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Antrag:Bundesparteitag 2013.1/Antragsportal/WP131

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Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2013.1. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich

Wende dich bei Fragen und (als Antragsteller) Änderungswünschen an ein Mitglied der Antragskommission.

Tango-dialog-warning.svg Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag.

Antragsübersicht

Antragsnummer WP131
Einreichungsdatum 10.04.2013
Antragsteller

Lena Rohrbach (@Arte_Povera)

Mitantragsteller
  • Andreas Pittrich (@rhotep)
  • Martin Haase (maha)
  • Stefan Schurig (@NeoXtrim)
  • Peter Laskowski (@kpeterlka)
Antragstyp Wahlprogramm
Antragsgruppe Familie und Gesellschaft
Zusammenfassung des Antrags Umfassendes Kapitel mit bereits mehrfach abgestimmten Forderungen bzgl.: Pluralismus von Partnerschaften; solidarische und gerechte Familienpolitik; Vereinbarkeit von Familie&Beruf; Deutungshoheit über eigene sex. Identität; selbstbestimmte Sexualität u.a
Schlagworte Familie, Geschlecht, Selbstbestimmung, Ehe, Partnerschaft, Kinder, Queer, Betreuung, sexuelle Identität, Adoption, Grundeinkommen, Prostitution, Betreuungsgeld, Ehegattensplitting, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Elterngeld, Transsexualität, Intersexualität, Asyl, Verhütung, Sexualität.
Datum der letzten Änderung 21.4.2013
Status des Antrags

Pictogram voting keep-light-green.svg Geprüft

Abstimmungsergebnis

Pictogram voting question.svg Noch nicht abgestimmt

Antragstitel

Gesamtkapitel Wahlprogramm "Geschlechter- und Familienpolitik"

Antragstext

Der Bundesparteitag möge beschließen, den folgenden Text im Wahlprogramm zur kommenden Bundestagswahl im Bereich "Familie und Gesellschaft" einzufügen:

Geschlechter- und Familienpolitik

Die Piratenpartei steht für eine zeitgemäße Geschlechter- und Familienpolitik, die auf dem Prinzip der freien Selbstbestimmung über Angelegenheiten des persönlichen Lebens beruht. Wir wollen, dass Politik der existierenden Vielfalt von Lebensentwürfen gerecht wird.

Freie Selbstbestimmung des Zusammenlebens

Die Piratenpartei bekennt sich zum Pluralismus des Zusammenlebens. Eine bloß historisch begründete strukturelle und finanzielle Bevorzugung ausgewählter Partnerschafts- und Familienmodelle lehnen wir ab.

  • Ehe und eingetragene Partnerschaft wollen wir rechtlich vollständig gleichstellen.
  • Die eingetragene Partnerschaft wollen wir für alle Formen des gleichberechtigten Zusammenlebens öffnen. Über ihren monogamen Anspruch hinaus soll sie auch das Zusammenleben von mehr als zwei Personen rechtlich regeln.
  • Die eingetragene Partnerschaft ist – angelehnt an das französische PACS-Modell – als ziviler Solidarpakt zu gestalten. Dieser zivile Pakt soll eine flexiblere Übertragung von Rechten ermöglichen und vereinfachte und kostengünstigere Auflösungsverfahren, sowie die Verlagerung des Vertragsschlusses von der staatlichen auf eine notarielle Ebene erlauben.
  • Die Ehe soll für gleichgeschlechtliche Partnerschaften geöffnet werden.


Freie Selbstbestimmung und Familienförderung

Die Piratenpartei setzt sich für die gleichwertige Anerkennung von Lebensmodellen ein, in denen Menschen füreinander Verantwortung übernehmen. Lebensgemeinschaften, in denen Kinder aufwachsen oder Menschen gepflegt werden, verdienen besonderen Schutz und Unterstützung. Kinder zu haben, darf nicht zu Benachteiligung führen.

