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CareChild e. V.: Moralische Entrüstung und Dämonisierung
sind kein guter Ersatz für Kompetenz und Nachdenken

Vom leichtfertigen Umgang mit Menschlichkeit - im Namen der Menschlichkeit

Ein trauriges Beispiel dafür, wie eine gute Absicht und eine gute Idee durch Ideologisierung, fehlende Lebenserfahrung, fehlende Fachkompetenz und nicht zuletzt fehlendes Augenmaß in Gefahr gebracht werden kann und unnötige Gegnerschaft produziert, ist die Initiative von "CareChild e. V.":

Der Verfasser dieser Nachricht, Sexualtherapeut, erhielt vom Vorstand des Vereins eine Mail, in dem u. a. Folgendes zu lesen stand:

C@reChild e.V. ist ein 1997 gegründeter, gemeinnütziger Verein, der es sich zum Ziel gesetzt hat, Online-Dienste, Internet-Provider und Justizbehörden bei der Aufdeckung von Straftaten im Internet, die:
1. Kinderpornographie,
2. Nekrophilie,
3. Sodomie und
4. jegliche andere Form von Gewaltdarstellungen, besonders gegen Kinder
betreffen, behilflich zu sein, Menschen, die mit diesem Material konfrontiert werden, bei der weiteren Vorgehensweise zu unterstützen und zu beraten, sowie die jüngsten Surfer im Internet weitestgehend aufzuklären und prophylaktisch zu informieren.
Immer wieder wird von den sog. "Pädophilen" behauptet, dass die sexuelle Lust auf Kinder eine 'eigenständige sexuelle Orientierung' sei, so wie die Homosexualität.
Da nicht nur wir sexuelle Neigungen auf Kinder bezogen als eine schwere pathologische Störung betrachten, die zur Sodomie, bzw. Nekrophilie aufweist, würden wir gerne von Ihnen erfahren, wie Ihre Meinung dazu ist.
Sex von Kindern an Erwachsenen ist u. E. grundsätzlich Machtmissbrauch und Gewalt, da die von den sog. "Pädophilen" immer wieder proklamierte 'Einvernehmlichkeit' nicht existieren kann.

Dieses undifferenzierte und inkompetente Gelaber provozierte mich in der Tat sehr. Ein moralisch unangreifbares Motiv ist keine Entschuldigung für die Gefahr der Dämonisierung harmloser Menschen. Das Vokabular erinnert ungemein an alte Diskussionen zum Thema Homosexualität, und ich wage sehr zu bezweifeln, ob diese (wie sie selbst schreiben 'jungen') Menschen nicht ohne Weiteres die Homosexualität in diese 'krause Liste', wie sie oben steht, aufgenommen hätten, wenn es nicht heute schlicht eine Menschenrechtsverletzung darstellen würde, das zu tun. Entsprechend ärgerlich war auch meine Antwort.

Pädophilie mit Sodomie in Beziehung zu bringen ist schlicht absurd! Es ist ein Zeichen absoluter Inkompetenz. Und das ist nicht nur ärgerlich: Es ist ein Skandal, weil diese Leute sich die gegenwärtig aufgeheizte Stimmung beim Thema Pädophilie für den von ihnen vermutlich sogar als besonders 'edel' empfundenen Kampf zunutze zu machen versuchen, und dabei harmlose Menschen pathologisieren und kriminalisieren wollen (sie gehen, so betrachtet, bei ihrem Kampf 'über Leichen' und erinnern auf fatale Weise an einige militante Abtreibungsgegner in den USA, die 'zum Schutze des ungeborenen Lebens' kaltblütig zu Morden bereit waren und sind, die nämlich Abtreibungsärzte schlicht umgebracht haben). Diese Assoziation ist leider SO abwegig nicht: Da ich offenbar mit meinen Antworten auf die Fragen des Herrn Gawlik von Carechild e. V. die Erwartungen nicht so recht erfüllte, wandte sich dieser gute Mann an meinen Berufsverband! Diese Art Denunziation, dieser Versuch, einem Andersmeinenden beruflich und gesellschaftlich zu schaden, rückt diese Leute eben leider objektiv in die Nähe dieser ideologisch völlig verblendeten Idioten aus den USA.

Einer meiner Klienten hat eine sehr enge gefühlsmäßige und körperliche Beziehung zu seinem Hund. Es kommt dabei durchaus auch zu Spielereien, die sexuelle Aspekte haben (Hund und Herrchen haben beide eine Erektion). Ich lasse es nicht zu, dass einige wild gewordene Pseudo-Kinderschützer solche harmlosen Menschen pathologisieren und kriminalisieren wollen, weil ich wahrlich keinen großen Unterschied zwischen dem Tun dieses Mannes und dem Tun einer älteren Dame erkennen kann, die ihr kleines Hündchen abend mit ins Bett nimmt. Wenn man da einen Unterschied machen wollte, dann kann ja wohl nur wieder diese dämliche und nervende Dämonisierung der Sexualität der Grund sein - und den Verdacht,. dass bei diesem Verein einige maßgebliche Mitglieder vielleicht mit der Sexualität ganz allgemein so ihr Problem haben, werde ich nicht los.

