebt mit einem Bruder und den vier Kindern seiner zwei Schwestern in einer Dreizimmerwohnung bei seiner Mutter Maria Mtombala FOTO: CHRISTOPH GÖDAN/ LAIF zumindest so lange, bis du selbst ent- scheiden kannst, ob du eine Beziehung eingehen willst. Vermeide frühzeitige Schwangerschaften. Falls du bereits Ge- schlechtsverkehr hast, mache einen Aids- oder Schwangerschaftstest. Finde heraus, wo du Hilfe bekommst. Meide Drogen und Alkohol. Pflege einen ge- sunden Lebensstil. Zeige Verantwor- tung für dich und andere. Dann bist du ein LEADER. nd so sind die Jugendzentren von LoveLife gleichermaßen Re- krutierungsstationen, in denen Führungsqualitäten und kom- munikative Fähigkeiten trainiert wer- den. Neben Tischtennis und Kicker wer- den Beratung, HIV-Tests und Compu- ter- und Motivationskurse angeboten. Einer der größten Anreize ist es aller- dings, innerhalb der LoveLife-Hierar- chie aufzusteigen, eines Tages vom mpintshi (Freund) zum groundbreaker zu werden und dabei ein kleines Gehalt zu verdienen. Die Bemühungen, die Jugendlichen gezielt anzusprechen, scheinen, zumindest statistisch gese- hen, zu fruchten. 2006 sank die Infek- tionsrate unter den Fünfzehn- bis Vier- undzwanzigjährigen erstmals, wäh- rend sie in den höheren Altersgruppen weiter steigt. Schon 2003 hatte sich in einer groß angelegten Untersuchung herausgestellt, dass die Ansteckungs- rate unter den Teilnehmern an Love- Life-Programmen relativ niedrig ist. Betrachtet man all die Kids, die an diesem Nachmittag, vorbei an den Se- U curityleuten und dem Schild THIS IS A GUN AND DRUG FREE ZONE in das vio- lett gestrichene Haus strömen, scheint die Vorstellung von einer aidsfreien Zu- kunft in Afrika vielleicht etwas näher gerückt. Doch was wäre, wenn da ir- gendwann einmal stünde: THIS IS AN AIDS FREE ZONE? Und was, frage ich mich, ist eigentlich mit den positiven Jungs und Mädchen, die gar nicht mehr die Chance haben, zur aidsfreien Gene- ration zu gehören? Als ich den 22-jährigen LoveLife-Mit- arbeiter Bulelani Futshane darauf an- spreche, was er denn einer 15-jährigen Mutter raten würde, die ins Zentrum kommt und die weder abstinent noch HIV-negativ ist, gibt er mir eine etwas ausweichende Antwort. Jeder habe die Chance, eine born-again virgin zu wer- den und man ermutige die Leute wei- terhin zu sexueller Abstinenz. Auch das gehöre zur Prävention. Und dann redet er über die jungen Frauen, die booty- licious, also verführerisch sind, die für ältere Männer begehrenswert sind, die sie bezahlen, ihnen Handys kaufen. Und wenn diese Frauen krank oder schwanger sind und nicht mehr begeh- renswert, dann verlieben sie sich viel- leicht wirklich in einen Jungen, den sie dann mit HIV anstecken. „Und das pas- siert dann mir, der noch rein ist“, sagt er. „Ich weiß nicht, was dieses Mädchen durchgemacht hat. Ich sehe nur eine wunderschöne Frau. Ich fühle mich wohl und sicher mit ihr, und benutze kein Kondom.“ Auf den Einwand, er müsse doch sowieso eines benutzen, reagiert er etwas verlegen, das sei doch gleichermaßen die Sache des Mäd- chens. ich hinterlassen diese Sätze fassungslos, auch wenn ich weiß, dass jedes praktikable Mittel recht ist, um Leben zu retten. Die Leute von LoveLife tun sicher aus Überzeugung das Richtige, wenn sie die Jugendlichen zu Selbst- respekt und einem gesunden Lebensstil ermutigen. Dennoch erscheint das Kon- zept von Abstinenz und Jungfräulich- keit etwas realitätsfern zu sein, ebenso wie die Ermutigung zur Masturbation, „weil das der sicherste Sex ist den man haben kann“. Als ich Futshane gegenübersitze, fra- ge ich mich, was er wohl denken würde, wenn er wüsste, dass ich schwul und selbst positiv bin. Ich überlege kurz, es ihm jetzt zu sagen, vor all den anderen Journalisten und den Leuten von BMW. Aber ich schweige. Tage später, als ich in der Morgendämmerung aus dem Flug- zeugfenster auf die Küsten Europas hin- unterschaue, bin ich noch immer rat- los. Ich denke daran, dass es sich mit diesem Schweigen genauso verhält wie mit der sexuellen Abstinenz, die nicht unendlich verlängert werden kann. Egal wie schwierig oder gefährlich es ist, früher oder später werden wir spre- chen müssen. OLIVER KOERNER VON GUSTORF, Jahrgang 1961, lebt und arbeitet als freier Journalist und Kunstkritiker in Berlin M IV SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 hilf dir selbst TAZ MAG Mutter findet, dass er zu dünn ist. Die Mutter war früher Schneiderin, sie hat bei Karstadt gearbeitet und als Putz- frau. Jetzt ist sie arbeitslos, die Stelle in der Spielhalle, auf die sie gehofft hatte, hat sie nicht bekommen. Seinen Vater hat Göde nie gesehen, er soll im Aus- land sein. Die Ehe mit dem Stiefvater ist geschieden. Göde findet nicht, dass sei- ne Familie zu den Opfern gehört. Aber selbst wenn er es täte, wäre etwas damit gewonnen? Dann gäbe es zwei Opfer mehr in seiner Welt, aber sie wäre noch immer die gleiche. Das eigentlich Er- schreckende an Sebastian Göde ist ja nicht, dass er irgendwann zuschlägt, weil er nicht weiß, wie er sich sonst wehren soll. Das Erschreckende ist, dass er Jörn Weller, sein Opfer, quält, ohne dass er begreift, dass er quält. Die Opfer sind in der Welt von Sebas- tian Göde früh aufgetaucht. Als er 14 war, begann er, Frauen in ihren Woh- nungen zu überfallen. Beim ersten Mal passte sein Kumpel nicht auf, sodass die Frau aus dem Fenster springen konnte, während Göde im Bad nach Schmuck suchte. Sie legten es darauf an, die Frau- en anzutreffen, weil sie EC-Karte und PIN-Nummer von ihnen haben wollten. „Sie hatten richtig Angst“, sagt Göde. Die Angst hat ihn nicht befriedigt, sie hat ihn auch nicht gestört. „Aber wenn das im Freundeskreis oder in der Fami- lie ist, dann stört mich das gewaltig.“ Als er Jörn Weller zusammenschlug, ging es auch um Familie. Jönk sagt, dass Weller an seine Zellentür geklopft habe, wenn er schlafen wollte, und dass er ihn beschimpft habe „auf übelste Weise“. „Hurensohn“ soll er gesagt haben, „ich fick deine Mutter“ und nicht aufgehört, obwohl Göde ihn warnte. Und dann sei es irgendwann genug gewesen. Man kann Sebastian Göde fragen, ob „ich fick deine Mutter“ nicht mittlerweile nichts mehr bedeute, dass es eine Tech- nik auf dem Fußballplatz geworden sei und wenig mit der eigenen Mutter zu tun habe. Er hört sich das an und sagt: „Jaja, aber ich nehme das persönlich.“ „Du hast nur noch fünf Monate“, sag- ten die anderen zu ihm und versuchten ihn aufzuhalten, aber er ließ sich nicht aufhalten. „Darauf scheiß ich jetzt, wenn ich durchdrehe, dreh ich durch“, hat er gerufen und ist Jörn Weller hin- terhergelaufen, der in seine Zelle ge- rannt war. „Schließ die Tür auf“, sagte er zu Wellers Zellengenossen, dann ist er hineingegangen und hat ihn zusam- mengeschlagen. Man kann ihn fragen: „Was bedeutet das, zusammenschla- gen?“, und Sebastian Göde beschreibt es geduldig: „Ich habe ihn geschlagen, dann ist er mit der Nase gegen die Fah- ne gekommen, dann hab ich noch mal zugetreten und bin rausgegangen.“ Noch mal zugetreten habe er, weil er wütend gewesen sei. Die Fahne ist die Sprechanlage in der Jugendanstalt. Als die Beamten kamen, war die Zelle we- gen des Nasenblutens voll Blut. Jörn Weller behauptete, er sei ohnmächtig geworden und deshalb auf die Fahne gefallen. Die Beamten glaubten ihm. „In Moltsfelde ist alles voller Opfer“, sagt Sebastian Göde. Die Leiterin der Ju- gendanstalt hole all diejenigen dorthin, die in der Jugendvollzugsanstalt Kiel nicht zurechtkämen. Göde war selbst zuerst in Kiel, aber weil seine Mutter ihn besser in Moltsfelde besuchen konnte, ließ er sich verlegen. Eigentlich wäre es naheliegend, dass Sebastian Göde Jörn Weller zusammen- geschlagen hat, weil der es gewagt hat, ihn zu beleidigen. Nicht wegen der Be- leidigung selbst. Sondern weil man in einer Jugendanstalt der Hackordnung nicht ausweichen kann und sich des- halb, so man dazu in der Lage ist, einen Platz weit oben sichert. Aber wenn man Sebastian Göde danach fragt, sagt er et- was, was sonderbar angelernt klingt: „Die meisten Gefangenen werden auf ihre Straftaten reduziert.“ Ganz unten stünden die Vergewaltiger. „Selbst die Beamten mögen die nicht.“ Und dann erzählt er die Geschichte von dem jun- gen Polen, der dem Mann, der seinen kleinen Bruder vergewaltigt hat, die Kehle durchgeschnitten hat. Seine Freunde haben ihn gefragt, wie es im Gefängnis sei und ob man ihn ausgepeitscht habe. Sie sehen zu viel fern, hat Sebastian Göde gedacht. „Das geht nicht so ab“, hat er geantwortet. „Wir sind hier in Deutschland.“ Er hat gesagt, dass er jeden Tag dasselbe sehe und dasselbe tue. Arbeiten in der Ge- fängniswerkstatt, erst bei Multi-Metall, dann beim Holz und nach dem Aus- bruchversuch, als sie mit einer Heizung das Fenstergitter sprengen wollten, Ein- schluss in der Zelle. „Lächerlich“, sagt Göde. „Wenn sie uns bestrafen, werden wir ja nicht artig, im Gegenteil, man schiebt noch mehr Hass darauf.“ Er findet in Moltsfelde, was er auch in Kiel gefunden hat: Opfer, Arschlöcher und Korrekte. „Ein Opfer hat keine Freunde, gar nichts. Ein Opfer hängt nur den ganzen Tag auf der Zelle rum und macht nichts.“ Wer Opfer ist, scheint Opfer zu bleiben, Arschlöcher und Korrekte wechseln je nach Perspek- tive. Arschlöcher melden Häftlinge bei den Beamten, sie sagen, sie hätten kei- nen Tabak, und sind danach beim Rau- chen zu sehen. So erklärt es Sebastian Göde. Was wäre er für Jörn Weller? „Vermutlich ein Arschloch.“ Gemeldet hat die Misshandlungen Nils Jessen, ein Mithäftling. Ein Beam- ter hat es ihnen versehentlich verraten, aber weil nach den Misshandlungen Einschluss für alle Häftlinge galt, ka- men sie nicht an ihn heran. Göde sah ihn erst wieder, als er beim Prozess im Zuschauerraum zuhörte. „Dann kann man ja nix machen“, sagt er. Am Tag nachdem Sebastian Göde aus der Haft entlassen wurde, hat er sich Anziehsachen und ein Handy gekauft und seine alten Freunde getroffen. Er hat seiner Mutter etwas von den 1.400 Euro Überbrückungsgeld gegeben, die er von der Jugendanstalt bekommen hat. Er hat Arbeit als Zeitungsausträger gefunden, aber nach vier Wochen war ihm das Arbeiten in der Nacht zu viel. Im Dezember fängt er mit einem 1- Euro-Job im Eisenbahnmuseum an. Au- ßerdem arbeitet er jetzt seine Sozialar- beitsstunden ab. „Auf dem Friedhof“, sagt er und lacht. Seitdem Sebastian Göde wieder zu Hause ist, wird sein Bruder nicht mehr gehänselt. Er hilft seiner Mutter im Haushalt, kauft ein, geht mit dem Hund spazieren. Früher hätte er das nicht gemacht. Seit ein paar Wochen hat er eine Freundin, sie arbeitet bei McDonald’s und möchte, soweit er weiß, Friseuse werden. In seinem Zimmer liegt das Buch, das sie gerade liest: „Wenn Män- ner nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“. Wenn sie sich beschwert, dass er ihr nicht zuhört, wiederholt ihr Sebastian Göde, was sie zuletzt gesagt hat. Sie möchten zusammenziehen und weggehen von zu Hause, wo ihnen zu wenig passiert, in eine größere Stadt, aber nicht wieder nach Flensburg, wo die falschen Freunde wohnen. Sebastian Göde sagt, dass ihm so et- was wie mit Jörn Weller jetzt nicht mehr passieren würde. „Ich würde mal sagen, dass ich früher hochaggressiv war. Jetzt würde ich mich ja zusammenreißen. Jetzt will ich mich nur noch auf Arbeit und Familie konzentrieren.“ Und wenn ihn jemand beleidigt? „Ich gehe denen aus den Weg. Dann sage ich es ihnen. Wenn das immer noch nicht klappt, dann sind sie selber schuld.“ Auch der Zeuge und das Opfer waren bereit, über die Misshandlungen zu sprechen. Aber dann kommen sie nicht zum Termin und gehen nicht mehr ans Telefon. Zum Schluss schreibt der Zeu- ge eine E-Mail: „Zudem möchte ich kein Gespräch führen weil ich kein bock auf dem scheiss mit dem Gefängniss habe ich hoffe sie haben verständniss dafür.“ *Alle Namen sind geändert FRIEDERIKE GRÄFF, Jahrgang 1972, ist Redak- teurin der taz Nord Mutter zieht. Sie leben in einer Mehr- familienhaussiedlung, vor der Tür liegt eine Fußmatte mit einem kleinen, wei- ßen Hund darauf. Göde ist nicht da. Als er eine halbe Stunde nach der verabre- deten Zeit kommt, gibt er einem zur Be- grüßung die Hand, er ist freundlich und sehr gelassen. Es gibt keine Fragen, die er nicht beantwortet, und keine, die ihn überraschen. Als Sebastian Göde zwölf Jahre alt war, fing er mit dem Kiffen an, Kokain kam zwei Jahre später dazu. „Ich bin kein Typ, der überall hingeht und Schulden macht“, sagt er. Also hat er DVDs gestohlen und weiterverkauft, als er mehr Geld brauchte, ist er eingebro- chen, danach kamen Überfälle. „Mein Mittäter“, sagt Göde, wenn er davon er- zählt, er sagt auch „Zellengenosse“ und dass er wegen „Diebstahl und schwerer Körperverletzung in mehreren Fällen“ das erste Mal in Haft kam. Er klingt wie ein juristischer Experte, er ist es ja auch, ein 18-jähriger Strafrechtsexperte. Das Opfer sagte aus, Göde habe ihn zusammengeschlagen und mit einem Messer auf ihn eingestochen. Dabei hät- te er gar kein Messer benutzt. „Ich habe ihn erst geschlagen, dann hat er mir sein Portemonnaie freiwillig gegeben, dann habe ich ihn weiter geschlagen, bis er mir sein Handy gegeben hat.