Autor: Friedrich S. Hainer
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Bei der Diskussion um die Straffreiheit sexueller Handlungen zwischen Menschen und Tieren ist es zweckmäßig, zunächst das Meinungsspektrum nach grundsätzlichen Standpunkten zu gruppieren.
Auf der Seite der Gegner (der Straffreiheit) ist die große Gruppe derer zu finden, die körperlich gequälte und leidende Tiere vor Augen haben, bedauernswerte Wesen, die den Sexualtrieb eines Menschen mit großen Schmerzen oder gar mit einem qualvollen Tod bezahlen müssen.
Demgegenüber steht die Gruppe derer, die Derartiges tolerierbar finden, weil sie Tiere grundsätzlich als niedere Wesen betrachten, oder aber die schlichtweg ignorieren oder verdrängen, dass die beschriebenen Folgen eintreten können.
Hier tut Aufklärung Not, denn in vielen Fällen wird die beispielhafte Konfrontation dieser Gruppe von Befürwortern mit dem tatsächlich verursachten Elend eine Meinungsänderung bewirken, wenngleich dem Phänomen offen sadistischer Tierquälerei allein mit Aufklärung nicht beizukommen sein wird. Soweit derartige Akte sexuell motiviert sind, wird es sich in der Regel nicht(!) um Menschen handeln, deren Sexualpräferenz auf Tiere ausgerichtet ist. Vielmehr stellt das Tier nurmehr ein leichteres Opfer dar, oder aber es geht um den besonderen Kick, den Tabubruch, die Frage von Macht oder auch um die zumindest projizierte Demütigung, die sich damit verbindet, wenn andere (ggf nicht zoophile) Menschen zum Sex mit Tieren aufgefordert werden.
Das Gesetz (in Deutschland) schützt Tiere vor solchem gewalttätigen Missbrauch, indem es für derartige Handlungen Strafen von bis zu drei Jahren Freiheitsentzug vorsieht. Man kann unterschiedlicher Meinung über die Strafhöhe sein, sollte aber beachten, dass höhere Strafen selten dazu fuhren, dass die Zahl der Delikte abnimmt - oft aber dazu, dass die Entschlossenheit und Brutalität im Vorgehen der Täter größer wird. Bedenklicher ist die offensichtlich hohe Dunkelziffer solcher Taten. Dies aber ist keine Frage des gesetzlichen Strafrahmens, so dass insoweit für etwaige Gesetzesänderungen kein dringender Handlungsbedarf erkennbar ist.
Eine weitere Gruppe argumentiert, dass Sex zwischen Menschen und großen Tieren, wie etwa großen Hunden, Pferden usw. durchaus für beide Seiten körperlich angenehm sein kann; dass diese Tiere sich durchaus wehren könnten, aber oft sogar selbst um derartige Zuwendung betteln, wenn sie es erst einmal oder mehrmals erlebt haben. Diese Befürwortergruppe beschränkt sich nicht auf Zoophile, aber in ihr finden sich diejenigen, die sich als "echte" Zoos sehen und die in Bezug auf das präferierte Tier oft sehr viel mehr empfinden, als nur sexuelle Lust. Dies können Menschen sein, die "nebenbei" in einer hetero- oder auch homosexuellen Beziehung leben, oder auch Menschen, denen das Zusammenleben mit einem anderen Menschen sehr viel weniger bedeutet, als das Zusammenleben mit dem Tier. Es sei darauf hingewiesen, dass es mehr als problematisch ist, eine solche sexuelle Neigung als krankhafte Abnormität anzusehen, ohne sich auf die gleichen Argumente zu stützen, wie sie bei der Verfolgung Schwuler vorgebracht wurden und werden. Selbst wenn man es als krankhaft oder gestört ansähe, gäbe dies allein keinen Grund zur Strafverfolgung.
Die Gruppe derer, die Tiere genau davor, nämlich auch vor vordergründig einvernehmlichem Sex mit Menschen schützen will, stützt sich auf die Argumentation, dass auf Grund der beschränkten Einsichtsfähigkeit eines Tieres eine Freiwilligkeit nicht gegeben sein kann und somit das Tier vom menschlichen Willen dominiert wird. In der Tat kann man schwerlich von einer bewiesenen Einvernehmlichkeit sexuellen Verhaltens ausgehen, wenn das betroffene Tier von der Fütterung durch die Halterin oder den Halter abhängig gemacht worden ist o der wenn es eingesperrt gehalten und nach Fluchtversuchen eingefangen wird, allein das begründet die den urwüchsigen Willen des Tieres verdrängende Unterwerfung. Sex zwischen Mensch und Tier ist fest immer Sex des Menschen mit dem Tier, und nicht umgekehrt. Aber noch einmal: Es geht dabei nicht darum, das Tier vor unangenehmen Körperempfindungen zu schützen, sondern es geht hierbei ausschließlich um den Schutz des "Persönlichkeitsrechts" des Tieres.
