Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. Dezember 2012 Seiten 26357 bis 26368 Vizepräsidentin Petra Pau: Ich rufe die Tagesordnungspunkte 24 a und 24 b auf: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes – Drucksache 17/10572 – – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Renate Künast, Bärbel Höhn, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Tierschutzgesetzes (TierSchGNeuregG) – Drucksache 17/9783 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) – Drucksache 17/11811 – Berichterstattung: Abgeordnete Dieter Stier Heinz Paula Alexander Süßmair Undine Kurth (Quedlinburg) b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über den Stand der Entwicklung des Tierschutzes 2011 (Tierschutzbericht 2011) – Drucksachen 17/6826, 17/11811 – Berichterstattung: Abgeordnete Dieter Stier Heinz Paula Alexander Süßmair Undine Kurth (Quedlinburg) Zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Tierschutzgesetzes liegen ein Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie je ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Die Linke vor. Über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD werden wir später namentlich abstimmen. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege Dieter Stier für die Unionsfraktion. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit der Ministerin, was ist denn mit Frau Aigner? Was ist denn das? Warum spricht die Ministerin nicht? Frau Aigner, drücken Sie sich hier?) Dieter Stier (CDU/CSU): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir verabschieden heute die dritte Novelle zum Tierschutzgesetz. Wir legen damit die Messlatte in Sachen Tierschutz (Ulrich Kelber [SPD]: So tief es nur geht!) im internationalen Vergleich noch einmal ein ganzes Stück höher. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso ist denn die Vorsitzende des Tierschutzbundes Niedersachsen aus der CDU ausgetreten?) – Lieber Herr Trittin, ich weiß gar nicht, warum Sie zu später Stunde so schreien. – Derzeit gibt es kein anderes Land in der Welt, das in Sachen Tierschutz, Tierzucht und Tierhaltung höhere Standards umgesetzt hat als Deutschland. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Waren Sie mal im Emsland in einem Geflügelstall? Gehen Sie da mal rein!) Entscheidend ist jedoch, dass wir innerhalb der Euro- päischen Union einheitliche Tierschutzstandards erreichen wollen, damit die Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet ist. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! In Massentierhaltung!) Eine zu ehrgeizige Übererfüllung von EU-Tierschutzvorgaben würde eindeutig Wettbewerbsnachteile für deutsche Tierhalter bewirken. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN]: Wettbewerbsnachteile bei der Tierquälerei, oder was?) – Wissen Sie, lieber Herr Trittin, ich hatte eine gute Kinderstube. Mir wurde gesagt, ich solle einmal zuhören und nicht ständig dazwischenrufen. – (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Sie sollen sich mal mit der Realität auseinandersetzen, mit der Massentierhaltung im Emsland! Das würde ich Ihnen raten!) Damit würden wir die Nutztierhaltung in Deutschland gefährden. Ich sage Ihnen deutlich: Wir wollen das nicht. Die Union unterstützt weiter gehende, höhere Tierschutzstandards in Deutschland auf freiwilliger Ebene, (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo denn?) unter anderem durch Investitionsförderung. Wer freiwillig Ställe unter Berücksichtigung höherer Tierschutzstandards baut, der erhält höhere Fördersätze. Ich befürworte derartige Anreizsysteme auf freiwilliger Basis. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die durfte doch nichts mehr machen! Das ist wahrscheinlich auch so ein Glühwürmchen von Seehofer!) Ich darf Sie an die erst vor kurzem geführte Haushaltsdebatte erinnern. Mit der Förderung von Modellund Demonstrationsvorhaben in Höhe von 21 Millionen Euro stellen wir bis zum Jahr 2016 die Weichen für die Weiterentwicklung eines praktikablen, forschungsbasierten Tierschutzes in der Landwirtschaft. Wir unterstützen uneingeschränkt die Bemühungen der Bundesregierung und der Wirtschaft, auf der Grundlage dieser Forschungsprojekte praxistaugliche Alternativen, insbesondere zur betäubungslosen Ferkelkastration, zu entwickeln. (Heinz Paula [SPD]: Sankt-Nimmerleins-Tag!) Unsere hohen Standards in Deutschland möchten wir auf den EU-Binnenmarkt übertragen, um damit unsere europäischen Nachbarländer in Zugzwang zu bringen. (Heinz Paula [SPD]: Oh! Jetzt aber! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beim Schenkelbrand oder bei der Ferkelkastration?) Dieter Stier Ich sage ganz deutlich: Es bringt wenig, wenn wir in Deutschland nur Insellösungen anstreben. Damit würden wir die Tierhaltung aus Deutschland verbannen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Lieber Herr Paula, zu Ihren Zwischenrufen: Wenn ich die heutige Pressemitteilung des SPD-Landesverbandes Niedersachsen zum Tierschutz lese, dann glaube ich persönlich, dass sich die deutsche Sozialdemokratie von Arbeitsplätzen in der landwirtschaftlichen Tierhaltung bereits völlig verabschiedet hat. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ich jedenfalls setze große Erwartungen in die nächste WTO-Runde, (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die wird nie fertig! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warten, tricksen und umorientieren!) damit wir auf dieser Ebene höhere Umweltund Tierschutzstandards international verankern können. Ich bleibe auch dabei: Tierschutz verbessern geht nur mit den Tierhaltern und nicht gegen sie. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum treten eigentlich die ganzen Tierschützer aus der CDU aus, Herr Stier?) – Lieber Herr Trittin, ich mache mir große Sorgen, wenn wir in wesentlich kürzerer Zeit in diesem Haus die Be schneidung von kleinen Jungen ohne sachgemäße Betäubung erlauben, aber eine seit Jahrhunderten bewährte Kennzeichnungsmethode bei Pferden mit großem Ge- töse der Opposition verbieten wollen. (Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: So ist das! – Heinz Paula [SPD]: Das ist ja unerträglich! Jetzt ist aber Schluss! – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt wird es aber ganz bitter!) Ich meine, hier stimmt irgendetwas in Deutschland nicht. