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Antrag:Bundesparteitag 2013.1/Antragsportal/GP001

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Tango-preferences-system.svg Dies ist ein Antrag für den Bundesparteitag 2013.1. Das Sammeln und Diskutieren von Argumenten für und gegen den Antrag ist auf der Diskussionsseite möglich

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Tango-dialog-warning.svg Dieser Text ist (noch) keine offizielle Aussage der Piratenpartei Deutschland, sondern ein an den Bundesparteitag eingereichter Antrag.

Antragsübersicht

Antragsnummer GP001
Einreichungsdatum 15.03.2013
Antragsteller

Janhemme

Mitantragsteller
  • Sebastian Schubert
  • Frank Roeber
  • Patrick Pachur
  • Dennis Pargmann
Antragstyp Grundsatzprogramm
Antragsgruppe Umwelt und Verbraucherschutz
Zusammenfassung des Antrags Der vorliegende Antrag formuliert energiepolitischen Grundätze aus der spezifischen Perspektive der Piratenpartei – mit den Eckpunkten Dezentralisierung, Netzneutralität, Bürgerbeteiligung, Atomausstieg und Nachhaltigkeit/Erneuerbare Energien.
Schlagworte Energiepolitik, Energie, Energiewende, Erneuerbare Energien, Atomausstieg, Infrastruktur, Rekommunalisierung, Netzausbau, Speichertechnologie
Datum der letzten Änderung 12.4.2013
Status des Antrags

Pictogram voting keep-light-green.svg Geprüft

Abstimmungsergebnis

Pictogram voting question.svg Noch nicht abgestimmt

Antragstitel

Energiepolitische Grundsätze

Antragstext

Es wird beantragt, im Parteiprogramm den Unterpunkt 13.4 zu entfernen und nach dem Punkt 13 „Umwelt“ wie folgt als eigenen Punkt „Energiepolitik“ einzufügen:

Aktuelle Fassung:

Wir wollen eine langfristig sichere und umweltschonende Energie-Infrastruktur. Dies bedeutet eine Umstellung von endlichen Energieträgern auf generative und regenerative Energiequellen. Regenerative Energieträger sollen dabei nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit genutzt werden und nicht in Konkurrenz zu anderen Umweltzielen stehen. Außerdem wollen wir eine transparente dezentralisierte Erzeugerstruktur. Nur so kann eine Partizipation jedes Bürgers erreicht und Monopolstellungen verhindert werden.


Neue Fassung:


Energiepolitische Grundsätze


Ziel der Energiepolitik der Piratenpartei Deutschland ist die Bereitstellung einer dauerhaft sicheren und preisgünstigen Energieversorgung, um den Lebensstandard und die Lebensqualität auch für nachfolgende Generationen zu erhalten und zu verbessern. Die Energiegewinnung aus Atomkraft und fossilen Brennstoffen soll schnellstmöglich vollständig durch ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltig erzeugte, erneuerbare Energien ersetzt werden.

Die Energiewirtschaft soll so organisiert werden, dass Beschaffung, Erzeugung und Verteilung möglichst dezentral, diversifiziert und transparent erfolgen und auch die Preisgestaltung transparent und öffentlich nachvollziehbar vorgenommen wird. Dies wird durch heterogene Strukturen und fairen Wettbewerb sowie unter Aufsicht unabhängiger, staatlicher Stellen erreicht.

Unsere Politik wird gewährleisten, dass durch Bürgerbeteiligung und Transparenz in Planungs- und Genehmigungsverfahren die Akzeptanz in der Bevölkerung für den Aus- und Umbau der Netzinfrastruktur steigt und dass Konflikte bereits im Vorfeld durch Einbindung der zivilgesellschaftlichen Akteure gelöst werden.