“ Sebastian Gödes Mutter klopft an die Wohnzimmertür. „Entschuldigung“, sagt sie. „Wollen Sie Eistee oder Wasser?“ „Ich möchte nichts, Mam“, sagt Göde. Er hat jetzt ein schmales Zimmer für sich, links eine Schlafcouch und rechts eine Schrankwand und so aufgeräumt, als sei es ein Gästezimmer. In der Schrank- wand steht eine Dose Kakao, weil seine In der JVA Siegburg starb ein Häftling. Wer nur misshandelt wird, interessiert die Zeitungen nicht FOTO: SCHOENE/ LAIF Korrekte und Opfer Sebastian Göde hat im Jugendgefängnis einen Mithäftling misshandelt. Ein Versuch, zu verstehen, warum er das tat VON FRIEDERIKE GRÄFF Die Hälfte sind Opfer, und dann gibt es noch die Korrekten und die Arschlö- cher. Jörn Weller* ist ein Opfer, und glaubt man Sebastian Göde, dann war er das schon, bevor er ihn zusammen- geschlagen hat. „Opfer, das ist wie Dumme und Schlaue. Es ist eine Kate- gorie, wo man reingesetzt wird.“ Nach- dem er Jörn Weller zusammengeschla- gen hat, ist Sebastian Göde ein paar Tage später noch einmal zu ihm gegan- gen. Er hat ein paar Kumpels mitge- nommen, sie haben Weller in der Du- sche der Jugendanstalt gefesselt, mit Essig übergossen und geschlagen. Se- bastian Göde findet es lächerlich, dass er deswegen angeklagt wurde. Wenige Wochen zuvor haben drei Häftlinge in Siegburg einen Mithäftling gefoltert und zum Selbstmord gezwun- gen. Zu Beginn glaubten die Zeitungen, dass der neue Fall die gleiche Dimensi- on habe. Aber es gab keinen Toten, und allmählich verloren sie das Interesse. „Die Justizministerin und der Ober- staatsanwalt und Schießmichtot haben nur deshalb so ein Halligalli darum ge- macht, weil gerade die Scheiße in Sieg- burg passiert war“, sagt Sebastian Göde. Und dass es alltäglich war, was sie mit Jörn Weller gemacht haben. Aber auch ohne Tote kann man lernen, wie eine Welt funktioniert, in der es nur drei Ka- tegorien von Menschen gibt. „Was machen wir heute mit ihm?“, sollen ihn die anderen gefragt haben. „Keine Ahnung“, habe er geantwortet. Dann haben sie ihn gepackt, Jönk hat ihn festgehalten, und sie haben ihm mit einem Gürtel die Hände an die Füße gefesselt. „Es war Spaß“, sagt Göde. Weller habe sich nicht gewehrt, im Ge- genteil, er habe ja die Arme selbst auf den Rücken gelegt. Beim nächsten Mal trägt Jönk ihn zur Dusche. Laut Anklage legen sie ihn auf den Boden, stellen das Wasser an, schlagen und treten ihn. Wohlers bittet sie, das Wasser wärmer zu stellen. Beim dritten Mal stecken sie ihm eine Socke in den Mund und zie- hen ihm eine Unterhose über den Kopf. Als ein Beamter hereinkommt, schie- ben sie Weller unters Bett. Nach fünf- zehn Minuten holen sie ihn wieder her- vor. „Idiot“ schreiben sie mit Filzstift auf seine Stirn. Beim Prozess sitzen die Täter neben den Anwälten in ihren schwarzen Ro- ben und sehen daneben noch jünger und schmächtiger aus, als sie ohnehin sind. Einer von ihnen war bei der Frem- denlegion, gerade ist er Vater geworden, und als die Richterin ihn auffordert, sei- nen Werdegang zu schildern, bittet er, ihm Fragen zu stellen. Allein könne er das nicht. Jörn Weller ist nicht gekom- men. „Angeblich war ja Bahnstreik“, wird Sebastian Göde später dazu sagen. „Zu mir hat er gesagt, dass er keine Aus- sage machen würde.“ Er sagt, dass er ihn nicht bedroht habe. Aber das war vielleicht auch nicht mehr nötig. Es sind kaum zehn Besucher beim Prozess. In einer Verhandlungspause kommen die Mutter und der Bruder von Sebastian Göde nach vorne zu ihm. Beide sind blond und mollig, sie haben keine Ähnlichkeit mit Jönk, der musku- lös und dunkelhaarig ist. Der Junge hält ihn um die Taille umklammert, wäh- rend die Mutter dicht dabeisteht, und es sieht beinahe so aus, als suchten sie Schutz bei ihm. Die Richterin ist eine schmale Frau mit leiser, aber bestimmter Stimme. Sie sagt, dass die Urteile ein letzter Warn- schuss seien und vermutlich meint sie damit, dass es Bewährungsstrafen sind. Es ist ein ziemlich später Warnschuss, weil alle Angeklagten schon im Gefäng- nis waren und es bei jedem mehrere Minuten dauert, die Vorstrafen vorzule- sen. Körperverletzung, Diebstahl, das Übliche sozusagen. Einer ist immer wieder Traktor ohne Führerschein ge- fahren und als ihn eine Polizeistreife zu stoppen versuchte, hat er weiter auf die Beamten zugehalten, die in letzter Se- kunde zur Seite springen konnten. Die Angeklagten erklären, dass sie Jörn Weller misshandelten, weil er schlecht gerochen habe. Außerdem hät- te er nicht, wie versprochen, Drogen be- sorgt. In seinem Schlusswort sagt Göde, dass es eine dumme Aktion gewesen sei. „Es tut mir leid.“ Er bekommt acht Monate Jugendstrafe auf Bewährung. Die Strafe ist höher als die der anderen, weil er eine Zigarette auf der Stirn von Jörn Weller ausdrücken wollte und weil er als einer der Drahtzieher gilt. Es war eine Auflage des Gerichts, dass Sebastian Göde wieder zu seiner TAZ MAG finde dich selbst SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 V Im Alter sah er aus wie eine alte Indianerin: Wolfgang Neuss FOTO: J. H. DARCHINGER VON HELMUT HÖGE Der Kabarettist und taz-Einflüsterer Wolfgang Neuss erzählte 1988 dem Journalisten Thomas Hackenberg drei Reisege- schichten, die nun als CD vorliegen. Seine erste Reise trat Neuss als Kind 1929 mit seinem Vater an. Sie fuhren mit dem Zug von Breslau ins Rheinland, um Verwandte zu besuchen. Der Vater hatte als ehemaliger Offi- zier ein hochstaplerisches Leben geführt, war dann aber im- mer mehr heruntergekommen – bis er zuletzt mit einer Vor- stadtkneipe pleiteging. Er betrank sich, tyrannisierte seine Familie und verprügelte seinen Sohn. Im Rheinland wurde er jedoch plötzlich wieder „nüchtern und vornehm“, wie Neuss sich ausdrückte, der auf dieser Reise ein erstes spirituelles Erlebnis hatte: Sein Vater musste in der Familie, in die er eingeheiratet hatte, den Geist des im Ersten Weltkrieg gefal- lenen Bruders seiner Mutter verkörpern– das wurde dem Sohn plötzlich klar. Seine zweite Reisegeschichte, die er Thomas Hackenberg erzählte, ereignete sich in den Siebzigerjahren. Da wurde er von dem SDS-Aktivisten Gaston Salvatore, der ein Buch über ihn geschrieben hatte, überredet, nach Chile zu fahren. Neuss, seine Freundin Gisela und ihr Hund Tallo nahmen ein Schiff, das von Genua abfuhr, während Salvatore nach Santia- go flog. Die lateinamerikanischen Hafenstädte begeisterten Neuss sehr, aber in Chile, wo er Urlaub machen wollte, geriet er sogleich in denselben „Polittouristen-Schickimicki“-Rum- mel wie in Berlin – und gab ein Interview nach dem anderen: „Ich brauchte sofort wieder Schlaftabletten.“ Und dann wur- den Gisela und er auch noch als mutmaßliche Sympathisan- ten der revolutionären Organisation MIR verhaftet. Nach ei- nigen Tagen schob man sie jedoch nach Deutschland ab. euss geht – als „Reisespezialist“ – davon aus, dass man nie einfach irgendwohin reist, um sich touristisch dies und das anzukucken, denn immer ist da „ein alter Geist“, der über einen kommt. Als spirituelles Erlebnis seiner ersten Lateinamerikareise blieb ihm im Wesentlichen nur ein Besuch des Denkmals von Simón Bolivar in Caracas, vor dem er, obwohl Protestant, automatisch-katholisch die Hände faltete. Seine dritte Reisegeschichte spielt während des Krieges in Russland. Die Front ist „bei 44 Grad unter null“ erstarrt. Neuss, als der mit 17 Jüngste der Kompanie, muss an Heilig- abend Wache schieben. Am nächsten Morgen desertiert er. Dazu leiht er sich Zivilklamotten und ein Pferd, mit dem er bis ins dreihundert Kilometer entfernte Smolensk kommt. Seine Kompanie wird inzwischen überrannt und vernichtet. Was Jaroslav Hašeks „Schwejk“ im Ersten Weltkrieg ist Wolf- gang Neuss im Zweiten, sogar fast an derselben Stelle, an der mittleren Wolga. Die Rote Armee greift die von den Deutschen besetzte Stadt an, Neuss überlebt als einer von wenigen. Als der Gefechtslärm nachlässt und er den Kopf aus dem Schützen- graben hebt, sieht er einen Russen vor sich – keinen toten, sondern einen lebenden, der ihn jedoch nicht wahrnimmt. Neuss beschließt, sich schnellstens ins Lazarett zu begeben: „Dazu habe ich mir mit meinem Karabiner den Finger weg- geschossen. Und bin dadurch Kabarettist geworden. Im Laza- rett habe ich Witze erzählt – kam gut an.“ Das gilt auch für seine ersten öffentlichen Auftritte dort. Damit hat er nach einer Zeit als Landwirt, Fleischer und Soldat seine Lebensaufgabe gefunden. Es brauchte jedoch noch ein spirituelles Erlebnis. Dieses bestand darin, dass Neuss, als er 1929 aus dem Rheinland zurückgekehrt war, zu Hause in Breslau einen Zeitungsartikel gegen den Krieg vor- fand, den sein Onkel Willi, der zweite Bruder seiner Mutter, der nach Amerika ausgewandert und Sheriff in Winnipeg ge- worden war, veröffentlicht hatte. Ein kleines pazifistisches Feuilleton und schlechtes Schwejk-Plagiat: Zwei feindliche Soldaten liegen sich an der Front gegenüber – und erkennen sich jäh als Brüder. Neuss war, als er das las, kein Pazifist, aber nun, da ihm soeben bei Smolensk nahezu dasselbe passiert war, wollte er was daraus machen. Der Drogenexperimenta- tor, der er später wurde, spricht von einer „Opiumgeschichte: Zwei Soldaten stehen sich gegenüber und sehen gleich aus. Ohne mir den Finger abzuschießen, wäre ich aus dieser Opi- umgeschichte nicht rausgekommen!“ Das musste also sein. So etwas Ähnliches hatte er auch gleich nach seiner Heim- kehr aus dem Krieg schon seiner Mutter gesagt, nachdem die gemeint hatte: „Das wäre doch nicht nötig gewesen.“ Später erklärte Neuss dazu: „Ich bin vielleicht für die Mehrheit der Leser verkommen, aber man darf nicht vergessen: Ich bin eine Hoffnung für jeden idiotischen Krüppel. Das Wichtigste ist meine linke Hand. Die ist immer bei mir und erinnert mich brutal an den Moment 1943, als Albert Hofmann in der Schweiz seinen ersten LSD-Trip inhalierte. Da schoß ich mir in meine linke Hand. Symbol für Kunst statt Krieg. Selbstver- stümmelung empfehle ich allen, die ohne Schießen nicht leben können.“ Zur Fingerlosigkeit kam bei Neuss später noch die Zahnlo- sigkeit, die ihm zuletzt – er starb 1989 – das Aussehen einer indianischen Hexe verlieh. Einen Charlottenburger Zahn- arzt, der anbot, ihm kostenlos ein Gebiss zu verpassen, be- schied er: „Lass gut sein. Mit meinem einen Zahn bin ich im- mer noch bissiger als alle anderen.“ Auf der CD mit den drei Reisegeschichten erzählt er jedoch eher gut gelaunt und auf- geräumt, wie es dazu kam. „Wolfgang Neuss. Drei Reisen ins Leben. Das Interview von Thomas Hackenberg“. Delta Music Audio-CD 2007, 18,99 Euro N „Drei Reisen ins Leben“ Kabarettist, Drogenexperimentator und Reisespezialist: Wolfgang Neuss’ spirituelle Erfahrungen auf dem Wege, zu hören auf einer neuen CD VI SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 literatur TAZ MAG ........................................................................................................................................................................................................................................... crime scene Ein Killer geht um in Zürichs einstiger linksalternativer Szene: Stephan Pörtners genaue Milieustudie dären Ruf genoss, verspricht Köbi, Beziehungen spie- len zu lassen, damit der sein nicht ganz sauberes Geld an der Polizei vorbei aus der Schweiz schaffen kann, um endlich sein Häuschen zu erstehen. Dafür soll Köbi ihm lediglich den kleinen Gefallen tun, Marks in Zürich lebende Tochter, die nicht weiß, wer ihr Vater ist, dar- auf vorzubereiten, dass er noch lebt. Man fährt ge- meinsam in die alte Heimat. Doch bevor Köbi den klei- nen Gefallen erfüllen kann, ist Mark schon tot, und diesmal wirklich. Er bleibt nicht der Einzige. Ein Killer geht um in der ehemaligen Züricher Politszene. Schon um die eigene Haut zu retten, muss Köbi ermitteln. Man kann das alles einen Krimi nennen. Immerhin gibt es genügend Tote. Doch wäre es wohl übertrie- ben, wollte man behaupten, dass man vor Spannung umkommt. Während die Krimihandlung ihren Gang geht, ist es vor allem die Milieuschilderung, die diesen Roman aus der Masse heraushebt. Wirklich viel Freu- de – da ist dies dann ganz Regionalkrimi – hat wahr- scheinlich, wer sich in Zürich gut auskennt. Und noch mehr, wer vor zwanzig Jahren dort eine wilde Jugend verlebte. Köbi als Erzähler legt