Ein solches umfassendes Persönlichkeitsrecht versagt der Gesetzgeber Tieren. Die Gründe liegen auf der Hand. Wie will man begründen, dass Tiere ein sexuelles Selbstbestimmungsrecht in Bezug auf Sex mit der "Tierart" Mensch haben, nicht ab er in Bezug auf ihre eigene oder auch eine andere Art (Maultiere/Maulesel)? Warum sollte die Befriedigung eines sexuellen Verlangens ein niedrigerer Beweggrund sein, ein Tier zu einem bestimmten Verhalten zu zwingen, als etwa die Aussicht auf einen finanziellen Vorteil (z. B. bei Pferdedressuren oder Zuchtwettbewerben)? Würde nicht eine Katze in freier Wildbahn genauso wenig auf die Idee kommen, sich von einem Menschen streicheln zu lassen, wie ein Hund eine Frau penetrieren wollte, ohne daran gewöhnt worden zu sein? Wer wollte bestimmen, welche dieser beiden Handlungen demütigen der für das betroffene Tier ist?
Denn die Übertragung von Moralnormen der modernen menschlichen Gesellschaft auf das Tierreich scheitert Abgesehen davon, dass Tiere zwar durchaus ein Sozialverhalten zeigen, aber bei weitem weniger ausgeprägte Moralnormen im Vergleich zu Menschen haben, müsste man dann die Struktur jener Moralnormen betrachten. So unterschiedlich diese in der Geschichte der Menschheit bzw. in unterschiedlichen Kulturkreisen waren und sind - noch unterschiedlicher wären sie in der Artenvielfalt des Tierreichs ausgeprägt. Dass die Sexualität dort eine ähnlich hervorgehobene Rolle spielte, wie beim Menschen, bedürfte zumindest einer Beweisführung Von keiner Tierart sind etwa Schamgefühle bekannt, wenn sie von Zeitgenossen beim Koitus beobachtet werden. Oder um das Problem mit einem weiteren Vergleich zu veranschaulichen: Beim Kindesmissbrauch gibt es das Phänomen, dass Betroffene das Geschehen selbst zunächst nicht als Missbrauch erleben und auch nicht darunter leiden, sondern erst mit fortschreitendem Erwachsenwerden erkennen, dass ihnen ein fremder Wille oktroyiert wurde und auch dann erst das seelische Martyrium des Opfers durchmachen. - Für ein Tier kann man eine solche Langzeitwirkung, wenn die ursächliche Situation nicht als qualvoll erlebt wurde, ausschließen.
Würde man in sexueller Domination eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts von Tieren sehen, müsste man konsequenterweise jegliche Tierhaltung auch verbieten, ebenso Jagd und Fischerei, denn es ist nicht davon auszugehen, dass gefangene Fische ihr Leben freiwillig für die Ernährung des Menschen geben. Wer soweit mitgeht, dem (und nur dem) muss man zugestehen, dass es für ihn konsequent ist, auch zoosexuelles Verhalten von Menschen für intolerabel zu halten
Schließlich gibt es noch eine große Gruppe von Menschen, die (sexualisierte) Zoophilie strikt ablehnen, weil es den moralischen Maßstäben, denen sie sich selbst unterwerfen, eklatant zuwiderläuft. Diese Menschen empfinden oft schon bei der Vorstellung solchen Geschehens Ekel. Das äußert sich dann in Aussagen wie: "So eine Schweinerei kann man doch nicht noch verteidigen", oder: "Wenn ich von so etwas befallen wäre, würde ich mich lieber vor den Zug werfen, als damit zu leben." - Es ist schwer, etwas entgegenzusetzen, wenn das Problem Toleranzgrenzen sind. Diese Gruppe von Argumenten zielt freilich nicht auf den Schutz von Tieren, sondern eher auf den Selbstschutz der Gefühle von Menschen, die das Verhalten Zoophiler als Angriff auf ihre Moralregeln empfinden, ebenso wie konservative Menschen sich vielleicht bis vor Kurzem angegriffen fühlten durch schwule Pärchen oder wilde Ehen. In dieser Frage hat sich die Bundesrepublik Deutschland vor vierzig Jahren entschieden, dass es nicht Aufgabe des Staates sein kann, ein selbstbestimmtes Verhalten per Gesetz zu unterbinden, weil es von einer Mehrheit als Selbstentwürdigung angesehen wird.