1. Dezentralisierung, Netzausbau und Netzneutralität

Die Piratenpartei Deutschland lehnt die Bildung von Infrastrukturmonopolen ab und tritt für ein dezentrales Energienetz auf der Basis von lokalen Energieverbundsystemen ein. Kleinteilige, energieautonome Strukturen schaffen mehr Sicherheit als große, zentrale Einheiten und senken Betriebs- und Ausfallrisiken. Nur durch den Aus- und Umbau der Energieinfrastruktur zu einem leistungsfähigen und engmaschigen Netz, in dem sich Nachbarregionen gegenseitig ergänzen und damit stabilisieren, können Monopolstellungen verhindert und der freie Zugang und Wettbewerb ermöglicht werden.

Die lokalen Energienetze sind nach Möglichkeit zu rekommunalisieren. Verträge mit Netzbetreibern sind zeitlich zu befristen und öffentlich zu machen, um den Wettbewerb zwischen den Marktteilnehmern sowie Transparenz gegenüber den Verbrauchern zu fördern. Unter dem Primat der Netzneutralität soll sichergestellt werden, dass alle Erzeuger und Verbraucher unter den gleichen Bedingungen Zugang zur Energienetzinfrastruktur erhalten. Die Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur und ihre Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen gegen Wettbewerb, Markttransparenz und Netzneutralität sollen gestärkt werden.


2. Stärkung der Bürgerbeteiligungsverfahren bei Infrastrukturprojekten

Die Piratenpartei Deutschland strebt die einvernehmliche Lösung des gesellschaftlichen Konfliktes um den Ausbau der Energieinfrastruktur an – durch umfassende zivilgesellschaftliche Partizipationsmöglichkeiten über grundlegende energiepolitische Entscheidungen sowie in der Planungs- und Genehmigungsphase von Projekten. Diese erhöhen die Akzeptanz von Entscheidungen und tragen dazu bei, dass Probleme nicht erst in der Endphase von Projekten sichtbar werden, wenn diese unvermittelt in die Lebenswelt der Betroffenen eindringen.

In den Planungs- und Genehmigungsverfahren großer Infrastrukturprojekte sollen zu diesem Zweck Instrumente zur initiativen Konsultation, Mitwirkung und Mitentscheidung durch die betroffenen Bürger vorgesehen werden. Mit Hinblick auf die Komplexität und die langen Planungszeiträume dieser Projekte sollen staatliche Stellen und private Investoren gesetzlich dazu verpflichtet werden, die Projektinformationen auf OpenData-Basis transparent aufzubereiten, um Informationsasymmetrien, die der effektiven zivilgesellschaftlichen Beteiligung im Wege stehen, von Anfang an zu beseitigen.


3. Nachhaltigkeit und Umstellung auf erneuerbare Energien

Die Piratenpartei Deutschland tritt für eine nachhaltige Gestaltung der Energieerzeugung und -verteilung ein und strebt langfristig die Umstellung auf einhundert Prozent erneuerbare Energien an.

Für eine Übergangsphase sind fossile Energieträger wie Erdgas in hocheffizienten Anlagen mit Kraft-Wärme-Koppelung (KWK) geeignet, die Stromerzeugung zu ergänzen. Die energetische Nutzung fossiler Ressourcen, insbesondere die Verstromung von Braun- und Steinkohle, ist im Sinne einer schnellen Entwicklung in Richtung der Vollversorgung durch erneuerbare Energien schrittweise zu reduzieren. Die Piratenpartei Deutschland lehnt den Neubau von Kohlekraftwerken und die Anwendung der CCS-Technologie zur Abscheidung und Endlagerung von CO2 im Untergrund ab. Die Hydrofracking-Methode zur Erschließung unkonventioneller Erdgas- und Ölvorkommen lehnen wir ab.