  • Aus der geschlechtlichen oder sexuellen Identität bzw. Orientierung darf sich weder ein Vorrecht, noch eine Verpflichtung zu einer höheren oder geringeren Einbindung in die Kinderversorgung ergeben. Wir setzen uns daher ein für den Abbau von bestehenden geschlechtlichen Rollenzuschreibungen und gesellschaftlichen Erwartungshaltungen.
  • Der Wunsch, eine Familie zu gründen, muss auch außerhalb des klassischen Familienbilds verwirklicht werden können. Das schließt die kassenärztliche Unterstützung bei künstlicher Befruchtung, auch bei nicht verheirateten Paaren, mit ein. Auch gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften müssen zusammen Kinder bekommen, adoptieren und aufziehen dürfen.
  • Wenn Menschen einen großen Teil ihrer Lebenszeit Kindern und Pflegebedürftigen widmen, darf ihnen daraus im Alter kein Nachteil entstehen. Die Anerkennung von Kindererziehungszeiten bei der Rente reicht dafür nicht aus. Wir fordern daher eine Mindestrente als Vorstufe zum Bedingungslosen Grundeinkommen.
  • Zuwendungen oder Steuererleichterungen, die bestehende Rollenbilder festigen, lehnen wir ab. Daher wird sich die Piratenpartei dafür einsetzen, das Betreuungsgeld wieder abzuschaffen.
  • Das Ehegattensplitting wollen wir abschaffen, um die Versorgerehe nicht einseitig zu bevorzugen. Die Piratenpartei setzt sich stattdessen für eine Individualbesteuerung von Erwerbstätigen ein. Steuerliche Vergünstigungen wollen wir an die Versorgung von Kindern und pflegebedürftigen Menschen binden.
  • Bis zur Abschaffung des Ehegattensplittings müssen auch gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften Anspruch darauf haben.
  • Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, dass eine Grundsicherung für alle hier lebenden Kinder – auch für Kinder von Asylsuchenden – eingeführt wird. Die Grundsicherung soll mindestens die Höhe des soziokulturellen Existenzminimums (aktuell lt. Bundestag: 536 €) haben und zählt nicht als Einkommen. Die Kindergrundsicherung soll das Kindergeld und andere finanzielle Leistungen für Kinder und Jugendliche ersetzen. Sobald ein Bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt wird, das für Kinder mindestens die genannte Höhe hat, ist die Kindergrundsicherung hinfällig.


Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Familien und Alleinerziehende sollen wählen können, welche Balance aus Arbeits- und Familienzeit für sie zu welchem Zeitpunkt die richtige ist.

  • Die Piratenpartei setzt sich für einen Rechtsanspruch auf eine beitragsfreie, wohnort- oder arbeitsplatznahe, hochwertige Kinderbetreuung mit ausreichenden Betreuungszeiten ab der Geburt ein.
  • Das Elterngeld darf alternative Lebensmodelle und Patchwork-Familien nicht länger benachteiligen. Deshalb sollte das Zusammenleben mit dem Kind in einer gemeinsamen Wohnung keine notwendige Bedingung für den Elterngeldanspruch sein.
  • Um den Wiedereinstieg ins Berufsleben nach der Elternzeit zu erleichtern, muss eine Teilzeitarbeit auch während des Elterngeldbezugs unbürokratisch möglich sein, der Zuverdienst darf nicht finanziell bestraft werden.
  • Elterngeld darf bei Bezug von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe nicht als Einkommen angerechnet werden oder anders zu Kürzung der Leistungen führen.
  • Kürzere Arbeitszeiten erleichtern es, Arbeits- und Familienleben in Einklang zu bringen. Dafür müssen hinreichend viele Arbeitsplätze eine Teilzeitarbeit oder eine "kurze Vollzeit" von 30 bis 35 Stunden pro Woche ermöglichen – auch in Branchen mit hohem Lohnniveau, in Führungspositionen und bei Ausbildungsplätzen. Der öffentliche Sektor und die Politik sollten hier mit gutem Beispiel vorangehen. Verkürzte Arbeitszeit darf nicht mit fehlenden Aufstiegsmöglichkeiten bestraft werden. Die Beschäftigten sollen bei der Ausgestaltung von Teilzeitarbeit und "kurzer Vollzeit" möglichst viele Mitspracherechte haben.
  • Die Piratenpartei setzt sich für den gesetzlichen Anspruch ein, von einer Teilzeitstelle zur Kindererziehung oder Pflege wieder auf eine Vollzeitstelle zurückzukehren. Sie macht sich für einen Wandel der Arbeitswelt stark: Weg von einer Kultur der ständigen Verfügbarkeit, hin zu kreativen Lösungen wie der zeitlichen und inhaltlichen Aufteilung von Arbeitsplätzen, flexiblen Vertretungslösungen und Arbeits- und Erreichbarkeitsregelungen, die keine ständige Präsenz am Arbeitsplatz verlangen. Nicht zuletzt muss das innovative Potenzial der Digitalen Revolution auch für familienfreundliche Arbeitsmodelle ausgeschöpft werden.


