Gesetz zur Modernisierung der Berliner Psychiatrie

erarbeitet von Roman Czyborra aus dem SPD-Ortsverband Rixdorf am 13. Oktober 2007

Zur Modernisierung der Berliner Psychiatrie ergehen folgende Änderungen am Berliner Gesetz für psychisch Kranke (PsychKG):

§30 (Behandlung) Absatz (2) wird ergänzt: "Der Untergebrachte hat einen Anspruch auf unterstützende kognitive Psychotherapie. Betäubende Zwangsmedikation ist verboten (§224 StGB)."

§35 (Telefongespräche, Telegramme und andere Arten der Nachrichtenübermittlung) wird ergänzt: "(3) Der Untergebrachte darf sein persönliches Mobiltelefon zur Selbsthilfe und Pflege seiner sozialen Kontakte beibehalten. Auf seiner Station hat er zur Recherche und Kommunikation ein frei zugängliches Internetterminal sowie einen öffentlichen Hotspot vorzufinden. Der Einrichtung übergebene Broschüren von Betroffenenorganisationen, Selbsthilfegruppen, Psychiatrie-Beschwerdestellen, Rehabilitationskliniken, Rechtsanwälten, Therapeuten und antipsychiatrischen Einrichtungen sind dem Untergebrachten zugänglich zu machen."

§36 (Offene Unterbringung) wird ergänzt: "(3) Der Untergebrachte ist möglichst mit Mitpatienten des gleichen Problembildes zusammen unterzubringen. Der Untergebrachte hat während der Unterbringung Recht auf Ausübung seiner Sexualität, soweit dies nicht durch andere Gesetze beschränkt ist."

Begründung

Das Berliner PsychKG ist 1985 von der CDU verabschiedet worden. Seitdem hat es Umwälzungen in der Kommunikationstechnik gegeben und die Mehrheitsverhältnisse in Berlin haben sich geändert, was eine Anpassung des PsychKG erlaubt.

Zu § 30: Die neuere Psychosenforschung zeigt, dass kognitive Methoden selbst schwersten psychischen Störungen beikommen können, während Psychopharmaka oft mit gesundheitsschädlichen Nebenwirkungen behaftet sind, auf die man sich schon freiwillig einlassen muss.

Zu § 35: In der Station 152 der Charité ist der Gebrauch von Mobiltelefonen erlaubt, um das auch vorhandene Patiententelefon zu entlasten. Im Krankenhaus Neukölln ist die Benutzung von Mobiltelefonen verboten, angeblich um medizinische Apparatur nicht elektromagnetisch zu stören. Dies ist aber auf den psychiatrischen Abteilungen mangels nicht funkentstörter Geräte nicht mehr zeitgemäß. Das Wegnehmen der Mobiltelefone behindert die Untergebrachten auf unnötige Weise in ihren sozialen Kontakten und wirkt depressogen.

Das Internet ist eine unschätzbare Ressource in der therapeutischen Arbeit, da hier Informationen und Tipps zum Krankheitsbild gefunden werden können und sozialarbeiterische Tätigkeiten wie Kontakt mit Angehörigen, Arbeitgebern und Ämtern, Rücktritt von im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit geschlossenen Verträgen, Wohnungs- und Beschäftigungssuche und dergleichen mehr eigenverantwortlich verfolgt werden können.

Die Werbematerialien von Selbsthilfegruppen und ähnlichem werden von den in der Psychiatrie Angestellten immer noch als aufwiegelnde Konkurrenz angesehen und weggeworfen, obwohl die Selbsthilfearbeit von den Krankenkassen, den niedergelassenen Ärzten, der Regierung und der Wissenschaft als sehr effizient gewertschätzt wird.

Zu § 36: Während die Berliner Universitätskliniken ihre Psychiatriepatienten bereits nach Störungsbildern sortieren, arbeiten die Gemeindepsychiatrien in Berlin noch nach dem Konzept der Vermischung unterschiedlichster Störungsbilder. Dies behindert jedoch einen Peer-to-peer-Austausch mit erfahrenen Experten in eigener Sache und Impulse einer gegenseitigen Ansteckung mit gesundmachenden Ideen, führt zu Gefühlen des Alleinseins und sollte umorganisiert werden.

Depressionen, Aggressivität und psychotische Krisenbewältigungsstrategien resultieren oft aus Einsamkeit. Liebe und konsensuelle Sexualität sind hier heilende Kräfte. Das Phänomen des Kurschattens einer Liebschaft im Krankenhaus tritt häufig auf und sollte nicht mit Sittlichkeitsvorstellungen aus dem viktorianischen Zeitalter unterbunden werden.