Die Piratenpartei Deutschland begrüßt ausdrücklich die Entscheidung des Deutschen Bundestages, die Laufzeit aller deutschen Kernkraftwerke bis 2022 stufenweise und abschließend zu beenden. Nach Möglichkeit soll der Ausstieg schneller erfolgen, da die enormen externen Kosten und Risiken, insbesondere bei Betrieb der Anlagen sowie bei Transport, Endlagerung und Wiederaufbereitung von Brennstäben, aus Sicht von Umwelt und Gesellschaft nicht zu verantworten sind. Die offene Frage der Zwischen- und Endlagerung muss gelöst werden, wobei die Betreiber von Atomkraftwerken, welche jahrzehntelang finanziell von der Kernenergie profitiert haben, im erheblichen Maße an den immensen Folgekosten für Rückbau der Anlagen sowie Entsorgung der radioaktiven Abfälle beteiligt werden sollen.

Die Umstellung von fossilen Energieträgern und Atomkraft auf erneuerbare Energien soll sowohl umweltschonend als auch gesellschaftlich verträglich erfolgen. Gerade bei den erneuerbaren Energien dürfen wirtschaftliche Aspekte nicht über Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit stehen.


4. Energetische Speicherung und Kombination von Strom- und Erdgasnetz

Die Piratenpartei Deutschland tritt neben dem Ausbau der erneuerbaren Energiequellen und der Anpassung der Netzstruktur für eine ökonomisch und energetisch effiziente Speicherung von Energie ein. Damit das Potential der erneuerbaren Energien weitgehend ausgeschöpft und die daraus gewonnene Energie länderübergreifend genutzt werden kann, sollen in Unterlastzeiten anfallende Überschüsse gespeichert werden, um Nachfragespitzen auszugleichen.

Die Entwicklung einer vielgliedrigen Speicherstruktur soll durch Forschungsförderung und durch die Umsetzung staatlicher Maßnahmen intensiv unterstützt und beschleunigt werden. Insbesondere die Umwandlung von Strom aus erneuerbaren Energien in synthetisch hergestelltes Wasserstoff- und Methangas (EE-Gas) und dessen Einspeisung in das bereits vorhandene Erdgasnetz mit unterirdischen Erdgasspeichern, ermöglicht langfristige Versorgungssicherheit und universelle Verwendung der Energie bei gleichzeitiger Entlastung der elektrischen Netzinfrastruktur.


5. Fördermaßnahmen und Einspeisevergütung erneuerbarer Energien

Der Umstieg auf erneuerbare Energien soll durch Förderprogramme vorangetrieben werden. Zuschüsse, Einspeisevergütungen, Prämien und Steuervorteile sollen ökologisch und ökonomisch sinnvoll, sozial ausgewogen, ressourcenschonend sowie unmittelbar für den vorgesehenen Zweck wirksam sein. Förderprogramme sollen langfristig angelegt sein und Planungssicherheit bieten, aber auch nach dem Erreichen des Förderzwecks konsequent zurückgefahren werden.

Grundsätzlich hat die steuerfinanzierte Förderung von Grundlagenforschung und Entwicklungsprojekten gegenüber der reinen Bezuschussung von Investitionsausgaben Vorrang. Ergebnisse aus staatlich finanzierten Programmen sollen der Öffentlichkeit allgemein zugänglich gemacht werden. Wir lehnen verdeckte Subventionsprogramme für die Automobilindustrie ab.

Die Piratenpartei Deutschland befürwortet ausdrücklich die Beibehaltung des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG). Das EEG hat über das Instrument des umlagefinanzierten Einspeisetarifes zu einer Demokratisierung der Stromerzeugung geführt und bleibt in diesem Sinne auch weiterhin das zentrale Förderinstrument für erneuerbare Energien aus kleinen und mittleren Anlagen. Allerdings gilt es die erneuerbaren Energien schneller an den Markt heranzuführen, um die Steigerung der Energiepreise – auch aus sozialen Gründen – zu dämpfen. Zu diesem Zweck sind gerade für Großanlagen auch andere Förderinstrumente wie z.B. Ausschreibungen einzusetzen. Spezielle Fördermaßnahmen für kommunale und genossenschaftliche Projekte sollen verhindern, dass sich auch im Bereich der erneuerbaren Energien oligopolartige Strukturen herausbilden.