ausgesprochen viel Wert auf die genaue geografische Verortung seiner Taten und streut Unmengen von Insiderwissen über Szeneorte und -gepflogenheiten ein. Die Personen, die er im Zuge der Ermittlungen trifft, werden einer genauen Vorher-nachher-Analyse unterzogen, die häufig ernüchtert. Der Dealer von einst ist ein stock- bürgerlicher Familienvater geworden, der ehemalige Bohemien aus gutem Hause ein heruntergekomme- ner Alkoholiker. Köbis einstige Geliebte und immer noch Angebetete hat sich als Arztgattin im guten Le- ben niedergelassen. Aber, wiederum: Niemand ent- kommt seiner Vergangenheit. Dies ist das alles grun- dierende Thema dieser kriminalliterarisch angelegten Szenebeschau. Sie zeigt mit dem so klarsichtigen wie ernüchterten Blick des in die Jahre gekommenen Ex- Szenegängers, dass weder die kleinen noch die gro- ßen Sünden der Jugend jemals vergessen sind. Man sieht sich immer zweimal im Leben. Ein bisschen melancholisch kann diese Einsicht schon stimmen, doch Köbi trägt sein Päckchen an Melancholie und enttäuschter Liebe mit einer stoischen Gelassenheit, die fast, auch wenn das als Attribut für einen Kriminal- roman seltsam anmuten mag, tröstlich wirkt. So ist halt das Leben, und für manche ist es früher zu Ende als für andere. Mit dieser philosophisch gefestigten Geisteshaltung nimmt Köbi als Ermittler und Stephan Pörtner als Erzähler dem Verbrechen gegenüber den analytischen Blick des unbestechlichen Beobachters ein. Zorn und Eifer wird man vergeblich suchen in die- sem grundgelassenen Stück Genreliteratur, an dem nur eines stört: die Gestelztheit der Dialoge. Das ist ein Grundproblem vieler deutschschweizerischer Autoren. Das Hochdeutsche als Schriftsprache pflegt der Eidgenosse ja sehr. Doch beim Schreiben den umgangsprachlichen Duktus des gesprochenen Hoch- deutsch realitätsnah zu treffen muss für einen Schwei- zer extrem schwierig sein. Damit tun sich ja schon viele Deutsche schwer. KATHARINA GRANZIN Stephan Pörtner: „Köbi Santiago“. bilgerverlag, Zürich 2007, 236 Seiten, 19,80 Euro Man kann seiner Vergangen- heit nicht entkommen. Auch Köbi (Schweizer Koseform von Jakob) Robert wird von ihr eingeholt, als er, gut zwanzig Jahre nach seiner bewegten Jugend in der Züri- cher Alternativszene, in San- tiago de Compostela einen alten Bekannten trifft, den er immer für tot gehalten hat. Immerhin hat er damals sei- ne Beerdigung besucht. Köbi, der schon in mehre- ren Krimis des Zürichers Stephan Pörtner ermittelt hat, hat nie was „Richtiges“ gelernt, und das be- kannte Milieu nervt ihn auch allmählich. Gerade be- ginnt er, sich mit dem Gedanken anzufreunden, in Santiago eine kleine Finca zu kaufen, um sich end- gültig an ein friedliches Leben zu gewöhnen, als der totgeglaubte Mark Haussmann in sein Leben tritt. Mark, der einst als Züricher Hanfkönig einen legen- VON BRIGITTE WERNEBURG Manchmal trägt ein einziger Wortwech- sel einen ganzen Roman. Beim Betreten des Hauses seiner verstorbenen Groß- mutter erinnert sich Gustav an seine Mutter und ihre einstige Bemerkung über ihr Elternhaus: „Das ist die Hölle. Da färben die Niedertracht und die Bos- heit ab wie Kohlenstaub von Eierbri- ketts.“ „Du“, gab Gustav damals zu be- an einer Stelle über sie. Und so ent- schieden sie auf diesem Luxus besteht und jederzeit für ihre KPM-Vasen und Kleider von Givenchy kämpft: Sie be- deuten ihr nichts. Aus diesem Grund aber sind diese Dinge nicht Requisite, sondern ermöglichen es Tingler, litera- risch ein ganzes Leben in ihnen einzu- schließen. Mit dieser Heldin steht nun „Fisch- tal“ quer zu den gängigen Mustern der Gegenwartsliteratur. Die Großmutter passt nicht zum Zeitgeistpersonal der sogenannten Popliteratur, der Tinglers Kurzprosa und seine Tagebucherzäh- lungen gerne zugerechnet werden. Als Antagonistin von Gustav, der womög- lich als eine Art Thomas-Mann-Figur gelesen werden soll, blamiert sie jede Verheißung einer Neuen Bürgerlichkeit und deren Fasziniertsein von literari- schen Topoi einer klar geordneten Welt. Nichts läge der kleinen, zierlichen Frau auf ihren Stöckelabsätzen ferner, als dem Besucher das Befremden zu neh- men, das er angesichts der Welt, in der sie lebt, womöglich fühlt. Wahr- scheinlich erklärt sich der gereizte Ton, mit dem „Fischtal“ im Internetblog „Schwule Literatur“ als langatmige, larmoyante Autopsychotherapie eines verwöhnten Schnösels abgetan wird, aus der Intransigenz dieser Welt und ihrer Bewohner. Am plausibelsten ist „Fischtal“ wohl mit dem Literaturwissenschaftler Hel- muth Lethen als „Verhaltenslehre der Kälte“ zu lesen. Es braucht vielleicht nicht einmal die Erfahrung der „Ver- wahrlosung auf hohem Niveau“, wie Tingler das Leben von Großmutter und Enkel resümiert, um den Roman in den Passagen zu entdecken, in denen sich dieser Topos literarisch verdichtet. Be- stimmt braucht es aber die Erfahrung von Melancholie, von Depression, nicht unbedingt „auf hohem Niveau“. Dann stößt man sich auch nicht an einigen ermüdenden Längen und an dem großen Raum, den eine eher harm- lose Gestalt wie Gustavs Schulfreundin Atlanta in „Fischtal“ einnimmt. Dann steht man im Bann von Gustavs Groß- mutter, dem Kältetypus der Frauen- figur. Lethen analysierte ihn für die Zwanzigerjahre im Werk von Marie- luise Fleißer; dort in der Kreatur, der Frau, von der nur als Sache die Rede ist. Tingler entdeckt und würdigt diesen Typus in der Gattin, die selbst das Wort hat und erteilt. So erregt die Haushälte- rin Hildchen den Missmut von Gustavs Großmutter, als sie deren elterliche Fürsorge anmahnt als unumstößliches Gesetz der Natur: „Verschonen Sie mich damit! Verschonen Sie mich mit Ihrem Mutterbild! Das grenzt an üble Nach- rede“. Ihre Erbarmungslosigkeit wird nur von der bösen Präzision übertrof- fen, mit der sie ihr Ausdruck verleiht und jedes weitere Wort unterbindet – vor allem wenn dieses Wort Gefühle wie Verletztheit, Trauer, Angst oder, kaum denkbar, Wohlsein, ausdrücken soll. „Fischtal“ ist der geglückte literari- sche Bericht über die Lieblosigkeit und ihre Sprache, ihren seltenen Glanz und gnadenlosen Stil. Verzweifelt amüsant, hinreißend absurd, zum Heulen ko- misch – wäre das denn alles tatsächlich eine Option. Denn wie Philipp Tingler am Ende fragt: „Weinte er? Vermutlich nicht. Man weinte nicht in Gustavs Fa- milie. Man schrie das Check-in-Perso- nal bei der Air France an.“ Philipp Tingler: „Fischtal“. Roman. Kein & Aber Verlag, Zürich 2007, 304 Seiten, 19,90 Euro Großmutters Kälte Verzweifelt amüsant, zum Heulen komisch: Philipp Tinglers „Fischtal“ ist ein geglückter Roman über großbürgerliche Verwahrlosung Hochglanzverchromter Lebensstil FOTO: NARRATIVES/PLAINPICTURE Es ist ein durch und durch österreichi- sches Buch, das Margit Schreiner ge- schrieben hat. Das kann einerseits kaum verwundern, schließlich ist sie ja Österreicherin. Aber im Buch taucht weit mehr Landestypisches auf als nur das oberösterreichische Linz als Schau- platz. Vor allem die Eigenheit des hem- mungslosen Schwadronierens tritt deutlich zutage: In „Haus, Friedens, Bruch“ lässt Schreiner ihre Protagonis- tin über das Schriftstellerdasein und das Leben überhaupt lamentieren. Die namentlich nicht genannte (Anti-)Hel- din plagt sich damit, täglich gegen 330.000 Neuerscheinungen anzu- schreiben, ärgert sich über Literaturbei- lagen und versucht zu schreiben – der alltägliche Autorenwahnsinn also. Sie schimpft auf männliche Kollegen, die sich in Feuilletons gegenseitig bejubeln und, welch Überraschung, im echten Leben auch noch befreundet sind. Seit Thomas Glavinic’ Roman „Das bin doch ich“, der den Literaturbetrieb spiegelt und es in diesem Herbst auf die Buch- preis-Shortlist schaffte, dürfte klar sein, wen Schreiners Anspielung meint: die „Freunderlwirtschaft“ von Thomas Gla- vinic und Daniel Kehlmann. Margit Schreiner, die mit ihren Bü- chern „Die Eskimorolle“ und zuletzt „Haus, Frauen, Sex“ hervortrat, hat in Tokio, Paris, Berlin und Italien gelebt. Von genau diesen Orten erzählt auch ihre Protagonistin. Jedoch auf Fragen nach dem autobiografischen Hinter- grund reagiert die 1953 geborene Auto- rin meist gelangweilt: Ihre Geschichten seien zu 99 Prozent erfunden und zu 99 Prozent wahr. Und überhaupt sollte man einen Krimi schreiben: Darin sind sich Protagonistin und Autorin weitge- hend einig. Doch der Plot eines Krimis, so heißt es in „Haus, Friedens, Bruch“, ist immer zu einfach gestrickt. Entwe- der man rollt die Geschichte von hinten oder von vorn auf. Innovativ kann der Autor nur mehr in der Form sein und schon lange nicht mehr im Inhalt. Schließlich wurde alles schon tausend- mal geschrieben. Eingehämmert wird in diesem La- mento nichts; sehr unterhaltsam pas- siert hier alles nebenbei. Es gibt jedoch auch gewisse Längen: Man muss seine Protagonistin nicht auf ganzen vier Sei- ten sich darüber ergehen lassen, wie sie mit ihrem ehemaligen Masseur über die Naturdarstellung in Fünfzigerjahre- Filmen redet. Diese Episode soll einen der schönen Momente im Leben einer Frau darstellen, die ansonsten nächt- lich heimgesucht wird von der eigenen Mutter, dem Ex, einem Kinderpsychia- ter und der Ex des aktuellen Freundes. Der ist zwar schon seit acht Jahren mehr oder weniger Lebensgefährte; zu einer Scheidung hat er sich allerdings noch nicht durchringen können. Kaum etwas durchbricht diesen All- tag mit seinen permanenten Reflexio- nen und Beobachtungen. Komisch ist es dennoch, nicht zuletzt wegen des stän- digen Vergleichs von Deutschen und Österreichern. Der Exmann unserer Heldin kommt aus Deutschland und ist deshalb schon per se Rechthaber. Na- türlich schimpft der Verflossene auch über die anderen Deutschen und deren Rechthaberei – denn nur einer hat recht, und das ist schließlich er. Dass seine Exfrau sich wiederum darüber wundert, versteht sich ebenfalls: Als Österreicherin ist ihr schließlich sowie- so alles egal. Solch leise Ironie durch- zieht das Buch, ob nun Schreiner über das Älterwerden spricht, über die Schwierigkeiten als Alleinerziehende, über schwindende Libido oder perma- nente Schreibblockaden. Schreiner kämpft gegen alles Zwang- hafte. Vielleicht hat sie deshalb die Form des inneren Monologs gewählt. Sie macht sich lustig über eine Leser- schaft, die Gesellschaftskritik in Roma- nen fordert und im realen Leben so we- nig davon hält. Und sie plaudert über die Fragwürdigkeiten des Katholizis- mus oder von Anti-Nikotinratgeber-Au- toren, die an Lungenkrebs sterben. Es ginge in der Literatur um das Auflösen dieser und um das Schaffen einer ande- ren Wirklichkeit, so Schreiner. Wenn dazu auch gehört, scheinbaren Belang- losigkeiten neue Wichtigkeit zu verlei- hen und die Magie des Alltags zu zei- gen, dann ist Margit Schreiner das ge- lungen. BETTINA KOLLER Margit Schreiner: „Haus, Friedens, Bruch“. Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2007, 248 Seiten, 18,90 Euro Schreibblockade in Österreich In Margit Schreiners „Haus, Friedens, Bruch“ wird die Magie des Alltäglichen beschworen denken, „hast doch noch nie in deinem Leben Briketts angefasst.“ Woraufhin seine Mutter antwortet: „Du wirst hier nur geduldet.