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Ja, in Ihrem Kopf!) Die teilweise emotional geführte Debatte im Tierschutzbereich ist in meinen Augen scheinheilig. Wir haben – Sie waren alle dabei – eine Anhörung zum Gesetzentwurf durchgeführt. Der Tierschutzbericht gibt die Lage in diesem Bereich realitätsnah wieder. Vielen Dank an die Ministerin, an die Bundesregierung und das BMELV. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die bedankt sich! Allerdings!) Allerdings zieht die Koalition andere Schlüsse daraus als die Opposition. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die hat schon beschlossen, hier aufzuhören, weil sie das nicht mehr aushält!) Das ist auch gut so für Deutschland. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ein wesentlicher Punkt der Tierschutznovelle ist die Umsetzung der EU-Tierversuchsrichtlinie in deutsches Recht; ein hoher Schutz der Versuchstiere wird hier verstetigt. Wir stärken zudem die betriebliche Eigenverantwortung der Tierhalter. Künftig sollen Landwirte Tierschutzindikatoren erheben können und bewerten, um gegebenenfalls Verbesserungen im Stall vorzunehmen. Die betäubungslose Ferkelkastration soll noch bis Ende 2018 Bestand haben. Ein Bericht über praxistaugliche Alternativen soll von der Bundesregierung bis 2016 vorgelegt werden. Auch am bewährten Schenkelbrand zur Kennzeichnung von Pferden halten wir fest. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ab 2019 wollen wir weitere Verbesserungen durch die Anwendung lokaler Betäubungsmittel, (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind Sie doch gar nicht mehr da!) die noch entwickelt werden müssen, erreichen. Wir ändern auch Regelungen zur Qualzucht. Wir ermöglichen Verordnungsermächtigungen der Länder bezüglich der Problematik wildlebender herrenloser Katzen und haben damit Anregungen des Bundesrates aufgegriffen. Seit vielen Jahren steht die Union in einem gesellschaftlichen Dialog mit den Bürgern und Landwirten, (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eher ein Selbstgespräch!) um den deutschen Tierschutz stetig weiterzuentwickeln, und zwar mit Erfolg. Mit dem heute zu verabschiedenden Gesetzentwurf der Koalition haben wir den Spagat geschafft, höhere Tierschutzstandards im Einklang mit der gesamten Branche und der Wissenschaft durchzusetzen. Darauf können wir stolz sein. Ich bitte Sie deshalb bei den anstehenden Abstimmungen um Zustimmung zu unserem Entwurf. Den Gesetzentwurf vom Bündnis 90/ Die Grünen lehnen wir ab. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Petra Pau: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich konstatiere erfreut, dass schon zu Beginn dieses Tagesordnungspunktes, über den wir nachher namentlich abstimmen wollen, so viele Kolleginnen und Kollegen hier im Raum sind. (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Der Unterhaltungswert ist auch hoch!) Schon jetzt wird deutlich, dass in allen Fraktionen bisher sehr viel Diskussionsbedarf bestand. Offensichtlich ist auch heute, bis zur Abstimmung, noch Diskussionsbedarf vorhanden. Das ist erst einmal das Erfreuliche. Aber ich bitte sowohl die Rednerinnen und Redner als auch diejenigen, die sich zuhörend, zwischenrufend oder sonst irgendwie beteiligend hier im Saal befinden, einfach darauf zu achten, dass wir uns sowohl bei der Vizepräsidentin Petra Pau Argumentation als auch bei den Zwischenrufen einer parlamentarischen Wortwahl befleißigen. Ich will gar nicht einzelne Dinge, die ich hier gerade identifiziert habe, im gesamten Rund noch einmal nennen. Ich denke, auf diesem Wege kommen wir nachher auch zu einer sachgerechten Entscheidung. (Beifall der Abg. Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU] und Hans-Michael Goldmann [FDP]) Das Wort hat der Kollege Heinz Paula für die SPDFraktion. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Heinz Paula (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Welchen Stellenwert die Regierungskoalition diesem Thema beimisst, zeigt allein die Tatsache, dass ursprünglich geplant war, diese Debatte um 1.30 Uhr zu führen. Überdeutlich wurde das auch an den Äußerungen meines Vorredners, auf die ich nicht weiter eingehen möchte. Das hat sich erübrigt. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir können sehr gut nachvollziehen, dass Sie das Tageslicht scheuen, bei dem Murks, den Sie uns hier vorlegen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Hallo! Ist das das Einzige, was Sie hier vorzutragen haben? Bisher haben Sie nur Sprüche erzählt!) Das, was Sie uns hier vorlegen, enthält kaum Verbesserungen für den Tierschutz. Dabei hat die erste Lesung Anlass zu Hoffnung gegeben, als Kollege Goldmann davon sprach, dass wir eine gemeinsame Lösung suchen würden. Und dann dieses Ergebnis. Die TZ aus München unterstreicht es deutlich und klar: „Aigners kastrierte Tierschutzreform.“ Das steht in der gestrigen Ausgabe. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Man muss nur ein paar Punkte herausgreifen und etwas näher beleuchten, zum Beispiel diesen: Aigner kündigt ein Ausstellungsverbot von Qualzuchten an. Was macht Ihre Koalition? Das Verbot wird gestrichen und die Verantwortung an die Fachverbände weitergegeben. Dabei hatten uns gerade die Fachverbände gebeten, hier klare Regelungen auf den Weg zu bringen, ähnlich den Regelungen in Österreich. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Stimmt ja nicht!) Zweitens. Aigner verkündet: Schluss mit dem Schenkelbrand bei Pferden. Die eigene Koalition sagt: Diese Verbrennung dritten Grades bleibt. (Dieter Stier [CDU/CSU]: Ja! Die Sachver- ständigen haben etwas anderes gesagt!) Das ist angeblich ein Kulturgut. Dabei ist das nichts anderes als eine erhebliche Verletzung der Tiere. Letztlich ist das nur billige Werbung für die Pferdezuchtverbände. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kollege Goldmann, ich darf Sie zitieren. In der ersten Lesung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes am 28. September 2012 sagten Sie: Wenn es tierschutzrechtlich nicht möglich ist, den Schenkelbrand weiter zu setzen, weil ein Chip das erfüllt, was wir vom Schenkelbrand erwarten, (Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Das tut er ja nicht!) dann dürfen wir nicht mehr brennen. