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Antrag:Bundesparteitag 2013.1/Antragsportal/WP074

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Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2013.1. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich

Wende dich bei Fragen und (als Antragsteller) Änderungswünschen an ein Mitglied der Antragskommission.

Tango-dialog-warning.svg Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag.

Antragsübersicht

Antragsnummer WP074
Einreichungsdatum 26.03.2013
Antragsteller

SeeroiberJenny

Mitantragsteller
  • Kevusch
  • Kliehm
  • Kpeterl
  • RiloKiley
Antragstyp Wahlprogramm
Antragsgruppe Familie und Gesellschaft
Zusammenfassung des Antrags Die Piratenpartei Deutschland setzt sich für ein umfassendes humanitäres Asylrecht auf Landes- Bundes- und Europaebene ein, das auf Abschreckung, Isolation und Diskriminierung ausnahmslos verzichtet.
Schlagworte Asylrecht, Zuwanderung, Bleiberecht, Bewegungsfreihet, Aufenthaltsrecht
Datum der letzten Änderung 12.4.2013
Status des Antrags

Pictogram voting keep-light-green.svg Geprüft

Abstimmungsergebnis

Pictogram voting question.svg Noch nicht abgestimmt

Antragstitel

Für eine solidarische Asylpolitik - Menschenrechte gelten für alle!

Antragstext

Der Bundesparteitag möge folgenden Text als Teil des Wahlprogramms zur kommenden Bundestagswahl (Bereich "Asyl") gegebenenfalls modular beschließen:

Modul 0 Struktur:

Das Unterkapitel "Asyl" soll im Wahlprogramm vom Bereich "Familie und Gesellschaft" in den Bereich "Freiheit und Grundrechte" verschoben werden.


Für eine solidarische Asylpolitik - Menschenrechte gelten für alle!

Modul 1 Grundsätze:

Die Piratenpartei Deutschland steht für eine offene, freie und pluralistische Gesellschaft ein, in der verschiedene Kulturen, Weltanschauungen und Religionen friedlich gemeinsam leben können. Wir setzen uns deshalb für eine solidarische und menschenwürdige Asylpolitik ein, die am Wohl und Schutz der asylsuchenden Menschen interessiert ist und auf Instrumente zur Abschreckung, Isolation und Diskriminierung ausnahmslos verzichtet. Asylpolitik muss immer nach humanitären und nicht nach nationalstaatlichen oder wirtschaftlichen Interessen ausgerichtet sein.

Modul 2: Asylgründe erweitern und Hürden für Aufenthaltserlaubnis senken

Durch die Änderungen des Art.16 GG im sogenannten Asylkompromiss ist das Recht, in Deutschland Asyl zu erhalten, drastisch eingeschränkt worden. Wir streben als ersten Schritt die vollständige Wiederherstellung des Grundrechts auf Asyl, "politisch Verfolgte genießen Asylrecht" (Art. 16 GG alt) an. Darüber hinaus müssen Menschen, die vor Diskriminierung, der Verfolgung aufgrund ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität, vor Klima- und Umweltkatastrophen, aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe oder wegen der Existenzbedrohung durch Armut und Hunger geflohen sind, hier ebenfalls als asylberechtigt anerkannt werden. Eine Hierarchisierung von Fluchtgründen lehnen wir ab. Außerdem lehnen wir pauschale Kategorisierungen von Staaten als „sichere Herkunftsländer“ ab. Schutzsuchende haben ein Recht auf individuelle Prüfung ihrer Situation. Bei der Prüfung, ob eine Berechtigung zum Asyl vorliegt, ist im Zweifel zu Gunsten der Asylsuchenden zu entscheiden. Dabei ist auf diskriminierende und inhumane Beweisverfahren zu verzichten.

Modul 3: Offenere Grenzen statt der Festung Europa

An den Außengrenzen der Europäischen Union wird seit Jahren eine zunehmende Abriegelung angestrebt und umgesetzt, die Flüchtlingen den Zugang nach Europa immer stärker versperrt. Durch nationale Polizeibehörden, das Militär und private Sicherheitsunternehmen sowie die Europäische Grenzschutzagentur FRONTEX werden Menschen gewaltsam am Betreten der EU gehindert und damit der Chance beraubt, durch einen Asylantrag Schutz in Europa zu finden. Dabei wird eine Gefährdung von Gesundheit und Leben der Flüchtenden billigend in Kauf genommen. Die Berichte von sogenannten "boat people", die mit Schiffen nach Europa fliehen wollten und dort ertrinken, obwohl Hilfe möglich gewesen wäre, machen uns betroffen und zeigen, dass hier unbedingt gehandelt werden muss.