“ Hier aber war sein Zu- hause: „Er hatte kein anderes. Und der Mensch braucht ein Zuhause. Jedenfalls ein bürgerliches Exemplar wie Gustav“, sagt Philipp Tingler stellvertretend für ihn, am Ende jenes Tages, an dem Gus- tav und seine Freundin Lilli die Eltern von Gustav und zahlreiche Tanten in das von Bruno Taut erbaute großmüt- terliche Haus in Berlin-Zehlendorf ha- ben einfallen sehen. Mit der Inventar- liste in der Hand wollen sie sich die Erb- stücke sichern – ein Raubzug, der Ting- lers erstem Roman, „Fischtal“, den Rah- men gibt. Gustav durchstreift die Zim- mer der weitläufigen Villa und erinnert sich an seine Jugend, die er dort an der Seite der Großmutter verbracht hat. Schilderungen des aktuellen Gesche- hens wechseln mit erzählter Erinne- rung und Dialogen aus Gegenwart und Vergangenheit ab. Diese Dialoge sind die große Stärke des Romans. Um- standslos spiegeln sie die Arroganz des großbürgerlichen „Fischtals“ wieder, jener Wohngegend am gleichnamigen Park. Hier herrschen Mangel an Empa- thie und die umso maßloseren Ansprü- che an das Benehmen der anderen so- wie den eigenen hochglanzverchrom- ten Lebensstil. Weder kritisiert oder be- klagt das Philipp Tingler, noch erhebt er sich darüber. Ironie, wie sie der Büch- nerpreisträger Martin Mosebach sei- nem Bürgertum angedeihen lässt, ver- dankt sich eben profunder Ahnungs- losigkeit. Tinglers Figuren sind weder lächer- lich noch harmlos. Schon gar nicht Gus- tavs Großmutter, die Dame des Hauses im Fischtal, in dem sie nur ein Wohn- recht hat, weil ihr Mann sie enterbte. Sie steht im Zentrum des Romans, der ihr ein Denkmal setzt. An der subalternen Rolle der Gattin verzweifelt, deren Pri- vilegien die Erfüllung ihrer weiblichen Reproduktionsaufgabe legitimiert, resi- gniert und erkaltet sie, um schließlich heroisch zu vereinsamen. „Sie besaß zweihundert Paar Schuhe, sieben Nerz- mäntel und zwölf Enkelkinder. Oder vierzehn, das konnte Gustav auf die Schnelle nicht rekapitulieren“, heißt es TAZ MAG E-MAIL: POLBUCH@TAZ.DE politisches buch SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 VII Dieses Foto hat der Beck Verlag für den Umschlag von Betsy Udinks Buch „Allah & Eva“ ausgewählt – und damit die westlichen Klischees über Frauen in islamischen Ländern bedient FOTO: CHRIS BRADLEY/GETTY IMAGES VON INES KAPPERT Der Buchtitel „Allah & Eva. Der Islam und die Frauen“ passt zum Buchdeckel und ins Klischee: Auf pechschwarzem Grund zieht eine kleine Fotografie in Schlüsselloch- form unseren Blick auf sich. Sie zeigt eine ganzkörperverschleierte Frau von hinten. Die wandelnde Burka geht auf eine Art Tunnel zu, an dessen Ende die Sonne scheint: Schon jetzt fällt ein Lichtstrahl von schräg oben links auf sie, man könnte auch sagen: vom Westen her. Der C. H. Beck Verlag verwendet hier die sattsam bekannte Ikonografie eines op- portunen Schwarz-Weiß-Denkens – der Is- lam als lichtloses Reich, die verschleierte Frau als Allegorie für die Repression von Andersdenkenden. Macht alles in allem: der Islam als die schwarze Gegenwelt zum christlich illuminierten Westen. Zumal wenn auf dem Buchrücken zu lesen steht: „Die Journalistin Betsy Udink hat sich in Pakistan an (…) kaum sichtbare Schauplät- ze begeben. Ihr glänzender Bericht bietet schonungslose Innenansichten vom Is- lam.“ Am Ende des Tages bringt die westli- che Vernunft, also „wir“, Licht ins Dunkel und verleiht den geknechteten Frauen eine Stimme, ein Gesicht, eine Zukunft. So ein Glück. Im Falle der Autorin Betsy Udink sind „wir“ übrigens eine Diplomatengattin, die mit Ehemann und Tochter seit vier Jahren in Pakistan lebt und sich der unzweifelhaft katastrophalen Situation von Frauen dort angenommen hat. Das Buch setzt mit dem Besuch in ei- nem Frauengefängnis in Peschawar ein. 90 Prozent der Frauen sitzen wegen Sit- tenwidrigkeit ein, zumeist angezeigt von ihren Vätern oder Ehemännern. Für pakis- tanische Frauen ist ein moralisch ein- wandfreier Lebenswandel die große Her- ausforderung in ihrem Leben. Das Schei- tern daran ist ein Leichtes, denn die funda- mentalistische Auslegung des Korans hat zahllose Fallstricke ausgelegt. Der Bericht von Udink geht nahe: Die Inhaftierten sterben in diesem Gefängnis wie die Fliegen. Häufig sind die Frauen schwanger oder haben gerade – ohne jede Hilfe – entbunden. Die Kinder sind so apa- thisch wie ihre Mütter. Eindringlich führt die niederländische Journalistin vor Au- gen, was es bedeutet, qua Scharia zum Freiwild beziehungsweise zum Gebärob- jekt erklärt zu sein. Auch Undiks bissigen Bericht von ei- nem Fundamentalistinnenkongress liest man gerne. Zeigt er doch, wie sehr auch ein weiblicher Opportunismus der Eliten das Unrechtsystem am Laufen hält. Auf wohltuend nebensächliche Weise unter- läuft Udinks einen Geschlechterkitschdis- kurs, der Frauen per se zu Opfern und die- se dann zu den Guten erklärt. Gleichzeitig verliert sie an dieser Stelle nicht die Soli- darität mit den mehrheitlich weiblichen Opfern eines grausamen Fanatismus. Dieser Fanatismus sucht über ein Sün- denbockdenken das Versagen und die Skrupellosigkeit der Eliten zu kompensie- ren – ob es nun um das ungelöste Problem der ausreichenden Ernährungsversor- gung geht oder den Umgang mit dem schwierigen Erbe des Kolonialismus oder den fatalen Zustand des Bildungs- und Ge- sundheitswesens. Stets ist der moralisch verlotterte Westen das Großübel und die Domestizierung der unreinen Frauen das probate Gegenmittel. Das Problem des Buchs liegt woanders. Und es ist gravierend. Nonchalant wird der Islam mit dem Islamismus, also eine Reli- gion mit einer politischen Bewegung gleichgesetzt. Diese haltlose Identifizie- rung erfolgt – wie sich spätestens am Ende des Buchs zeigt – nicht ohne Absicht. Das letzte Kapitel widmet die Autorin ihrer Tochter, die in dieser durch und durch brutalisierten Gesellschaft pubertiert, aber mit Gewalt nichts am Hut hat. „Dafür sind ihre blauen Augen viel zu sanft.“ Auch hat Sophie mit ihren 15 Jahren Harry Pot- ter bereits gegen Jarmusch, Tarantino, Ku- brick, Coetzee und Wolfe eingetauscht. Ist klar. Dieses Supermädchen nun muss sich auf ihrer Privatschule mit den verwöhnten Pakistani-Jungs der Superreichen herum- schlagen. Mit Jungs, die schon mal die Ho- sen runterlassen, aus dem Internet ab- schreiben, „Bröckchen von Haschisch bei sich haben“. Die Autorin plädiert siegesge- wiss für Schulverweis. In diesem Kapitel entlädt sich eine über die Berichterstattung hinweg aufgestaute Aggression: In allen Reportagen zuvor war Udink Beobachterin einer Weltanschau- ung, die der ihren diametral zuwiderläuft und ihren Status als mündige Person in Frage stellt. Nun endlich gibt es einen Ort, wo sie – als Mitglied des Schulvorstands – die Regeln aufstellen kann. Hatte Udink zuvor zu Recht kritisiert, dass die Funda- mentalisten auf gesellschaftspolitische Problemlagen exklusiv moralische Ant- worten geben, eine grenzenlose Paranoia in Sachen Sex und Erotik an den Tag legen und ihren eigene Position allein durch die Abwertung einer anderen absichern kön- nen, schlägt sie hier im selben moralisch- rassistischen Register zurück. Wie glaubwürdig sind dann aber ihre Beobachtungen? Just dann, wenn es um die Beschreibung der eigenen – elitären – Position im fremden Land geht, erfährt das vom Cover reproduzierte Denken, das den guten Westen gegen den bösen Orient stellt, seine dümmste Einlösung: mora- lisch einwandfreies, hochgebildetes und blauäuiges Westmädchen versus ordinäre drogenanfällige und sich Bildung erschlei- chende pakistanischen Jungs. Und das ist jetzt die viel gepriesene westliche Aufge- klärtheit? Betsy Udink: „Allah & Eva. Der Islam und die Frau- en“. Aus dem Niederländischen von Anna Berger. C. H. Beck Verlag, München 2007, 237 Seiten, 18,90 Euro Burka im Licht Betsy Udink zeigt sich solidarisch mit den Musliminnen in Pakistan, setzt dabei aber Islam und Islamismus gleich Anlässlich der Frage, ob RAF-Terroris- ten vorzeitig entlassen, gar begnadigt werden sollen, taucht aus der Geschich- te eine quälende Gestalt wieder auf: die des Verbrechers aus edlen Motiven, der, wie er sagt, durch Mord unmittelbar der Menschheit und ihrer Wohlfahrt dienen und sie von ihren Feinden be- freien will. Die RAF-Leute sind nicht die be- rühmtesten dieser tugendhaften Ver- brecher, keineswegs. Der größte Ruhm kommt wohl Maximilien de Robespier- re zu, den 1794 im Alter von 36 Jahren jene Guillotine köpfte, welche in der kurzen Zeit seiner Schreckensherr- schaft das zentrale Instrument der Rei- nigung und Erneuerung geworden war. Während der von Robespierre geleitete Wohlfahrtsausschuss herrschte, verur- teilten die Revolutionstribunale 16.000 Menschen zum Tode; darüber hinaus starben 30.000 Aufständische. Insge- samt keine gleichsam normalen Bür- gerkriegsopfer, vielmehr ging es um systematische Säuberungen – bringt die Schlechten und Bösen, die Verräter und Volksfeinde zum Verschwinden, und es wird die Humanität herrschen. Max Gallo, Romancier und Histo- riker, Pressesprecher des Präsidenten François Mitterand und Minister, hat diesem prinzipienfesten, bleichen, stets elegant gekleideten und gepuder- ten Schreckensmann eine psychohisto- rische Studie gewidmet, die an seiner Person vor allem ein Zentralproblem herauszuarbeiten strebt: seine Einsam- keit. Wiewohl er Versammlungen durch seine Reden zu entflammen vermoch- te, wiewohl die Revolution, der er zeit- weise vorstand, als eine der Volksmas- sen gilt, fehlte dem strengen jungen Mann aus der Provinz jeder Kontakt zu seiner Mitwelt. Robespierre verbrachte sein Leben vorzüglich in Gesellschaft seiner Ideale – eine spezielle Form von Isolationshaft. Max Gallo erzählt die Geschichte ein- leuchtend. Die Kindheit in der Provinz, in einer alteingesessenen Juristenfami- lie. Der Vater, von rätselhafter Wander- lust getrieben, verschwindet, und der Jüngling muss das Familienoberhaupt geben. Auch er wird Jurist und erzielt hübsche Erfolge. Er geht nach Paris, wo nun einmal jede französische Karriere ihren Höhepunkt hat, und findet sich wieder als immer stärkere Bedeutung erlangender Akteur in der Bewegung, welche wir die Französische Revolution nennen und die unsere Vorstellungen von Freiheit und Gleichheit und Demo- kratie gründlich geprägt hat. Obwohl sie gleichzeitig ein entsetzlich sinnlo- ses Blutbad war, das alle folgenden Re- volutionen mit dem Konzept beschenkt hat, ohne Terror gehe nun einmal nichts – dass der Zusammenbruch des Sowjetblocks keine Massenmorde zei- tigte, gilt immer noch als Wunder. Robespierre war, nach Max Gallo, kein besonders scharfer Agitator mit besonders radikalen Parolen. Sein Auf- stieg, über den Jakobinerklub in den Wohlfahrtsausschuss, verdankte sich immer wieder intelligentem Zögern und Zuwarten; keineswegs schwamm der kühle und distanzierte Mann auf ei- ner Volkswelle. Max Gallo macht plausi- bel, dass Robespierre asexuell war. Zwar findet er so etwas wie ein warmes Nest bei der Familie Duplay – doch genießt er dort vor allem Heiligenverehrung, wie es seiner Einsamkeit und Distanz ziemt. Ein wenig leidet der deutsche Leser von Max Gallos Buch darunter, dass ihm die Chronologie der Revolution, wie der Autor sie sukzessive abarbeitet, nicht als fixes Schulwissen zu Verfü- gung steht. Wann genau und warum der König geköpft wurde; wie und wann das revolutionäre Frankreich sich gegen die Armeen der europäischen Fürstenhäu- ser wehren musste; was genau die Dif- ferenzen zwischen den großen drei der Revolution, Danton, Robespierre und Marat, ausmachte – der deutsche Leser muss es manchmal nachschlagen. Oder auf sich beruhen lassen. Dafür gewinnt er ein deutliches Bild der politischen Rhetorik einer Revolu- tion: Robespierre denunzierte Lügner und Verräter, pries die eigene Wahr- heits- und Vaterlandsliebe bis in den Tod, eine Rhetorik, die ihm den Beina- men des Unbestechlichen verdiente. Es war die Zeit vor dem Meinungspluralis- mus, der Klassifizierungen wie Lügner und Verräter erst einmal ausschließt: So nennt heute niemand den Gegner, der – beispielsweise – Bundeswehrein- sätze in Afghanistan ablehnt. Und die Meinungskundgabe hat keine Folgen für Leib und Leben. Wer in diesem Buch bis zu dem gründlichen Nachwort von Daniel Schönpflug und Peter Schöttler gelangt ist, lernt zu seiner Verblüffung, dass Max Gallo seinen Robespierre bereits 1968 veröffentlicht hat. Das merkt man dem Buch nicht an; es hat seine Frische gut bewahrt. Schönpflug und Schöttler erzählen, welchen Wandlungen das Bild Robespierres, der mit 36 Jahren seinem eigenen Säuberungsmechanismus zum Opfer fiel, im Lauf der Geschichte un- terworfen war. Die Verteufelung nach seinem Tod; die Anerkennung, ja Ver- himmelung unterm Sozialismus, die bis in die Achtzigerjahre des 20. Jahr- hunderts reichte – unter der Vorausset- zung, dass der real existierende Sozia- lismus ein großer Erfolg der Mensch- heit sei. Wer radikal das Gute will, darf vor Terror und Blutvergießen nicht zurück- schrecken – bloß errichtet man damit einen derart hohen Standard der Er- folgskontrolle, dass jedes Scheitern um so drastischer ausfällt. Die Gestalt Ro- bespierres, des unbestechlichen Mas- senmörders, umgibt eine kalte Aura von Unnahbarkeit, die man mit Max Gallo gern durchbricht. Robespierres Grabstätte ist unbekannt; keine Straße, kein Platz in Paris trägt seinen Namen. MICHAEL RUTSCHKY Max Gallo: „Robespierre“. Aus dem Französi- schen von Pierre Bertaux und Bernd Witte. Nachwort von Daniel Schönpflug und Peter Schöttler. 288 Seiten, Klett-Cotta, Stuttgart 2007, 26 Euro Ein unbestechlicher Massenmörder Der Historiker Max Gallo zeigt den Revolutionär Robespierre als flammenden Redner und einsamen Menschen VIII SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 taz muss sein TAZ MAG 46.996 Abo-Index 45 46 47 48 BelieferteAbos>UnterbrochenenAbos> 5.000 KW 50.000 0 684 40.000 47.074 47.058 655 654 661 46.970 Was ist eigentlich eine Soap? Stephanie Lang die letzte Frage Jadota Welche Nationalität hat der Weihnachts- mann? noch eine Frage letzte Fragen ? Warum wird umgekehrt ein Schuh daraus? (24. 