Freie Selbstbestimmung von geschlechtlicher und sexueller Identität bzw. Orientierung

Die Piratenpartei respektiert und achtet die freie Selbstbestimmung von geschlechtlicher und sexueller Identität bzw. Orientierung. Fremdbestimmte Zuordnungen zu einem Geschlecht oder zu Geschlechterrollen lehnen wir ab.

  • Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, dass Art. 3 Abs. 3 GG durch das Merkmal sexuelle Identität ergänzt wird.
  • Das Merkmal "Geschlecht" soll nicht länger durch staatliche Behörden erfasst werden. Übergangsweise kann die Erfassung seitens der Behörden durch eine von den Individuen selbst vorgenommene Einordnung erfolgen, wobei eine Selbsteinordnung auch jenseits von "männlich" und "weiblich" möglich sein muss.
  • Einen Zwang zum geschlechtseindeutigen Vornamen lehnen wir ab. Änderungen des eigenen Vornamens sollen unbürokratisch per Antrag möglich sein – unabhängig vom Geschlecht.
  • Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, die Begriffe "Mutter" und "Vater" in familienrechtlichen Verwaltungsvorgängen nur dann zu verwenden, wenn der jeweilige Vorgang unabdingbar mit dem biologischen Geschlecht verknüpft ist. In allen anderen Verwaltungsvorgängen sollen geschlechtsneutrale Bezeichnung wie "Elternteil" verwendet werden.
  • Wir treten ein für die Generalrehabilitierung und die vollständige Aufhebung der §175-Urteile von über 50.000 Schwulen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung nach 1945 vom Staat verfolgt worden sind. Es ist zu prüfen, ob den Opfern Schadensersatz gezahlt werden sollte und in welcher Höhe.


Trans- und Intersexualität

Die Probleme und Bedürfnisse von trans- und intersexuellen Menschen verdienen mehr Anerkennung. Vorhandene Ignoranz – auch in Teilen der Fachwelt – führt zu Fehlbehandlungen mit teilweise fatalen Folgen für die Betroffenen. Dem stellt sich die Piratenpartei entgegen und schließt sich der Positition der Betroffenenverbände an.

  • Geschlechtszuordnende und genitalkosmetische Operationen bei intersexuellen Kindern wollen wir verbieten, da sie ihre geschlechtliche Selbstbestimmung verletzen. Stattdessen ist abzuwarten, bis sich die Betroffenen selbst zu ihrer Geschlechtsidentität äußern können.
  • Transsexualität ist keine psychische Krankheit. Eine Erfassung von Transsexualität als Diagnose in Kategorisierungswerken für psychische Krankheiten (z.B. F64.0 und F64.2 im ICD10 bzw. 302.85 und 302.6 DSM IV) lehnen wir ab.
  • Wir setzen uns für eine selbstbestimmte und umfassende geschlechtsangleichende Behandlung von transsexuellen Menschen ein, die von den Krankenkassen vollständig übernommen wird. Die sekundären Geschlechtsmerkmale (Gesicht, Stimme, Brüste, etc.) sind dabei für das Sozialleben von besonderer Bedeutung. Jugendlichen Transsexuellen muss eine pubertätsstoppende Therapie ermöglicht werden, um die Geschlechtsmerkmale, die nicht dem Identitätsgeschlecht entsprechen, gar nicht erst entstehen zu lassen. Ansprüche auf professionelle Beratung und Unterstützung sollten daher im Rahmen des Kinder- und Jugendgesetzes verankert werden. All das gilt auch für intersexuelle Menschen, die sich einem bestimmten Geschlecht zugehörig fühlen.


Weltweite Anerkennung und Schutz selbstbestimmter geschlechtlicher oder sexueller Identität bzw. Orientierung

Verfolgung aufgrund der geschlechtlichen oder sexuellen Identität bzw. Orientierung ist Unrecht.