Statt die Abriegelung Europas weiter voranzutreiben, muss die EU Maßnahmen zur sicheren Grenzüberquerung von flüchtenden Menschen, besonders auf den Meeren vor Europa, treffen, um diesen die Möglichkeit zu geben, einen Antrag auf Asyl zu stellen. Rettungsaktionen sollen staatlich organisiert werden. Sie durchzuführen ist nicht die Aufgabe der Zivilgesellschaft. Wo dies geschieht, dürfen Rettende für ihre Zivilcourage weder behindert noch kriminalisiert werden. Wir kritisieren die momentane Praxis, immer neue Straftatbestände zu konstruieren, um Schutzsuchende zu inhaftieren.

Freie Wahl des Aufenthaltsortes für alle Menschen

Durch vermehrte technische Überwachung an den Grenzen, zunehmende Datensammlungen über einreisende Personen (z. B. „smart borders“, EURODAC) und die Ausweitung polizeilicher Befugnisse wird deutlich, dass die Europäische Union nicht an der Aufnahme von schutzsuchenden Menschen interessiert ist, sondern auf Abschottung setzt.

Die Drittstaatenregelung und deren Konkretisierung in den „Dublin“-Verordnungen lehnen wir ab. Durch diese Regelung drücken sich zentral gelegene Staaten wie Deutschland vor der Verantwortung den Schutzsuchenden gegenüber. Jedem Menschen muss das Recht auf freie Wahl seines Aufenthaltsortes gewährt werden. Daraus resultiert auch, dass jedem Menschen die Möglichkeit gegeben werden muss, in dem Land seiner Wahl Asyl zu beantragen. Die bevormundende Verschiebungspraxis der EU lehnen wir ab.

Modul 4: Grundrechte auf alle Menschen ausweiten

Aktuell werden Asylsuchende in einem nicht hinnehmbaren Maße vom gesellschaftlichen Zusammenleben ausgeschlossen und dadurch zu einem Leben in Isolation und Abschottung gezwungen.

Durch restriktive Vorschriften, wie z. B. die Residenzpflicht, wird ihre Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt und ein freizügiges, selbstbestimmtes Leben, ebenso wie die Beteiligung an politischen oder sozialen Veranstaltungen, nahezu unmöglich gemacht. Wir setzen uns dafür ein, dass Asylsuchenden die Möglichkeit gegeben wird, sich frei und unkontrolliert im gesamten Gebiet der Europäischen Union zu bewegen. Isolation beenden – menschenwürdige und dezentrale Unterkünfte schaffen! Durch die Unterbringung in Lagern und Gemeinschaftsunterkünften, die zumeist einem maroden Zustand vorweisen und abgelegen von Stadtkernen liegen, sind Asylsuchende zu einem isolierten Leben gezwungen. Durch die Residenzpflicht sind Asylsuchende zudem häufig an einzelne Gemeinden oder Landkreise gebunden, wodurch ihnen die Möglichkeit genommen wird, Freundinnen und Freunde, Bekannte oder Familienmitglieder außerhalb der Kreisgrenzen zu besuchen.

Erschwert wird diese Situation dadurch, dass kein Anspruch auf den Zugang zu neuen Medien, wie dem Internet, besteht. Ein Internetanschluss bietet leichten Zugang zu Bildung und Kultur, bietet die Möglichkeit, während des laufenden Asylantrags Kontakt zur juristischen Vertretung zu halten, sich über die deutsche Rechtslage zu informieren oder Kontakt zu Familienmitgliedern, Freundinnen und Freunden zu halten.

Wir halten diesen menschenunwürdigen Zustand für nicht länger hinnehmbar und setzen uns dafür ein, Asylsuchenden ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung, ohne Kontrolle, Misstrauen und Isolation zu ermöglichen. Wohnungen müssen hierfür dezentral organisiert werden, eine Abkehr von der bestehenden Lagerpraxis ist unabdingbar. Der Zugang zu Bildung, Kultur, Sprachkursen und neuen, modernen Kommunikationsmedien wie dem Internet muss barrierefrei und kostenfrei sichergestellt sein.