11.) Zwei Schuhe gingen fort, aber nur einer kehrte nach Hause zurück. Umgekehrt, rief er, und schon bist du nur noch ein Schuh. Elmar Schenkel, Leipzig Beim Herstellen eines Schuhs wird die- ser anfangs „auf links“ genäht, also die Innenseite außen. Später wird er er umgekehrt, und dann wird ein Schuh daraus! Gerd Neurath, Saarbrücken Der Teufel wollte Gott ins Handwerk pfuschen, als er den Menschen erschuf. Da hing der nun im Weltenraum, doch sollte man ihn auf links oder rechts ziehen? Der Teufel sagte: links. Doch Gott sagte: Er muss auf rechts gezogen wer- den, umgekehrt wird nämlich ein Schuh daraus. Elmar Schenkel, Leipzig Weil es sonst bei der Sohle bleibt. Bernhard Gröschner, Ansbach Das ist doch klar: Umgekehrt wäre es ja ein Huhcs. Nanette Möller, Friedberg Aus zwei mach eins, eine Umkehrglei- chung. Elmar Schenkel, Leipzig Warum soll man bis zum letzten Atemzug lächeln? (17. 11.) Weil bis da die Luft kostenlos war. Da- nach geht jeder Zug, egal ob Luft- oder Regional-, richtig ins Geld. Dabei kann einem das Lächeln vergehen. Jadota Weil schon der römische Kaiser Marcus Aurelius (26. 4. 121 n. Chr. bis 17. 3. 180 n. Chr.) gesagt hat: „Der Tod lächelt uns alle an, das Einzige, was man machen kann, ist zurückzulächeln.“ Stefanie Lang In unserer heutigen Zeit, in der Züge so selten geworden sind, sollte man sich doch über jeden Zug freuen, der kommt. Ganz besonders dann, wenn es der letzte ist! Peter Hansen, Lemgo Weil man sicher sein kann, dass es an- schließend nicht mehr nötig sein wird. Horst Sandmann, Darmstadt Als die Erde noch eine Scheibe war, konnte man nicht nur bis zum letzten Atemzug lächeln, sondern erst recht da- nach. Es existierte ein Paradies mit al- lem Drum und Dran. Auch Gott grinste damals ständig. Als er aber an jenem Dienstag im Mai auf der Milchstraße starb, fand sich niemand, um ihn wie- der zum Leben zu erwecken. Er hatte vergessen, für sich nach dem letzten Röcheln zu sorgen. Als Dank wird jetzt bis zum Schluss gegrinst. Jadota „Lächelnd geht die Welt zugrunde“. Deshalb. Steffi Wie viel ist alle Zeit der Welt? (17. 11.) Ist doch klar: ewig und drei Tage. Letzte- re gliedern sich in Anfang, Mittelteil und Schluss – werden aber aufgrund ih- rer Sandkornhaftigkeit im Ozean der Zeit gern übersehen. („Wie war das noch mal im Mittelteil?“) Es gibt aber auch Physiker, die behaupten, die „Ge- samtmenge“ an Zeit leite sich aus dem planckschen Wirkungsquantum, der Boltzmann-Konstante, der Gravitati- onskonstante und der Lichtgeschwin- digkeit ab: insgesamt also ca. 10-43 Se- kunden. Alles andere ist demnach Quantenfluktuation im bifurkierenden Multiversum. Das würde auch erklären, warum man nie genug Zeit hat … Cesar Eisenmann Warum sind Tomaten treulos? (2. 11.) Weil sie es sich leisten können! Verena Wilkening Sie sind nicht treulos. Sie lieben mehr. Jadota So eine Frage kann nur stellen, wer nie- mals den „Angriff der Killertomaten“ gesehen hat! John De Bello In den 1920er-Jahren war in Deutsch- land die Tomate eine unbekannte und seltene Pflanze. Da die Kultivierung der Tomate meist misslang und in Anspie- lung auf die Italiener, entstand der Be- griff „treulose Tomate“. Marie Der Begriff soll meines Wissens nach die Italiener selbst bezeichnen, weil sie den Dreibund (mit dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn) verlie- ßen. Der damals auch verwendete Be- griff „Treubruchnudeln“ hat sich nicht bis heute halten können. Sine Weil sie das Pech haben, einer Alliterati- on zum Opfer gefallen zu sein. Genauso gut könnte es „achtlose Ananas“, „be- trügerische Blaubeere“ oder „ehrlose Erbse“ heißen. Aber Erbsen und Beeren sind zu klein, und die Ananas war wahr- scheinlich früher noch nicht so be- kannt. PS.: Außerdem eignen sich Tomaten natürlich besser zum Schmeißen als Beeren oder Ananas, während man ei- ner Person den Ausdruck „treulose To- mate“ an den Kopf schreit … Lin Sie sind nicht alle treulos. Nur dieje- nigen, die nicht als Ketchup enden wollen. Jadota Tomaten sind treulos aus bionatürli- chen Gründen und ihrer Überlebens- strategie. Wären sie ein Leben lang treu- doof, so würde die katholische Kirche sie vielleicht heiligsprechen, aber die Vermehrung durch unbefleckte Emp- fängnis bremst radikal die Produktivi- tät und klappt fatalerweise nicht für alle Sorten. Schade eigentlich! Jadota Treulose Tomaten kommen ausnahms- los aus dem Süden: Sonne, Feuer, Tem- perament. Aus Holland sind sie treu, dafür aber geschmacklos. Jadota Ach, die sind nur zu faul. Hans-Hermann Hirschelmann PROZEDERE: Letzte Fragen und Antworten an: die taz, Letzte Fragen, Kochstraße 18, 10969 Berlin, E-Mails bitte nur an: fragen@taz.de taz-Geschäftsführer Andreas Bull zur Abo-Situation: Einzigartig ist er. Für ein und dasselbe Produkt, die tägliche taz im Abonne- ment, können die Kunden zwischen drei unterschiedlichen Preisen frei wäh- len. Vor 14 Jahren haben wir dieses „taz-Solidarpakt“ genannte Verfahren eingeführt, um jenen an der taz Interes- sierten, die sich aus unterschiedlichen Gründen ein taz-Abo zum Normalpreis von derzeit 31 Euro nicht leisten kön- nen, ein deutlich günstigeres Angebot (22,50 Euro) machen zu können. Den dadurchfehlendenDeckungsbeitragfür die Redaktion erbringen jene LeserIn- nen, die mit 38 Euro einen erhöhten Preis zahlen. Natürlich droht im Verlauf der Jahre das Verhältnis aus der Balan- ce zu geraten, zum Beispiel weil neue Abos meistens erst einmal nicht „ganz oben“ einsteigen. Im Moment liegt das Verhältnis bei 32 Prozent für den ermä- ßigten Preis, bei 46 Prozent für den Standardpreis und 22 Prozent für den politischen Preis. Das reicht nicht mehr aus, um den kalkulierten lebensnot- wendigen Durchschnittspreis zu erzie- len. Die Bitte daher: Prüfen Sie doch, ob Sie nicht für eine Zeit lang den nächsthöheren Bezugspreis wählen können. Denn jetzt zum Jahresende stehen wir wieder vor der Aufgabe, eine möglichst sichere Ausgangslage für die Planung für 2008 zu erreichen. Rufen Sie an: (030) 25902-590 Faxen Sie: (030) 2 5902-680 Mailen Sie: abomail@taz.de DIE BULL-ANALYSE Im Sommer 2006 wurden auf taz.de die ersten Blogs eingerichtet. Die Frage war damals: Bereichern Weblogs, dieses merkwürdige Hybrid aus persönlichem Tagebuch und aktuellem Nachrichten- ticker, das journalistische Angebot der taz? Und würden sie von den LeserIn- nen angenommen? Dank des Vorteils von Online-Angeboten, die Nachfrage genau messen zu können, ließ die Ant- wort aber nicht lange auf sich warten. Mittlerweile verzeichnen die taz-Blogs 300.000 Zugriffe monatlich und man- ches Blog-Posting wird online ebenso oft gelesen wie der Leitartikel der aktu- ellen Printausgabe. Zu dieser Aufmerksamkeit im Web, das die BloggerInnen für das ausblei- bende Honorar zumindest indirekt ent- schädigt, kam jetzt für einige noch ein weiterer immaterieller Bonus hinzu – und zwar aus einer ganz unerwarteten Ecke. Das Deutsche Literaturarchiv (DLA) inMarbach erbat im vergangenen Monat die Genehmigung, die „literari- schen Blogs“ auf taz.de künftig doch ar- chivieren zu können. Die Blogs des Reptilienforschers und Lesebühnen-Matadors Heiko Werning (Reptilienfonds), des fabelhaft fabulie- renden Joachim Lottmann (Auf der Bor- derline nachts und halb eins?), der schreibenden Bildkünstler Ernst Voll- and (Vollands Blog) und Gerhard Sey- fried (Zeichenblog) sowie der Verleger Jörg Schröder und Barbara Kalender (Schröder&Kalender) werden der Nach- welt somit im größten und wichtigsten Archiv deutschsprachiger Literatur er- halten bleiben. Mit seinem „Digitalen Archiv“ trägt das DLA der Tatsache Rechnung, dass Li- teratur im Internetzeitalter nicht mehr nur schwarz auf weiß, sondern auch di- gital produziert wird, und nimmt diese taz-Blogger, die sich alle auch schon auf Papier einen Namen gemacht haben, in diesen Kanon auf. Dass die „Gutenberg-Galaxis“, wie der Medienforscher McLuhan einst die Welt aus Papier und Druckerschwärze nannte, auch in der anderen Richtung mit der Online-Welt zusammenwächst, haben unterdessen Jörg Schröder und Barbara Kalender unter Beweis gestellt. Sie haben ein „Best Of“ ihres taz-Blogs gedruckt herausgegeben. Es erschien als 50. Folge ihrer Reihe „Schröder er- zählt“, die sie seit 17 Jahren als Privat- druck für einen Kreis von 400 Subskri- benten veröffentlichen. Wie dieser zivi- lisationsästhetisch anspruchsvolle Le- serkreis den „Abklatsch“ aus der Blog- welt aufnehmen würde, war durchaus nicht ausgemacht. Doch das Feedback überzeugte auch hier: „Habe gestern die Folge im Bett ge- lesen, toll, werde jetzt ein Seminar über literarische Blogs machen“, schrieb ei- ner. Und ein anderer Subskribent be- kannte offen und ehrlich: „Ich nehme alles, was ich jemals über ‚Blogs‘ geläs- tert habe, reumütigst zurück – liest sich wieder einmal ganz wunderbar.“ Soviel Ehre könnten die BloggerIn- nen auf taz.de jetzt mit der Parole des ehemaligen taz-Kolumnisten Wolfgang Neuss kontern: „Geltung ham wer ge- nug, wir brauchen Geld!“ Doch leider lässt die wirtschaftliche Entwicklung des Webangebots der taz – das sich, um kostenlos zu bleiben, mit Werbung fi- nanzieren muss – noch keine angemes- sene Entlohnung für die Blogs zu. Das hat unter anderem auch damit zu tun, dass wir aus Umfragen unter taz-Abon- nentInnen und tazGenossInnen wis- sen, dass regelmäßige LeserInnen der Printausgabe das Webangebot relativ selten nutzen. Vielleicht, weil sie noch gar nicht wissen, dass sie auf taz.de mittlerweile Einiges finden, was nicht in ihrer ge- liebten Zeitung steht. Zum Beispiel Blogs mit dem Prädikat „literarisch wertvoll“. MATHIAS BRÖCKERS taz.de/blog ist Literatur Dietaz-blogserfreuen sich nicht nur im Netz einerimmergrößeren Beliebtheit. Und sie landen sogar im Deutschen Literaturarchiv Reptilienfonds „Das ist alles ein großer Superspaß“, sagt einer der Interviewten in dem Film „Private Battles“ von Heike Gall- meier und Tabea Sternberg („Die Sonntags-SS“, taz.mag, 17. 11.), über das Nachstellen der Leibstandarte Adolf Hitler. Ein reiner Spaß scheint es für die Kollegen allerdings nicht zu sein. Nachdem verschiedene Berichte zu den Wochenendnazis erschienen sind, kommt Bewegung in die Reenactment-Szene. „Nur weil Men- schen ein bisschen anders sind, als man selbst ist“, kommentiert Leser Paul Dalby. Wenn sie mit Nazidevotio- nalien ihre Freizeit verbringen, müsse man die „ehrlichen, hart arbeitenden Hobbyisten“ doch nicht direkt so krän- ken. Die Medien sollten sich lieber da- mit beschäftigen, die wahren Neona- zis, die die Reenactmentgruppen un- terwanderten, aufzuspüren. Das stellt sich als überraschend einfach heraus. Man muss nur einmal die ent- sprechenden Foren durchstöbern, und schon stößt man auf Alltagsprosa wie diese: „‚Ruhe im Hurenhaus, Ruhe!!‘ Unser großer Führer hat dem engli- schen Bettnässer und Zigarrenkauer Arschloch Churchill gezeigt, wohin er gehen soll und wo er seine stinkenden Zigarren hinstecken soll.“ In ebendiesen Foren der anscheinend etwas weniger hart arbeitenden Hob- byisten jagt man aber keine Nazis, son- dern Reporter. Unter der Überschrift „Enthüllt die Enthüller“ finden sich Fotos und genauere Beschreibung von vermeintlichen Undercover-Journalis- tinnen. Die Reporterinnen hätten sich nicht zu erkennen gegeben, kritisieren die Enthüllten. Damit haben Journalis- tinnen vermutlich mehr ausgelöst, als nur ihren Berufsstand in Verruf ge- bracht. Unter dem Kampfnamen „Diet- mar“ kommentiert einer: „Mein Re- spekt für die menschliche Rasse ist ge- rade entscheidend gesunken. Wieder einmal …“ TAZ.MAG.NACHTRAG Vollands Blog Lottmann auf der Borderline Seyfrieds Zeichenblog Schröder & Kalender TAZ THEMA, DIE VERLAGSBEILAGE DER TAGESZEITUNG, E-MAIL: ANZEIGEN@TAZ.DE, FAX: 030 - 25 106 94 tazthema beruf & qualifikation 22  SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 Redaktion: Schulz & Klaaßen Fotored.: Ann-Chr. Jansson Anzeigen: Natalie Stöterau Schwierig für den Zusammenhalt: ein Team, aber unterschiedliche Bezahlung FOTO: V. WAGNER/PLAINPICTURE VON KRISTINA SIMONS Ohne öffentliche Förderung würden in Ostdeutschland sehr viel mehr Jugendliche ohne Aus- bildungsplatz dastehen als im Westen der Republik. Noch im- mer ist die Zahl der Schulabgän- ger, die dort eine Lehrstelle su- chen, deutlich größer als das An- gebot der Betriebe. Heute steht fast jeder dritte Auszubildende in den neuen Ländern in einem öffentlich geförderten außerbe- trieblichen Ausbildungsverhält- nis – in den alten Bundesländern betrifft das nur jeden 25. Aus- zubildenden. „Außerbetrieblich“ heißt: Nicht ein Ausbildungsbe- trieb ist für die Ausbildung ver- antwortlich, sondern externe Bildungsträger. Finanziert wird das Ganze entweder über die so- genannte Benachteiligtenförde- rung der Bundesagentur für Ar- beit, die sich nicht nur an sozial, sondern auch an marktbenach- teiligte Jugendliche richtet. Oder die Förderung läuft über die Ausbildungsplatzprogramme Ost von Bund und neuen Län- dern einschließlich Berlin bezie- hungsweise über ergänzende Länderprogramme. Das Bundesinstitut für Berufs- bildung (BIBB) hat untersucht, ob die außerbetrieblichen Aus- bildungsverhältnisse hinsicht- lich Qualität und Lehrinhalten mit regulären betrieblichen mit- halten können. Das Zentrum für Sozialforschung in Halle (ZSH) hat sich die Bildungsträgerland- schaft näher angeschaut. Die Er- gebnisse beider Institute sind zu- sammengefasst in der Studie „Zwischen Markt und Förderung – Wirksamkeit und Zukunft von Ausbildungsstrukturen in Ost- deutschland“. Das BIBB hat sich dabei auf die Ausbildungsplatz- programme Ost beschränkt. Die Jugendlichen, die im Rah- men der Ausbildungsplatzpro- gramme Ost keine schulische, sondern eine betriebsnahe Aus- bildung machen – das sind in den neuen Ländern etwa 80 Pro- zent –, verbringen mindestens die Hälfte der gesamten Aus- bildungsdauer in sogenannten Praktikumsbetrieben, wo sie ge- meinsam mit regulären betrieb- lichen Auszubildenden lernen. Die schulische Ausbildung wird von Berufsschulen durchge- führt, die mit außerbetriebli- chen Bildungsträgern zusam- menarbeiten. „Hinsichtlich der Lernorte unterscheidet sich eine außerbetriebliche Ausbildung heute oft nicht mehr von der du- alen Ausbildung in Betrieb und Berufsschule“, sagt Klaus Berger vom BIBB. „Hinsichtlich der Aus- bildungsvergütung sind die au- ßerbetrieblichen Auszubilden- den allerdings benachteiligt.