Ich habe den Leuten deutlich zu verstehen gegeben, dass ich vollständig auf ihrer Seite bin, wenn es um den Schutz der Kinder geht. Aber ich bin nicht bereit, der Tendenz zu folgen, bei bestimmten Straftatbeständen den Vestand abzuschalten und womöglich zu archaischen mittelalterlichen Strafen zurückzukehren, wie ich atmosphärisch bei diesen Leuten den Eindruck habe. Man schützt Kinder nicht dadurch, dass man Täter dämonisiert!. Ich schrieb:

Mich ärgert diese fahrlässige Umgang mit Begriffen, weil diese Begriffe allzu häufig die Grundlage zu allerlei Diskriminierungen sind. Ich würde daher vorziehen, wenn Sie Begriffe zur Vermeidung ungerechfertigten Diskriminierungen vorsichtiger anwenden würden.

Sie sind offenbar (erfreulicherweise) der Ansicht, Homosexualität sei nicht als "widernatürlich" einzustufen. Ich habe berechtigte Zweifel, ob Sie dies auch so sehen würden, wenn das Gesetz sie nicht dazu ZWINGEN würde. Der Umgang mit dem Thema Sexualität in unserer Gesellschaft ist derart irrational und widerlich, dass mir jeder suspekt ist, der dort immer wieder unsinnigen Regelungsbedarf sieht. Da SIE offenbar Sodomie so "schlimm" finden (würde mich interessieren, wie Sie argumentieren würden, wenn dieses Gesetz, wie bei der Homosexualität, einfach abgeschafft würde ...), erinnern Sie sich bitte daran, dass noch bis Anfang dieses Jahrhunderts Sodomie und Homosexualität GLEICHGESETZT wurden!! Das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund vom Jahre 1869 übernahm die preußische Bestimmung und von da ging sie als § 175 in das Reichsstrafgesetzbuch vom 15. Mai 1871 über. Dieser lautete:
"Die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen Geschlechts oder von Menschen mit Tieren begangen wird, ist mit Gefängnis zu bestrafen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden."

Dieser menschenverachtende widerliche Mist, der hier steht, ist leider noch in vielen Köpfen drin. Aus diesem Grunde erwarte ich beim Umgang mit diesem Thema sehr viel Sensibilität! Es ist völlig gleichgültig, ob ein Verhalten 'natürlich' ist, denn 'Kultur' ist immer im Gegensatz zu 'Natur'. Es wäre vermutlich 'natürlich', einfach dahin zu scheissen, wo man gerade ist, wenn man halt das Bedürfnis hat - aber das wollen wir ja gerade nicht. Das Gelaber von widernatürlich und pathologisch ist also völlig Unsinn und führt uns nicht weiter.

Sie schreiben:
"Da nicht nur wir sexuelle Neigungen auf Kinder bezogen als eine schwere pathologische Störung betrachten, die zur Sodomie, bzw. Nekrophilie aufweist, würden wir gerne von Ihnen erfahren, wie Ihre Meinung dazu ist.

Sex von Kindern an Erwachsenen ist u. E. grundsätzlich Machtmissbrauch und Gewalt, da die von den sog. "Pädophilen" immer wieder proklamierte "Einvernehmlichkeit" nicht existieren kann."



Was Pädophilie mit Nekrophilie und Sodomie zu tun hat, bleibt mir verborgen - und die Tatsache, dass Sie dies alles 'in einem Atemzug nennen', macht mich äußerst misstrauisch gegen Ihre Absichten.

Es ist mir nicht ganz einsichtig, welchen Vorteil Sie sich davon erhoffen, Triebrichtungen wie Sodomie oder Pädophilie als 'pathologische Störung' zu qualifizieren. Das hatten wir doch alles schon einmal (beim Thema Homosexualität)!

Wie kommen SIE eigentlich damit zurecht, dass in Indien die Mädchen mit 12 Jahren verheiratet werden? Sind die Inder alle pathologisch ? Das ist doch wirklich ein Zeichen von Dummheit, Pädophilie als 'pathologisch' einzustufen. Es ist genau so dumm, wie Homosexualität als pathologisch einzustufen. Pädophilie ist SOZIAL UNERWÜNSCHT - und dafür gibt es gute Gründe (siehe unten), aber sie ist selbstverständlich nicht pathologisch, genau so wie Sodomie 'unappetitlich' ist (jedenfalls für mich), aber das hat doch nichts mit 'pathologisch' zu tun.