  • Wenn eine derartige Verfolgung im Herkunftsland offiziell oder inoffiziell von staatlicher oder nichtstaatlicher Seite betrieben wird, muss sie als Asylgrund anerkannt werden.
  • Die Piratenpartei setzt sich für eine Entscheidungspraxis beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein, die von den Betroffenen keinen Nachweis ihrer Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung verlangt: Ein solcher Nachweis ist nicht möglich, der Versuch entwürdigend. Die Selbstauskunft der Betroffenen muss genügen.


Freiheit und Selbstbestimmung über den eigenen Körper

  • Die empfängnisverhütende “Pille danach” mit dem Wirkstoff Levonorgestrel soll rezeptfrei verkauft werden, um Frauen auch in Notfallsituationen eine selbstbestimmte Verhütung zu ermöglichen. Für die Wirksamkeit der "Pille danach" ist entscheidend, dass sie schnell eingenommen wird; eine vorherige ärztliche Untersuchung ist nicht notwendig.
  • Die Piratenpartei versteht Sexarbeit (Prostitution) als die freiwillige und selbstbestimmte Übereinkunft erwachsener Menschen, erotische Handlungen gegen ein vereinbartes Entgelt zu vollziehen. Solche Übereinkünfte sind mit den allgemeinen Menschenrechten und der Würde des Menschen vereinbar und nicht amoralisch oder sittenwidrig. Wir setzen uns dafür ein, dass die Entscheidung mündiger Menschen zur Prostitution im Sinne des Rechts auf freie Berufswahl und des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung verstanden und nicht kriminalisiert oder stigmatisiert wird.
  • Die Piratenpartei wird alle Sonderregelungen zur Reglementierung von Prostitution dahingehend prüfen, ob sie geeignet, erforderlich und angemessen sind, die Anerkennung und die Rechte von Sexarbeitenden sicherzustellen. Wir arbeiten darauf hin, in den Gesetzestexten eine saubere Trennung zwischen legaler Sexarbeit und illegalem Menschenhandel, Ausbeutung der Arbeitskraft und sexueller Nötigung herbeizuführen.
  • Die Piraten setzen sich für eine Abschaffung des §173 StGB ("Beischlaf zwischen Verwandten") ein.
  • Nein heißt Nein. Wir wollen es unter Strafe stellen, einen anderen Menschen gegen seinen geäußerten Willen dazu zu bringen, sexuelle Handlungen an sich zu dulden oder an anderen vorzunehmen. Wir setzen uns dafür ein § 177 StGB (sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung) entsprechend anzupassen.

Antragsbegründung

Der vorliegende Antrag ist eine redaktionell bearbeitete Sammlung von Positionen, die bereits in verschiedener Weise zuvor positiv abgestimmt wurden. Alle Forderungen im Antrag waren bereits bevor sie von uns zu diesem Antrag zusammengestellt wurden abgedeckt: Durch das Grundsatzprogramm, ein Positionspapier oder mindestens durch eine erfolgreiche Liquidinitiative mit einer Mehrheit von deutlich über 2/3. Die meisten Punkte sind bereits mehrmals positiv abgestimmt worden. Sollte die LQFB-Initiative zum Antrag (https://lqfb.piratenpartei.de/lf/initiative/show/5944.html) positiv abgestimmt werden, sind alle Forderungen mindestens zweimal positiv beschieden worden, die meisten noch öfter. Um alle Forderungen an dieser Stelle noch einmal einzeln begründen zu können, ist der Antrag leider zu umfassend. Sprecht uns bei Fragen gerne an. :)

Hätte es noch mehr Felder dafür gegeben, gäbe es auch noch mehr Antragstellende. An dem Antrag haben u.a., neben den formal Antragstellenden, folgende Menschen mitgeschrieben:

  • Christophe Chan Hin (@incredibul)
  • Laura Dornheim (@schwarzblond)
  • Mechthild Bock
  • Kalle (@Cyberkalle)
  • Alina (@_x_alina)
  • Dorothee Scholz (@ling_rush)
  • Carsten Hellmann (@Buntomat)
  • Claudia Bogk
  • Miriam Lakemann (@mueslikind)
  • Miriam Seyffarth (@_noujoum)
  • Anatol Stefanowitsch (@astefanowitsch)

Vielen Dank auch an alle anderen, deren Antragstexte und Liquidinitiativen wir raubmordkopiert haben.

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