“ Wer eine betriebsnahe Ausbil- dung macht, bekommt monat- lich mehrere hundert Euro weni- ger als reguläre Azubis, mit de- nen gemeinsam im Betrieb ge- lernt wird. Die schulischen Aus- bildungen werden gar nicht ver- gütet, es kann allenfalls Bafög be- antragt werden. „Es fördert na- türlich nicht gerade das Zusam- mengehörigkeitsgefühl unter den Auszubildenden, wenn Sta- tus und Vergütung so unter- schiedlich sind“, sagt Holle Grü- nert vom ZSH. Genau das wird von den be- troffenen Auszubildenden auch erwartungsgemäß am häufigs- ten kritisiert. Abgesehen davon sind laut Befragung des BIBB gut zwei Drittel der Teilnehmer an den Ausbildungsprogrammen Ost zufrieden oder sogar sehr zu- frieden mit ihrer Ausbildung. Fast jeder Zweite hätte sich aller- dings eine reguläre betriebliche Ausbildung gewünscht. Die Er- folgsquote bei Abschlussprüfun- gen bewege sich bei den Pro- grammteilnehmern auf nahezu gleichem Niveau wie bei Prü- fungsteilnehmern, die eine be- triebliche Ausbildung absolviert haben, so die BIBB-Studie weiter. „Allerdings haben die Teilneh- mer der Ausbildungsplatzpro- gramme Ost nach Abschluss der Ausbildung geringere Chancen, übernommen zu werden, als die regulären Auszubildenden des Ausbildungsbetriebs“, so Berger. Die Teilnehmer der Benachteilig- tenförderung beurteilen ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt sogar noch schlechter, so die Er- fahrung des ZSH. Rund 180 verschiedene Berufe werden heute im Schnitt außer- betrieblich angeboten. „Die Aus- bildungsprogramme Ost wurden Ausbildung zum FördertarifIn Ostdeutschland sind betriebliche Ausbildungsplätze Mangelware. Ohne Förderung geht es nicht. Doch in diesem Jahr wurden in den Ausbildungsprogrammen Ost 3.000 Lehrstellen weniger finanziert. Die Zahl der Bildungsträger wird abnehmen auch dazu genutzt, neue Berufe mit Zukunftsperspektive zu stär- ken, die es vor zehn, elf Jahren noch nicht oder nicht in der jetzi- gen Form gab“, so Berger. Dazu gehören zum Beispiel die IT-Sys- temkauffrau oder der Mechatro- niker. Vor allem ausbildungsun- erfahrene, kleine Betriebe, die eine reguläre betriebliche Aus- bildung nicht finanzieren könn- ten, sollen durch die Förderpro- gramme dazu animiert werden, mehr auszubilden. Jeder betei- ligte Betrieb muss dabei nach- weisen, dass nicht etwa betriebli- che Ausbildungsplätze außerbe- trieblichen geopfert werden. Künftig werden die öffentlich finanzierten Ausbildungsgänge in den neuen Ländern wachsen- dem Druck ausgesetzt sein, so das Ergebnis der ZSH-Untersu- chung. Vier von fünf Bildungs- trägern gehen demnach davon aus, dass die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen aufgrund der demografischen Entwicklun- gen in Ostdeutschland bereits in den nächsten Jahren deutlich zu- rückgehen wird. Die meisten von ihnen rechnen damit, dass des- halb auch die Fördergelder ge- kürzt werden. Bereits in diesem Jahr wurden allein mit den Aus- bildungsprogrammen Ost 3.000 Ausbildungsplätze weniger fi- nanziert. Viele Bildungsträger haben deshalb bereits ihr Tätig- keitsspektrum erweitert: Sie bie- ten nicht nur Erstausbildungen an, sondern auch Fort- und Wei- terbildungen oder auch Perso- naldienstleistungen. Oder sie konzentrieren sich stärker auf behinderte und sozial benachtei- ligte Jugendliche. „Bevor Betrie- be solche Menschen ausbilden, bilden sie nämlich oftmals lieber gar nicht aus“, weiß Grünert auf- grund der Befragungen von Bil- dungsträgern und Betrieben. „Die Zahl der Bildungsträger wird wohl dennoch abnehmen“, ist ihre Einschätzung. Bachelor im Vergleich besser Bachelorabsolventen bewerten ihr Studium im Vergleich zu Ab- solventen traditioneller Studien- gänge besser. Insbesondere die Lehr- und Lernformen haben sich im Bachelorstudium er- kennbar modernisiert. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Be- fragung des Hochschul-Informa- tions-Systems (HIS). Doch im Zuge der Umstellung auf die neuen Abschlüsse haben sich auch die klassischen Studien- gänge verbessert. Moderne, akti- vierende Lehr- und Lernformen kommen im Bachelorstudium aber häufiger zur Anwendung als in traditionellen Studiengän- gen. Und auch zahlreiche andere Aspekte bewerten Bachelorab- solventen besser als Absolven- ten mit herkömmlichen Ab- schlüssen: die wissenschaftliche Qualität der Lehre, die Praxisbe- züge im Studium und die kom- munikativen Strukturen. Elektroingenieure optimistisch Kaum eine andere Berufsgruppe blickt derzeit so optimistisch in die Zukunft wie die der Elektro- und IT-Ingenieure. Sie schreiben im Schnitt weniger als zehn Be- werbungen und meistern maxi- mal zwei Vorstellungsgesprä- che, bevor sie ihren Arbeitsver- trag in den Händen halten. Sie sind hoch flexibel und ihre Kar- riereaussichten hervorragend – das sind Ergebnisse der Studie Young Professionals 2007 des Verbandes der Elektrotechnik (VDE), einer Umfrage unter Be- rufseinsteigern und Young Pro- fessionals der Elektro- und IT- Branche. Rund 40 Prozent der In- genieure schätzen zudem ihren Beruf als krisensicher ein. Jeder zehnte Auszubildende der neuen Bundesländer einschließ- lich Berlin wird über das Ausbil- dungsplatzprogramm Ost geför- dert. Bis zum Jahr 2010 rechnen Bund und neue Länder weiter- hin mit einer angespannten Lage am ostdeutschen Ausbil- dungsmarkt. Das Sonderpro- gramm wird daher unter Be- rücksichtigung des demogra- fisch bedingten Nachfragerück- gangs bis Ende des Jahrzehnts weitergeführt. Für die Finanzie- rung des Ausbildungsplatzpro- gramms Ost 2007 werden 135 MillionenEuroveranschlagt.Die Studie „Wirksamkeit staatlich finanzierter Ausbildung“ hat das Programm soeben evaluiert. GELD FÜR DIE LEHRE Tagesseminare und Fachtagungen www.isp-dortmund.de Weiterbildung zur Sexualpädagogin / zum Sexualpädagogen FAX: O3O - 25 106 94 E-MAIL: ANZEIGEN@TAZ.DE tazthema beruf & qualifikation 1./2. DEZEMBER 2007  DIE TAGESZEITUNG 23 dieses Jahres eine neuartige „Professur mit Tätigkeitsschwer- punkt Lehre“ vorgeschlagen. Die Tätigkeit eines Lehrprofessors soll zu einem Drittel der For- schung und zu zwei Dritteln der Lehre gewidmet sein. Finanziell soll für eine solche Stelle die gleiche Ausstattung an Personal und Sachmitteln zur Verfügung stehen wie für bisherige Profes- suren. Zugangsvoraussetzung könnte eine vorherige „Junior- professur mit Schwerpunkt Leh- re“ sein. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung, die HRK und die Deutsche For- schungsgemeinschaft (DFG) ha- ben das Modell begrüßt. Angesichts knapper öffentli- cher Kassen könnten Stellen für Lecturer oder Lehrprofessoren derzeit vermutlich nur durch Umwidmung geschaffen wer- den. Der Wissenschaftsrat schlägt vor, 20 Prozent aller frei- werdenden Professuren als Lehr- professuren neu auszuschrei- ben. Dadurch würden ohne fi- nanziellen Mehraufwand die Lehrkapazitäten der Hochschu- len deutlich gestärkt. „Solch eine Umwidmung löst das Problem mangelnder Ausbildungskapazi- täten bei steigenden Studieren- denzahlen jedoch allenfalls an der Oberfläche“, kritisiert Ulrich Thöne, Vorsitzender der Gewerk- schaft Erziehung und Wissen- schaft. „Die Betreuungsrelation zwischen Lehrenden und Ler- nenden wird sich auf diesem Weg verschlechtern.“ Um die Lehre aus dem Schat- ten der Forschung herauszubrin- gen, fordert der Stifterverband ein Pendant zu den DFG-Förder- mitteln für Forschung – eine „Deutsche Lehrgemeinschaft“. Gute Lehre braucht gutes Geld, „eine systematische und verläss- liche Drittmittelförderung für innovative Lehr- und Studienre- formprojekte“, sagt Bettina Jor- zik, Programmleiterin Lehre beim Stifterverband: „Die bishe- rigen Investitionsprogramme zu Gunsten der Lehre wie beispiels- weise der Hochschulpakt oder auch die Hochschulsonderpro- gramme der Vergangenheit sind zeitlich befristet; die Verteilung der Fördergelder orientiert sich weniger an Qualitäts- als viel- mehr an Versorgungsgesichts- punkten und erfolgt nicht nach wettbewerblichen Kriterien.“ Neben einer Strukturreform könnte eine Institution wie die Deutsche Lehrgemeinschaft nicht nur Geld zur Verfügung stellen, sondern vor allem einen dringend notwendigen Bewusst- seinswandel fördern. Eine Rück- besinnung auf Humboldt ist ge- boten: Neben der Forschung ge- hört die Lehre zur Kernaufgabe jeder Universität. Neue Berufe – Neue Chancen Impulse e. V. Rubensstr. 20a · 42329 Wuppertal Tel. 0202/73 95 40 · www.Impulse-Schule.de Gesundheitsberater/in Heilpraktiker/in Psychologische/r Berater/in Tierheilbehandler/in Ausbilder/in AT/PM Psychotherapie Fitness- und Wellnesstrainer/in Staatlich zugelassene Fernlehrgänge mit Wochenendseminaren in vielen Städten. Die Formel für eine bessere Lehre wird noch gesucht FOTO: PICTORIUM/PLAINPICTURE Kleinanzeigen online aufgeben? www.taz.de VON LARS KLAASSEN Der Massenbetrieb an vielen deutschen Hochschulen ist be- rüchtigt. Auch die häufig schlechte Betreuung der Studie- renden steht in der Kritik. Nicht zuletzt solche Mängel haben zur Folge, dass die Abbrecherquote in einigen Fächern auf bis zu 46 Prozent angestiegen ist. Dabei stehen die quantitativen Heraus- forderungen erst bevor: Der Deutsche Hochschulverband (DHV) rechnet mit einem An- stieg der Studierendenzahlen von zwei auf 2,7 Millionen. Vor al- lem für die Jahre 2012 bis 2014 wird ein deutlicher Anstieg er- wartet. Gleichzeitig haben Un- ternehmen und Gesellschaft ei- nen steigenden Bedarf an akade- misch qualifizierten Arbeitskräf- ten. „Die Größe und Komplexität der Herausforderungen machen es unumgänglich, grundsätzli- che und mutige Veränderungen anzugehen“, mahnt Peter Stroh- schneider, Vorsitzender des Wis- senschaftsrates. Im Rahmen des Bologna-Pro- zesses, der einen einheitlichen europäischen Bildungsraum als Ziel gesetzt hat, wurde bereits be- gonnen, die Lehre auf neue Füße zu stellen: Alle Abschlüsse sollen bis 2010 auf Bachelor-/Master- Struktur umgestellt sein. Doch bei der Einführung zeichnet sich bereits ab, dass die Lehre in vie- len Bereichen betreuungsinten- siver wird. Dazu die Bundesmi- nisterin für Bildung und For- schung, Annette Schavan (CDU): „Nur wenn die Bachelorphase durch ein Tutorensystem beglei- tet wird, wird ein gutes Studium möglich.