Echte Existenzsicherung statt diskriminierender Sondergesetze

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum "Asylbewerberleistungsgesetz" ist eindeutig und zeigt, dass es verfassungswidrig ist, Asylsuchende unter dem "Existenzminimum" zu halten. Dies zeigt, wie stark Asylsuchende bereits durch die Gesetzgebung in ihrem Alltag diskriminiert und einem selbstbestimmten Leben beraubt werden. Wir setzen uns dafür ein, dass Asylsuchende Anspruch auf Sozialleistungen haben, ohne dabei diskriminierende Sondergesetzgebungen zu erhalten oder zu schaffen. Das Recht auf sichere Existenz und Teilhabe muss für alle Menschen gelten - auch und besonders für Schutzsuchende.

Modul 5: Faires Asylverfahren schaffen - Behördengänge vereinfachen

Allen Menschen, die in Deutschland einen Asylantrag stellen, muss genügend Zeit gegeben werden, die auf der Flucht und im Herkunftsland erlebten Geschehnisse zu verarbeiten. Dafür muss gewährleistet sein, dass Asylsuchenden eine psychologische Betreuung gestellt wird, die sie dabei unterstützt und begleitet.

Um faire Chancen und Grundlagen in einem Asylverfahren zu schaffen, muss sichergestellt werden, dass sowohl genügend Zeit, als auch eine ausreichende Anzahl an qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorhanden ist. Zudem ist von hektischen Pauschalurteilen und der Hierarchisierung unter bestimmten Gruppen von Flüchtlingen abzusehen, um eine echte Chancengleichheit zu schaffen. In Zeiten von erhöhtem Aufkommen an Asylsuchenden ist hierfür eine Aufstockung der Ressourcen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu gewährleisten, um unnötige und störende Wartezeiten zu vermeiden. Hierbei darf es zu keinem Qualitätsverlust der Beurteilungen und Entscheidungen kommen, wie es im sogenannten "Schnellverfahren" der Fall ist.

Die Piratenpartei setzt sich außerdem dafür ein, Asylsuchenden einen rechtlichen Anspruch auf eine juristische Vertretung sowie auf eine Dolmetscherin oder einen Dolmetscher zu gewährleisten, um diese nicht zusätzlich mit hohen Kosten, organisatorischen Schwierigkeiten und sprachlichen Barrieren zu belasten.

Modul 6: Für ein Ende von Abschiebungen und Abschiebehaft

Wir setzen uns für ein generelles Ende von Abschiebungen und der Abschiebehaft ein. Abschiebung ist ein staatliches Mittel, welches nur mit Hilfe von Zwangsmaßnahmen durchgeführt werden kann, die mit den Grundrechten und Menschenrechten in Konflikt stehen und einer demokratischen Gesellschaft unwürdig sind. Die Konsequenzen einer Abschiebung führen für den betroffenen Menschen fast immer in aussichtslose Situationen und oft auch zu Gefahr für Leib und Leben.

Abschiebungen in Krisenregionen und in Gebiete, in denen die Verhältnisse eine Gefahr für Gesundheit oder Leben darstellen können, sind abzulehnen. Botschaftsvorführungen zur Identitätsfeststellung und Passersatzbeschaffung sind diskriminierend und daher ebenfalls abzulehnen. Die Abschiebehaft ist sofort bundesweit auszusetzen. Inhaftierte Personen sind sofort zu entlassen.

Antragsbegründung

Auf dem Bundespolitischen Plenum für Asyl und Migration in Frankfurt hat eine Gruppe von Mitgliedern und Sympathisant*innen der Piratenpartei diesen Antrag entworfen. Beteiligt waren Arbeitsgruppen und Einzelpersonen im Bereich der Asylpolitik aus ganz Deutschland, vor allem aus Hessen, Berlin, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Sachsen. Ziel dieses Antrags und der Zusammenarbeit ist es, einen möglichst weitumfassenden, progressiven und revolutionären Programmpunkt im Bereich der Asylpolitik in unser Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2013 zu schreiben, mit dem wir offene, freiheitliche Wege in der Asylpolitik gehen wollen.

Wir sehen in der derzeitigen Gesetzeslage, der Auslegung und den Plänen auf Bundes-, Landes- und Europaebene, dass immer weiter auf Abschottung, Abschreckung, Isolation und Diskriminierung gesetzt wird, anstatt geflüchteten Menschen Schutz und ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung zu ermöglichen. Dieser Antrag spricht die wichtigsten Aspekte dieses Themenfeldes an.

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