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wenn wir das nicht hier im Parlament entscheiden, – ich fahre mit dem Zitieren fort – dann entscheidet es ein Gericht. Sie bringen ein Gesetz auf den Weg, obwohl Sie schon jetzt genau wissen, dass es in Kürze ein entsprechendes Gerichtsurteil geben wird. Dritter Punkt. Aigner verkündet: Schluss mit der betäubungslosen Ferkelkastration. Die Koalition sagt dazu, Frau Aigner: Ferkel dürfen weiterhin ohne Betäubung kastriert werden. Dabei gibt es längst zig Alternativmethoden: Ebermast, Improvac, Isofluran. Der Impfstoff Improvac ist in über 50 Ländern zugelassen, wird dort täglich angewendet und hat sich bestens bewährt. Warum nehmen Sie nicht endlich die Wirklichkeit zur Kenntnis? Warum leugnen Sie wider besseres Wissen? Sie lassen weiterhin millionenfache Tierquälerei zu. Unerträglich! (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Statt konstruktive Gespräche zu führen und gemeinsame Lösungen zu finden, geriet das gesamte Verfahren zu einer einzigen peinlichen Farce. Es gab an den Haaren herbeigezogene Pseudoargumente, und anerkannte wissenschaftliche Studien gegen den Schenkelbrand werden von Ihnen einfach nicht zur Kenntnis genommen. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Wir alle waren fassungslos, dass selbst ein Kosmetikexperte für Sie herhalten musste, (Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD]: Botoxspezialist!) um Ihre speziellen Thesen zu untermauern. Dabei ist doch offensichtlich, dass Sie mit dem Schenkelbrand eindeutig gegen die EG-Verordnung 504/2008 verstoßen. Ungeniert macht sich die Union aus wahltaktischen Gründen zum Sprachrohr einzelner Interessengruppen und streicht aus dem Entwurf der Ministerin die wenigen Heinz Paula von ihr angedachten Verbesserungen. Frau Ministerin, auf gut Bayrisch: Das war eine mordsdrum Watschn, die Ihnen Ihre eigene Partei verpasst hat. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Frage an die Kolleginnen und Kollegen der CDU/ CSU und der FDP: Wann kommen Sie endlich im 21. Jahrhundert an? (Zurufe von der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nie! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im 22. Jahrhundert!) Merken Sie überhaupt nicht, dass die Menschen längst eine bessere Tierhaltung einfordern? Sie wollen endlich Taten statt billiger PR-Aktionen sehen. Kennen Sie eigentlich die Umfrage, die Ihr eigenes Ministerium in Auftrag gegeben hat, nicht? 89 Prozent der Bevölkerung wollen mehr Tierwohl und nicht weniger, so wie Sie es hier vorantreiben wollen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Auch ist interessant, dass viele Landwirte – im Gegensatz zu Ihnen – schon lange erkannt haben, dass tiergerechte Haltung ihre Zukunftsfähigkeit sichert. Aber sie brauchen jetzt endlich auch wirksame Unterstützung aus der Politik. Mit einem billigen Weiter-so erweisen Sie den Bauern in unserem Land wahrlich einen Bärendienst. Auch Wirtschaft und Handel sind längst einen Schritt weiter. Sie wissen es doch: Carrefour, Lidl und Rewe bieten in Belgien nur noch Fleisch von nicht kastrierten Schweinen an. McDonald‘s geht ganz konkret richtige Schritte. Selbst Wiesenhof führt inzwischen ein Tierwohllabel ein. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Herr Paula, heute Morgen waren Sie mir noch lieber!) Selbstverständlich ist da noch Luft nach oben, aber immer mehr Anbieter erkennen – im Gegensatz zu Ihnen – die Zeichen der Zeit. Werfen Sie doch einmal einen Blick auf die katholische und die evangelische Kirche. Die 24. Landessynode der evangelisch-lutherischen Kirche Hannover betont – ich darf jetzt zitieren –: Christliche Werte gehen einher mit unserer tiefen Verantwortung und Verpflichtung für die Mitgeschöpfe. Wir können die Schöpfung und die Würde der Tiere nur bewahren, indem wir sie auch schützen. (Dieter Stier [CDU/CSU]: Jeder Landwirt macht das!) – Herr Stier, hören Sie einmal zu; das würde Ihnen sehr gut tun. (Dieter Stier [CDU/CSU]: Mache ich!) Ich zitiere weiter: Unabdingbar ist es darum, bei Haltung, Transport und Schlachtung von Tieren die Angst-, Schmerzund Leidfreiheit zu garantieren und alles menschlich und technisch Mögliche dafür zu tun und bereitzustellen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Kolleginnen und Kollegen der Union, besinnen Sie sich doch bitte einmal auf das C in Ihrem Parteinamen, (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie hieß das doch?) christlich, und handeln Sie vor allen Dingen entsprechend. Nehmen Sie doch endlich auch einmal den Auftrag des Grundgesetzes an: Der Staat schützt die Tiere. Lassen Sie sich nicht ständig von einigen Wortführern der Agrarlobby, auch in Ihren eigenen Reihen, vereinnahmen. Sie haben hier und jetzt die große Chance, den gesellschaftlichen Ansprüchen unserer Zeit gerecht zu werden und zugleich Weichen für eine zukunftsorientierte Landwirtschaft zu stellen. Bisher haben Sie die Chance leider verpasst. Sie haben sämtliche Anträge von uns zur Verbesserung des Tierschutzes rigoros abgelehnt. Heute haben Sie wiederum die Chance. Stimmen Sie unserem Entschließungsantrag zu. Er enthält eine Reihe von Punkten, die sowohl die Kirchen als auch die Verbände, Ihre Bundesländer und vor allen Dingen die Menschen im Lande fordern. Machen Sie endlich Schluss mit überflüssiger Tierquäle- rei. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das haben Sie in der Schule nicht gelernt!) Abschließend darf ich Ihnen allen eine schöne Weihnachtszeit wünschen. Manchen wünsche ich mehr und bessere Einsicht im neuen Jahr. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Solche Lehrer braucht das Land, Oberlehrer wie Sie!) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Hans-Michael Goldmann für die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Hans-Michael Goldmann (FDP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Paula hat im Hinblick darauf, dass wir hier fast zu mitternächtlicher Zeit debattieren, gefragt, ob wir bei diesem Thema irgendwie das Licht des Tages vermeiden wollten. Ich kann Ihnen sagen: Ich war beim Thema Tierschutz heute den ganzen Tag unterwegs. Hans-Michael Goldmann Ich will im Folgenden an dem, was ich heute erlebt habe, deutlich machen, dass wir gemeinsam dafür sorgen müssen, Herr Paula, dass wir die Basis unserer Arbeit – die Verankerung des Tierschutzes im Grundgesetz; es ist im Grunde genommen ein Tierschutzgesetz, um das uns viele Länder in der Welt und auch viele Länder in Europa beneiden – nicht verlieren. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU) Ich war heute Morgen in der Charité. Dort wurde der 31. Tierschutz-Forschungspreis verliehen, und zwar an einen Forscher, Herrn Dr. Herwig, der sich im Bereich der Tierversuche und der Tierschutzforschung insgesamt mit dem Thema beschäftigte: Was kann man an Zellkulturen feststellen, um vorbeugend Leberkrebs zu erkennen? Die Ideen, die da entstanden sind, sind in besonderer Weise geeignet, den Schutz des Verbrauchers vor Chemikalien sicherzustellen. Das Verfahren ist darüber hinaus sehr geeignet, Tierversuche zu ersetzen. Der Auslöser für dieses Dritte Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes war, dass wir die Tierversuchsrichtlinie der EU in nationales Recht umsetzen mussten. Wir sind da auf einem sehr guten Weg, der darauf abzielt, dass möglichst wenig Tierversuche durchgeführt werden, dass möglichst viele Tierversuche durch alternative Verfahren ersetzt werden. Wir sind im Moment dabei, die Chemikalienrichtlinie der EU umzusetzen; damit verbunden ist die Prüfung von Tausenden von Chemikalienpräparaten. Heute finden sich in den Produkten eines normalen Baumarktes mindestens hunderttausend Chemikalien, die der Chemikalienkontrolle unterliegen. Für diese Chemikalienkontrolle brauchen wir Tierversuche. Wir sollten uns daher darauf verständigen, dass wir in diesem Bereich eine sehr anspruchsvolle Situation haben, die wir durch die Umsetzung der Richtlinie in diesem Gesetz einer guten Lösung zuführen. Ich finde, diese Gemeinsamkeiten sollten hier einmal zum Ausdruck gebracht werden, anstatt dass Geplänkeldiskussionen geführt werden. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) – Ich kann Sie leider nicht verstehen, Frau Roth; aber Sie können sich gerne melden. Ich möchte betonen, dass wir innerhalb dieses Dritten Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes den einen oder anderen Baustein zu einem guten Tierschutz hinzufügen. Dass das dem einen oder anderen noch zu wenig ist, akzeptiere ich hundertprozentig. Ich muss aber ganz ehrlich sagen: Was die Grünen in ihrem Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Tierschutzes an Vorstellungen eingebracht haben, ist fern von jeder Lebensrealität und hat den Kardinalmangel, dass die Rechte des Tieres, die aus der Verankerung im Tierschutzgesetz erwachsen, den Rechten des Menschen aus diesem Gesetz gleichgesetzt werden sollen. Wenn Sie das machen, dann leitet sich daraus eine Folgeentwicklung ab, die nicht die meinige ist. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ich bin ein Freund von Tieren; aber ich mache schon einen Unterschied zwischen dem Tier als Mitgeschöpf und dem Menschen. Ich finde, man sollte fairerweise sagen: Auch was Sie, Herr Paula, und was die Linken an Vorstellungen haben, ist schlicht und ergreifend nicht geeignet, eine vernünftige Tierschutzpolitik in Deutschland fortzusetzen. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/ CSU – Heinz Paula [SPD]: Ach was!) Im Ergebnis würde Tierhaltung verlagert in Länder, die weniger gute Tierschutzansätze haben als wir. Ich bin ein Liberaler. Deswegen bin ich stolz darauf, dass in diesem Gesetz, wie es in den Koalitionsverhandlungen festgehalten wurde, der Gedanke der Eigenverantwortung gestärkt wird. Ich möchte nicht, dass der Staat oder der Kontrolleur oder der Veterinär – mein Berufsstand – darüber bestimmt, was Tierschutz ist. Ich will, dass die Verantwortung bei dem liegt, der das Tier hält. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) – Ja, Frau Künast: Das gilt auch für die Heimtiere. Das gilt beim kleinen Fifi und das gilt beim Kanarienvogel genauso viel wie beim Schwein oder beim Rind in der Nutztierhaltung. Ich finde, da sollten wir uns erst einmal einig werden und sagen: Der Gedanke der Eigenverant- wortung wird durch dieses Gesetz wesentlich gestärkt. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU) Der Gedanke der Eigenverantwortung wird bei den Bestandskontrollen über Tierschutzindikatoren gesichert. Lieber Herr Trittin, ich weiß, warum Sie vorhin ein bisschen Tobeanfälle hatten: Das ist nämlich ein Riesenthema bei der Landtagswahl in Niedersachsen am 20. Januar. Nur, die Tierschutzindikatoren, die in Niedersachsen gelten und von Ihrer Fraktion, den Grünen, begrüßt werden, sind in diesem Gesetz verankert. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU) Lassen Sie mich jetzt noch einen anderen Punkt ansprechen, nämlich die sogenannte Qualzucht. Damit überhaupt keine Diskussion entsteht: Qualzucht ist verboten, und für qualgezüchtete Tiere gibt es deswegen natürlich automatisch ein Ausstellungsverbot. Ich bin aber der Meinung, dass es nicht richtig ist, sozusagen erst am Ende den Ausschluss des Tieres herbeizuführen, sondern richtiger wäre es, dass der Züchter darauf achtet, dass überhaupt keine Qualzucht stattfindet. Das ist ein anderer gedanklicher Ansatz, der wieder aus dem Gedanken der Eigenverantwortung kommt. Nun noch einmal zur Kastration: Es ist in Ordnung, wenn wir zu anderen Methoden als die kommen, die wir im Gesetzentwurf verankert haben. Warum denn nicht? Bitte schön! NEULAND praktiziert sie schon jetzt, aber 26362 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. Dezember 2012 Hans-Michael Goldmann NEULAND hat einen verschwindend geringen Marktanteil, weil der Verbraucher zum Teil nicht bereit ist, den Preis zu zahlen, der notwendig ist. (Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Ach!) – Ja, das stimmt doch. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS90/ DIE GRÜNEN]: Ich dachte, es geht um die Wettbewerbsfähigkeit! Herr Stier hat doch von Wettbewerbsfähigkeit gesprochen!) – Herr Trittin, wenn Sie der Meinung sind, dass das Impfen der Tiere mit Improvac als Kastrationsmethode marktfähig ist, dann sorgen Sie mit dafür, dass das zum Tragen kommt. Das können Sie durchaus auf den richtigen Weg bringen. Ich meine, beim Thema Kastration sind wir auf einem guten Weg. (Lachen des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) – Herr Trittin, ich weiß nicht, warum Sie jetzt lachen. Ich bitte darum, dass der eine oder andere vielleicht auch einmal ein bisschen Respekt hat. Ich will noch ein Thema ansprechen, das wir bitte gemeinsam transportieren. In diesem Gesetzentwurf ist verankert – – wurfs weiterhin gute Tierschutzarbeit in Deutschland leisten. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Alexander Süßmair für die Fraktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN) Alexander Süßmair (DIE LINKE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ein Gruß an alle, die uns jetzt noch live im Internet verfolgen. (Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh!) – Ja, es gibt durchaus einige, die diese Debatte sehr wohl interessiert, auch wenn sie zu so später Stunde stattfindet. Den Gefallen, nicht zuzuhören, tun wir und die Bevölkerung Ihnen nicht. Wir befassen uns heute mit Ihrem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes. Es ist schon erwähnt worden: Anlass war eigentlich die Überführung der EU-Tierversuchsrichtlinie in deutsches Recht. Aber was haben Sie gemacht? Sie haben diese Richtlinie nicht eins zu eins übernommen, sondern dazu benutzt, Verschlechterungen über die Hintertüre einzuführen. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Meine lieben Damen und Herren von der CDU/CSU und FDP, dass eine Richtlinie, die zur Verbesserung des Tierschutzes gedacht ist, dazu missbraucht wird, Verschlechterungen einzuführen, halte ich nun wirklich für einen absoluten Skandal. Das lehnen wir strikt ab, damit das klar ist. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Man hätte die Chance nutzen können, eine umfassende Novellierung, Anpassung, Aktualisierung und Modernisierung des deutschen Tierschutzrechts vorzunehmen. Dazu gibt es wahrlich ausreichend Bedarf. Das ist ja auch das, was die Ministerin eigentlich tun wollte. Vor über einem Jahr hat sie das angekündigt, und im Sommer gab es den Gesetzentwurf. Der Bundesrat, die Zivilgesellschaft und die Opposition haben dann Änderungsbedarf im Interesse des Tierwohls angemeldet. Was ist dann passiert? Dann haben wir im Ausschuss von CDU/CSU und FDP einen Änderungsantrag bekommen, mit dem letztlich alles gestrichen wurde, was zu einer entscheidenden Verbesserung des Tierschutzes hätte beitragen können. (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie reden dummes Zeug!) – Nein, ich rede kein dummes Zeug, Herr Goldmann. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 214. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. Dezember 2012 26363 (Jürgen NEN], an Abgeordnete der CDU/CSU gewandt: Bei der Kastration sind wir auf einem guten Weg! Das hat er gesagt!) – Herr Trittin, ich bitte Sie um die Freundlichkeit, mir zuzuhören. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich höre Ihnen zu!) – Ja, ich finde, Sie sind ein ganz toller Hecht. (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Sie haben sich vielleicht mit dem Thema Zoophilie beschäftigt. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob Sie sich mit diesem Thema beschäftigt haben, aber wenn Sie sich auf heute Abend vorbereitet haben, dann haben Sie den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes gelesen. Dieser Gesetzentwurf enthält ein Zoophilieverbot. Ich meine, wir sollten uns wenigstens dahin gehend einig sein, dass derjenige, der ein Tier für seine abartigen sexuellen Neigungen missbraucht und dabei dem Tier Schmerzen zufügt, bestraft werden soll. Das muss verboten sein. Das hat nichts mit der Liebe zu einem Tier zu tun, (Beifall bei Abgeordneten der FDP) sondern damit fügt man dem Tier Leid und Schmerzen zu. Deswegen bitte ich Sie auch in diesem Punkt dem Gesetzentwurf gegenüber um ein bisschen Fairness. Das ist ein ordentlicher Gesetzentwurf, der richtige Akzente setzt, und wir können auf der Basis dieses Gesetzent- Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Alexander Süßmair Das Verbot des Schenkelbrandes bei Pferden – gestrichen; das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration bis 2017 – gestrichen und geschoben auf 2019; Verbot von Wildtieren in Wanderzirkussen – nichts; eine klare Definition von Qualzucht und Ausstellungsverbot – nichts dergleichen. Meine Damen und Herren von Schwarz-Gelb, das ist wirklich ein Armutszeugnis. Nicht nur, dass Sie Ihrer eigenen Ministerin in den Rücken gefallen sind, nein, Sie ignorieren die Erwartungen der Bevölkerung an mehr Tierschutz, und Sie knicken vor der Agrarlobby, der Pferdezüchterlobby und vor der Lebensmittelindustrie ein. Das ist doch die Wahrheit. (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Eine solche Politik können wir nur ablehnen. Wir von der Linken haben einen eigenen Vorschlag gemacht und einen Entschließungsantrag eingebracht. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Eine Katastrophe ist das! Warum haben Sie das nicht im Ausschuss eingebracht?) Ich möchte hier sechs wichtige Punkte nennen, die für uns im Zentrum stehen. Erstens. Wir wollen, dass es keine Tierversuche mehr mit schweren und langanhaltenden Schmerzen und Leiden für Tiere gibt. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Wir wollen, dass Alternativmethoden erforscht werden und die Forschung verstärkt wird. Zweitens. Wir wollen ein unverzügliches Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration, weil es geht, und der Käfighaltung von Geflügel. Wir wollen keine Anbindehaltung bei Rindern und keine Verstümmelungen mehr von Geflügel und Schweinen. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Was?) Drittens. Es muss Schluss sein mit den Billiglöhnen und der Akkordarbeit in Schlachthöfen, (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und zwar sowohl im Interesse der Beschäftigten als auch im Interesse der Tiere. Viertens. Wir fordern ein Verbot der Haltung von Wildtieren in Wanderzirkussen und Privathaushalten. Fünftens. Wir fordern, dass Tiertransporte auf vier Stunden begrenzt werden. (Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU) – Das würde die kommunalen Schlachthöfe stärken und die Wirtschaftskreisläufe sowie die Wertschöpfung vor Ort stärken. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das stimmt nicht, was Sie sagen!) – Doch, genau so ist es. Sechstens brauchen wir eine vernünftige Ausstattung von Ämtern und Behörden, damit sie endlich dafür sorgen können, dass die Einhaltung der geltenden Gesetze überwacht und durchgesetzt werden kann. Und wir brauchen ein Verbandsklagerecht für die Tierschutzverbände. (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Meine Damen und Herren, eines möchte ich Ihnen noch ganz klipp und klar sagen. Sie lehnen wahnsinnig viele Initiativen zum Tierschutz mit dem Argument ab, das könne am Markt nicht erzielt werden, das kann nicht marktkonform umgesetzt werden. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie haben keine Ahnung, das ist das Problem!) Ja, verdammt noch mal, dann muss der Markt anders geregelt werden. (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dann muss dafür gesorgt werden, dass tiergerechte Produktion unterstützt wird, dass die Förderpolitik geändert wird. Dann muss der Markt für Soziales, Ökologie und mehr Tierschutz verändert werden. Genau in diesem Sinne haben wir einen Entschließungsantrag vorgelegt. Dem können Sie für mehr Tierschutz gern zustimmen. Ihren Gesetzentwurf können Sie sich von mir aus zu Weihnachten an die Wand hängen oder zu Silvester in die Luft schießen. (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat die Kollegin Renate Künast für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Während die Kollegin Künast auf dem Weg zum Redepult ist, mache ich darauf aufmerksam, dass wir hier vorne im Präsidium fraktionsübergreifend zu der Auffassung gelangt sind, dass für alle Kolleginnen und Kollegen Sitzgelegenheiten im Saal vorhanden sind. Wir sollten auch den beiden letzten Rednern in dieser Debatte in der vorhin verabredeten Form folgen, sodass dann nachher jeder nach bestem Wissen und Gewissen seine Entscheidung treffen kann. Kollegin Künast, Sie haben das Wort. Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Aigner, im Februar 2011 haben Sie ein Tierschutzpaket versprochen. Was Sie vorgelegt haben, worüber wir heute abzustimmen haben, ist weder Paket, noch ist es Tierschutz. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN) Renate Künast Das ist eher ein schwarz-gelber Sarg für die Grundgesetzbestimmung: Und die Tiere werden geschützt. Sie haben wenig gewollt, Frau Aigner, und nicht einmal das Wenige, das Sie gewollt haben, durchgesetzt. Sie haben nicht einmal angefangen, zu kämpfen, Frau Aigner. Das haben einige Tierschützer in diesem Land erkannt. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) In Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sind die jeweiligen Landesvorsitzenden der Tierschutzvereine aus der CDU ausgetreten, und sie haben recht daran getan. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Heinz Paula [SPD]: Sehr vernünftige Entscheidung!) Sie, Frau Aigner, haben vor einem Jahr auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin gesagt: „Tieren Leid zuzufügen, ist nicht zulässig.“ (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Jetzt frage ich Sie: Und nun, Frau Aigner? – Sie sitzt lächelnd auf ihrem Platz und lässt hier einen Herrn Stier reden. Ich warte auf Ihre Entschuldigung für Ihr Niveau, das mit der Beschneidungsdebatte zusammenzubringen, Herr Stier. Das geht gar nicht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN) Schämen Sie sich! (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Sie haben nicht zugehört!) Er hat behauptet, man wolle jetzt Tierschutz machen, zum Beispiel mit dem Satz: Wer freiwillig mehr für die Haltung der Tiere tut, soll auch mehr öffentliches Geld kriegen. – Falsch: Nur der soll öffentliches Geld kriegen, der sich auch ans Grundgesetz hält und etwas für die Tiere tut. Für die anderen wollen wir gar kein öffentliches Geld ausgeben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN) Wir stehen auf dem Boden des § 1 des Tierschutzgesetzes. Darin heißt es: Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen – dafür brauche ich keine Goldmann’sche Philosophie – für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Richtig!) Fakt ist: Täglich wird systematisch Leid zugefügt, nämlich in der Massentierhaltung: (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Falsch! Das ist falsch! Das stimmt nicht, was Sie sagen!) 67 Millionen Hühner, 11 Millionen Puten, 35 Millionen Schweine, 12 Millionen Rinder. Das ist die Wahrheit in Deutschland. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Nein! Sie sagen die Unwahrheit, und Sie wissen, dass Sie die Unwahrheit sagen!) Sie privilegieren das durch das Baugesetz und durch Subventionen für Megaschlachthöfe. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie haben nicht eine einzige Haltungsbedingung verändert!) – Sie können meinetwegen gleich umfallen, Herr Goldmann. Ihre Koalition und Sie mit Ihren Bürgerrechtshaltungen sind sogar noch – – (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie haben nicht eine Schlachtbedingung und nicht eine Transportbedingung verändert in der Zeit!) – Warten Sie mal. Werden eigentlich Dauerzwischenrufe auf ihre Redezeit angerechnet? – Schade. Eines muss ich noch sagen. Sie tun so, als würden Sie als Bürgerrechtspartei oder auch die CDU viel tun. Fakt ist aber: Herr Stier redet über Wettbewerbsfähigkeit. (Dieter Stier [CDU/CSU]: Wir brauchen keine grüne Umerziehungsanstalt!) Was ist das für eine Wettbewerbsfähigkeit, Herr Stier, wenn Schwarz-Gelb Hermesbürgschaften für Hühnerknäste vergibt, die hier verboten sind und dann in Weißrussland, einer Diktatur, aufgestellt werden? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Hat das mit wettbewerbsfähig zu tun? Dafür dürfen Sie doch keine Steuergelder ausgeben! Sie verderben den Bauern hier das Geschäft, weil dann die Eier aus Weißrussland in die Nudeln kommen. Wo ist der Tierschutz, frage ich mich, wenn die Tiere so lange zurechtgeschnitten werden, bis sie in die Ställe und Käfige passen, wenn es Akkordschlachtungen gibt? Wozu ist das Tierschutzgesetz gut, wenn es nicht einmal vorschreibt, für die Millionen Tiere, die als landwirtschaftliche Nutztiere gehalten werden, eine Verordnung über die der jeweiligen Tierart entsprechende artgerechte Haltung zu erlassen? Wo ist Ihre Strategie dafür, dass die Ställe nicht mehr in einem Zustand sind, der quasi nach Antibiotikaprophylaxe für jedes Tier, ob krank oder nicht, schreit? Das ist das System, das wir haben. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Wir haben es satt, so mit den Tieren umzugehen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dieter Stier [CDU/CSU]: Hätten Sie doch mal zugehört!) Renate Künast Ich will nur noch kurz zwei Aspekte ansprechen, weil Herr Süßmair und Herr Paula schon vieles genannt haben. Sie loben das Verbot der Ferkelkastration als toll. Niedersachsen macht das 2016. Nicht einmal dazu haben Sie den Mut und setzen ein paar Jahre drauf. Oder nehmen wir den Schenkelbrand bei Pferden. Jeder Normale würde einen Transponder implementieren, statt das Pferd, als wären wir bei Bonanza im Wilden Westen, mit einem glühenden Eisen zu verbrennen. Wo leben wir denn? (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ihre Tierschutzgesetznovelle ist der Kniefall vor der Agrarindustrie und den Pferdezüchtern. Wir wollen, dass sich endlich die Ställe den Tieren anpassen. (Zuruf von der FDP: So ein Quatsch!) Wir wollen das Ende der Akkordschlachtung. Wir wollen, dass Tierhaltung an Flächen und Futter angebunden wird, und ein Label, damit die Verbraucher endlich anders einkaufen können. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist schon lange da!) In Ihrem Paket ist kein Tierschutz enthalten. Deshalb lehnen wir es ab. Eines ist klar: Das Jahr 2013 wird den Weg für die nächste Tierschutzgesetznovelle eröffnen, und die ist den Namen dann auch wert. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Johannes Röring für die Unionsfraktion. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Johannes Röring (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wird Zeit, dass wir die Temperatur wieder etwas herunterfahren und die Debatte versachlichen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir können ja mal an Ihnen einen Schenkelbrand vornehmen!) Wir setzen heute die Tierversuchsrichtlinie um. Nein, wir machen noch mehr: Wir verabschieden heute ein sehr starkes Tierschutzgesetz. Heute ist ein guter Tag für den Tierschutz in Deutschland. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Es ist wirklich gut, dass die Plenardebatten aufgezeichnet werden, insbesondere für die vielen Bäuerinnen und Bauern in Deutschland. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glaube ich auch!) So können sie ganz genau nachlesen, was heute von die- ser Stelle aus im Deutschen Bundestag gesagt wurde. Ich empfehle das auf jeden Fall. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Denn die Wortbeiträge der gesamten Opposition, insbesondere von Herrn Süßmair, Herrn Paula und Frau Künast, waren im Grunde durchsetzt von großem Misstrauen gegenüber den 216 100 Tierhaltern in Deutschland, den Bäuerinnen und Bauern, (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie meinen die Franchisenehmer von Wiesenhof, oder wie? – Heinz Paula [SPD]: Misstrauen gegenüber Ihrer Gesetzgebung!) Misstrauen, Herr Süßmair, gegenüber den Menschen, die tagtäglich jeden Morgen in den Stall gehen, die ihren Beruf erlernt haben und ihn mit Leidenschaft ausüben. (Heinz Paula [SPD]: Die müssen wir unterstützen!) Ein Landwirt bekommt eine Ausbildung von sechs Jahren, um am Ende ein Fachmann zu sein, der in der Lage ist, Tiere Tag für Tag zu pflegen. (Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Es geht nur um Masse, Masse, Masse! Preis, Preis, Preis! Da ist kein Wort vom Tierschutz gefallen!) Sie haben Misstrauen gegenüber Menschen mit langer Berufserfahrung und langer Tradition im Umgang mit Tieren. Herr Süßmair, Sie haben auch Misstrauen gegenüber Hobbytierhaltern geäußert. (Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Die Hobbytierhalter haben das von uns gefordert im Fachgespräch! Da hätten Sie dabei sein können! Die wollten, dass wir Vorgaben machen!) Aber auch diese Menschen kümmern sich Tag für Tag um ihre Tiere, um vielleicht einmal im Jahr mit großem Stolz ihre Tiere auf Ausstellungen zeigen zu können. Ich glaube, es ist sehr deutlich geworden, worauf die Opposition setzt: auf Misstrauen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Wir setzen auf Vertrauen, also genau auf das Gegenteil. Wir trauen den Menschen, die das gelernt haben, die tagtäglich jeden Morgen und jeden Abend in den Stall gehen, um sich um ihre Tiere zu kümmern, (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sehr richtig!) und – hören Sie einmal genau zu, Herr Paula! – die auch leiden, wenn ein Tier krank ist. Ich kenne solche Familien. Sie sorgen sich um das Wohl ihrer Tiere. Aber Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, skandalisieren und emotionalisieren dieses Thema. Es tut den betreffenden Menschen nicht gut, wenn man so mit ihnen umgeht. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Johannes Röring Da Sie Ihr Misstrauen so deutlich zum Ausdruck gebracht haben, sage ich Ihnen genauso deutlich: Wir von der christlich-liberalen Koalition (Heinz Paula [SPD]: Christlich! Das ist es!) lehnen ein Verbandsklagerecht eindeutig ab, weil dann jeder – genau das haben Sie heute bestätigt – Misstrauen gegenüber Menschen schüren kann, die sich täglich um Tiere kümmern. (Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Das ist doch unglaublich!) Ich bin fest davon überzeugt, dass wir heute ein modernes Tierschutzgesetz verabschieden. Frau Ministerin Aigner hat sich sehr eingebracht und hat mit uns zusammen ein modernes Tierschutzgesetz auf den Weg gebracht. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben Sie an die kurze Leine gebunden! Bei Ihnen gilt doch jetzt die Anbindehaltung für die Ministerin! – Gegenruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die gilt schon lange!) Es eröffnet den Behörden die Möglichkeit, Missstände zu beseitigen. Genau das wollen wir. Was mir noch viel wichtiger ist, ist das, was der Geist dieses Gesetzes ausdrückt. (Heinz Paula [SPD]: Wo ist da der Geist? – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geist? Ungeist! – Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Klosterfrau Melissengeist, genau!) – Ich merke, dass hier viele anwesend sind, die noch nie ein Tier im Stall hatten und trotzdem Experten sind. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Du hast keine Ahnung, Süßmair!) Ich sage Ihnen noch einmal: Die Menschen, die täglich mit Tieren zu tun haben, nehmen eine große Verantwortung wahr. Es ist nicht so, dass das etwas mit starren Gesetzen zu tun hat, Frau Künast. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich!) In der Praxis wird Tag für Tag Neues zum Wohle der Tiere entwickelt. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hermesbürgschaften! Zum Wohle der Tiere! – Gegenruf des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP]: Die hat es auch in Ihrer Zeit gegeben, die Hermesbürgschaften!) Ich habe sehr viele Stallanlagen, auch alte, kennengelernt. (Unruhe) – Darf ich weitermachen? Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Goldmann, man kann den Eindruck haben, dass sich der Redner von Ihnen gestört fühlt. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das geht mir anders!) Johannes Röring (CDU/CSU): Ich möchte gerne meinen letzten Gedanken zu Ende bringen. – Schauen Sie sich an, was täglich weiterentwickelt wird. Die Landwirtschaftsbranche insgesamt macht sich zusammen mit dem Lebensmitteleinzelhandel Gedanken darüber, wie das Tierwohl am besten zu gewährleisten ist. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um die Agrarindustrie!) Das machen sie freiwillig, ohne Vorschriften und Gängelungen, wie Sie von den Grünen sie wollen. Diese Gängelungen sind im Übrigen Ausdruck Ihrer Geisteshaltung. Sie trauen den Menschen nichts zu. Wir wissen, dass diejenigen, die täglich ihre Arbeit machen, mit jeder Neuinvestition einen Fortschritt erzielen. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mann, Herr Röring, worüber reden Sie eigentlich?) Das ist der richtige Weg. Ich glaube, wir haben ein modernes und gutes Tierschutzgesetz auf den Weg gebracht. Ich bitte alle, dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zuzustimmen und den der Grünen abzulehnen. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt mal hinsetzen! Es ist gut!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes. Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/11811, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 17/10572 in der Ausschussfassung anzunehmen. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Sie finden ihn auf Drucksache 17/11851. Über diesen werden wir auf Verlangen der Antragsteller namentlich abstimmen. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass gleich noch eine weitere namentliche Abstimmung stattfindet. Jetzt bitte ich die Schriftführerinnen und Schriftführer, ihre Plätze einzunehmen. – Sind alle Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Dann eröffne ich die Abstimmung. Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das es noch nicht geschafft hat, die Stimmkarte einzuwerfen? – Das scheint der Fall zu sein. Ich bitte Sie, das stringent zu versuchen und direkt in Richtung Abstimmungsurne zu gehen. Ist immer noch jemand hier, der noch nicht abstimmen konnte? – Das scheint mir nicht der Fall zu sein. Dann schließe ich die Abstimmung. Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung unterbreche ich jetzt die Sitzung. (Unterbrechung von 23.10 bis 23.16 Uhr) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich gebe Ihnen das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt: Abgegeben wurden 509 Stimmen. Mit Ja haben gestimmt 210, mit Nein haben gestimmt 298. Es gibt 1 Enthaltung. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.1) Ich bitte jetzt diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um ihr Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Ich habe den Eindruck, dass der Gesetzentwurf in zweiter Beratung bei folgendem Stimmenverhältnis angenommen worden ist: Die Koalitionsfraktionen haben zuund die Oppositionsfraktionen haben dagegen gestimmt. Jetzt kommen wir zur dritten Beratung und Schlussabstimmung. Das wird jetzt eine Herausforderung, weil viele noch in der Nähe der Urne stehen. Wer möchte zustimmen und erhebt sich deswegen? – Wer stimmt dagegen? – Wer will sich der Stimme enthalten? – Das scheint mir fast niemand zu sein. Damit ist der Gesetzentwurf bei einem ähnlichen Stimmenverhältnis wie in der zweiten Beratung angenommen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Entschließungsanträge. Zunächst kommen wir zum Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/11852. Es ist namentliche Abstimmung verlangt. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die Urnen zu besetzen. – Ist das geschehen? – Alle Urnen sind besetzt. Ich eröffne die Abstimmung. Ist denn noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das die Stimmkarte nicht abgeben konnte? – Jetzt haben alle ihre Stimme abgegeben. Ich schließe die Abstimmung. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.2) Wir setzen die Abstimmungen fort und kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/11853. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Zugestimmt hat die einbringende Fraktion; enthalten haben sich SPD und Grüne; die Koalitionsfrak- tionen haben dagegen gestimmt. Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Neuregelung des Tierschutzgesetzes. Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/11811, den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/9783 abzulehnen. Wer möchte zustimmen? (Iris Gleicke [SPD]: Dem Gesetzentwurf zustimmen!) – Entschuldigung. Wer möchte dem Gesetzentwurf zustimmen? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist abgelehnt. Zugestimmt hat die einbringende Fraktion; Linke und SPD haben sich enthalten; die Koalitionsfraktionen waren dagegen. Damit entfällt die dritte Beratung. Wir setzen die Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses auf Drucksache 17/11811 fort. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung, die Unterrichtung durch die Bundesregierung auf Drucksache 17/6826, den Tierschutzbericht 2011, zur Kenntnis zu nehmen. Wer stimmt für die Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Das war einstimmig.