“ Abhilfe soll der „Hoch- schulpakt“ schaffen: Bund und Länder haben sich im Juni darauf geeinigt, den deutschen Hoch- schulen mehr Geld für die Lehre zur Verfügung zu stellen. Über den Hochschulpakt soll deutschen Universitäten ermög- licht werden, bis 2010 insgesamt 91.370 zusätzliche Studienanfän- ger gegenüber 2005 aufzuneh- men. Der Bund stellt für die Fi- nanzierungsraten bis 2010 rund 565 Millionen Euro zur Verfü- gung, die Länder garantieren die Gesamtfinanzierung. Diese für die Lehre bereitgestellten Mittel reichen nach Meinung vieler Be- obachter – von der Hochschul- rektorenkonferenz (HRK) bis zu Studierendenvertretern – aber bei weitem noch nicht aus, um Abhilfe zu schaffen. Vor allem qualifiziertes Lehr- personal wird dringend benö- tigt, um adäquate Lehrangebote garantieren zu können. Im Schnitt betreut ein Hochschul- lehrer laut DHV heute 60 Studie- rende – also zu viele. „Diese Rela- tion ist eine der wichtigsten Indi- katoren für die Qualität von For- schung und Lehre“, betont DHV- Präsident Bernhard Kempen. Ein Problem der Hochschulen ist bis- lang, dass sie arbeits- und dienst- rechtlich nur einen kleinen Spielraum für die befristete Ein- stellung von Dozenten haben. Das kann sich nun ändern. Im Zuge der Föderalismusreform haben die Bundesländer die Möglichkeit erhalten, den Uni- versitäten einen neuen gesetzli- chen Rahmen zu verschaffen. Was nun auf der Agenda steht, ist die Schaffung neuer Personalka- tegorien. Zum Schlagwort ist im Laufe der Debatte der Begriff „Lectu- rer“ geworden. Er bezeichnet eine solche Personalkategorie, die sich vorwiegend oder aus- schließlich der Lehre widmet. Die Einführung des Lecturers unterhalb der Professorenebene hat der DHV bereits im vergan- genen Jahr „grundsätzlich be- grüßt“ – und einige Eckpunkte zur Diskussion gestellt, die das Profil umreißen. Unterhalb der Professur angesiedelt, wären Lec- turer Teil des akademischen Mit- telbaus. Ihr Lehrdeputat läge deutlich höher als bei Universi- tätsprofessoren. Befürwortet wird dieses Mo- dell unter anderem von Bil- dungsministerin Schavan. Sie hat angeregt, bundesweit 3.000 Lecturer-Stellen einzurichten. Über zentrale Punkte besteht nach wie vor jedoch keine Einig- keit: etwa die Zugangsvorausset- zungen, Aufstiegsmöglichkeiten und auch die Frage, ob Lecturer- Stellen befristet oder unbefristet vergeben werden sollen. Würden Lecturer befristet und ohne klare Karriereperspektiven angestellt, so wäre dieses Modell voraus- sichtlich wenig attraktiv für kompetente Nachwuchswissen- schaftler. Es droht dann eine Ne- gativauslese. Umgekehrt besteht bei unbefristeter Vergabe die Ge- fahr, dass sich Lehre und For- schung auf Dauer auseinander- entwickeln. Als Gegenmodell hat der Wissenschaftsrat im Januar Neue Modelle für die LehreDeutsche Hochschulen brauchen mehr Lehrpersonal. Der „Hochschulpakt“ stellt Fördermittel zur Verfügung. Das Profil für „Lecturer“ oder „Lehrprofessuren“ ist bislang aber noch umstritten SchülerInnen der Oberstufe soll- ten sich schon vor dem Abitur ei- nige Gedanken darüber machen, wie es nach dem Schulabschluss in ihrem Leben weitergehen könnte – eine gute Möglichkeit, sich umfassend zu informieren, ist es, die „Einstieg Abi“-Messe zu besuchen. Dort präsentieren Unterneh- men, Hochschulen, private Bil- dungsanbieter und Sprachreise- veranstalter SchülerInnen der Jahrgangsstufen 11 bis 13 viermal jährlich ihre Studien- und Aus- bildungsangebote. Dazu bieten öffentliche Institutionen und Verbände allgemeine Informa- tionen zur Berufsorientierung und Berufswahl. Jeweils an zwei Tagen können Jugendliche direkt mit Personal- verantwortlichen und Studien- beratern in Kontakt treten. Zur Berufsorientierung in der Se- kundarstufe II wurde auch ein spezielles Konzept entwickelt: Es besteht aus den drei Modulen Po- tenzialanalyse und Standortbe- stimmung, Strategie der Berufs- findung sowie Bewerbung. Seit 2003 haben rund 1.500 Schüle- rInnen an diesen Beratungen teilgenommen. „Einstieg Abi“-Termine 2008: Köln, 29. Februar–1. März. Karlsruhe, 25. und 26. April. Berlin, 12.–13. Sep- tember. München, 24., 25. Oktober. Informationen: www.einstieg.com Einstieg vor Abi Die„EinstiegAbi“-MesseninformierenSchülerviermal im Jahr über Studien- und Ausbildungsangebote Jeder zweite Personalchef achtet laut einer Forsa-Studie bei Be- werbern über 45 verstärkt auf aktuelle nebenberufliche Fort- bildungen. Fernlehrgänge wer- den dabei gern gesehen. Lebens- langes Lernen ist also nicht nur ein modisches Schlagwort, son- dern tatsächlich ein wichtiges Einstellungskriterium gerade für ältere Stellenanwärter. Die diesjährige repräsentative Forsa-Umfrage wurde im Auf- trag des ILS (Institut für Lernsys- teme) unter Personalverantwort- lichen in deutschen Unterneh- men mit mehr als 150 Mitarbei- tern durchgeführt. Qualifikatio- nen, die im Erststudium oder in der ersten Ausbildung erworben wurden, spielen demnach nur noch eine untergeordnete Rolle. Wichtigstes Kriterium bei der Beurteilung von Bewerbern der Generation 45 plus ist erwar- tungsgemäß für fast alle Arbeit- geber, dass die bisherigen Be- rufserfahrung genau zum Stel- lenprofil passt. Die Hälfte der Personalverantwortlichen achtet zudem auf geradlinige Lebens- läufe. Dass zur nebenberuflichen Weiterbildung vor allem ein Fernlehrgang geeignet ist, wis- sen mittlerweile immer mehr Menschen: Allein beim ILS, der größten Fernschule Deutsch- lands, ist heute jeder dritte Teil- nehmer an kaufmännischen Lehrgängen über 40 Jahre alt. Bildung mit 45 plus Personalchefs achten bei älteren Bewerbern zunehmend auf deren aktuelle nebenberufliche Qualifizierung TAZ THEMA, DIE VERLAGSBEILAGE DER TAGESZEITUNG, E-MAIL: ANZEIGEN@TAZ.DE, FAX: 030 - 25 106 94 tazthema geschenke 33  SONNABEND/SONNTAG, 1./2. DEZEMBER 2007 Weltweit gibt es heute etwa 50 Zertifizierungssysteme rund um den nachhaltigen Waldschutz. Die gängigsten in Deutschland sind das FSC-Siegel und das PEFC-Zertifikat. Das Forest Ste- wardship Council (FSC) vergibt Gendarmenmarkt, Mitte Kunsthandwerk und Akrobaten vorimposanterGebäudekulisse, 26. 11.–31. 12., So.–Do. 11 bis 22, Fr./Sa. 11–23 Uhr, 24. 12. 11–16 Uhr, 25./26. 12. 11–22 Uhr, 31. 12. 11–1 Uhr Schloss Charlottenburg Historischer Weihnachtsmarkt mit nostalgischen Karussells und alten Handwerkskünsten vor dem illuminierten Barock- schloss, 26. 11.– 26. 12., Mo.–Do. 14–22, Fr.–So. 12–22 Uhr, 24. 12. geschlossen Chanukka-Markt, Jüdisches Museum, Kreuzberg Christlich-jüdischer Markt im neu eröffneten Glashof des Mu- seums, 2. 12.–31. 12. täglich 12–18 Uhr, 24. 12. geschlossen Kulturbrauerei, Schönhauser Allee, Prenzlauer Berg Lucia-Weihnachtsmarkt im Hof der Kulturbrauerei, 26. 11. bis 26. 12., Mo.–Fr. 15–22, Sa.–So. 13–22 Uhr, 24. 12. geschlossen Umweltweihnachtsmarkt, Sophienstraße, Mitte Ökologische Produkte, Natur- waren und Kunsthandwerk aus aller Welt, 1. 12.–23. 12., Sa. 12–21 Uhr, So. 11–19 Uhr Adventsmarkt am Kollwitz- platz, Prenzlauer Berg jeden Adventssonntag 12–18 Uhr Weihnachtsmarkt auf dem Winterfeldtplatz, Schöneberg jeden Adventssonntag 11–19 Uhr Redaktion: Martina Janning Fotored.: Ann-Chr. Jansson Anzeigen: Kaspar Zucker ANZEIGE WEIHNACHTSMÄRKTE Manche Ökochristbäume kommen von weit her FOTO: REGINA KUEHNE/AP PHOTO VON JUTTA SCHULKE Jährlich schleppen die Deut- schen zu Weihnachten rund 25 Millionen Nadelbäume in ihre Haushalte. Von draußen vom Walde kommen jedoch die we- nigsten Bäume her. Etwa 80 Pro- zent stammen laut Bund für Um- welt und Naturschutz (BUND) aus Plantagen für Weihnachts- bäume. Größter Produzent in diesem Geschäft ist Dänemark – laut dem Verband der Dänischen Christbaumproduktion kam im Jahr 2006 etwa ein Fünftel aller Weihnachtsbäume in Deutsch- land von dort. Sattgrün, gerade gewachsen und lange haltbar soll der zentrale Festschmuck sein. Das hat Folgen: Bis die Kettensä- ge kommt, hat ein Baum in Mo- nokulturen etliche umweltbelas- tende Stoffe intus: Dünger für gleichmäßigen Wuchs und kräf- tige Farbe, Insektizide gegen Käfer und Läuse und Fungizide gegen Pilze. Zudem bewirken die Herbizide, dass in den Plantagen nichts mehr wächst. Wer einen umweltschonen- den Baum aufstellen möchte, steht trotzdem nicht vor einem unlösbaren Problem. Die ein- fachste Variante besteht darin, Bäume aus nachhaltiger Forst- wirtschaft zu kaufen. Selbst gro- ße Verkaufsstellen wie die Berli- ner Tannenparadiese besetzen schon die Ökonische. „Wer auf den Weihnachtsbaummärkten nach dem FSC-Siegel schaut, der handelt schon sehr verantwor- tungsbewusst“, sagt Marc Fra- nusch vom Landesforstamt Ber- lin. Zusätzlich lohne es sich, nach der Herkunft des Baumes zu fra- gen, denn „mittlerweile gibt es auch Plantagen, die nach den zertifizierten Richtlinien arbei- ten“, erklärt Franusch weiter. Doch leicht kann passieren, dass Kunden einen Ökobaum hinter sich herziehen, dessen Plantage zwar von Schafen vom Wild- wuchs befreit wurde, der aber für den Verkauf durch zwei Län- der gekarrt wurde. An vielen Ver- kaufsstellen stammten auch die Ökobäume aus Dänemark, be- richtet der Referent des Berliner BUND, Herbert Lohner: „Bedau- erlicherweise sind unsere heimi- schen FSC-Forstbetriebe noch nicht in der Lage, die steigende Nachfrage nach Ökochristbäu- men zu befriedigen.“ Weihnachten unter ÖkowipfelnWer zu Hause einen Christbaum aufstellen will, der umweltschonend hochgepäppelt wurde, muss beim Einkauf auf Ökosiegel und Herkunft schauen. Oder im Berliner Naturland-Wald selbst die Kettensäge anlegen – unter Anleitung, versteht sich das Siegel an Forstbetriebe und Unternehmen, die sich ver- pflichten, die Bewirtschaftung auf nachhaltigen Schutz der Wäl- der auszurichten. Die Kriterien sehen unter anderem vor, Misch- wälder und Totholz zu erhalten, auf Kahlschlag und Pestizide zu verzichten und die Bäume nur natürlich nachwachsen zu las- sen. Hinzu kommen soziale und wirtschaftliche Richtlinien. Um- weltverbände wie der World Wildlife Found (WWF), Green- peace oder der Naturschutzbund Deutschland (NABU) unterstüt- zen die Arbeit dieser Organisa- tion. Das Zertifikat Pan European Forest Certification (PEFC) um- fasst ähnliche Aspekte, doch trü- gen die Umweltverbände dieses Label explizit nicht mit, sagt Lohner. Die strengsten Auflagen gibt nach Ansicht des Berliner Lan- desforstamtes das Naturland- Siegel vor. „Der gesamte Berliner Wald wird nach den Kriterien des ökologischen Anbauverbands bewirtschaftet“, berichtet Fra- nusch. Naturland setze noch stärker als der FSC auf soziale und wirtschaftliche Komponen- ten. „Da geht es auch darum, Ar- beitsplätze zu sichern und aus- beutende Verhältnisse zu verhin- dern.“ Die Berliner Forsten wür- den zudem auf Chemie jeder Art verzichten, bodenschonende Ge- räte und Rückepferde einsetzen und sich an strenge Regeln in puncto Jagdzeiten und Nutzung der Waldtrassen halten. Ferner überlassen die Berliner Forsten nach Franuschs Angaben nicht nur das Totholz dem natürlichen Verfall. 10 Prozent der knapp 30.000 Hektar großen Waldflä- che Berlins bleiben als Lernflä- che für die Forschung unberührt liegen. Weil der Berliner Wald ein Stadt- und Erholungswald sei, gebe es dort zwar keine Sonder- flächen für die ökologische Pro- duktion von Weihnachtsbäu- men, doch eine Alternative zum Kauf dänischer Ökobäume bietet das Forstamt trotzdem: Unter fachlicher Anleitung können Schleppwillige eine Kiefer, die hier natürlich wachsende Art, als Weihnachtsbaum selber schla- gen. Dazu wird es im Dezember Termine geben, bei Heißgeträn- ken und Würstchen. Auch in den meist PEFC-bewirtschafte- ten Brandenburger Wäldern ma- chen Förstereien dieses Angebot. Termine zum Bäumeschlagen in Berlin und Brandenburg: 8. Dezember 2007 von 10 bis 15 Uhr, Treffpunkt an der Einfahrt der Gaststätte Am Gorinsee, von der L 30 Schönow-Schönwalde. 15. Dezember 2007 von 12 bis 16 Uhr auf dem ehemals militä- risch genutzten Gelände (Keerans Range) am Kronprinzessinnen- weg im südlichen Grunewald (frü- here Avus-Südkurve). Zufahrt von FRISCH VOM FÖRSTER Süden aus Richtung Havelchaus- see parallel zur Avus. 15. Dezember 2007 von 10 bis 15 Uhr im Revier Neuzelle. Der Weg ist ab der ehemaligen Tank- stelle Neuzelle ausgeschildert. In- fos beim Amt für Forstwirtschaft Müllrose, Telefon (033433) 1515219. Verkaufsstellen von Bäumen mit FSC-Siegel unter www.tannen- paradies.de/verkaufsstellen.htm Kleinanzeigen online aufgeben? www.taz.de Hängematten – Kunsthandwerk Fairer Handel, Monumentenstr. 5 www.alasiesta.com taz RITCHIE Oranienstr. 174 10999 Berlin Tel. 030/6159165 www.ritchie-berlin.de 34 DIE TAGESZEITUNG  1./2. DEZEMBER 2007 tazthema geschenke FAX: O3O - 25 106 94 E-MAIL: ANZEIGEN@TAZ.DE ANZEIGE VON JANET WEISHART Handarbeit ist bei den meisten von uns auch dieses Jahr gefor- dert. Am Heiligabend, unterm Tannengrün. Da werden die Ge- schenke ausgepackt. Und dann gibt’s oft einen „schönen Duft“, ein paar „warme Socken“ … Hal- tung bewahren, heißt es dann. Die Gesichtsmuskeln dürfen nicht heruntersacken. Mal schön oben bleiben, ihr da. Freuen, aber nicht zu doll, sonst gibt es nächs- tes Jahr Ähnliches. Ein typischer Geschenkewahnsinnstag. Umso länger jemand auf der Welt weilt, umso mehr ahnt er das alles. Je- der kennt die Verzweiflung der anderen bei der Suche nach Schönem und die eigene. So füh- ren seit Jahren dieselben Kon- sensgeschenke die Hitlisten an: Bücher, CDs, Kleider, Kosmetik. Nichts zu schenken, das wäre eine Lösung. Aber die wenigsten wollen Heiligabend „ohne“ da- stehen. Wer vorsorgt, hat es gut. Doch das tun wenige. Etwa 60 Prozent der Schenkenden stürzen sich erst zwei Wochen vorm Fest ins Getümmel. Natür- lich gehetzt, natürlich verzwei- felt. Psychologe Stefan Zimmer erklärt: „Wollen Menschen meh- rere Geschenke kaufen, sind sie oft überfordert. Denn ein gutes Präsent für jemanden zu finden, heißt: Ich kenne dich und weiß, was dir gefällt.