Ich kenne (in der Schweiz) einen kleinen Bauernjungen, der sehr viel mit seinem Hund balgt. Er hat entdeckt, dass der Hund, wenn er ihn 'unten' (wenn der Hund auf dem Rücken liegt) an bstimmten Stellen streichelt, sehr 'ruhig' wird und dass er bei Berühung an 'bestimmten Stellen' eine Erektion bekommt. Der Junge, der bereits in der Pubertät ist und sehr wohl versteht, was er da tut, spielt damit - und ich würde es nicht zulassen, dass man diesen Jungen deshalb pathologisiert!! (Ihr Bedürfnis ist schon aus Gründen des Schutzes solcher Kinder inakzeptabel!) Der Begriff 'pathologisch' im Bereich sexueller Interessen ist nichts weiter als ein moralisierender Kampfbegriff. Er ist zu nichts nutze.

Das gilt insbesondere für das Thema Pädophilie. Die Menschen haben, das zeigt die Sache mit der Homosexualität, offenbar ganz unterschiedliche sexuelle Interessen, die mit 'Fortpflanzung' (das einzige, was verklemmte Idioten als 'Zweck' sexueller Handlungen ja zuzubilligen bereit sind) nichts zu tun haben. Wenn wir in der Lage sind einzusehen, dass Homosexualität womöglich eine 'eigenständige, womöglich angeborene sexuelle Orientierung' sein kann, warum bitte, nicht auch Pädophilie? Die Menschen haben einfach sehr unterschiedliche Bedürfnisse, und es ist schlicht GLEICHGÜLTIG, ob irgendwelche Leute die pathologisch finden oder nicht (das ist meist nichts anderes als Ausfluss der zu einer bestimmten Zeit halt üblichen Verklemmtheiten!! - Siehe oben die Zitate zur Homosexualität). Es geht ausschließlich um die Frage, ob das Verhalten in irgendeiner Weise andere gefährdet. Und bei der Pädophilie ist die einzig wirklich wichtige Frage die Frage der 'sexuellen Selbstbestimmung' des Kindes. DIE MUSS GEWÄHRLEISTET SEIN !!

Und da es, wie Sie richtig schreiben, ein 'Machtgefälle' zwischen Erwachsenen und Kindern gibt, würde ICH niemals eine Änderung der gegenwärtigen Rechtslage anstreben, denn dann würden die 'Kinderschänder' die gewonnen Freiraum ausnutzen, um Kinder leichter sexuell ausbeuten zu können.

Diese Tatsache ist aber eine rein pragmatische Entscheidung zum Schutz der Kinder. Sie hat nichts, aber auch gar nichts mit der DÄMLICHEN UNTERSTELLUNG zu tun, die oben gemacht wird, dass es keine 'einvernehmlichen Sexualkontakte zwischen Erwachsenen und Kindern' geben könnte. Das ist ja wahrlich an Dummheit nicht zu überbieten, dieser Satz. Wollen Sie mir weismachen, ein Junge, der gerade 18 Jahre alt ist, könne nicht 'einvernehmlich' mit einem 13jährigen Mädchen schlafen ??

Das ist doch einfach dumm, wirklich dumm!

Ich weiss ja nicht, wie Sie als Kind gelebt haben. Aber ich kann mich noch gut an meine Kindheit erinnern und weiß doch vom eigenen Erleben her, dass ich sexuellen Bedürfnisse hatte, und ich weiß außerdem, dass ich sehr wohl in der Lage gewesen wäre, sexuelle Beziehungen zu einem Erwachsenen einzugehen, wenn das zärtlich und zugewandt gewesen wäre (in den 50er Jahren aber war das natürlich überhaupt nicht denkbar - also habe ich sowas, bis auf eine Ausnahme, auch nicht erlebt).

Also zusammengefasst: Pädophilie ist vermutlich in der Tat eine eigenständige sexuelle Orientierung. Es ist richtig, sexuellen Kontakte zwischen Kindern und Erwachsenen unter Strafe u stellen, weil das zum Schutze der Kinder das geringere Übel darstellt. Aber es ist absolut nicht hinnehmbar, dass Menschen, die kindliche Körper erotisch finden (wie offenbar viele Inder!) pathologisiert werden!

Ich würde mir im Umgang mit diesem Thema etwas mehr Differenziertheit wünschen.

********** Ende des Zitats *********

Diese Mail veranlasste Herrn Gawlik dann, eine Denunziation bei meinem Berufsverband wenigstens zu versuchen.

Wahrhaft erbärmlich, dieses Vorgehen. Und es desavouiert den gesamten Verein und lässt berechtigte Zweifel aufkommen, ob es den Leuten wirklich um den Schutz von Kindern geht, oder nicht vielmehr um 'Jagdfieber' ...

Dr. Peter Niehenke
27. 6. 2002


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