Im Nachrichtenradio MDR-INFO lief am Sonntag 5. November 2002 folgender Wortbeitrag:
Sie nennen sich Krumme 13 und sie begehren Kinder. Und das sagen sie auch öffentlich. Mehr noch: Die Mitglieder dieser Gruppe kämpfen für die Legalisierung der Sexualität mit Minderjährigen. Nichts wirklich Neues in Deutschland, denn es gibt bereits einen eingetragenen Verein, der die Ansichten Pädophiler vertritt. Doch keiner trommelt so laut für die Reform des Sexualstrafrechts wie eben die Krumme 13. Maren Rietschel hat sich zu diesem höchst problematischen Thema kundig gemacht:
Kinderliebe. Liebe Kinder! So steht es auf dem Logo der Gruppe Krumme 13 oder auch K13, wie sie sich nennen. Ein blonder Junge. Ein braunhaariges Mädchen. Liebevoll über ein lachendes rotes Herz gebeugt. Es ist das Herz der Pädophilen, die Kinder lieben und mehr als das, wie Dieter Gieseking, Vorsitzender der K13, erklärt:
Und zwar die Erregung, die sexuelle Erregung kommt durch die Berührung des Kindes. Das Kind hat ja auch eine sehr zarte Haut, ähnlich der Frau. Dadurch entstehen diese, können teilweise diese sexuellen Erregungen für den pädophilen Erwachsenen herkommen.
Aber diese sexuellen Begierden sind in Deutschland verboten. Zumindest, wenn das Kind jünger als 14 Jahre ist. Erst dann dürfen Minderjährige entscheiden, wann, wo und mit wem sie Sex haben wollen. Vorausgesetzt, der Vormund ist einverstanden. Ein strafrechtlicher Sachverhalt, den Gieseking nicht hinnehmen will:
Und wir sind eben der Meinung, dass das nicht immer so sein muss, weil es eben auch im Alter von 12 oder 13 Jahren schon Jungen und auch Mädchen gibt, die freiwillig mit Spaß dabei sind, und denen kann also logischerweise auch kein Schaden zugefügt werden.
Solche Argumente bringen Michael Welslau vom Internetprojekt Regenbogenwald auf die Palme. Auf der Homepage von Regenbogenwald setzt er sich intensiv mit den Argumenten der K13 auseinander. Zur Forderung, dass das Schutzalter gesenkt werden soll, sagt er:
Die propagandieren eine Gleichsetzung, wie es auch in den Niederlanden geschehen ist, auf 12 Jahre, teilweise sogar auf 10 Jahre. Und dabei wird allerdings immer argumentiert: "Also 10 Jahre muss mindestens sein." Und auch von der Gegenseite wird dann gesagt: "Aber eigentlich können wir auch das fallen lassen." Das heißt, irgendwann sind wir wirklich wieder bei den Säuglingen angekommen, die dann schon sexuell missbraucht werden, und dann wird auch gesagt: "Das Kind hat ja noch gegrinst!"
Ein Argument, das die Krumme 13 von sich weist, die übrigens nicht so heißt, weil Sex mit Kindern unter 13 Jahren eine krumme Sache ist. Der Name ist einem dänischen Musikvideo entliehen, in dem ein Kinderstar die männlichen Mitglieder der K13 beeindruckt hat. Generell, behauptet Gieseking, interessiere ihn nicht das Alter, sondern die Entwicklung des Kindes:
Es gibt da auch in der Pädophilenszene sozusagen unterschiedliche Vorstellungen, aber es kommt immer auf die Entwicklung des Jungen oder Mädchen an, ja, auf die geistige Entwicklung, inwieweit er das nachvollziehen kann und auch zustimmen oder ablehnen kann. Und nur um solche Fälle geht es ja. Es geht nicht um den wirklichen sexuellen Missbrauch, wo also gegen die sexuelle Selbstbestimmung des Kindes irgend etwas vom Erwachsenen verlangt wird oder gemacht wird.