“ Zimmers Ausweg aus dem Last-Minute-Elend: „Man sollte zu Dingen greifen, die nicht unbedingt notwendig, dafür aber besonders oder witzig sind.“ Individuelles zeige Wert- schätzung. Doch wo gibt es sol- ches in den Weiten Berlins? Eine Antwort: in Museumsshops. Bei- spielsweise im Artshop des Deut- schen Guggenheim (Unter den Linden 13/15), wo einem gleich die Schlauchvase (29 E) von Wal- ter Musacchi auffällt. Weiße, transparente oder graue Bündel aus Gartenschläuchen – ein Hin- gucker – nur so oder mit Blumen. Witzig auch der Aschenbecher des Berliner Designers Jakob Die- zinger (15 E): Ganz aus Sand ge- presst, sorgt er politisch korrekt fürs sichere Qualmen daheim. Kunststoff zum Tragen gibt es in der Buchhandlung König im Martin-Gropius-Bau (Nieder- kirchnerstraße 7). Chefin Annet- te Roch empfiehlt Taschen aus Küchenboden (ab 89 E) Berliner Sam Cooper – alles Unikate, ge- noppt oder in Holzoptik. Bis hierher hätte mancher 133 Euro ausgegeben. Da der Bürger dieses Jahr durchschnittlich 246 Euro für Weihnachtsgeschenke übrig haben will, hier noch mehr Antworten auf die Geschenkefra- ge: Zu empfehlen ist ein Anruf bei Julia Büttelmanns „Papp- show“ (Riemannstr. 9) – sozusa- gen um nicht auf all das Unifor- miert-Individuelle reinzufallen. Pappmöbel und MöpseGutscheine, Socken, Krawatten. „Nicht schon wieder“, denken viele unterm Christbaum. Dabei können Geschenke auch Begeisterung auslösen. Tipps, wo Berliner Besonderes finden können Die Buchbinderin bastelt seit 20 Jahren Schmuck, Uhren, Möbel aus Pappe – auch für Film und Fernsehen. Ihr Planetenmobile für Erwachsene (20 €) oder das Busen-Geduldspiel (6 €) sind er- schwinglich und einzigartig. Be- sonders Schönes bietet auch das KaDeWe (Tauentzienstr. 21–24) zum eigenen Geburtstag, wie etwa limitierte Tassen à la Walter Gropius (2er Set, 139 €). Die klei- nen, feinen im weihnachtlichen Goldmantel laden zum Rooibos aufs Sofa. Fürs Faulenzen wäh- rend der Feiertage fehlen dann nur noch die ausgefallenen 70er- Jahre-Kissen (50 €), kreiert von s.wert design (Rosenthaler Str. 71). Bedruckt mit dem Ku’damm- Eck oder dem Steglitzer Bierpin- sel passen sie perfekt zum Retro- Sofa. Sparsame könnten den Kul- turbeutel „Nimmit“ lieben (ab 15 €). Aus Segeltuch gefertigt, hält er wohl ein Leben lang. Die meisten Berliner Szenelä- den geben sich auch im Advent designig-kühl. Ein wenig Kling- Glöckchen-Kling findet sich dann aber doch – im 2211 (Alm- stadtstraße 5). Bei Dieter Froe- lich, dem studierten Beklei- dungsdesigner, der die Mode satt hatte und nun das Edle sammelt, leuchtet eine Mini-Weihnachts- pyramide mit Totenköpfen (8 €). „Das Must-have, welches gerade Promis kaufen“, sei allerdings der Porzellanmops in Silber (82 €). Jene, die schon alles haben, könnten dazu die „Windrider“ (9 €) vom Über-Store (Auguststr. 26a) überraschen. Die Hosen- beinschützer im Götterboten- look verleihen Fahrrädern sprichwörtlich Flügel. Originell ist auch die Garderobe aus Leder- bällen (139 €) oder das Porzellan zum Besticken (139 €). Weiter ramscht man bei „Edelramsch“ (Oranienburger 16) und findet den Speaky-Detektiv in Form von Schwein, Affe, Hund, Frosch (je 9,90 €). Das Tier hat 007-Qua- litäten – nimmt am Schlüssel- bund per Knopfdruck O-Töne auf und gibt sie auch wieder. Jetzt noch ins „Schön und Gut“ (Prenzlauer Allee 225), denn dort soll es Kurioses geben. Stimmt, etwa eine Lederhose, die jodelt und mit einer Wurst ferngesteu- ert wird (29,95 €) oder Actionfi- guren in Form von Einstein, Freud, Bach, Moses (je 12,95 €). Nun vielleicht noch etwas War- mes? Am besten im Café der Dia- konie-Werkstätten (Schönwalder Allee 26). Denn in der „Garten- laube“ ließe sich noch was ergat- tern. Vielleicht Keramik (ab 4 €) oder handgezogene Kerzen in Bruchoptik (ab 2,50 €). Die Uni- kate werden von 650 Behinder- ten mit Liebe und Geduld gefer- tigt. Über solch ein Geschenk kann sich jeder freuen – ehrlich. Café „Gartenlaube“: Mo.–Do. 8.30–17, Fr. 8.30–12 und Sa. 12–17 Uhr Zwei Drittel der Deutschen erledigen ihre Weihnachtseinkäufe erst zwei Wochen vorm Fest FOTO: ROLAND WEIHRAUCH/AP PHOTO alainmiklishop grolmanstr. 32–33 • 10623 berlin • tel: 030/36446956 e-mail: shop.berlin@mikli.com • internet: www.mikli.com Montag bis Freitag 10–20 h, Samstag 11–18 h und nach Vereinbarung FAX: O3O - 25 106 94 E-MAIL: ANZEIGEN@TAZ.DE tazthema geschenke 1./2. DEZEMBER 2007  DIE TAGESZEITUNG 35 Mit Spendenbrief und Siegel Vor Weihnachten schütteln noch mehr unseriöse Sammler als sonst ihre Spendenbüchsen. Um Verbrauchern zu signalisieren, dass Spenden wirklich Bedürftigen zugutekommen, lassen sich viele Hilfswerke zertifizieren mit dem Spendensignet des DZI um Unterstützung bitten. Weitere Orientierung auf dem Spendenmarkt bietet ein Zer- tifikat, das der TÜV Rheinland seit Anfang 2007 an Hilfsdienste vergibt. Es bestätigt, dass die Verwaltung der Organisation ef- fektiv arbeitet und Gelder nicht ANZEIGE ANZEIGE VON JANET WEISHART Wer gern köchelt, der fühlt sich zum Fest herausgefordert. In Ofen, Pfanne und schließlich in die Weihnachtspäckchen sollen kulinarische Überraschungen kommen. Plätzchenbacken ist in der Adventszeit angesagt wie nie. Aber spätestens nach fünf Jahren voller Vanillekipferl-Zimtstern- Tütchen für die Lieben will ein Kochjünger mehr. Weil Geschen- ke aus der Küche den Ruf des In- dividuellen genießen und 76 Pro- zent der Deutschen sagen, es gebe nichts Schöneres als Selbst- gerührtes oder -gebasteltes, kön- nen Hobbyköche selbstsicher und kreativ ans Werk gehen. Da- bei darf es ruhig mal scharf-sal- zig werden. Nuss und Mandel- kern à la Thai sozusagen. Also los. Eingekauft, und ab an den Herd. Pekannüsse, Salz, Zucker, Tabas- co, Sojasauce und ein ganzes Ge- würzarsenal stehen bereit. Bald raucht die Küche und wenig spä- ter der Kopf. Die Zwischenbilanz: Gewürze nehmen allzu viel Kreativität übel. Mal tötet Tabasco die Ge- schmacksknospen, ein andermal schmeckt alles nur nach Curry. Testnascher geben auch noch ihren Senf dazu – manchmal gar Pikante PräsenteWer mal über den Backblechrand hinausschauen will, sollte herzhafte Geschenke ausprobieren. Sarah Wiener empfiehlt einen Tomaten-Ingwer-Dip, Kolja Kleeberg eine Französische Entenrillette Wer kulinarische Geschenke selbst kreiert, braucht Ausdauer und einen guten Geschmack FOTO: WALDHAEUSL Spenden stimmt froh – das ha- ben Forscher der Universität Oregon nachgewiesen: Beim Spenden zeigen die Areale des Gehirns erhöhte Aktivität, die für das körpereigene Beloh- nungssystem zuständig sind. Wer anderen Gutes tut, ver- schafft sich also selbst ein Hoch- gefühl. Ein bestechender Grund zum Spenden. Doch gerade in der Weihnachtszeit buhlen un- zählige Organisationen um Gunst und Geldbeträge, auch Scharlatane und Ganoven. Damit Spendenwillige seriöse Sammler leichter erkennen können, hat das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) ein Spenden- siegel entwickelt. Das erhalten Hilfsorganisatio- nen, die nachweisen können, dass sie die gesammelten Gelder sparsam und nachprüfbar ver- wenden sowie wahr und sachlich für sich werben. Laut DZI hat fast ein Drittel der Erstanträge keinen Erfolg. Aktuell dürfen 227 gemeinnützige Organisationen fürs Geldsammeln verschwen- det werden. An der Entwicklung der Standards beteiligten sich unter anderen Ärzte ohne Gren- zen, Missio und die Welthunger- hilfe. Die TÜV-Zertifizierung soll das DZI-Siegel ergänzen. Wäh- rend das DZI die Seriosität der Verbände überprüft, kontrolliert der TÜV Abläufe und Strukturen. Ein Nachweis von Qualität ist der TÜV-Stempel jedoch nicht. Eine Organisation, die weder DZI- noch TÜV-Siegel vorweisen kann, muss aber nicht unredlich sein. Kleine Hilfsvereine können sich eine Zertifizierung oftmals nicht leisten. Vorsicht sei jedoch immer bei Spenden an der Haus- tür oder auf der Straße geboten, sagen Verbraucherschützer. Spendenwillige sollten sich den Sammelausweis zeigen lassen und darauf achten, dass die Spendenbüchse verplombt ist. Grundsätzlich gilt: Wer sich überredet oder unter Druck ge- setzt fühlt, sollte ablehnen. Se- riöse Sammler lassen einem Spender Zeit und haben Infor- mationsmaterial und ein Über- weisungsformular dabei. Auf- passen muss man auch bei Ver- trägen zu sogenannten Förder- mitgliedschaften, da für sie das zweiwöchige Rücktrittsrecht für Haustürgeschäfte in der Regel nicht gilt. Will jemand für ein bestimm- tes Projekt spenden, muss er auf seine Überweisung das entspre- chende Stichwort schreiben. Die Organisation darf das Geld dann nur dafür verwenden. Verbrau- cherschützer empfehlen aber, auf das Stichwort zu verzichten, damit das Geld dort eingesetzt werden kann, wo es am nötigsten gebraucht wird. Zudem sollten Spendengelder nicht gestreut, sondern lieber größere Summen an eine oder wenige Organisa- tionen überwiesen werden: Das hält den Verwaltungsaufwand gering. PIA M. SOMMER Liste der Organisationen mit DZI-Siegel unter www.dzi.de keinen schlechten. Nach dem siebtem Versuch sagt schließlich einer: „Darin möchte ich begra- ben werden.“ Endlich ein Erfolg – und der geht so: 1 Esslöffel But- ter, 1 Teelöffel Sesamöl, 1,5 Esslöf- fel Zucker, 1/2 Teelöffel Salz, 1/2 Teelöffel Tabasco, 1 Esslöffel Worcestershiresauce, 1/2 Teelöf- fel Sojasauce, 1 Prise scharfes Paprikapulver, 1/2 Teelöffel klein gehackte Rosmarinnadeln zu- sammen in die Pfanne geben. Unter Rühren erhitzen, eine Mi- nute kochen lassen, eine Tasse Pekannüsse dazu und vier Mi- nuten ständig rühren. Anschlie- ßend bei 100 Grad Celsius im Ofen 15 Minuten rösten, ausküh- len, abpacken. Wer will, variiert mit Curry oder Kreuzkümmel. Das Fazit: Selbstkreierte kuli- narische Geschenke brauchen Zeit. Wer die nicht hat, fragt lie- ber gleich die Profis. Am besten Berlins charmante Köchin Sarah Wiener. Die gebürtige Österrei- cherin verschenkt zum Fest gern Kekse, Nudeln, Marmelade. taz- Lesern empfiehlt sie ihren Toma- ten-Ingwer-Dip. Dafür kauft Sa- rah Wiener je nach Bedarf Toma- ten, Schalotten, weißen Balsami- co, frischen Ingwer, Knoblauch, Chili, Salz und Pfeffer ein. „Als Erstes blanchiere ich die Toma- ten, entferne das Kerngehäuse und schneide alles klein“, erklärt sie. Der Rest ist schnell erzählt: Die Schalottenwürfel werden in Öl angeschwitzt, mit etwas Bal- samico abgelöscht und mit ge- schältem, geraspeltem Ingwer vermischt. Jetzt Knoblauch und Honig ganz nach Gusto, dann die Tomaten rein plus Gewürze nach Wunsch. Abschmecken nicht vergessen! Kühlen, ins Einweck- glas, Schleifchen drum, fertig. Ingwer, Curry – wo bleibt da die Tradition? Kolja Kleebergs Französische Entenrillette bietet eine mögliche Antwort. Der Ber- liner Spitzenkoch, der „außer zu Mutters und Vaters Früchtebrot“ kaum zu Süßem greift, aß die Ril- lette im Frankreichurlaub und kochte sie daheim sofort nach. Eine Leckerei, die gut vorbereitet sein will. Spätestens drei Tage vorm Fest muss mit dem Salzen der vier Entenkeulen begonnen werden. Denn sie sollen zwei Tage lang pökeln. „Erst dann wäscht man das Salz ab, legt die Keulen in 500 Gramm Enten- schmalz und kocht alles bei 120 Grad Celsius weich“, sagt der Gastronom. Wer es typisch weih- nachtlich mag, fügt außer Pi- ment und Pfeffer noch Nelken oder Zimt hinzu. Nach etwa drei Stunden alles auf ein Sieb geben und das Fett separat auffangen. Beim Fleisch Adern, Sehnen, Knochen entfernen, mit zwei Gabeln zerpflücken. Kleeberg: „Am Ende mischt man Fleisch und Fett und füllt alles in ein Schraubglas. Obenauf noch et- was Schmalz, so hält der Auf- strich etwa sechs Wochen.“ Exklusive Erlebnistour mit der Fahrradrikscha! Genießen Sie den Luxus der Langsamkeit Geschenkgutscheine, Stadtrundfahrten, Rikschaverleih www.berlin-rikscha-tours.de • Tel.0163-30 77 297 GOLTZSTRASSE 18 · SCHÖNEBERG TELEFON: 216 59 50 Mo – Fr 15.00 bis 18.30 • Sa 11.00 bis 15.00 Schreibtische • Bücherschränke • Planschränke Rollladenmöbel • Notenschränke Antike Studiermöbel restauriert und gut erhalten. 19. Jhd. bis 20er Jahre DAS ALTE BUREAU www.das-alte-bureau.de Krumme Str.35 / Ecke Goethestraße Berlin Charlottenburg ¤ 3150 98 82 Mo-Fr 11-19 Uhr Sa 10-16 Uhr Schwedischer Weihnachtsbasar 1 . und 2. Dezember 2007 Sonnabend 10-19 Uhr Sonntag 12-18 Uhr Schwedische und norwegische Erzeugnisse in großer Auswahl Tombola, Imbiss Lucia, unsere Lichterkönigin, kommt an beiden Tagen gegen 16 Uhr Landhausstraße 26 in Berlin-Wilmersdorf U-Bahn U 7 und U 9 (Berliner Straße) Bus 104 (Landhausstraße) HammettKrimibuchhandlung Mo-Fr 10-20, Sa 9-16 Friesenstraße 27 Berlin-Kreuzberg Fon: 030 - 691 58 34 www.hammett-krimis.de Kleinanzeigen online aufgeben? www.taz.de