Einen besonderen Schwerpunkt der Förderung sehen wir in der Verbesserung der Energieeffizienz und Verbrauchsvermeidung sowie der kaskadenartigen Nutzung der verfügbaren Energie. Wichtig sind dabei die Förderung von dezentralen Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung und der Fernwärme, die Förderung von Wärmedämmungsmaßnahmen sowie kostenlose Angebote zur Energieberatung. Bisher werden die verfügbaren Potentiale für Energieeffizienz und sparsamen Energieeinsatz gerade von privaten Verbrauchern nur in geringem Maße ausgeschöpft.

Antragsbegründung

Gespräche und Diskussionen vor, auf und nach den Bundesparteitagen in Offenbach und Neumünster haben gezeigt, dass für eine erfolgreiche programmatische Verankerung der energiepolitischen Vorstellungen ein Antrag notwendig ist, in dem sich die Mehrheit der Partei wiedererkennen kann und der auch in energiepolitischen Fragen die spezifische Perspektive der Piratenpartei mit den Eckpunkten Dezentralisierung, Netzneutralität, Bürgerbeteiligung und Nachhaltigkeit betont – ohne, im Hinblick auf andere Parteien, beliebig zu werden.

Daher basiert dieser Programmänderungsantrag der Berliner Landesarbeitsgruppe (Squad) Wirtschaft und Umwelt auf dem im Squad entwickelten energiepolitischen Kompromissvorschlag PA158 zum BPT2011.2, der bereits im Bundesliquid mit 77 Prozent (333 ja-Stimmen) angenommen wurde, jedoch aus Zeitgründen nicht mehr auf dem Bundesparteitag in Offenbach behandelt werden konnte. Gegenüber PA158 wurde der Text im Laufe des vergangenen Jahres kollaborativ verbessert, in einigen Punkten weiter verdichtet und ergänzt, sowie in Hinblick auf die erneuerbaren Energien begrifflich geschärft.

  • Die letzte Version des Textes wurde vor den vergangenen Bundesparteitagen in Bochum und Neumünster im Approval-Voting jeweils unter die Top-20 Programmanträge gewählt (2012.1) (2012.2) und im Bundesliquid erneut mit 77 Prozent angenommen (465 ja-Stimmen, Link), wobei der Antrag sich deutlich gegen eine Alternativini durchsetzte.
  • Eine Variante wurde bereits Anfang Januar 2012 im Berliner Landesliquid mit 94 Prozent angenommen (106 ja-Stimmen, Link) und auf der folgenden Landesmitgliederversammlung 2012.2 als Positionspapier verabschiedet.

Gerade auf dem wichtigen Feld der Energiepolitik ist aus unserer Sicht eine Kampfabstimmung zwischen Maximalforderungen nicht sinnvoll, daher haben wir die hier vorgelegten energiepolitischen Grundsätze aus den Kernforderungen der Piratenpartei abgeleitet und die aus unserer Sicht wichtigsten weiteren Aspekte berücksichtigt, wie z.B. beschleunigter Atomausstieg, Bürgerbeteiligung, soziale Komponente, Verbot von Fracking und CCS sowie das Verhältnis zum EEG.

  • Vor diesem Hintergrund (und mit Hinblick auf die Bundestagswahl) sprechen wir uns für die Verwendung des allgemein in Bevölkerung, Wirtschaft und politischem Diskurs verwendeten Begriffes „erneuerbare Energien“ aus, da wir der Meinung sind, dass gute Politik immer auch verständlich sein muss, um gegenüber der Bevölkerung vermittelbar zu sein. Wortneuschöpfungen aus dem wissenschaftlichen Elfenbeinturm, wie z.B. „generative“ Energien (und die Verklärung dieser Neuschöpfung zum Dogma), lehnen wir ab – auch, da der Streit um Begrifflichkeiten die Gefahr beinhaltet, von der Auseinandersetzung mit Inhalten abzulenken.

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