Das darf man Gieseking glauben oder nicht. Er ist bereits vorbestraft, weil er pornografische Schriften veröffentlicht hat, und eine neue Anklage der Staatsanwaltschaft Trier wurde erst diese Woche erhoben. In Trier hatte Gieseking erstmals versucht, die Krumme 13 als gemeinnützigen Verein eintragen zu lassen. Das gelang ihm nicht. Darum zog er nach Hamburg weiter. Doch hier wie dort: sexueller Missbrauch konnte ihm bislang nicht nachgewiesen werden. Gieseking betont, dass er für einvernehmlichen Sex mit Kindern eintritt, also nur das macht, was das Kind auch will. Aber können Kinder überhaupt ausdrücken, was sie wollen? Und vor allem auch, was sie nicht wollen? Dazu der Leipziger Psychologe Dr. Kurt Seikowski:
Das ist ja das Problem, wo man dann halt sagt: Wer schätzt eigentlich ein, dass es einvernehmlich ist, wenn Kinder etwas mitmachen? Die meisten Sexualwissenschaftler sagen: Es is' 'n Abhängigkeitsverhältnis, der Erwachsene macht immer irgendwie etwas, was Verführung bedeuten kann, und das Kind macht dem Erwachsenen zu Liebe vielleicht etwas mit, was ihm später dann möglicherweise nicht gut tut.
In seiner Leipziger Praxis berät Seikowski Pädophile und auch jene, die in früher Kindheit sexuellen Kontakt mit Erwachsenen gehabt haben. Zu ihm kommen viele Menschen, die Rat in dieser Frage suchen. Sie kommen meist, weil sie ihre Empfindungen fürchten. Sie kommen aus allen gesellschaftlichen Schichten und es sind mehr, als man glaubt, sagt Kurt Seikowski. Doch von seinen Patienten will sich niemand äußern. Das Thema Pädophilie ist nach wie vor ein Tabu. Und genau hier hakt wieder Gieseking ein:
Wenn ein Pädophiler im Coming Out ist, dann muss man dann halt lernen, verantwortungsvoll mit seinen Gefühlen umzugehen. Aber eben gerade diese Tabuisierung der Pädophilie als sexuelle Minderheit macht das sehr sehr schwierig und dann gibt es halt leider einige Einzelfälle, wo dann der Pädophile in Anführungsstriche "durchknallt" und sich das nimmt, was er durch Liebe und Zärtlichkeit nicht bekommt.
Tot schweigen, das sagt auch Psychologe Seikowski, löst das Problem nicht. Die Menschen müssen reden, über sich und miteinander. Auch wenn allein die Vorstellung an pädophilen Sex die meisten Menschen anekelt. Kurt Seikowski sagt:
Viele Erwachsene regen sich natürlich auf. Zurecht sagen sie: ein Kind kann sich nicht wehren. Einem Schwächern wird dann was gemacht. Und das löst Wut aus. Das ist dann eben nicht nur so etwas. Ich weiß von meinen Patienten: es gibt einvernehmliche Kontakte. Das muss man einfach dann akzeptieren. Jawoll, das gibt es.
Michael Welslau vom Internetprojekt Regenbogenwald will das gar nicht ausschließen. Doch viel zu oft hat er von anderen Fällen gehört, so dass der K13-Gegner nur zu folgendem Schluss kommt:
Einvernehmlicher Sex, der mag in einem extremen Einzelfall vielleicht da sein, wo eigentlich wirklich ein Kind hergeht und entdeckt auch seine Neigung zu Erwachsenen hin, wobei das oft verwechselt wird eben mit der sexuellen Neugierde, die sich im Normalfalle eigentlich unter Kindern abspielt. Die wird allerdings dann oft ausgenutzt. Und das ist eben der Bruch an der ganzen Geschichte: Die eigentlich vermeintliche einvernehmliche Sexualität ist nie eine gewesen.
Am besten beugt man sexuellem Missbrauch vor, da sind sich Psychologe und Kinderschützer wieder einig, wenn die Kinder stark gemacht werden. Stark genug, ihre eigene Meinung zu vertreten. Stark genug, um widersprechen zu können. Und stark genug, um offen zu sagen, was sie ehrlich denken.
Informationen von Maren Rietschel waren das. Eine Petition gegen die Gründung pädophiler Vereine und ihre Ziele wurde übrigens am Freitag an Bundeskanzler Schröder und Bundespräsident Rau übergeben. Fünfzig Tausend Menschen haben dieses Papier unterschrieben.
Roman Czyborra
30. Dezember 2002